Froumund
entschuldigt sich bei einem sonst nicht bekannten bedeutenderen Mönch
G. für seine überstürzte Abreise aus dem Kloster Füssen,
wo er sich vor kurzem aufgehalten hatte und erbittet Schreibpergament.31 -
An G., nach himmlischem
Willen voller würdiger Verdienste, von Froumund, der sich in schuldiger
Ergebenheit gerne unterwirft. Vor Gott versichere ich, daß meine
Abreise aus dem Kloster des heiligen Magnus und meine plötzliche Trennung
von Eueren Brüdern von mir nicht vorhersehbar war, denn niemals wollte
ich so unhöflich sein, daß ich Euch ohne Euer Wissen verlasse.
Wenn ich auch manchmal noch so weit von Euch entfernt bin und auch getrennt
von den gemeinsamen Spaziergängen und persönlichen Gesprächen,
so werde ich doch nirgends vom Geist der Liebe getrennt sein, seitdem ich
eifrig damit anfing, vor allem von der verbindenden Kraft der Liebe nicht
zu weichen. Ich richte an Eure Frömmigkeit die bescheidene Bitte,
sie möge meiner am heiligen Ort im Gebet gedenken, damit meine Vergehen
vergangen sein mögen. 32 Gott
möge beides verhüten, nämlich daß wir jemals Euer
vergessen, noch daß Ihr unser nicht mehr gedenkt.Aber da wir uns
auch von Eurem Teil der geistigen Ermutigung, sofern wir deren würdig
sind, nicht trennen wollen, so bitten wir Euch, Ihr wollet uns für
den Gebrauch in geistlichen und weltlichen Sachen einige Pergamentblätter
schenken. Denn Ihr wißt ja, daß ich mich zuweilen mit Vergnügen
dem Schreiben widme, aber nun habe ich aus Mangel an Pergament keine Möglichkeit
dazu, wenn Ihr nicht mit offener Hand helft. Lebt wohl.
Faksimile
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BriefX6
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Brief
7
Lateinischer
Originaltext: 6. -
G. dignitate
meritorum celico nutu pleniter repleto Froumundus debite subiectionis devotissimum
pignus.
Recessionis
mee de monasterio sancti Magni et repentine disiunctionis a vestra fraternitate
mee prescientie non esse coram Deo testificor, quia nunquam tam inhumane
vellem facere, ut vobis nesciente discederem, a quo quamvis interdum absens
locali spacio corporalique colloquio segregatus nusquam mentis amore fueram
disiunctus, postquam primum coagulatione caritatis adherere ardenter incipiebam.
Precor humiliter peitatem vestram, ut memoriam mei habeat in oracione vestra
in loco sancto pro abolitione commissorum meorum. Quando enim nos vestri
obliviscimur, nec nostri recordamur, quod utrumque absit. Sed quia spirituali
consolacione vestra parte, si dignamini, nolumus privari, ad utillitatem
spiritualis et temporalis exercitii alisquas membranas nobis donari precamur.
Nam, ut scitis, libenter interdum scriptitationis immoror studio, sed nunc
facultatem scribendi pergamenis deficientibus non habeo, nisi vestre manus
largitione tribuatur. Valete.
31)
Froumunds Anwesenheit in Füssen (Kloster St. Magnus) hing vieleicht
mit dem Neuaufbau von Feuchtwangen zusammen. Er scheint dort etwas länger
gewesen zu sein und festere Verbindungen mit den dortigen Mönchen
aufgenommen zu haben, da er als einziger Tegernseer Mönch im Füssener
Nekrolog (Totenbuch) erscheint. (Necrologia Germaniae. 1. S. 85. 20/10.)
32)
Die Benediktus-Regel schreibt vor, wie ein Bruder, der sich trotz öfterer
Zurechtweisung nicht bessert, behandelt werden soll. Die Reihenfolge der
zu ergreifenden Maßnahmen, beginnend mit der gelindesten, ist so:
Zunächst wird der Mönch verbal zurechtgewiesen, dann vorübergehend
aus der Mönchsgemeinschaft ausgeschlossen, darauf folgen Rutenschläge.
Wenn all dies nicht hilft, wird für den Übeltäter gebetet;
bleibt auch das Gebet ohne Erfolg, muß der endgültige Ausschluß
erfolgen. (Kapitel 28, S. 117)
Erstellt:
12.3.1998 - letzte Änderung am 2.2.2000 durch Hans Ebert