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Gedenck-, Stadt- und Huth-Buch
(Chronik der Stadt Feuchtwangen)
Stadtarchiv Feuchtwangen - Archivbücherei I, 6
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Johann Georg Hermann Bärmeyer
Handschrift von 1736 (Abschrift)
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Titel I

Vogteilichkeit und bürgerliche

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Jurisdiktion in der Stadt

§ 2

Was ist die Vogteilichkeit oder bürgerliche Jurisdiktion?

Sie ist nichts anderes, denn eine Gerechtsame, nach deren die bürgerlichen Sachen erörtert und geringe Laster dem gemeinen Wesen zum Besten abgestraft werden.

§ 3

Wie können Bürgermeister und Rat die Jursdiktion am besten probieren?

Sie können dartun, dass sie von langen Zeiten her ohne Contradictiones viele actus jurisdictionales exercirt, mithin eine ruhige, quasi possess hergebracht haben.

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§ 4

Welcher Gestalten beweisen sie solches?

Durch die Vorlegung der vorhandenen alten Gerichtsprotokolle von anno 1434 bis 1564 un aus den Klageprotokollen von erstgemelter bis auf gegenwärtige Zeit.

§ 5

Sind sie auch wegen Exerzierung der vogteilichen oder bürgerlichen Jurisdiktion von gnädigster hoher Landesherrschaft confirmiert?

Ja, und zwar von Herrn Markgrafen Albrechten, glorwürdigsten Andenken, in einem zwischen der Stadt und dem Stift aufgerichten Rezess de anno 1464 in diesen Wor-

737 ten, dass die Bürger vor einem Rat Recht geben und nehmen und ohne der Herrschaft und Stadt Wissen und Willen nicht hinwegziehen noch des Bürgerrechts ledig zu sein.

§ 6

Haben Bürgermeister und Rat in älteren Zeiten die vogteilichen Handlungen allein oder mit Zuziehung der Vögte vorgenommen?

Wie aus den vorhandenen Urteilen, Briefen, dann aus den alten Gerichtsprotokollen de anno 1434 und folgenden Jahren zu ersehen, so hat der Rat solche ganz allein vor-

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genommen.

§ 7

Wie lange dauerte dieses?

Bis auf die im Schmalkaldischen Krieg hier vorgegangenen Plünderung anno 1546 von den Spaniern, in welcher die Stadt um viele Briefschaften gekommen, nachher drangen die Vögte sich successive in die Stadtsachen ein, es hatte aber von dieser Zeit an bis ad annum 1616 noch nicht gar viel zu bedeuten gehabt.

§ 8

Wie haben sie die Vögte sich weiters in Zivilsachen eingedrungen und was gaben ihnen vornemlich hierzu Gelegenheit?

739 Eben diese Plünderung, dazu haben die mit Geld zu bestreiten gehabte herrschaftlichen Dienstfuhren von anno 1556 bis 1604 zu Häufung der Schulden noch mehreres geholfen, inner welcher Zeit die Stadt über 1.000 fl. Fronfuhrgelder über ihre geleisteten Dienste bezahlen müssen, dieses rührte von der großen Ungleichheit der Dienstfuhren, herda die Stadt mit seinen etlichen und 70 Stück Anspann so viel dienen müssen, als es an Anspann ihnen drei mal übelegene Vogtamt, welches etl. 100 Stück Anspann damals hatte, es half auch viel dazu, einen von dem Rat getan unbedachtsamen Bürgerschaftsleistung vor Ottilia WEiten Hannßin, dann eine von Herrn Markggraf Albrecht von Bayreuth abgeforderten underhaltenes Anlehen im Schmalkaldischen Krieg
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von 500 fl. und anderen Unglücksfällen mehr.

Dann nachdem zu mehren Sicherheit von vielen Leuten Geld auf das Rathaus hinterlegt worden, welches in angeführter Plünderung verloren gegangen, so musste die Stadt die Restitution tun und hierdurch geriet selbe in eine solche Schuldenlast, dass sie nach Verfließung 58 Jahren, nämlich von Zeit der Plünderung 1546 an bis ad annum 1604 gerechnet, davon noch nicht los werden konnte, sondern noch 6478 fl. Kapital auf sich sitzen gehabt. Als nun die Kreditoren auf die Abzahlung der Kapitalien dranen, die Stadt aber mit Bestreitung der Interesse Gelder und anderer unentbehrlichen Auslagen für sich genug zu tun hatte, gestalten auch

741 der Stadt Revenüen hierzu nicht einmal hinlänglich gewesen, folglich kein anderes Remedium von der Schuld los zu reißen vorhanden war, denn auch durch Verkaufung eines eigenen Grundstücks. So nahm in solchen schlechten Zustand der Vogt Reuter und L. Dietrich die Gelegenheit wahr, sich einzudringen, denn sobalde als dieses Vorhaben publik wurde, hetzten sie den damaligen Amtmann von Damiz wieder den Rat auf, gaben vor, Bürgermeister und Rat könnten ihre Güter nicht verwalten und waren so kühn, dass sie durch dessen Autorität sich vornahmen, den Rat über seine Güter Administratoren zu setzen und ob sie gleich ihren Vorfahren nicht durchdrangen, gestalten Bürgermeister,
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und Rat sich widersetzten und gnädigster hohen Herrschaft die Ursache ihrer großen Schuldenlast durch einen weitläufigen Bericht dahin anzeigten, dass der Stadt auf keine ander Weise, denn durch Verkaufung eines eigenen Stückes von den Schulden zu helfen sein, solche auf die Verkaufung nicht widerraten, vielmehr er Vogt geschehen lassen müsse, dass das Koppenholz gnädigster hohen Herrschaft zum Verkauf selbst angeboten wurde, welche es aber nicht akzeptierte, wodurch der Stadt das Holz verblieben, inzwischen aber doch andere Güter davon verkauft werden müssten. So haben sie, Vögte, durch diesen Vorfall unter dem Vorwand, besser auf das herrschaftliche und Stadtinteresse zu sehen, den Vorteil erreicht, dass sie sich bei der Ratswahl, Rechnungsabhör und anderen Stadtaffären, durch Hilfe gemelten Amtmann von Damiz,
743 (mit welchem der Rat wegen seines besitzenden Stiftshof, dann ein und anderer bürgerlicher Güter halben zuvor in Streit verfallen war), eindringen können.

