Wilhelm Funk - Feuchtwangen
- Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt |
Inhaltsverzeichnis
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Der
fränkische Königshof Feuchtwangen.
Die Staatskolonisation der
-weiler-Orte, der bislang fehlende Etappenort zwischen den umliegenden
Königshöfen und im Waldland zwischen Wörnitz und Altmühl
und schließlich die strategische Lage als Sperre des Sulzachtales
und der Sulzachstraße im Vorfeld des schwäbisch besiedelten
Rieses und im Aufmarschgebiet gegen Baiern ließen uns bisher in Feuchtwangen
einen fränkischen Königshof als Vorgänger des Reichsklosters
vermuten.
Aus
anderen Gründen äußerte sich im ähnlichen Sinne schon
der Aufsatz von E. Frhr. v. Guttenberg und W. Kraft über den "Gau
Sualafeld und die Grafschaft Graisbach". Wir lesen dort:
"Feuchtwangen, das vom Grenzzug
(der alten fränkischen Gaue Sualafeld und Riesgau) mitten durchschnitten
wird, ist zweifellos altes karolingisches Königsgut und offenbar ebenso
auf die Wald- und Grafschaftsgrenze gesetzt, wie Fürth auf die Grenze
zwischen baierischem Nordgau und Rangau zu liegen kam."
"Wenn
das königliche Eigenkloster 817 noch zu Alemannien gerechnet wurde,
so entspricht dies durchaus den älteren Verhältnissen, wonach
ja damals auch das Sualafeldkloster Herrieden noch zu Alemannien zählte.
Es hat aber doch wohl mehr lokale Bedeutung, wenn 1258 von Feuchtwangen
"ouffe frenkescher erde" die Rede ist. Das fränkische Königsgut,
zu dem wohl das Waldgebiet ostwärts davon als Forst- und Siedlungsgebiet
gehörte, hat sich offenbar hier im fränkischen Sinne ausgewirkt."
Da unser Urkundenbestand aus
dem früheren Mittelalter sehr lückenhaft ist, wissen wir von
vielen Orten nicht, daß sie früher einmal ein Königsgut
waren: Es gibt aber gewisse Anzeichen, mit denen sich ein solches erschließen
läßt, wenn sonstige Urkunden fehlen. Dazu gehört im besonderen
das alte Patrozinium des fränkischen Reichsheiligen St. Martin.
Die
Forschung hat nämlich herausgefunden, daß bei sehr vielen Königshöfen
die zugehörigen Pfarrkirchen dem Hl. Martin geweiht waren. Sie schließt
daraus, daß eine alte Martinskirche mit ziemlicher Sicherheit auf
einen fränkischen Königshof hinweist. Dies gilt vor allem dann,
wenn nahe oder gar neben dieser Martinskirche noch eine weitere stand,
die Johannes den Täufer als Kirchenpatron hatte und ursprünglich
die Taufkapelle der Martinspfarrkirche war.
Nun wurden aber die alten
Kirchen im Laufe der Zeit zumeist umgebaut oder durch neue ersetzt. In
solchen Fällen wurde die neue Kirche sehr oft auf einen anderen Titelheiligen
umgeweiht. Dem ursprünglichen Kirchenpatron wurde dann doch meist
ein Nebenaltar der neuen Kirche geweiht oder sonst eine Erinnerung an ihn
aufgestellt, etwa eine Figur. Der Wechsel der Titelheiligen ist uns von
vielen Kirchen im Frankenland bekannt.
Um
das Jahr 1000 nennt uns ein Brief Wigos St. Salvator, also den Erlöser,
als Patron des Feuchtwanger Klosters. Nach einer Aufschreibung vom 2. Januar
150025 bestand aber in der Klosterkirche
ein Altar des hl. Martin, zu dem auch eine Vikarie gehörte. Da nun
neben der Klosterkirche noch die alte St. Johanniskirche steht, können
wir also ungefähr den folgenden Werdegang vermuten:
Vielleicht noch im 7. Jahrhundert
wurde Feuchtwangen zunächst als fränkischer Königshof gegründet,
und zwar als Etappenort an der Sulzachstraße. Dieser Königshof
hatte als Pfarrkirche eine St. Martinskirche und eine Taufkapelle St. Johannis.
Nach
der Mitte des 8. Jahrhunderts wurde dieser Königshof als Ausstattungsgut
für das 817 bezeugte Reichskloster verwendet. Bis dieses eingerichtet
und erbaut war, benutzten die Mönche die Martinskirche als Klosterkirche.
Damit deckt sich auch die Angabe des Kirchenhistorikers Hauck "Feuchtwangen
768 St. Salvator" für das Gründungsjahr und den Titelheiligen
des Klosters.
