Wilhelm Funk - Feuchtwangen - Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt
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Zur fränkischen Besiedlung um Feuchtwangen

 
Den fränkischen Scharen, die gegen die Donau vordrangen, folgten am Beginn des 6. Jahrhunderts wohl schon die ersten Siedler aus den Reihen dieser Truppen oder aus dem Stammland am Niederrhein. Sie nannten ihre neuen Dörfer kurzerhand nach dem Anführer ihrer Siedlerschar, indem sie hinter dessen Namen die Silbe -heim anfügten. Diese -heim-Orte liegen auf den guten Ackerböden der offenen Landschaft wie zu gemeinsamer Abwehr gegen feindliche Angriffe um einen Mittelpunkt geschart. Zu diesen ersten -heim-Orten mit einem Personennamen darf man auch noch die etwas jüngeren zählen, die auf eine Himmelsrichtung (Ostheim, Westheim usf.) oder eine Stelle im Gelände (Stockheim, Talheim usw.) weisen und sich damit als die ersten Ausbauorte kundgeben.
 
Wir finden diese -heim-Orte am Ostrand des Rieses und um den Hesselberg bis hinunter in das Altmühltal, ferner in gleicher Weise am Westrand des Rieses bis hinüber ins Jagsttal, dann um Crailsheim und zwischen Tauber und Main um Uffenheim und Windsheim.
 
Die Nachkommen der ersten Siedler, die in ihrem Heimatdorf keinen Platz fanden, mußten sich neue Siedlungsstätten suchen, und zwar nun schon auf den weniger guten Böden am Rande der alten -heim-Orte oder in der Aulandschaft der größeren Flußtäler. Da aber die einzelnen Stellen in Wald und Feld der Umgebung der alten Siedlungskerne mittlerweile bereits ihre besonderen Flurnamen erhalten hatten, benannte man die neuen Dörfer kurzerhand nach diesen Flurnamen.
 
Da nun auch der Ortsname Feuchtwangen eine derartige Stellenbezeichnung enthält, kann auch hier die erste Ansiedlung nur frühestens am Ende des 6. Jahrhunderts oder noch besser erst im 7. Jahrhundert angelegt worden sein. Die Endung "wangen" bedeutet nämlich soviel wie "Aue". Dabei ist es für uns hier gleichgültig, ob wir Feuchtwangen als Siedlung "an einer feuchten Aue", also im Gegensatz zu "Dürrwangen" erklären wollen, oder "an einer mit Fichten bestandenen Aue", also im Gegensatz zu "Dombühl", den mit Tannen bewachsenen Hügel.
 
Der weitere Ausbau des Landes führte in den folgenden Jahrhunderten schließlich in die Täler der kleineren Seitenbäche und zuletzt durch Rodung in den Wald. Diese letzten Glieder des Ausbaus sind aber meist nur kleine weilerartige Siedlungen, deren Namen auf Wasser, Wald oder ähnliche Stellenbezeichnungen weisen. In der Umgebung von Feuchtwangen gehören u. a. dazu die -bach und -bronn-Orte wie Tauberschallbach und Heilbronn und die Wald und Baumorte wie Kühnhardt, Vorderbreitenthann, Dentlein und Oberahorn.
 
Die großen Waldgebiete waren nach fränkischer Rechtsgewohnheit königliche Bannforste, die zu einem Königshof gehörten. Von diesem Königshof konnte dann auch nur die Kolonisation und Rodung vorgetrieben werden.
 
Diese Staatskolonisation sehen wir besonders deutlich um Feuchtwangen und zwar an jenen Ortsnamen auf -weiler mit einem Personennamen davor. Sie verraten uns jene Dienstleute, die den Wald zu roden und urbar zu machen hatten. In gleicher Weise sind die der -zell-Orte um Feuchtwangen entstanden. Diese weisen eindeutig auf die Kolonisation des Reichsklosters und damit auf das späte 8. oder auf das 9. Jahrhundert.
 
Die -weiler-Orte um Feuchtwangen gehen zweifellos den -zell-Orten an Zahl und Alter voraus. Wir stehen deshalb vor der Frage, ob auch diese -weiler-Orte vom Reichskloster Feuchtwangen angelegt - wurden. Da aber auch außerhalb der Einflußgrenze des Klosters zahlreiche -weiler-Orte im Norden, Westen und Süden zu finden sind, dürfen wir schließen, daß das Kloster diese -weiler-Orte nicht gegründet hat.18 Das bedeutet dann aber, daß vor dem Reichskloster ein älterer Königshof in Feuchtwangen anzunehmen ist.
 
Diese kurze Einführung soll nur in gröbsten Umrissen zeigen, wie die Franken bis zum Ende des 1. Jahrtausends n. Chr. unser Frankenland und seine Keuperwälder und hier im besonderen das Feuchtwanger Umland besiedelten und erschlossen. Dieses Kolonisationswerk war derart groß, daß wir schon um das Jahr 1000 n. Chr. fast alle Orte unserer Heimat vorfinden, die heute die Landkarte verzeichnet Dieser Ausbau muß weitgehend vom fränkischen Großreich gefördert und planmäßig von den Königshöfen aus betrieben worden sein, auch wenn wir dies bei dem Mangel an Urkunden aus dieser frühen Zeit nicht im einzelnen feststellen und belegen können.
 
Die gewaltigen Veränderungen, die das fränkische Siedlungswerk im Keuperland mit sich brachte, und die Machtpolitik des fränkischen Großreiches verlangten begreiflicherweise auch neue Verkehrswege. Diese fränkischen Straßen lassen sich am leichtesten aus den Königshöfen erschließen, weil diese ja die wichtigsten Etappenstationen waren.
 
Um Feuchtwangen läßt sich durch Urkunden oder andere Anzeichen ein Kranz solcher Königshöfe feststellen. Die Forschungen der Historiker hierüber sind aber noch nicht abgeschlossen, so daß wir nur einen Teil von ihnen angeben können. Es sind dies im ehemaligen Rangau Burgbernheim und dazu das Reichskloster Ansbach, im Gau Sualafeld Unterkönigshofen-Ehingen und das Reichskloster Herrieden, im Riesgau Dinkelsbühl-Segringen, Deiningen-Nördlingen und dazu im Westen das Reichskloster Ellwangen, schließlich im Mulachgau Crailsheim und die Stöckenburg bei Vellberg, sowie Insingen an der Tauber.
 
Die Straßen von diesen Reichsgütern, die wir nachstehend näher beschreiben, schneiden sich in Feuchtwangen, ein wichtiger Umstand, der hier gleichfalls einen Königshof vor dem Reichskloster vermuten läßt.

18) Ad. Bayer, S. 91, betont die Kolonisation der Reichsklöster. Dagegen erklärt v. Guttenberg, Stammesgrenzen und Volkstum S. 88: "Man wird ihnen die Anlage der nicht sehr zahlreichen -zell-Orte zuschreiben dürfen. Man wird sich vom eigenen Siedlungswerk der Klöster keine allzugroße Vorstellung machen dürfen; der erste benediktinische Rodungseifer erlahmte bekanntlich rasch."

Erstellt am 25.3.1999 durch Hans Ebert
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