Wigo
versucht, gegenüber einem Grafen E. eine dem Kloster Feuchtwangen
entfremdete Salzquelle zurückzuerhalten. Es entsteht der Eindruck,
als habe sich das Kloster beim Bau übernommen und versuche nun, seine
materielle Basis zu sichern und sich auch um umstrittene Objekte zu bemühen. -
Dem
E.
51, der durch sein Grafenamt und
durch seine vielberedte, ihm eigene Tapferkeit seine beiderseits ruhmvolle
Abkunft weit und breit bekanntmacht, entbietet Wigo, der im Ort, 52
genannt Feuchtwangen, bestellte Hüter, zusammen mit der Schar seiner
Brüder gehorsamen Gruß.
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Es erfreut das Gewissen
aller Rechtschaffenen, wenn die den heiligen Stätten übergebenen
Besitztümer von vielen Getreuen ertragreich verwaltet werden. Sie
zweifeln nicht daran, daß das irdische Erbe dem himmlischen gleichkommt.
Wie wir von Erzählenden gehört haben, haben Euere Vorfahren,
durch die Liebe auf diese Hoffnung hingeleitet, einen Teil einer Quelle
dem Kloster unseres Erlösers übergeben; sie läßt in
kräftigem Sprudel Salz hervorfließen.
53
Wir setzen nun alles in seinen vorigen Stand am besten mit Eurer Kenntnis
darüber, was gegeben wurde und welches Recht dazu geeignet ist, das
Verlorene wieder als Eigentum in Besitz zu nehmen. Wir haben uns beratschlagt,
wie dies rechtmäßig bekanntgemacht werde 54
und wurden uns mit dem Einverständnis unseres Vogtes 55
dahingehend einig, daß wir all das, was durch die Wohltat Euerer
Vorfahren dem Kloster eigentlich gehört, Euerem Schutz übergeben.
Es wird uns nämlich berichtet, daß uns mißgünstig
gesinnte Leute sich eher um ihren eigenen Gewinn als um gerechte Nutzung
bemühen. Da wir in all unseren Geschäften Euere Hilfe wünschen,
wenn Ihr uns dessen würdigt, haben wir diesen Bruder geschickt und
empfehlen ihn Eurer Gnade. Er soll sich in unserem Auftrag um diese Angelegenheiten
kümmern, damit wir durch ihn immer gleich anschließend eine
Widerspruchsmöglichkeit haben, wie Ihr das als festgesetztes Recht
seiner Klosterfamilie kennt, damit diese nicht irgend jemand durch ungerechte
Dienstleistungen unterdrückt oder es versäumt, die Abgabe einzusammeln
und zurückzugeben, wie diese zugunsten des Gotteshauses zu erkunden
und zurückzuerstatten ist. Obgleich sicherlich einige Leute, welche
überaus an menschlichen und hinfälligen Dingen hängen, 56
über solcherart durch Schenkung geschmälertes Erbgut innerlich
Bedauern empfinden, so wird doch den frommen Nachkommen die angesehene
und ausgezeichnete Vergeltung ihrer Erbschaft nicht getilgt sein, wenn
sie sich zum Gelöbnis ihrer Vorfahren bekennen, zur Zierde und als
Gabe für den Dienst an Gott, damit das, was auf Erden dem Menschen
mangelte, die Seele in Zukunft als Erbe und Belohnung in Besitz nehmen
kann. Lebt wohl. 57
Faksimile
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BriefX12 -
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Brief
13
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Lateinischer
Originaltext: -- 12. -
E. functione
comitali famosoque virtutum cultu alterutrius generositatis gloriosum stemma
nobilitanti Wigo custos constitutus in loco Phyuhtuvanc nominato cum agmine
fraterno devotum salutamen in Christo.