Zu unbekannter Zeit, aber
noch vor dem Jahre 1000, wurde die Martinskirche zur Mönchskirche
umgebaut oder durch einen völligen Neubau ersetzt. Diese neue Klosterkirche
war dem Erlöser geweiht.
Als
im 12. Jahrhundert die Klosterkirche St. Martin durch die noch erhaltene
romanische Stiftskirche ersetzt wurde, wurde dieser Neubau der Gottesmutter
Maria geweiht. Vermutlich hängt dieses Marienpatrozinium mit der jüngeren
Eigenschaft des Klosters als bischöflich augsburgisches Eigenkloster
zusammen; auch der Dom zu Augsburg ist Maria geweiht.
Die Umwandlung der ehemaligen
Pfarrkirche St. Martin als Mönchskirche verlangte ein Gotteshaus für
die Seelsorge der Hintersassen des Klosters. Zu diesem Zweck übertrug
man die Pfarrechte auf die Taufkapelle St. Johannis, die damit Pfarrkirche
von Feuchtwangen mit Taufstein und Friedhof wurde.
Wo
wäre nun dieser Königshof in Feuchtwangen zu suchen? Nach den
bisherigen Betrachtungen sind zwei Möglichkeiten gegeben. Der eine
Platz wäre das Gelände im Südosteck des äußeren
Stadtmauerringes zwischen. Museumstraße, Herrengasse, Jahnstraße
und Stadtmauer. In diesem Falle hätte die Sala regia, das Königshaus,
an der Stelle der vermuteten Turmhügelanlage hinter dem Heimatmuseum
gestanden. Der Königshof hätte dann zwar den Altweg nach Herrieden
und die Sulzachstraße mit ihrer Fortsetzung über den Schleifenberg
nach St. Ulrich, Unterkönigshofen und Ehingen gedeckt, nicht aber
die Sulzachfurt.
Der andere Platz ist aber
besser begründet: nämlich das Klostergelände selbst. Wir
haben uns dann vorzustellen, daß der Wirtschaftshof des Königshofes
als solcher auch vom neuen Kloster übernommen wurde. Auf der Terrasse
des späteren inneren Klosterbezirkes vermuten wir neben der Pfarrkirche
St. Martin mit dem Friedhof und der Taufkapelle St. Johannis die Sala regia,
das Königshaus für den durchreisenden König. Die Heriberga
schloß sich dann wohl auf dem Gelände bis zur Hindenburgstraße
und Herrengasse an.
In
dieser Form konnte der Königshof Feuchtwangen sämtliche Straßen
bei ihm und dazu die Furt schützen. Außerdem riegelte er mit
seiner ganzen Breitseite das Sulzachtal gegen Süden zu ab gegen die
Feindseite. Die nahe Sulzach und das Taubenbrünnlein lieferten ihm
das notwendige Wasser.
Sicherlich bestand neben
dem Königshof auch noch ein kleines Dorf. Wo dies aber zu suchen ist,
läßt sich heute aus dem Stadtplan nicht mehr entnehmen.26
Für
diese Lokalisierung des Königshofes können wir außer der
geschilderten gesamten Lage im Gelände und an den Straßen noch
zwei weitere Hinweise anführen. Der eine ist das ehemalige Gasthaus
zum Adler, heute Haus Nr. 215, an der Ecke der Einmündung der Gasse
vom Taubenbrünnlein in die Untere Torstraße. Man hat nämlich
schon öfters beobachtet, daß die nach dem Wappentier des Reiches
benannten Adlerwirtschaften dicht beim oder gar im Gebiet ehemaliger Königshöfe
liegen. Beispiele dafür sind u. a. die Gasthäuser zum Adler bei
den ehemaligen Königshöfen Riedfeld (Neustadt an der Aisch) und
Langenzenn.
Den anderen Hinweis gibt
das Taubenbrünnlein und vor allem die Sage, die sich um diese Quelle
rankt. Der Kern dieser Sage vermeldet uns, daß ein fränkischer
König, der aber nicht Karl der Große gewesen sein muß
und es wahrscheinlich auch nicht war, in Feuchtwangen Halt gemacht hatte
und hier ein Kloster stiftete. Was die Sage sonst dazu tut, ist schmückendes
Beiwerk der Volksphantasie, das auch bei anderen Orten ähnlich zu
finden ist. Der Kern der Sage hat aber sicherlich einen geschichtlichen
Hintergrund, den aber erst ein Königshof in Feuchtwangen, nahe bei
dem Taubenbrünnlein, erhellt.
