Wilhelm Funk - Feuchtwangen - Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt
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DIE STADT FEUCHTWANGEN

Zur Geschichte der Stadt

Die Urkunde Rudolfs von Habsburg vom 5. August 1284 nennt Feuchtwangen zum ersten Male als oppidum, als Stadt. Eine weitere vom 19. Mai 1293 erwähnt auch die civitas, die Bürgerschaft. "Feuchtwangen galt damals bereits als Reichsstadt und wurde in dieser Eigenschaft vom König Albrecht am 29. April 1307 zur Begründung des Landfriedens in Schwaben mit berufen ... Als Reichsstadt führte sie den rechtsschauenden Adler im Wappen, mit dem zwar noch im 18. Jahrhundert städtische Urkunden gesiegelt wurden. Obwohl sie dem schwäbischen Städtebund beigetreten war, wurde sie doch von der Nachbarstadt Dinkelsbiihl aus überfallen und aus Eifersucht 1309 großenteils niedergebrannt" (Schaudig S. 23). Zu diesen Zeilen Schaudigs ist zu bemerken, daß seine Quelle für den Überfall und die Zerstörung 1309 unbekannt ist. In den Urkunden und Nachrichten über die Geschichte der Stadt Dinkelsbühl haben sich bisher keine Anhaltspunkte für diese Untat finden lassen. Es gäbe nur einen Grund dafür, daß nämlich Feuchtwangen damals im Besitz der Feinde Dinkelsbühls war, etwa verpfändet an die Grafen von Öttingen oder Hohenlohe. Dies ist aber nicht nachzuweisen. Allerdings finden sich im Steichele hierzu folgende Eintragungen: 1309 Pastorius, Frankonia rediviva S. 951, Friess, Monatsschrift Nr. 7, Nürnberger Archiv, Stieber, Seite 368.
 
Daß Feuchtwangen Reichsstadt war, geht daraus hervor, daß Kaiser Ludwig der Bayer sie im Jahre 1324 samt Gericht, Steuern und allem Zubehör an die Grafen Konrad und Gottfried von Hohenlohe um 300 Pfund Heller verpfändete. Im Jahre 1347 war sie an Graf Albrecht von Öttingen verpfändet. Wenn sie nicht im Besitze des Kaisers, bzw. des Reiches gewesen wäre, hätte sie der Kaiser nicht verpfänden können. Es ist nicht bekannt, wie und wann diese Pfandschaften ausgelöst wurden. Nach Schaudig scheint Feuchtwangen die Pfandsumme selbst bezahlt zu haben.
 
Wenn nach diesen Urkunden Feuchtwangen erst verhältnismäßig spät als Stadt erwähnt wird, - 1347 übrigens als Markt - so ist das keine Besonderheit; auch viele andere und größere Städte erscheinen gleichfalls ziemlich spät in Urkunden, obwohl sie wesentlich früher entstanden sein müssen. Nur von wenigen Städten sind die Urkunden erhalten, die ihre genaue Gründungszeit und andere Umstände mitteilen. Da wir bedenken müssen, daß eine gewisse Zeit verstreicht, bis eine neue Stadt angelegt wird, ihr wirtschaftliches und städtisches Leben beginnt und in Urkunden überliefert wird, dürfen wir auch die Gründung der Stadt Feuchtwangen weiter zurückverlegen, und zwar wohl bis in die Zeit der Hohenstaufen.
 
Tatsächlich paßt auch die Gründung der Stadt Feuchtwangen am besten in die Epoche der Staufer und deren Politik. Der staufische "Flächenstaat" trachtete überall im Reiche feste Stützpunkte zu gewinnen, um daraus ein geschlossenes Territorium aufzubauen. Dazu erwarben die Staufer systematisch Burgen, feste Städte und Märkte oder legten solche auf Reichsboden an. Damit wollten sie die Reichsstraßen fest in ihre Hand bekommen und so ihre Herrschaft sichern. Sie unterschieden sich dadurch durch nichts von den Franken, nur daß sie statt der Königshöfe nun Burgen und Städte dazu verwendeten.
 
