Wigo
berichtet Bischof Liutold von Augsburg von ernsthaften Schwierigkeiten
des Klosters mit seinen weltlichen Nachbarn. -
Dem
Bischof Liutold, durch hervorragende himmlische Gnade mit seinem Amt geschmückt,
leistet Bruder Wigo, dem Feuchtwanger Kloster vorgesetzt, das, was ein
Diener seinem Erbherrn ganz demütig mit Mund und Hand zu leisten vermag.
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Jede Gelegenheit, unsere
Beschwerden zu äußern, ist uns fast ganz entzogen, 58
und so bewegen wir oft tief im Herzen jene tränenvollen Klagen, in
denen die Kinder Israel so sehr bejammerten, daß Moses und Aaron
sie verächtlich gemacht hätten vor dem Pharao und den Ägyptern,
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während wir doch selbst durch noch härtere Bürden von verschiedenen
Seiten geschmäht werden. Verletzt durch blutende Wunden hatten wir
uns beklagt über die vielfältigen Gewalttaten, die uns im Übermut
der Sohn des Richard 60 noch und noch
zugefügt hat. Eine Besserung ist seither durchaus nicht zu bemerken.
Vielmehr sind wir wegen dieser Beschwerden allen Bewohnern dieser Gegend
verhaßt. Denn in der Tat: Ob wir sie für das Kloster gewinnen
wollen oder man sie bestraft, keiner liebt, keiner ehrt uns, denn keiner
fürchtet weder Gott noch einen Menschen. Alle zusammen verfolgen uns
feindselig, und vor allem der Vorgenannte, der nach meiner Rückkehr
von Euch in noch aufgeblasenerer Verwegenheit, weil er dazu die Hilfe der
Bürger 61 nicht erhielt, möglichst
viele Schwaben 62 zusammenrottete und
von ihren Pferden unsere Wiesen größtenteils abweiden ließ.
Unser einziges Fischwasser, das wir ihm oft auszufischen verboten hatten,
fischt er weiterhin aus, bald heimlich, bald öffentlich. 63 -
In
all diesen Dingen haben wir keinen Verteidiger, weil Euch selbst allerlei
Verpflichtungen fortwährend in Bewegung halten und unser Vogt von
allen Seiten von lauernden Gegnern in Atem gehalten wird. Und so werden
wir ungeschützt bald da, bald dort von einem derartigen Kerl angegriffen.
Aber wir sind ganz sicher, daß wir von der höchsten Herrschergewalt
geschützt werden. Lebt wohl. 64
Faksimile
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BriefX13
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Brief
14
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Brief
15
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Lateinischer
Originaltext: 13.
A. Liutoldo
presulatus officio celica presulante gratia insignito frater Wigo préordinatus
Phyuhtvuangensi monasterio quicquid servus devotissimi oraminis vel famulaminis
domino perpetualiter hereditario.
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Detersa
totius murmurationis occassione cordetenus frequenter revolvimus flebilia
lamenta. quibus Hebreé catervé nimium doluere Moysen et Aaron
se foetere fecisse coram Pharaone et Egiptiis, dum cottidie et ipsi durioribus
diversarum sarcinarum premimur obprobriis. Cruentis vulneribus sauciati
querimoniam vederamus de multimodis iniuriis a filio Rihhardi nobis sepe
sepius arroganter irrogatis, nec ullam emendationem penitus sentiebamus;
sed propter hoc, quod vobis causati sumus, odibiles existimus omnibus incolis
illius regionis. Nullus enim amat, nullus veneratur, quia nullus timet
supratonsus nec circumtonsus nec deum nec hominem. Cuncti nos inimicabiliter
insecuntur et maxime ille predictus, qui postquam a vobis domum reversi
sumus, maiori temeritate inflatus, quia civicum adiutorium non invenerat,
congregaverat Svevigenas, quos poterat, et prata nostra cum eorum equis
ex maxima parte depastus est; illam aquam, preter quam nullam habemus aliam,
quam ei sepe interdiximus, expiscari furtive et publice non cessat.
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De
his omnibus nullum habeamus defensorem, quia vobis variarum rerum negotia
iugiter allabuntur nosterque advocatus undique ab hostium insidiis detentus
dilaceratur; et ideo a neutro defensi hinc inde miserabiliter a tali quassamur
homullo, tamen a capite regis defendi absque dubitatione speramus. Valete.
58)
Die Benediktus-Regel fordert vom Mönch, "kein Murrer" zu sein (Kapitel
4. S. 73). Entsprechendes steht in Kapitel 34 (S. 123), wo es heißt:
"Vor allem darf aus keinem Grund, in keinem Wort und keiner Andeutung das
Übel des Murrens aufkommen."
59)
2. Moses, 5,19 bis 6,1.
60)
Bossert meint (Die Briefe des Feuchtwanger Dekans Wigo. S. 287-289), daß
dieser Richard ein bedeutender Mann gewesen sei, weil sein Sohn nicht bestraft
werden konnte. Außerdem werde von Wigo vorausgesetzt, daß der
Bischof Richard kenne. Er stamme aus Franken, aus dem Feuchtwangen und
damit Schwaben benachbarten Gebiet. Aus diesen und anderen Gründen
handle es sich um Graf Richard I. von Rothenburg. Wenn Richard der Graf
von Rothenburg war, dann war er der Bruder des Bischofs Bernward
von Würzburg. Dieser Richard I. erwarb 994/996 vom Bischof von Augsburg
den Berg, auf dem 1079 das Kloster Comburg bei Schwäbisch Hall gegründet
wurde (Regesten der Bischöfe von Augsburg. S. 111). Unsere Meinung
dagegen ist: Wie aus den Briefen erkennbar, fischte der Sohn des Richard
mehrmals das einzige Fischwasser des Klosters aus, obwohl es ihm öfters
verboten worden war. Deswegen nehmen wir an, daß zumindest der Sohn
des Richard in Feuchtwangen bzw. seiner unmittelbaren Umgebung lebte.
61)
Wörtliche Übersetzung des Wortes "civicus". Dieser Ausdruck kann
ein Hinweis auf eine schon damals größere, markt- oder stadtähnliche
Siedlung beim Kloster sein. Vergleiche Brief 12, Anmerkung 2.
62)
Feuchtwangen gehörte damals wohl zu Franken, sonst wäre nicht
eigens erwähnt, daß der Sohn des Richard Schwaben zusammenrottete,
weil ihm die Einheimischen nicht gegen das Kloster halfen. Die Grenzlage
Feuchtwangens wird hier deutlich.
63)
Siehe Anmerkung 3 und Brief 10, Anmerkung 4.
64)
Der auf Wiedergewinnung möglichst vieler alter Klosterrechte ausgerichtete
Kurs des Wigo fand nach kurzer Zeit von keiner Seite her mehr wirksame
Unterstützung, so daß er sich an die Kaiserin Adelheid
wenden mußte, die wohl auf ihrer Reise von Augsburg nach Würzburg
(siehe Brief 16) durch Feuchtwangen kam und die Verhältnisse so in
Ordnung brachte, daß ein Überleben des Klosters gesichert war.
Der Bischof von Augsburg konnte keine Hilfe gewähren, und der Vogt
des Klosters benützte wohl eher Ausflüchte, als daß er
wirklich nicht zur Hilfeleistung fähig gewesen wäre. Auch dürfte
mancher Besitz, den Wigo zurückerwerben wollte, durch längere
Vernachlässigung umstritten gewesen sein.
Erstellt:
12.3.1998 - letzte Änderung am 2.2.2000 durch Hans Ebert