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Gedenck-, Stadt- und Huth-Buch
(Chronik der Stadt Feuchtwangen)
Stadtarchiv Feuchtwangen - Archivbücherei I, 6
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Johann Georg Hermann Bärmeyer
Handschrift von 1736 (Abschrift)
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Hut-, Trieb- und Tränk

Kapitel LXXX

Von der Weidbesuchung der Stadt Feuchtwang auf der angrenzenden und eingepfarrten Leute Markung

§ 1

Woher hat die Stadt das Recht erlangt, auf benachbarter Markung die Weide zu besuchen?

Es hat die Stadt Feuchtwang bis auf die Jahrhunderte 1300 und 1400 nachfolgende Weiler, Höfe und Güter um sich herum liegen gehabt, als gegen Morgen zur linken Hand des Heilbronner Fußpfades, den vermutlich anno 1385 erkauften Schafhof Mackenhof von Hermann Prellen zu Dinkelsbühl, den Diemanhof, der den Ulrich von Leiperzell gehört, unten an der Brücke

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des Diemenfurts, Schleifenhof, vorne am Berg an der Triesdorfer Straße den Weiler Heilbronn zu. Michelshof, auf dem Berg nächst an der Stadt gegen die Ansbacher Straße, den Lindenberg zu, davon man noch den BRunnen und Rudera von der Hofstatt sehen kann.

Dann das Lehengut Fremdlesberg, Glashofen zu, welches letztere von Anna Hofcunzin anno 1464 gegen zwei Pfund und Leibesnahrung im Spital zu haben erlangt worden, über der Sulzach gegen Abend der Heckenhof, der Häfnersgasse hinauf, davon die Lehenherrlichkeit darauf von Carl Ruhler, Hannß Kellhammer und Adam von Bopfing anno 1487 und anno 1635 das Eigentum des Hofs von den letzteren Lehemann

971 Georg Hecken erkauft wurde, von da weiteres Tribur zu das Holz hinaus, der Freudenberg, der zum Teil in Holz verwachsen, teils aber öd liegt und zur Hut genossen wird, wurde gegen den vordersten Hof zu St. Ulrichsberg vom Bischof Berchtholz zu Eichstätt tauschweise anno 1360 erlangt. Auf der Seite gegen Kaltenbronn zu lag das Weiler Uzenweiler ob der Lohemühle an Leonhardsberg, so vor Zeiten der Grafen von Oettingen Eigentum gewesen, woselbstden sie einen Burgstall gehabt, welches Uzenweiler anno 1399 der Rat von Hannß Kalben, Bürger zu Feuchtwang erkauft, war also die Stadt mit Weiler, Hof und Lehengütern außer der Feldung im Rothenberglein und dem Esbacher Feld
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ganz umzingelt und eingeschlossen und musste sowohl mit ihren, als der Chorherrn Vieh auf der angrenzend benachbarten Markung mit großer Unbequemlichkeit auch 1, 2 bis 2 1/2 Stunden weit abgelegenen Hutdistrikt die Weide besuchen, weil sie auf den ihrigen nicht subsistieren können. Dieser weite Trieb- und Hutbesuch mag zweifelsohne dem Rat veranlasst haben, dass er vorbemelte Höfe, Weiler und Güter, wie geschehen, käuflich an sich gebracht, die Güter zerschlagen und zu eigenen Stücken gemacht, sonach in die Stadtsteuer gezogen und den Bürgern wiederum stückweise käuflich überlassen, durch welche Aquirierung die Stadtmarkung und Hut dermaßen vergrößert und
973 erweitert worden, dass sie nunmehr auf ihrer eigenen Weide mit dem Hornvieh, wie bis anher geschehen, bleiben und die außer ihrer Markung befindliche Weide um ihren Recht nichts zu begeben, jährlich von Walburgi und die Feuchtwanger Metzger mit ihren Stechschafen von Jacobi bis Galli besuchen können.

§ 2

Wie ist die Stadt der Weidbesuchung halben fundiert?

Es gibt die von Carolo M. herleitende Ehehaft: "daß der Ammon vorreiten und die Burger nach, und wer Espann emfahen, und die Wayd wehren wolte, solte man die aufbrechen."

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Diese Ehehaft und Rezess ist anno 1488 durch Herrn Markgraf Friedrich und Sigmund, Gebrüdern, confirmiert und mit Dekan und Kapitel, dann Bürgermeister und des Rats Insiegel besiegelt worden.

§ 3

Wie lauten die Worte der Weidbesuchung in der Ehehaft?