Kurz zuvor durften die Vögte nach Ausweis eines erstattet untertänigsten Berichts vom 16. Juli 1616, wenn sie auf dem Rathaus was anzubringen gehabt, nicht gleich in die Ratsstube gehen, sondern mussten sich zuvor bei dem Rat melden lassen, welches dann das klarste Kennzeichen, dass vormalige Vögte auf dem Rathaus auf dem Rathaus keine Cognition gehabt, hat also nur allein ein Oberamtmann mit dem Rat in bürgerlichen Sachen den Entscheid zu machen gehabt, wenn

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sich die Parteien nicht weisen ließen. Da diese und die folgenden Vögte zu den Eingriffen in Zivilsachen den Weg gebahnt, ging der Vogt Priester nach und drang sich bei den Inventuren und Vormundsrechnungen in anno 1665 auch ein.

§ 9

Unter welchen Bürgermeisters sind die Vögte von weiteren Eingriffen etwas abgehalten worden?

Unter dem Bürgermeister Benzen von anno 1666 an bis 1695, welcher ein unerschrockener resoluter Mann war, der bei dem damaligen Herrn Oberamtmann von Ramin, Craften von Crailsheim, ingleichen bei dem Herrn von Lüchau und anderen

745 Herrn Oberamtleuten in sonderbaren Estim stand.

Gleichermaßen auch unter dem Bürgermeister Horn, von anno 1697 an bis 1704, unter Bürgermeister Johann Lorenz Wünschenmeyers und Michel Schumanns Amtierung von 1705 bis 1724 kam es am meisten herunter, denn diese aus Unvermöglichkeit eines nicht zu geben gelernten Bescheids dem Stadtschreiber Strauben, was in bürgerlichen Sachen zu entscheiden war, allein überlassen und sich mit dem bloßen Titel eines Bürgermeisters vergnügten. Der folgende Bürgermeister Conrad Bärmeyer, welcher von anno 1724 bis zu Anfang des 1733. Jahres gelebt, hat das Bürgermeisteramt etwas wieder empor gebracht, ob es der jetzige Bürgermeister Tobias Friedrich Wurm zu conforviren suchen wird, muss die Zeit lehren. All die weil, dann

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der Rat an ungehinderter Exerzierung der bürgerlichen Jurisdiktion ein merkliches an voriger Befugsame verloren, also nur ein Schatten davon übrig bleiben, indem die meisten vogteilichen Handlungen mit den Vögten, die wenigsten aber ohne dieselbe vom Bürgermeisteramt und des Rats allein vorgenommen werden, so ist vorders zu weisen:

1. was der Vogteilichkeit anhängig frei, und
2. bei welchvogteilichen actibus ein Vogt den Beisitz habe, dann
3. Welche atus jurisdictionales der Rat allein zu traktieren und zu dognosciren hat.

Zur bürgerlichen Jurisdiktion oder Vogteilichkeit gehören nachfolgende Handlungen, und zwar

747 1. die Verpflichtung der Bürger,
2. die Bestellung bürgerl. Gefängnis
3. die Übersicht über Ellen, Maße und Gewichte.
4. Kirchweihschutz und Friedbot,
5. die Setzung der Marksteine,
6. Obsicht bei der Ehehaft,
7. die Bestellung der Stadtdiener,
8. Die Zusammenrufung der Bürger,
9. Die Bestrafung an Geld in Bürgerexzessen. Nota. Die eine Hälfte der Strafe gehört der Herrschaft, die andere Hälfte aber der Stadt.
10. die Vormundersetzung und deren Rechnungsabhör.
11. die Aufrichtung einer Inventur.
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12. die Aufrichtung eines Testaments
13. der Gantprozess,
14. das Nachsteuerrecht
15. das Haussuchungsrecht. Nota: halb erhebt gnädigste Herrschaft die Nachsteuer und halb die Stadt.

Vorstehenden vogteilichen Handlungen wohnt ein Vogt oder Kastner bei.

Nachstehende actus jurisdictionales hat das Bürgermeisteramt allein vorzunehmen.

16. Die Verfertigung der mehreren gerichtlichen Urkunden außer dem Rathaus als Kauf-, Heiratsbriefe und Obligationes
17. die Siegelung und Confirmation derselben
18. die Haltung eies Protokolls

749 wo der ganze Rat nicht zugegen in eines Bürgermeisters Haus, wohin es die erste Instanz hat. 

19. das Pfändungsrecht mittelst Draufschlagung Arrests auf der bürgerlichen Güter
20. die Hinterlegung der Kaufschilling.
21. die Hirtenrechnung.
22. die Einziehung der Lichtmesssteuer, wovon zwar gnädigster Herrschaft das meiste hat, jedoch wird solche unter der Exekution eines Bürgermeisters eingezogen

Erstellt: 22.10.2005 durch Hans Ebert

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