Wilhelm Funk - Feuchtwangen - Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt
Inhaltsverzeichnis
 <<  blättern  >>

Die Frankenstraßen

1. Die West-Oststraße Crailsheim - Herrieden, bzw. Ansbach.
2. Die Nord-Südstraßen durch die Täler der Wörnitz und Sulzach.

 
Das Frankenreich brachte auch für Feuchtwangen neue Verkehrsverhältnisse. Es wurde zum Kreuzungspunkt zweier wichtiger Straßen, die heute noch als Bundesstraßen Nr. 14 und 25 ihre Bedeutung beweisen. Die eine kommt vom mittleren Rhein her und entspricht der heutigen Hauptstraße von Stuttgart über Schwäbisch-Hall nach Nürnberg. Die andere läuft vom Norden, bzw. Niederrhein zur Donau und über Augsburg zu den Alpenpässen. Dieses fränkische Straßennetz bildet die Grundlage auch der heutigen Verkehrsverhältnisse.

1. Die West-Oststraße Crailsheim - Herrieden, bzw. Ansbach.
 
Der Zug der Westoststraße ergibt sich aus den machtpolitischen Nahzielen von Feuchtwangen. Im Westen ist dies zunächst das Herzland des fränkischen Mulachgaues um Crailsheim. Dahinter folgt jenseits der Wasserscheide zwischen Jagst und Kocher die Stöckenburg bei Vellberg an der Bühler, die 742 in der Ausstattungsurkunde für das neugegründete Bistum Würzburg als fränkisches Kastell bezeichnet wird.
 
Die Nahziele im Osten waren die Reichsklöster Herrieden und Ansbach, die 748 bzw. 783 gegründet worden waren.
 
Die Straße von der Stöckenburg und von Crailsheim hielt sich wohl zunächst an den Altweg über Goldbach, Waldthann und Tribur. Sie scheint aber noch in spätfränkischer Zeit über Mariä Kappel, Kühnhardt und Mosbach, bzw. Haundorf und Reichenbach umgeleitet worden zu sein.
 
Über Crailsheim wurde wohl das Salz gefahren, das dem Kloster Feuchtwangen aus einer nicht näher bekannten Salzquelle zustand. In Frage kommen dafür Niedernhall am Kocher, Kirchberg an der Jagst oder Schwäbisch-Hall, dessen Salzquelle etwa zwischen 850 und 900 wieder entdeckt wurde. In einem seiner Briefe um das Jahr 1000 bittet nämlich der Dekan Wigo einen nur mit "E" genannten Grafen um Schutz für eine Salzquelle, die dessen Voreltern dem Kloster geschenkt hatten. Nach dem Aufsatz von W. Hommel19. "Frühfränkische Ausbauzeit im Haller Raum" ist jener Graf "E" der Graf Eberhard von Egisheim.
 
Die ursprüngliche Fortsetzung der Crailsheimer Straße von Feuchtwangen aus über den Altweg nach Steinbach und Herrieden scheint schon in fränkischer Zeit an Bedeutung verloren zu haben, und zwar zugunsten der südlichen Route über Heilbronn, Oberahorn und Gräbenwinden. Aber auch diese muß mehr und mehr zurückgegangen sein, denn Herrieden ist heute nur auf recht erheblichen Umwegen zu erreichen.
 
Schon in fränkischer Zeit muß von Feuchtwangen aus eine Straße nach Ansbach angelegt worden sein, die schließlich den Verkehr an sich zog, so daß sie die Fortsetzung der Crailsheimer Straße wurde und die Strecke nach Herrieden lahmlegte.
 
Diese Straße deckt sich bis Weinberg20 zunächst mit dem Altweg nach Leutershausen und zum Obermain. Dieser verband in fränkischer Zeit das obere Altmühlbecken mit seinem Königshof Burgbernheim. Diese Verbindung von Burgbernheim nach Feuchtwangen durfte aber nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben, da der Verkehr wohl zumeist über die noch zu besprechende Straße über Rothenburg ging.
 
Die Straße zieht von Feuchtwangen zunächst in allgemein nördlicher Richtung, wendet sich aber in Weinberg deutlich nach Osten. Diese Schwenkung um 90 Grad verrät 2 Wege, die sich ursprünglich kreuzten, später aber miteinander verbunden wurden.
 
Auf der Karte finden wir in der Tat, daß die von Ansbach über Neunstetten und Aurach zügig herkommende Straße ursprünglich nördlich von Weinberg weiterzog, und zwar in einem Altweg nach Westen, der auf den Höhenkämmen dem Kessel um Kloster Sulz über Schillingsfürst auswich.
 