"Item der Herrn des Stifts und der Burger Viehe zu Feuchtwangen solln gehen und Wayd haben, biß gen Mögersbronn unter die Linden, gen Reichenbach in den Lindenfurth, gen Röttenweyler in den Hechtfurth, gegen Bechhofen unter Wahrberg, gen Feuchtwangen an den steinen Steeg, gen Dachsen zum Bronnen, für den Teufelstein hinaus, gen Weikersdorf zu den Furth, und darzwischen um und um, und wer darzwischen die

975 Wayd wehrt und die mit Recht der Kundschaft überweist wird, so solle der Ammon vorreiten und die Burger nach, und wer darüber Espan oder Waidt eingefangen hätt, oder die Waidt wehrt, so daß nicht zwey Jahr vergangen wären, solte man die aufbrechen ohne Rechtfertigung oder Kundschaft daß das Viehe als dann die Wayd besuchen möge."

§ 4

In welchen Jahren und mit was für Vieh ist die Weide besucht worden?

Nach Ausweis der Akten ist sie anno 1537, 1560, 1592, 598, 1602, 1605, 1611, 1650, 1662, 1680, 1694 und 1699 mit dem ungehörnten Stadtvieh besucht worden. Handprotokoll von 1547 usque ad annum 1633, dann Mosbacher Hutakte de anno 1598 bis 1706.

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§ 5

Wie oft ist die Weidbesuchung seit 1699 von der Stadt besucht worden?

Nicht einmal, vielleicht weil man die darauf gehende Kosten gescheut, aber anno 1727 ist durch Anordnung Conrad Bärmeyers, Amtsbürgermeisters, solche durch einige des innern und äußeren Rats und etliche aus der Bürgerschaft, um sich die Lagen und Gegenden bekannt zu machen, damit bei künftiger Weidbesuchung kein Fehler vorgehen möge, recognosciert worden.

§ 6

Woher werden die Kosten bestritten?

Von den Bauamtsgefällen und wird einem jeden Bürger, der

977 die Weide besuchen helfen, Bier und Brot gereicht.

§ 7

Wie weit hat eine Bürgerschaft zu Feuchtwang die Weide zu besuchen?

Von dem Feuchtwanger Kühwasen aus auf die Schleifmühle, Überschlagmühle, von dort hinauf auf die Forell, sodann auf Mögersbronn unter die Buchen, da der Hirt blasen muss, zur Rechten die Wiesen hinunter und den ganzen Grund abwärts bis auf Krapfenau, bei der Mühle über die Brücke wieder zur rechten Hand hinunter auf Weikersdorf zur Furt, nächst selbiger wieder zur linken Hand auf die

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Wiesen hinein und dieselbe auf und auf gegen den Teufelstein, so fort auf Bernau, weiters auf Metzlesberg, Schönmühle und St. Ulrich.

Von Feuchtwang auf den Poppenhof, Leiperzell, über das krumme Bächlein auf Dallersbach, auf den Bechhof über die Furt, von dannen auf Rödenweiler über die Hechtsfurt, hinüber auf den Lochhof, die Steige hinauf und neben dem Kreuz auf der linken Hand hinunter auf die Gutenmühle, von da über den Bechhofer Weiher (wo den Berg hinaufwärts Wahrberg liegt) über den Breitenstein, von dannen über das Fürtlein unter Windshofen den Berg hinauf zur Kapelle und durch das Kappelholz durch Steinbach und Wüstenweiler heimwärts. Von Feuchtwang auf den Georgenhof,

979 von da die Wiesen hinauf auf Banzenweiler durch die Furt, hinter auf Krobshausen, neben Weiler hinter auf Gehrenberg der Kappel vorbei, oben hinter auf Sperbersbach den Buck hinunter und neben dem Holz herovr auf Bergnerzell, von da auf Reichenbach zur Lindenfurt die Schafstein hinauf, fürters über den Mosbacher Trieb bis hinauf in Weidenbusch.

§ 8

Wo hatten ehemals die Feuchtwanger und Mosbacher der Weidbesuchung halben Streitigkeiten?

Vor ein paar hundert Jahren an des Dorfes Etter, wohin sie die Feuchtwanger zu hüten Macht gehabt und hernach bei

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der großen Eiche und hohlen Stein, letztlich an der Lindenfurt.

§ 9

Was waren die Ursachen der zwischen der Stadt und den Mosbachern entstandenen Streitigkeiten?