Fructuosis
dispensationibus multorum fidelium possessiones ad sancta loca traditas
omnium bonorum gaudes conscientia, qui heredidate terrena comparari posse
non dubitant superna. Amore huius beaté spei, ut audivimus a narrantibus,
ducti parentes vestri partem fontis vivida scaturrigine salem scaturrientis
tradiderunt monasterio salvatoris nostri, quod optime vos nosse novimus,
quid datum sit et qua lege serviendum sid ad hoc concessis mancipiis. Quare
ratum fore consiliati sumus concordi concessione nostri advocati talia
commendare vestré defensione, qualia sunt attributa monasterio antecessorum
vestrorum beneficio. Alieni namque superducti sua lucra, non iustam emulationem
sectari referuntur. Quia in omnibus negotiis ad nos pertinentibus vestrum
suffragium, si dignamini, habere disideramus, hunc fratrem mittimus committimusque
pietati vestré, quem easdem res feceramus procurare, ut semper reclamationem
per eum habeamus secundum quod scitis eiusdem familié legem statutam,
ne eos aliquis iniusto premat servitio vel ab eis neglegatur colligi et
reddi census domui Dei inquirendus et redendus. Quanquam enim quidam, quibus
humané caducéque res nimium adherent, huiusmodi data patrimonia
sibi penitus sublata poeniteant, tanen non erit extincta piis posteris
clara et insignis remuneration eiusden hereditatis, si eos eadem priorum
comitatur devotio in excolendo Deique servitio devote mancipando, ut hoc,
quod natura debuit homo, anima possideat in futuro pro premio hereditario.
Valete.
51)
Bossert (Die Briefe des Feuchtwanger Dekans Wigo. S. 67-72) hält Dietrich
für den Adressaten von Brief 2 (Theoderich). Strecker (Die Tegernseer
Briefsammlung. S. 15 f.) hält dies für unwahrscheinlich.
52)
Mit "locus" wurde um 1150 eine planmäßige Anlage mit stadtähnlichem
Charakter bezeichnet, die oft mit Königsgut in Verbindung steht. (Grünenwald:
Das älteste Lehenbuch der Grafschaft Öttingen. S. 132, Anm. 676.).
Vergleiche Brief 13, Anmerkung 4.
53)
Sonstige Nachrichten über eine Salzquelle im Besitz des Feuchtwanger
Klosters bzw. Stifts sind nicht bekannt. Die aus Tegernsee gekommenen Mönche
waren sicher mit der Salzgewinnung vertraut, da ein Drittel der Reichenhaller
Saline, nämlich 22 Salzpfannen, zum Kloster Tegernsee gehörte.
Bossert (siehe Anm. 1) meinte im Jahr 1881, daß die Salzquelle Niedernhall
und nicht Schwäbisch Hall sei. Schwäbisch Hall und Niedernhall
wurden beide erstmals im Jahr 1037 erwähnt, im Jahr 1939 wurde die
Salzgewinnung für Schwäbisch Hall jedoch schon für die Zeit
von 500 vor bis 100 nach Christus archäologisch nachgewiesen, was
Bossert noch nicht wissen konnte.(Führer zu vor- und frühgeschichtlichen
Denkmälern. Bd 23. S. 116-126). In Niedernhall befindet sich ein merowingisches
Gräberfeld bei den Salzquellen.(ebenda Bd 24. S. 88). Nach dem heutigen
Kenntnisstand ist es also möglich, daß jedes der beiden "Hall"
im Besitz des Feuchtwanger Klosters gewesen sein kann. In der Nähe
von Niedernhall liegt der Ohnrwald, in dem Bossert die Einsiedelei des
Abtes Theoderich aus Brief 2 lokalisiert. Siehe Brief 2, Anm. 1.
54)
Die Benediktus-Regel bestimmt in Kapitel 3, daß bei wichtigen Angelegenheiten
der Abt die ganze Klostergemeinde um Rat fragt. "Er soll den Rat der Brüder
anhören, dann die Sache bei sich überlegen und das tun, was er
für richtig hält." (S. 69)
55)
Die Vogtei lag beim Hochstiftsvogt des Bistums Augsburg
und wurde wohl von einem örtlichen Untervogt wahrgenommen. Der Vogt
war der Inhaber der weltlichen Schutzherrschaft über das Kloster.
Im Lauf des 10. Jahrhunderts waren die Vogteien allgemein im Hochadel erblich
geworden.
56)
Laut Benediktus-Regel soll der Abt bedenken, daß seine Hauptsorge
den ihm anvertrauten Seelen gehören muß und nicht "... den vergänglichen,
irdischen und hinfälligen Dingen ..." (Kapitel 2, S. 67).
57)
Im Kloster Tegernsee selbst wurden erst um das Jahr 1050 Listen der ehemaligen
Besitzungen angelegt, mit dem Bestreben, diese zurückzugewinnen. So
geschah das auch im Kloster Feuchtwangen, wie dem Brief entnommen werden
kann.
Erstellt:
12.3.1998 - letzte Änderung am 2.2.2000 durch Hans Ebert