Wilhelm Funk - Feuchtwangen - Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt
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Das Chorherrenstift

Im 11. oder 12. Jahrhundert wurde das Kloster Feuchtwangen gleich seinen Nachbarklöstern in Ansbach und Herrieden in ein Chorherrenstift für Weltpriester umgewandelt. Der genaue Zeitpunkt ist jedoch unbekannt.
 
Die Chorherren oder Kanoniker gehörten im Gegensatz zu den Mönchen keinem geistlichen Orden an, verrichteten aber gemeinsam die Chorgebete. Sie brauchten auch nicht auf eigenes Vermögen zu verzichten, sondern konnten sogar gleich den Domherren an den Domstiften der Bischofskirchen in eigenen Häusern wohnen. An der Spitze dieser Kollegiatstifte steht nicht ein Abt oder Prior, sondern ein Probst. Die Stiftspröpste von Feuchtwangen wurden in der Regel aus der Zahl der Domherren von Augsburg genommen. Sie residierten deshalb auch in Augsburg und nicht in Feuchtwangen.
 
Die erste Nachricht von einem Stift in Feuchtwangen bringt eine Urkunde von 1197, die Bischof Udalskalk von Augsburg für das Kloster Steingaden ausstellte. In der Zeugenreihe dieser Urkunde ist unter den Domherren von Augsburg auch ein Heinrich mit dem Zusatz "Propst von Feuchtwangen" aufgeführt.
 
In der Folgezeit häufen sich mehr und mehr die Urkunden über das Stift. Kaiser Otto IV. stellte ihm im Jahre 1209 einen Schutzbrief aus, dann Rudolf von Habsburg 1284 und 1289, Albrecht 1303 und Ludwig der Bayer 1323. In der Reformation wurde das Stift 1563 von den Marktgrafen von Brandenburg-Ansbach eingezogen.
 
Aus der Form der Säulen des Romanischen Kreuzganges, und zwar aus den Eckknollen der Fußplatten schließt Schaudig, daß die Umwandlung des Klosters in ein Stift zwischen 1100 und 1150 geschah. Er meint, den Kanonikern könne nicht so viel am Klostergebäude gelegen haben, daß sie noch einen so kostspieligen Neubau von Kirche und Kloster aufführten.
 
Ein Chorherrenstift war dem Bischof mehr verbunden als ein Kloster, das noch seinen Ordensoberen unterstand.5
 
Ein Stift konnte sich auch freier entwickeln. Das Eigenkirchenrecht des Bischofs tritt freilich beim Stift in den Hintergrund, da dieser nicht mehr frei über das Stiftsgut verfügen kann. Zwischen ihn und das Stift treten als neue Herren der Stiftspropst, der aus dem adeligen Domstift genommen wird, und der hochadelige Stiftsvogt, der vom Bischof mit der Vogtei des Stiftes belehnt wird, und der die Hochgerichtsbarkeit ausübt.
 
Wer die Stiftsvögte in Feuchtwangen waren, ob die Vogtei erblich war oder von Fall zu Fall verliehen wurde, können wir leider noch nicht sagen. Im Jahre 1376 wurde Burggraf Friedrich V. von Nürnberg ,damit belehnt. Möglicherweise waren vorher die Grafen von Öttingen die Vögte. Auf sie weist das nach ihnen benannte Öttinger Schlößchen, in dem wir sicherlich den Sitz des Vogtes suchen dürfen, bzw. des Untervogtes, der mit der Ausübung der Vogteirechte beauftragt war. Nach den öttingenschen Grenzbeschreibungen von 1315, 1419 und 1595 lief schließlich auch die Grenze zwischen den Grafschaften Öttingen und Graisbach durch Feuchtwangen, und zwar vom Westgiebel der Stiftskirche durch Veitsweiler (St. Ulrich) in Richtung auf Beyerberg nach Süden.6
 
Die Untervögte des Stiftes stellte vermutlich jenes Rittergeschlecht, das sich nach Feuchtwangen nannte, und das erstmals im Jahre 1109 urkundlich erwähnt wurde (Schaudig S. 25 - 28). Dieses Ministerialengeschlecht ist bekannt durch die beiden Hochmeister des Deutschherrenordens um 1300: Konrad und Siegfried von Feuchtwangen. Woher dieses Geschlecht stammt, ist noch nicht geklärt.7


5) Vgl. dazu auch die Ausführungen Ad. Bayers über die Umwandlung des Klosters St. Gumberts in ein Chorherrenstift, S. 73 ff.
6) Vgl. E. Frhr. v. Guttenberg und Wilhelm Kraft: Gau Sualafeld und Grafschaft Graisbach, Jahrbuch für fränkische Landesforschung 8/9 (1943), S. 148 f.
7) Dr. Wilhelm Kraft, Nürnberg, glaubt. daß im Hochmittelalter die Hohenstaufen die Hochvogtei über das Kloster besaßen und diese dem allgemein üblichen Gebrauch nach an ihre Ministerialen übertragen haben, in diesem Fall an die von Feuchtwangen. Nach dem Aussterben der Staufer aber dürfte Rudolf von Habsburg die Vogtei an die Grafen von Öttingen verliehen haben. (Nach freundlicher Mitteilung.)

Erstellt am 25.3.1999 durch Hans Ebert
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