Nach einer von dem Rat an den Bürgermeister Heller und den Unterbürgermeister Hizler, dann Stadtschreiber Galli erteilten Vollmacht, hat die Stadt Macht gehabt, mit allem ihren Vieh bis an des Dorfs zu Mosbach Etter zu hüten, treiben und weiden, als nun nach Erkaufung der im 14. und 15. Jahrhundert eingangs angemerkter Höfe, Weiler und Gütlein, die Stadtmarkung und die darin liegende Hut nach und nach zunahm und

981 sich so erweiterte, dass das Stadtvieh die Notdurf zur selbst eigenen Weide und Fütterung darauf fand, wurde der beschwehrliche weite Trieb- und Weidbesuch auf die angrenzende Orte eingestellt und nur in etlichen Jahren mit dem Hornvieh zu Behauptung des hergebrachten Rechts vor Walburgi zu besuchen, gut befunden. Ob nun wohl die Weidbesuchungen im Anfang fleißig gegen die von Mosbach mag fortgesetzt worden sein, so ist doch hernach solches außer Augen gesetzt und in vielen Jahren nicht mehr geschehen, welcher Unfleiß den Mosbachern Gelegenheit zum ersten Hutstreit anno 1537 gegeben, dann als man damals die Weide von der STadt aus mit demVieh alter Befugnis
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nach wieder bis an des Dorfs zu Mosbach Etter genommen, haben diese darüber einen Streit erregt und der Stadt auf ihren Fluren keine Weidgerechtsame mehr zu haben eingestehen wollen.

§ 10

Wie wurden diese Hutstreitigkeiten zwischen der Stat und einer Gemeinde zu Mosbach beigelegt?

Durch einen Vergleich am Mitwoch nach Johannis Babtistae anno 1537 so, dass vom Freudenberg an bis an die Lindenfurt, allwo der Mosbacher Feld sich endet, 14 Steine zur Richtschnur gesetzt worden, so dass die Stadt mit ihrem Hornvieh bis an solche zu treiben, hüten und Weide Macht haben solle, über dieselbe hinein aber nicht.

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§ 11

Wie lange ließen es die Mosbacher bei diesem Vertrag beruhen?

Bis anno 1598, denn im folgenden 1599. Jahr widersetzten sich dieselbe in der Weidbesuchung gegen dem Bürgermeister Melchior Hizler an der Lindenfurt und bei der großen Eiche, darauf die Sache am kaiserlichen Landgericht rechthängig geworden.

§ 12

Wie ist die Berührung der Hutsteine und Besuchung der Weide gegen die Mosbacher zu Ansbach auf dem kaiserlichen Landgericht aufgenommen worden?

Wie ein von dem Herrn geheimen Rat und Landgerichtsassessor Aychelmann hierher erlassenes Schreiben

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vom 6. Mai 1611 weiset, ist es wohl aufgenommen und approbiert worden, denn so lauten seine eigenen Worte:

"Sintemahlen ihr auch recht gehandelt, daß ihr vermög der Ehehaft die Wayd wiederum besuchen laßen, und wäre nicht nur recht geschehen, wann ihr gar biß an die Stein hinein hüten laßen, auß Ursachen, daß eben solches die Ehehaft und Verträg vermögen, auch derentwegen ihr unerkanndten Sachen nichts zu begeben."

§ 13

Wie wurde dieser Hutstreit zwischen der Stadt und der Gemeinde Mosbach entschieden?

Auf ungleiche Relation des Verwalters zu Sulz, Christoph Wolzens und Hannß Geyens fiel das Definitivurteil

985 aus dem Landgericht vom 16. April 1613 dahin aus:

Die Mosbacher sollen von den Feuchtwangern auf ihrer Markung durch Besuchung der hohlen Eiche unperturbiert gelassen werden, der Stadt aber solle die Ehehaft zu besuchen und mit deren Stechschafen dem Herkommen gemäß bis an die Schafsteine zu treiben unbenommen bleiben.

§ 14

Wie lange dauerte die Ruhe nach diesem ersten Landgerichtsausspruch von anno 1613 an?

Es dauerte bis zur letzten Weidbesuchung am Lindenfurt anno 1699, da die Mosbacher Gemeindsleute mit Spieß und Hellenbarden aufgezogen kommen, welchen ihnen unter Anführung des Bürgermeisters Horn abgenommen und

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mit in die Stadt gebracht worden, in solcher Aktion die Bürger der Bauern Meister wurden und sie mit Stößen fortgewiesen, weil solche guten Worte und Warnungen kein Gehör geben.