Gegen Ende des 12. Jahrhunderts lag Feuchtwangen zwischen den staufischen Burgen und Städten Rothenburg, Ansbach, Großenried an der Altmühl, Beyerberg, Aufkirchen und Dinkelsbühl, zu denen noch jenseits der württembergischen Grenze die Hausgüter des Geschlechtes um die Burg Hohenstaufen und die Reichsstadt Schwäbisch-Hall kamen.
 
Die meisten Straßen zwischen diesen Verbindungen kreuzten sich in Feuchtwangen, sodaß die staufischen Könige ein besonderes Interesse an diesem Knotenpunkt haben mußten. Daraus läßt sich wenigstens indirekt die Gründung der Stadt zur Stauferzeit, also wohl noch im 12. Jahrhundert, wahrscheinlich machen.9 Um welche Straßen es sich hier besonders handelt, werden wir später festzustellen haben.
Daß Feuchtwangen auch wirklich eine staufische Gründung ist, geht aus der Reichssteuermatrikel unter dem Hohenstaufenkaiser Friedrich II. vom Jahre 1241 hervor. Diese "Notitia de precariis dvitatum et villarum" enthält die Steuerbeträge, die die Städte und Dörfer zu entrichten hatten.10 Die einzelnen Orte sind darin nur mit ihren Namen genannt, also ohne Angabe Stadt, Markt usw. Der Eintrag für Feuchtwangen lautet deshalb nur kurz: "Fuhtwangen 20 marce".
 
Um zu vergleichen, welch hohe Summe diese "20 Mark" damals bedeuteten, seien noch einige andere bekannte Orte mit ihren Beträgen in Mark angeführt: Frankfurt 250, Schwäbisch-Hall 170, Rothenburg 90, Dinkelsbühl 40, Weißenburg 40, Nördlingen 100, Bopfingen 50, Eßlingen 120, Ulm 80. Aufkirchcn, Donauwörth und Harburg waren befreit, weil sie damals "verbrannt" waren.
 
Die Matrikel gibt auch bei verschiedenen Orten an, was die dort ansässigen Juden zu entrichten hatten, z. B. Schwäbisch-Hall 8, Rothenburg 10, Donauwörth 2, Bopfingen 2, Ulm 6, Worms 130, Speyer 80. Feuchtwangen ist dabei nicht genannt. Es wohnten also im Jahre 1241 offenbar hier noch keine Juden.
 
Die Lage an wichtigen Straßen brachte Feuchtwangen viele wirtschaftliche Vorteile und ließ die Stadt bald aufblähen. Wie sehr der Wohlstand wuchs, sehen wir daran, daß sich mehrere ihrer Bürger Rittergütlein in der Umgebung kaufen konnten.
 
Diese Lage hatte aber auch ihre Schattenseiten. Diese zeigten sich schon in der allerdings nicht bezeugten Zerstörung 1309, wie in der Verpfändung an die Hohenlohe und Öttingen. Noch weit einschneidender war aber die Verpfändung der Stadt um 5000 Gulden durch Kaiser Karl IV. am 23. April 1376 an Friedridi V., Burggrafen von Nürnberg. Diese Pfandschaft wurde nicht ausgelöst. Damit war die Herrlichkeit Feuchtwangens als Reichsstadt besiegelt. Es wurde eine Landstadt der Nürnberger Burggrafen und späteren Markgrafen von Brandenburg-Ansbach.
 