Ein
sehr schönes Gegenstück zu der hier geschilderten Entwicklung
Feuchtwangens bildet Kitzingen.27
Auch hier bildet ein fränkischer Königshof zum Schutze des wichtigen
Mainüberganges die eigentliche Keimzelle. Noch in karolingischer Zeit
tritt an seine Stelle das um 750 erstmals benannte Reichskloster Kitzingen,
ein Benediktinernonnenkloster, das Kaiser Heinrich I. i. J. 1007 dem von
ihm gegründeten Bistum Bamberg schenkte.
Aus dem Verlaufe der ursprünglichen
Straßenzüge läßt sich feststellen, daß der
Königshof an der Stelle des Wirtschaftshofes des Klosters stand. Die
Klosterkirche und das Kloster selbst wurden auf dem Gelände der Heriberga
errichtet. Südlich davon lag und liegt heute noch der Marktplatz mit
dem Rathaus, das auf Klostergrund steht. Marktrecht und Rathaus waren im
Besitze des Klosters.
In
der Stauferzeit wurde südlich vom Marktplatz die 1290 erstmals genannte
Altstadt und Burg gegründet, die um 1300 Reichslehen der Grafen von
Hohenlohe sind. Die Hohenlohe verkauften ihre Rechte an Kitzingen Stück
für Stück an die Bischöfe von Würzburg, die aber die
Stadt an die Burggrafen von Nümberg verpfänden mußten.
Kaum hatten die Markgrafen
1443 ganz Kitzingen als Pfandbesitz, als sie auch schon die Stadt zu erweitern
und neu zu befestigen begannen. Sie mußten aber 1629 Kitzingen wieder
herausgeben, da Würzburg überraschend die Pfandschaft auslöste.
Die Gründung und Erweiterung
der Stadt, sowie der Bau der steinernen Mainbrücke hatte auch in Kitzingen
eine völlige Veränderung der Straßenzüge zur Folge.
Die dadurch verursachten mißlichen Verkehrsverhältnisse wurden
erst durch den Bau der neuen Mainbrücke behoben.
Sicherlich
werden sich noch weitere ähnliche Beispiele finden, wenn in der hier
beschriebenen Weise auch einmal die anderen fränkischen Städte
nach dem Ortsplan und den alten Straßenzügen betrachtet werden.28
In großen Zügen
haben wir versucht, das Entstehen und Werden Feuchtwangens aus der Landschaft
und aus dem Stadtplan im Verein mit geschichtlichen Nachrichten abzulesen,
vom fränkischen Königshof über das Reichskloster und Stift
bis zur Stadt. Diesen großen Rahmen weiter mit Einzelnachweisen aller
Art auszufallen und Fehlschlüsse darin zu verbessern, muß nun
die Aufgabe der örtlichen Heimatforschung sein.
Jacobi, Geschichte der Stadt
und des Stiftes Feuchtwangen 1833 schreibt, daß es in einem Gedenkbuch
des Stadtschreibers Jodokus Scholl (Schall?) von 1529 heißt:
"anno
domini millesimo tricentesimo oktingesimo oktavo destructum et combustum
est oppidum Feuchtwang per incolas Dünkelspuhlenses post festum Mariae
virginis ita quod tandem tres domos rernanserunt in toto oppido."
25)
Schaudig, S. 14
26)
Man könnte etwa an das Gelände um den Schweinemarkt denken.
27)
Vgl. dazu meine Ausführungen. "Zur Entwicklungsgeschichte der Stadt
Kitzingen am Main" 1951.
28)
So ergibt z. B. auch Ansbach eine ähnliche Entwicklung, nur mit dem
Unterschied, daß das Gumbertuskloster von einem adeligen Grundherren,
nämlich dem Grafen Gumbert, gegründet und dann erst durch Schenkung
ein Reichskloster wurde. Auch die Stadt Langenzenn liefert einige Parallelen,
wenn auch hier das ehemalige Königshofsgelände erst 1409 für
die Gründung des Augustiner-Chorherrenstiftes verwendet wurde.
Für Stadtentwicklungen
aus Königshöfen, jedoch ohne die Zwischenstufe mit einem Kloster
oder Stift, siehe meine Aufsätze: "Zur Stadtentwicklung von Fürth"
(Fürther Heimatblätter, NF 1952, Nr. 1); "Altstraßen um
Herzogenaurach" (in "Herzogenaurach, ein Heimatbuch", 1951) und "Zur Stadtentwicklung
von Neustadt a. d. Aisch" (Neustädter Anzeigenblatt, Beilage "Die
Heimat", Nr. 14/15, April 1931 ergänzt in "Die Friedhoftskirche zu
Neustadt a. d. Aisch", und in "Das ehem. Seckendorff-Schlößchen
in Neustadt a. d. Aisch", Windsheimer Zeitung, 1953, 18. und 25. Juli).
Erstellt
am 25.3.1999 durch Hans Ebert