Den fränkischen Scharen,
die gegen die Donau vordrangen, folgten am Beginn des 6. Jahrhunderts wohl
schon die ersten Siedler aus den Reihen dieser Truppen oder aus dem Stammland
am Niederrhein. Sie nannten ihre neuen Dörfer kurzerhand nach dem
Anführer ihrer Siedlerschar, indem sie hinter dessen Namen die Silbe
-heim anfügten. Diese -heim-Orte liegen auf den guten Ackerböden
der offenen Landschaft wie zu gemeinsamer Abwehr gegen feindliche Angriffe
um einen Mittelpunkt geschart. Zu diesen ersten -heim-Orten mit einem Personennamen
darf man auch noch die etwas jüngeren zählen, die auf eine Himmelsrichtung
(Ostheim, Westheim usf.) oder eine Stelle im Gelände (Stockheim, Talheim
usw.) weisen und sich damit als die ersten Ausbauorte kundgeben.
Wir
finden diese -heim-Orte am Ostrand des Rieses und um den Hesselberg bis
hinunter in das Altmühltal, ferner in gleicher Weise am Westrand des
Rieses bis hinüber ins Jagsttal, dann um Crailsheim und zwischen Tauber
und Main um Uffenheim und Windsheim.
Die Nachkommen der ersten
Siedler, die in ihrem Heimatdorf keinen Platz fanden, mußten sich
neue Siedlungsstätten suchen, und zwar nun schon auf den weniger guten
Böden am Rande der alten -heim-Orte oder in der Aulandschaft der größeren
Flußtäler. Da aber die einzelnen Stellen in Wald und Feld der
Umgebung der alten Siedlungskerne mittlerweile bereits ihre besonderen
Flurnamen erhalten hatten, benannte man die neuen Dörfer kurzerhand
nach diesen Flurnamen.
Da
nun auch der Ortsname Feuchtwangen eine derartige Stellenbezeichnung enthält,
kann auch hier die erste Ansiedlung nur frühestens am Ende des 6.
Jahrhunderts oder noch besser erst im 7. Jahrhundert angelegt worden sein.
Die Endung "wangen" bedeutet nämlich soviel wie "Aue". Dabei ist es
für uns hier gleichgültig, ob wir Feuchtwangen als Siedlung "an
einer feuchten Aue", also im Gegensatz zu "Dürrwangen" erklären
wollen, oder "an einer mit Fichten bestandenen Aue", also im Gegensatz
zu "Dombühl", den mit Tannen bewachsenen Hügel.
Der weitere Ausbau des Landes
führte in den folgenden Jahrhunderten schließlich in die Täler
der kleineren Seitenbäche und zuletzt durch Rodung in den Wald. Diese
letzten Glieder des Ausbaus sind aber meist nur kleine weilerartige Siedlungen,
deren Namen auf Wasser, Wald oder ähnliche Stellenbezeichnungen weisen.
In der Umgebung von Feuchtwangen gehören u. a. dazu die -bach und
-bronn-Orte wie Tauberschallbach und Heilbronn und die Wald und Baumorte
wie Kühnhardt, Vorderbreitenthann, Dentlein und Oberahorn.
Die
großen Waldgebiete waren nach fränkischer Rechtsgewohnheit königliche
Bannforste, die zu einem Königshof gehörten. Von diesem Königshof
konnte dann auch nur die Kolonisation und Rodung vorgetrieben werden.
Diese Staatskolonisation
sehen wir besonders deutlich um Feuchtwangen und zwar an jenen Ortsnamen
auf -weiler mit einem Personennamen davor. Sie verraten uns jene Dienstleute,
die den Wald zu roden und urbar zu machen hatten. In gleicher Weise sind
die der -zell-Orte um Feuchtwangen entstanden. Diese weisen eindeutig auf
die Kolonisation des Reichsklosters und damit auf das späte 8. oder
auf das 9. Jahrhundert.
Die
-weiler-Orte um Feuchtwangen gehen zweifellos den -zell-Orten an Zahl und
Alter voraus. Wir stehen deshalb vor der Frage, ob auch diese -weiler-Orte
vom Reichskloster Feuchtwangen angelegt - wurden. Da aber auch außerhalb
der Einflußgrenze des Klosters zahlreiche -weiler-Orte im Norden,
Westen und Süden zu finden sind, dürfen wir schließen,
daß das Kloster diese -weiler-Orte nicht gegründet hat.18
Das bedeutet dann aber, daß vor dem Reichskloster ein älterer
Königshof in Feuchtwangen anzunehmen ist.
Diese kurze Einführung
soll nur in gröbsten Umrissen zeigen, wie die Franken bis zum Ende
des 1. Jahrtausends n. Chr. unser Frankenland und seine Keuperwälder
und hier im besonderen das Feuchtwanger Umland besiedelten und erschlossen.
Dieses Kolonisationswerk war derart groß, daß wir schon um
das Jahr 1000 n. Chr. fast alle Orte unserer Heimat vorfinden, die heute
die Landkarte verzeichnet Dieser Ausbau muß weitgehend vom fränkischen
Großreich gefördert und planmäßig von den Königshöfen
aus betrieben worden sein, auch wenn wir dies bei dem Mangel an Urkunden
aus dieser frühen Zeit nicht im einzelnen feststellen und belegen
können.
Die
gewaltigen Veränderungen, die das fränkische Siedlungswerk im
Keuperland mit sich brachte, und die Machtpolitik des fränkischen
Großreiches verlangten begreiflicherweise auch neue Verkehrswege.
Diese fränkischen Straßen lassen sich am leichtesten aus den
Königshöfen erschließen, weil diese ja die wichtigsten
Etappenstationen waren.
Um Feuchtwangen läßt
sich durch Urkunden oder andere Anzeichen ein Kranz solcher Königshöfe
feststellen. Die Forschungen der Historiker hierüber sind aber noch
nicht abgeschlossen, so daß wir nur einen Teil von ihnen angeben
können. Es sind dies im ehemaligen Rangau Burgbernheim und dazu das
Reichskloster Ansbach, im Gau Sualafeld Unterkönigshofen-Ehingen und
das Reichskloster Herrieden, im Riesgau Dinkelsbühl-Segringen, Deiningen-Nördlingen
und dazu im Westen das Reichskloster Ellwangen, schließlich im Mulachgau
Crailsheim und die Stöckenburg bei Vellberg, sowie Insingen an der
Tauber.
Die
Straßen von diesen Reichsgütern, die wir nachstehend näher
beschreiben, schneiden sich in Feuchtwangen, ein wichtiger Umstand, der
hier gleichfalls einen Königshof vor dem Reichskloster vermuten läßt.
18)
Ad. Bayer, S. 91, betont die Kolonisation der Reichsklöster. Dagegen
erklärt v. Guttenberg, Stammesgrenzen und Volkstum S. 88: "Man wird
ihnen die Anlage der nicht sehr zahlreichen -zell-Orte zuschreiben dürfen.
Man wird sich vom eigenen Siedlungswerk der Klöster keine allzugroße
Vorstellung machen dürfen; der erste benediktinische Rodungseifer
erlahmte bekanntlich rasch."
Erstellt
am 25.3.1999 durch Hans Ebert