Kaum war Feuchtwangen burggräfliche Landstadt, da überfiel auch schon wieder die Reichsstadt Dinkelsbühl im Städtekrieg 1388 ihre Konkurrentin und verbrannte sie bis auf die Kirchen und drei Häuser. Die Quellen über die Geschichte Dinkelsbühls geben zwar auch für diesen von Schaudig (S. 25) mitgeteilten Vorfall keinen Anhalt, doch ist er in Anbetracht der Verpfändung Feuchtwangens durchaus möglich. Bei Steichele befindet sich eine Eintragung: 1388 Anales Colori

Wie dem auch sei: Die Burggrafen wußten jedenfalls sehr wohl, was für sie der Besitz Feuchtwangens bedeutete. Dies geht aus ihrer Hilfe für den Aufbau der Stadt hervor. Sie erließen ihr 1391 die Steuer von 500 Gulden und gaben Holz zum Bau von Palisaden und Basteien. Im Jahre 1395 begann man dann auch mit dem Bau der Stadtmauer, unterstützt von den Chorherren des Stiftes, von denen jeder die Kosten für den Bau eines Rundtürmchens an der Stadtmauer übernahm. Der Bau der Stadtmauer zog sich über einige Jahrzehnte hin, denn im Jahre 1424 begann man mit dem Bau des Spitaltores.
 
Wenn sich auch die Stadt nach dem Überfall von 1388 verhältnismäßig bald wieder erholte, so wuchs Feuchtwangen über 4 Jahrhunderte über diesen so geschaffenen Mauerring nicht hinaus. Wir erfahren, daß gegen Ende des 18. Jahrhunderts der Obere Torturm zum Teil baufällig wurde und danach seinen heutigen Aufbau erhielt.
 
Im Jahre 1806 kam mit dem Fürstentum Ansbach auch Feuchtwangen an das Königreich Bayern. Im Jahre 1811 brannte der Turm des Spitaltores ab. Die Tore wurden damals noch abends abgesperrt. Das Jahr 1827 brachte den Bau des heutigen Landratsamtes als Sitz des Amtsgerichts und Rentamtes. Das bisherige Gerichtsgebäude wurde der Forstverwaltung eingeräumt. Bald danach - 1829 - verkaufte die Stadt das Wehrhaus, also wohl das Vortor, beim Unteren Tor. Der Torturm dieses Tores wurde 1869 abgebrochen.
 
Um diese Zeit fielen auch die Stadtmauern auf der Ostseite der Stadt und südlich des Unteren Tores. Außerdem fing man an, den Stadtgraben aufzufüllen.
 
Nach diesem kurzen Blick auf die Geschichte der Stadt wenden wir uns nun der Betrachtung des Stadtplanes zu.

9) Vgl. dazu Karl Weller, die staufische Städtegründung in Schwaben, Württembergische Vierteljahrshefte zur Landesgeschichte, NF 36 (1930), S. 145 ff. - Weller setzt (S. 174 ff.) die Gründung der Städte Weißenburg, Aufkirchen, Dinkelsbühl und Bopfingen in die Jahre 1178/79 und sieht in ihnen befestigte Orte, die Friedrich Barbarossa zum Schutze der staufischen Besitzungen in Schwaben und Franken anlegen ließ, als er mit einem Angriff Heinrichs des Löwen von Baiern aus rechnete. Weller verlegt (S. 232) die Gründung Feuchtwangens erst in die Regierungszeit Friedrichs II. und zwar kurz vor 1220. Dies ist aber wohl zu spät angenommen.  Die Stadt dürfte schon von Friedrich Barbarossa, und zwar gleichfalls um 1178/79 gegründet worden sein, denn sie schützte ja die für die Staufer wichtigen Straßen von der Donau nach Rothenburg und weiter nach Frankfurt oder Würzburg, bzw. vom Rhein über Schwäbisch-Hall nach Nümberg und weiter nach Böhmen.
10) Monumenta Germaniae, Legum Sectio IV, Constitutiones et Acta publica, Bd. III S. 1 - 5. (Feuchtwangen unter Nr. 64 genannt). Den Hinweis auf diese Quelle verdanke ich Herrn Prof. Dr. Weigel-Erlangen.

Erstellt am 25.3.1999 durch Hans Ebert
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