Von der Straße Feuchtwangen-Ansbach gibt uns eine Karte des Eichstättischen Amtes Wahrberg aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts ein sehr anschauliches Bild.21 Dieses farbige Blatt wurde unter Gabriel von Eyb, Bischof von Eichstätt (1496 - 1535), gezeichnet. Die Ortschaften sind noch bildlich dargestellt, wenn auch recht summarisch. Doch sieht man, daß der Zeichner die einzelnen Orte gekannt haben muß. Außer Feuchtwangen sind u. a. Dombühl, Weinberg, Wahrberg, Aurach und Neunstetten abgebildet, ferner Leutershausen, Herrieden, die Altmühlbrücke u. a.
 

2. Die Nord-Südstraßen durch die Täler der Wörnitz und Sulzach.

 
Die vom Mittelmain über Feuchtwangen zur Donau ziehenden Altwege wurden von der Straße abgefangen, die die Franken von der oberen Tauber durch die Täler der Sulzach und Wörnitz legten. Diese Straße kommt vom Rhein, bzw. Würzburg her und nimmt bei Reichelshofen die durch das Aischtal führende Straße von den Königshöfen Forchheim, Riedfeld und Windsheim auf. An dem viel jüngeren Rothenburg zog sie östlich vorbei nach Gebsattel und in das obere Taubertal bis Diebach, bzw. Östheim. Sie läßt also den Königshof Insingen, über den heute die Bundesstraße 25 führt, westlich liegen.
 
Die Bundesstraße erreicht das obere Wörnitzbecken über die Östheimer Steige. Der älteste Zug der Frankenstraße führt aber von Diebach über Bellershausen und die Steige unterhalb des Schlosses Schillingsfürst nach Frankenheim empor, wo sich die Wasserscheide zwischen Rhein und Donau scharf ausprägt.22
 
Von Frankenheim, an dessen Südwestrand die Wörnitz entspringt, führen zwei Wege nach Süden, der eine schnurgerade über Dombühl in das Tal der Sulzach, der andere entlang der Wörnitz nach Unterwörnitz, wo die Bundesstraße über die Östheimer Steige einmündet. An der Sulzach wie an der Wörnitz zogen nun zwei Frankenstraßen weiter, von denen aber die längs der Sulzach wohl die ältere sein dürfte.
 
Die Wörnitzstraße hielt sich von Unterwörnitz ab immer auf dem Westufer des Flusses nur auf der kurzen Strecke zwischen Bergnerzell und Tribur wechselt sie auf das Ostufer, vermutlich um dem sumpfigen Mündungsgebiet der Ampfrach auszuweichen.
 
Diese Straße läßt sich durch die Annalen von Stade für das Jahr 1151 belegen. Damals reisten zwei vornehme Jünglinge von Augsburg nach Norden, und zwar über Donauwörth, Marktoffingen, Dinkelsbühl, Rothenburg, Aub, Ochsenfurt, Würzburg usw. Sicherlich hätten die beiden Jünglinge auch Feuchtwangen genannt, wenn sie dort durchgekommen wären. Sie müssen demnach die Wörnitzstraße gereist sein.
 
Dieser Reisebericht nennt zum ersten Male den Namen Dinkelsbühl. Offenbar war dort, wo sich die "Nibelungenstraße" mit der Wörnitzstraße kreuzte, nicht allzulange vor 1150 die Stadt Dinkelsbühl von den Staufern gegründet worden. Vom Rothenburger Tor bis zum Nördlinger Tor bildete die Wörnitzstraße die Nordsüdachse im alten Dinkelsbühl.
 
Der Name Rothenburger Tor besagt, daß da einmal die Straße nach Rothenburg auf dem Westufer der Wörnitz hinauszog. Dies gilt nur für das längst abgebrochene Rothenburger Tor der ersten Stadtbefestigung des 12./13. Jahrhunderts. Das heutige Rothenburger Tor der Stadterweiterung um 1380 muß noch lange nicht beweisen, daß die Wörnitzstraße auch noch im 14./15. Jahrhundert befahren wurde.
 
Heute spielt die Wörnitzstraße keine Rolle mehr.23 Sie muß also einmal verlegt worden sein. Wir werden unten sehen, daß dies noch im 12./13. Jahrhundert geschehen sein muß.
 
Die Sulzachstraße lief von Frankenheim geradewegs über Dombühl, Archshofen, Dorfgütingen nach Feuchtwangen. In Dorfgütingen nahm sie die Umleitung von Frankenheim über Unterwörnitz auf, der heute auch die Bundesstraße 25 nach Feuchtwangen folgt.
 
Von Feuchtwangen ab führte die Sulzachstraße über Dürrwangen, Dorfkemmathen nach Wittelshofen weiter. Hier mündet sie in den Altweg, der von Herrieden, Wieseth, Burk und das Limestor bei Dühren herkommt und über Marktoffingen zur Donau zog. Von Wittelshofen ab und zwar über die dort kreuzende Nibelungenstraße konnten aber auch die Frankensiedlungen im Altmühltal und am Ostrand des Rieses erreicht werden. Bei diesem Kreuzungspunkt entstand später der Markt Aufkirchen.
 
