Band 4 
Inhaltsverzeichnis
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Die Einkünfte der Custorei des Chorherrenstiftes in Feuchtwangen in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts
von
Fritz Wünschenmeyer

Übersetzter Text


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Der Custos des Chorherrenstiftes Feuchtwangen verwaltete die zum Stift gehörigen kirchlichen Gebäude und Gerätschaften, soweit nicht eigene Pfleger dafür zuständig waren. Sein Amt war die "Custorei", eines von den drei Ämtern (neben Dekanei und Scholasterei), die ein Stiftskollegium benötigte. Der Custos verwaltete auch den "Heiligen Nagel" vom Kreuze Christi, dem sich Gläubige zu eigen gaben und damit Leibeigene dieses "Heiligen Nagels" und damit des Chorherrenstiftes wurden. Im Staatsarchiv Nürnberg befindet sich eine Archivalie in lateinischer Sprache aus dem 14. Jahrhundert, die die Einkünfte der Custorei aus dieser Zeit wiedergibt. Sie wird hier beschrieben, der ins Deutsche übersetzte Text wird hier erstmals veröffentlicht.
 
Vorlage: Staatsarchiv Nürnberg. Ansbacher Sal-, Gült-, Zins- und Zehentbücher (Repertorium 122) Nr. 132.
 
Bezeichnet: Eigenleute des Stiftes Feuchtwangen, anno 1337, um 1330.
 
Die Archivalie besteht aus zum Teil stark beschädigten 16 Seiten auf 8 Pergamentblättern.
Die Erstanlage in gotischer Buchschrift (Textura) erfolgte wahrscheinlich aus einer älteren Vorlage von einer Hand in einem Zuge. Dazu kamen spätere, ergänzende und berichtigende Eintragungen vom Erstanleger, aber auch von anderen Händen in gotischer Kurrentschrift (Kursive).
 
Die ursprüngliche Einteilung geschah nach folgendem System:
Seite   Inhalt:  
1 und 2   Einnahmen an Geldzins (dabei auf Seite 2 der Zehente von Seiderzell)  
3 und 4   Einnahmen an Grundzins in der Stadt Feuchtwangen  
5 bis 9   Mitte Leibeigene  
9 Mitte bis 13   Nachträge von Leibeigenen  
14   Unschlitt (Talk für Kerzen)  
15 und 16   Wachs (dabei auf Seite 15 der Zehente von Rödenweiler)  
 
Dazu finden sich auf sämtlichen Seiten der Erstanlage Nachträge. Die Schreiber hielten sich aber dabei nicht mehr an die ursprüngliche Einteilung, sondern sie plazierten die Nachträge anscheinend da, wo gerade ein Platz frei war.
 
Von August Gabler gibt es eine Teilveröffentlichung dieser Archivalie. Ihm ging es dabei in erster Linie um die für die Familienforschung verwertbaren Namen. Dazu seien folgende Bemerkungen gestattet: Schon alleine durch die Tatsache, daß Gabler die Bezeichnung "Das älteste Verzeichnis der Eigenleute des Stiftes Feuchtwangen" unkritisch übernimmt, entsteht der Eindruck, als seien alle genannten Personen Leibeigene des Chorherrenstiftes. Daß dies keineswegs so ist, ergibt sich aus obigem Inhaltsverzeichnis. So sind die Einwohner der Stadt Feuchtwangen, genannt auf den Seiten 3 und 4 keineswegs Leibeigene. Sie leisteten zwar eine regelmäßige Abgabe an die Custorei, aber nicht als leibeigene Hintersassen, sondern als Besitzer von Grundstücken, auf denen eine Abgabe an die Custorei lastete. Da diese Grundstücke oft erst durch späteren Erwerb durch die Custorei abgabepflichtig wurden (z. B. durch Kauf oder Schenkung), so kann noch nicht einmal davon ausgegangen werden, daß sie zum ursprünglichen Bestand der Custorei zählten.
 
Eine weitere Ungenauigkeit ergibt sich aus der fehlerhaften Auflösung von Abkürzungen. Aus "dictus", mit der Bedeutung "genannt", wird manchmal ein "dominus", in der Bedeutung "Herr". Entsprechend wurde bei weiblichen Personen die "dicta" zur "domina". So wird aus dem einfachen Mann mit dem Namen Ratzhart ein "Herr Ratzhart" und aus einer Frau Bitrolf eine "Bitrolfin, Herrin von Archshofen". So vermutet man dann zu Unrecht, daß es in Archshofen bei Feuchtwangen eine niederadelige Grundherrschaft gab, deren Mitglieder Leibeigene des Chorherrenstiftes gewesen sein sollten.
 
Eine Datierung der Archivalie ist anhand einiger Textstellen sicher möglich:
     
Seite 1   Es wird die Neuaufnahme einer Leibeigenen vermerkt, unter dem Datum Estomihi 1327. Die Erstanlage kann also vor 1327 angesetzt werden.  
Seite 10   Ein Mann übergibt sich selbst und seine Nachkommen der Feuchtwanger Kirche im Jahre 1340.  
Seite 11   Eine weitere Aufnahme in den Stiftsverband erfolgte 1344.  
Seite 12   Eine andere Aufnahme wird für 1352 bezeugt.  
Seite 16   Dieses Datum ist unsicher zu lesen, vielleicht 1362.  
 
Alle Ersteintragungen erfolgten in lateinischer Sprache. Der erste deutsche Ausdruck für ein Verwandtschaftsverhältnis (Sohn) findet sich auf Seite 10, also in den Nachträgen aus der Zeit um 1340. Der erste biblische Name (Anna) erscheint ebenfalls dort. Ein Nachtrag auf Seite 15 bringt erstmals als Gewichtseinheit das Pfund anstelle des Talent.
 
Die Wiedergabe in der hier vorliegenden Bearbeitung erfolgt in moderner deutscher Übersetzung. Die Orte werden mit ihrer modernen Bezeichnung wiedergegeben, in Klammern erfolgt die Originalform. Personennamen werden jedoch unverändert übernommen. Abkürzungen werden aufgelöst, Großschreibung und Interpunktion werden modernisiert. Überzeichen werden weggelassen. Nachträge werden kursiv wiedergegeben. Streichungen im Original werden zwischen /Schrägstriche/ gesetzt. Unleserliches ist durch Punkte ... wiedergegeben.

Erstellt: 1994 durch Fritz Wünschenmeyer - letzte Änderung am 6.2.2000 durch Hans Ebert
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