§ 15

Was folgte aus diesem Streit?

Dieses, dass die Mosbacher Gemeinde die Sache am kaiserlichen Landgericht des Burggraftums Nürnberg klagbar anbrachten und rechtshängig machten.

§ 16

Wie fiel endlich das Urteil aus?

Die beklagte Bürgerschaft zu Feuchtwang solle die ihnen in voriger Landgerichts-Sentenz de anno 1613

987 confirmierte Possession der Ehehaft-Besuchung vors Künftige also kontinuieren, dass sie von Feuchtwang geraden Weges auf den Ursprung des Rothenbächleins zu, dann über dieselbe an den Eggerten und von da über den Vogelbuck, jedoch nicht gar an die Schafsteine noch fürters zu der großen Eiche und hohlen Stein, sondern rechter Hand wieder über das obgedachte rote Bächlein zu demjenigen Ort, welcher wie oben gemeldet, in den beiderseitigen Abrissen für den Lindenfurt angegeben worden und so fort nach Reichenbach und also diesen Weg wiederum zurück nehmen sollen ...

Inhalt Bescheids vom 23. Dez. 1702.

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§ 17

Was ging nach Verlauf einiger Jahre Weiteres mit den Mosbachern der Hutsteine und künftigen Weidbesuchung halben vor?

Die anno 1537 von hochfürstlicher gnädigster Herrschaft gesetzten 14 Hutsteine, von den Mosbacher Äcker oben am Berg, wo der Esbacher Feld aufhört und diesseits des roten Bächleins, welche meistens umgesunken, einige zerbrochen, andere aber gar verkommen, wurden von Obrigkeit wegen den 12. Okt. 1706 vermög Protokolls durch Herrn Sebastian Thomas Franken, Vogt und Amtsschreiber Johann Marx Andreas Langen, der als Mosbacher Gemeinds-

989 leute Vertreter, dann auf Seiten der Stadt: Johann Siegfried Billing, Mattheus Köser, Hannß Caspar Deeg und Andreas Schuhmann beaugenscheinigt und mit den dazu gezogenen Steinern wiederum aufgerichtet und an die Stelle der abgängigen neun Steine gesetzt. Hernach wurde auch durch einen gütlichen Verlass beschlossen, dass man bei künftiger Weidbesuchung den sogenannten Rothenbach nimmer überschreiten, sondern über denselben zurückbleiben, den Wiesgrund sich hinaufziehen und oben am Berg im Kaltenbronner Schaftrieb treiben wolle.
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§ 18

Ist aber nicht solchergestalten die uralte Route mit dem Hornvieh von der Stadt aus zu besuchen, corrumpiert?

Ja!

§ 19

Wie soll die Weidbesuchung ohne befürchteten Streit ins Künftige gegen Mosbach vorgenommen werden?

Von Reichenbach herauf, die Hutsteine zu, so fort an solchen über den Vogelbuck, den Freudenberg zu, wo der Kaltenbronner Schaftrieb ergeht.

§ 20

Wie oft haben die Stiftsverwalter den Weidbesuchungen seit 1566 beigewohnt?

991 Nur ein einziges Mal der Verwalter Klingler anno 1680, außer dem keiner mehr.

§ 21

Durch wen ist denn die Weidbesuchung nach der Reformation des Stifts vorgenommen worden?

Gemeiniglich von einem Amtsbürgermeister und etlichen des Rats.

§ 22

Wann wird solche Weidbesuchung vorgenommen und was wird für eine Veranstaltung dazu gemacht?

Die Weidbesuchung wird vor Walburgi vorgenommen, wozu einige Mannschaften zu Fuß und Pferd

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morgens vor anbrechenden Tag auf den Kühwasen zu erscheinen beordnet, wonach solche Mannschaft in 3 Rotten verteilt und jedem eine gewisse Anzahl Rindvieh zu 10 bis 15 Stück mitgegeben und alle Gegenden, besonders die Bäume, Steine und Bäche, so zur Markung dienen, vorgeschrieben, wohl zu beobachten und den Hirten darauf blasen zu lassen, es werden auch etliche Jungen aus der Bauernschaft mitgenommen, den man alle Gegenden weist, so sie an einen Stein, Baum oder sonsten an ein kennbares Zeichen kommen, wird denselben zur steten Anerinnerung der Mund darauf gestoßen, dass sie es merken und die Nachkommenschaft auch darauf anweisen sollen.

Erstellt: 23.10.2005 durch Hans Ebert

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