Eine Abzweigung der Sulzachstraße führte von Feuchtwangen über die Höhen nach St. Ulrich, Metzlesberg, Dentlein, Burk und weiter entweder zum Königshof Ehingen am Hesselberg oder über den Königshof Unterkönigshofen zu den Altmühlübergängen bei Großenried, Ornbau und Gunzenhausen.
 
Bei der Schönmühle überquerte die Abzweigung den Schönbach ursprünglich durch die "Dietmannsfurt". Später wurde dort die "Ameisenbrücke" (sprachlich verderbt aus "Dietmannsbrücke") errichtet, für deren Unterhalt das Kloster und Stift Feuchtwangen zu sorgen hatte. Diese Unterhaltspflicht, sowie der Name der Furt beweisen, daß die Straße bei den Franken als "Dietweg", d. h. als ein allgemeiner "Volksweg", als öffentliche Straße galt.
 
Wie die Wömitzstraße, so gehört heute auch die Sulzachstraße mit ihren Abzweigungen nur zu den Nebenstraßen bis auf das Stück zwischen Feuchtwangen, Dorfgütingen und Unterwörnitz. Wir dürfen uns aber durch die heutigen Verhältnisse nicht täuschen lassen, sondern müssen uns zurückversetzen in die Zeit, in der das Land zwischen Wörnitz und Altmühl noch mit zum Aufmarschgebiet der Franken gegen die Baiern gehörte. Dann können wir ungefähr die Wichtigkeit dieser Straße in der fränkischen Zeit ermessen. Bedenken wir doch, daß der einst so viel befahrene Völkerweg vom Rhein zur Donau, den auch die Nibelungen zogen, heute auf weite Strecken nur ein stiller Feldweg ist. Oder ein anderes Beispiel für den Wandel der Zeiten: In Unterkönigshofen erinnert nur noch der stolze Ortsname an die einstige Bedeutung des Ortes in fränkischer Zeit.
 
Wenn wir diese Betrachtung über die Frankenstraßen um Feuchtwangen noch kurz zusammenfassen und von der Seite der fränkischen Machtpolitik besehen, so werden wir unschwer finden, daß die Frankenstraße von Frankenheim durch die Sulzach bis zur Wörnitz die größeren strategischen Möglichkeiten in sich schloß; sie führte rascher als die Wörnitzstraße zu den Zentren der Frankenorte zwischen Hesselberg, Altmühl und Ries. Sie muß deshalb wohl auch die ältere Frankenstraße sein.
 
Die Wichtigkeit der Sulzachstraße verlangte dann aber auch die entsprechende Sicherung und einen Etappenort im Sulzachtal. Dies bot alles ein Königshof in Feuchtwangen. Dieser verlor erst um die Mitte des 8. Jahrhunderts seine Bedeutung, als Baiern endgültig dem fränkischen Großreich einverleibt war. Um diese Zeit konnte der Königshof den friedlichen Zwecken zugeführt und zur Ausstattung des Reichsklosters Feuchtwangen verwendet werden. Die Gründung dieses Klosters fällt also ebenfalls in die Zeit des kirchlichen Ausbaues von Ostfranken, in die Zeit der Gründung der Bistümer Würzburg und Eichstätt und der Klöster Ansbach, Herrieden, Gunzenhausen, Solnhofen, Heidenheim und Ellwangen.

19) Schwäbisch-Hall, ein Buch aus der Heimat, 1937, S. 83.
20) Möglicherweise lief diese Straße auch einmal über Leiperzell, Oberdallersbach und Hinterbreitenthann nach Weinberg.
21) Im Hauptstaatsarchiv München, Signatur 8133, Rep. S. 11, I Pläne. Die Karte ist abgebildet und beschrieben in L. Wittmann: Franken, Landkarten von 14 - 17 Bd. III, Deutsche Steinkreuzforschung, Nürnberg 1942, Nr. 20.
22) Helmut Weigel, Der Mulachgau, Württembergisch Franken, Jahresbericht des historischen Vereins für Württemberg-Franken, NF 26/27 (1951/52), S. 142, sieht in dem Ortsnamen Frankenheim einen Typenortsnamen der karolingischen Organisation und leitet ihn daher vom Rechtsausdruck "franko", freier königlicher Gefolgsmann, Königsfreier ab.
23) Man brachte neuerdings vor dem Rothenburger Tor in Dinkelsbühl eine Tafel mit dem Hinweis an: "Diese Straße führt nicht nach Rothenburg".

Erstellt am 25.3.1999 durch Hans Ebert
<<  blättern  >