Die vermutete Altstadt von
Feuchtwangen haben wir uns zweifellos befestigt zu denken. Es sei aber
dahingestellt, ob sie schon mit Mauer und Türmen oder nur mit Graben,
Wall und Palisaden umfangen war. Diese älteste Stadtbefestigung könnte
vielleicht noch durch Grabungen, am sichersten längs der Herrengasse,
festgestellt werden. Es gibt aber noch andere Anzeichen für sie.
Das
ist einmal der bereits festgestellte schwach S-förmige Verlauf der
Stadtmauer auf der Südseite. Dieser erklärt sich dann so: Auf
der Strecke vom Unteren Tor bis fast zum Spitaltor wurde der Zug der ältesten
Befestigung übernommen und ausgebaut. Dieser biegt hier schwach nach
außen aus. Beim Spitaltor hätte man wohl die neue Stadtmauer
mit einem deutlichen Knick an die alte ansetzen können. Dies wollte
man aber offensichtlich vermeiden und setzte deshalb beim Bau des Spitaltores
die neue Mauer mit schwacher Einbiegung bis zur Südostecke fort.
Noch viel deutlicher spricht
die Lage des öttinger Schlößchens für die vermutete
Altstadt. Das Schlößchen ist ohne Zweifel älter als die
neue Stadtmauer von 1400, denn diese kreist es schon halb ein und entwertet
es damit auch als Burg. Wenn wir aber eine Altstadt annehmen, dann kommt
es als eigener und unabhängiger fester Platz vor deren Befestigung
zu liegen und zwar mit einem eigenen Zugang von Norden.
Gegen
die Altstadt scheint aber das Obere Tor zu sprechen, dessen Unterbau nach
Schaudig (S. 58) "der frühromanischen Zeit angehören dürfte".
Es ist aber fraglich, ob man es schon in so frühe Zeiten setzen darf.
Schaudig nimmt an (S. 4), daß der Klostergarten wohl den ganzen nordwestlichen
Teil der Stadt einnahm und findet es für sehr wahrscheinlich, daß
das Obere Tor in seinen Grundbestandteilen der Zugang zum Klostergelände
war. Er muß zu diesem Schluß kommen, weil aus den Urkunden
nichts von einer Altstadt im besonderen zu entnehmen ist.
Das Kloster Feuchtwangen
hätte sehr viele Leute gebraucht, um den von Schaudig angenommenen
Umfang der Befestigung einschließlich seiner Gärten zu verteidigen.
Wir müssen uns den Klosterbezirk wesentlich kleiner vorstellen, auch
noch den des Stiftes. Die Klosterbefestigung kann also nicht bis zum Oberen
Tor gereicht haben. Die von Schaudig als Beweis für hohes Alter angeführten
Bildhauerarbeiten können auch erst in späterer Zeit von einem
anderen Bauwerk an das Obere Tor übertragen worden sein.
Alle
Rätsel lösen sich, wenn wir folgende Entwicklung annehmen: Zuerst
wurde neben dem Kloster bzw. dem Stift die Altstadt gegründet. Als
diese wirtschaftlich aufblühte und ihre Befestigung besaß, legte
man von ihr bis zum Oberen Tor hin das Stiftsviertel mit den Häusern
der Chorherren und Vikarier an.
Dies alles wurde schließlich
um 1400 mit der Stadtmauer umfangen, so daß diese die Gärten
zwischen Oberem Tor und Ottinger Schlößchen einschloß
und auf der Ostseite auch die beim Heimatmuseum vermutete Turmhügelburg.
Den Abschluß dieser Entwicklung bildete dann der Bau des Spitaltores.
Auf
diese Weise können wir auch das Fehlen des Weges hinter der Stadtmauer
erklären. Wir dürfen wohl annehmen, daß das Stift und die
Chorherren auf dieser Seite die Stadtmauer zu verteidigen hatten.
Um das Jahr 1000 beklagte
sich der Dekan Wigo in einem Brief an Bischof Luitold von Augsburg über
die Bedrückungen des Klosters durch den Sohn eines gewissen Richard
unter Mithilfe der Bevölkerung (adjutorium civium). Aus dem Wort civium
schloß Schaudig (S. 20), daß es bereits damals eine bürgerliche
Ansiedlung neben dem Kloster gab, also etwa einen Markt. Da aber für
diese Zeit noch das Bedürfnis nach einem Marktort fehlte, erscheint
es zweifelhaft, ob wir auf Grund dieser Briefstelle schon einen Markt annehmen
dürfen. Diese bürgerliche Siedlung könnte dann aber nur
klein gewesen sein, so daß wir selbst in diesem Falle wieder auf
die vermutete Altstadt kommen würden.
Aus
diesen wenigen Anzeichen dürfen wir bereits einen älteren Stadtkern
als sicher annehmen. Diese Altstadt muß dann das oppidum Feuchtwangen
mit seiner Bürgerschaft (civitas) gewesen sein, die 1284 und 1293
unter Rudolf von Habsburg genannt werden, bzw. das 1241 genannte Feuchtwangen.
Hier vertrugen sich auch schon im Jahre 1258 die Grafen von Öttingen
mit Ulrich von Wahrberg. Damit kommen wir bereits bis an die Zeit der Staufer
heran, in die wir erst die Gründung dieser Altstadt verlegen dürfen.
Wenn wir uns die Befestigung
der Altstadt verhältnismäßig einfach vorstellen, so erhalten
wir andererseits die Erklärung, weshalb Feuchtwangen zusammen mit
Aufkirchen im Jahre 1347 nur als ."Markt" bezeichnet wird.
Diese
Altstadt war es also, die nach Schaudig 1309 und 1388 von Dinkelsbühl
aus zerstört wurde. Sie war die Reichsstadt, die 1376 an Burggraf
Friedrich V. von Nürnberg verpfändet wurde. Diese Erwerbung war
für den Burggrafen eine höchst willkommene Gelegenheit, denn
schon seine Vorfahren hatten seit etwa 1250 begonnen, zäh und klug
ihr Territorium auszubauen.
Mit Feuchtwangen hatten
die Burggrafen einen wichtigen Stützpunkt gewonnen, der ihnen erlaubte,
ihren Machtbereich weiter nach Westen hinauszuschieben. Damit hatten sie
die Straße von Schwäbisch-Hall über Crailsheim nach Nürnberg
in ihrer Hand. Sie konnten nun aber auch die mindestens gleich wichtige
Straße von Würzburg über Rothenburg und Dinkelsbühl
nach Augsburg und den Alpenpässen kontrollieren. Mit Feuchtwangen
hatten sie aber auch eine wertvolle Operationsbasis gegen die Reichsstädte
Rothenburg, Hall und Dinkelsbühl gewonnen.
Einen
so wichtigen Stützpunkt und Vorposten vor dem burggräflichen
Machtzentrum von Ansbach und Nümberg galt es vor Angriffen und Zerstörungen
zu sichern. Dies hatte das Jahr 1388 gelehrt. Die Erweiterung der Stadt
und der Bau der Stadtmauer lagen deshalb durchaus im Sinne der burggräflichen
Hausmachtpolitik.
Erstellt
am 25.3.1999 durch Hans Ebert