Anton Steichele - Das Bisthum Augsburg
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VIII. Katholische Pfarr-Curatie in Feuchtwangen.

 
In den katholisch gebliebenen Stiftsherren und ihren Hausgenossen haben wir wohl die letzten Katholiken zu erkennen, welche aus der katholischen Zeit Feuchtwangen’s in die neue Religions-Gestaltung noch hineinragten. Nachdem aber das Stift unterdrückt war, werden mehr als zwei Jahrhunderte lang wenige Katholiken, zeitweilig vielleicht keiner, in dieser ganz protestantischen Stadt gewohnt haben. Seit indeß Feuchtwangen an die Krone Bayern gefallen war und allgemeine Toleranz isch geltend machte, sammelten sich allmälig mehrere Katholiken in der Stadt und in benachbarten protestantischen Orten. Ihnen fehlte aber ein geordneter Pfarrverband und wahrscheinlich auch das Bewußtsein der Bisthums-Angehörigkeit nach Augsburg; sie hielten sich zu Kirche und Seelsorge an die nächsten katholischen Pfarreien des Eichstätter Sprengels, Weinberg und Elbersroth, und in die charitative Cura dieser beiden Pfarreien commendirte das General-Vicariat zu Augsburg die Katholiken von Feuchtwangen und Umgegend in den Jahren 1812 und 1821 auch wirklich117).
 
Als aber vom Jahre 1842 an im Bisthume Augsburg eine allgemeine Auspfarrung der in protestantischen Pfarrsprengeln wohnenden Katholiken und deren Einpfarrung in katholische Pfarreien angestrebt und ausgeführt wurde, betrag diese Maßnahme auch die Katholiken in Feuchtwangen, deren Zahl im Jahre 1848 schon auf siebenzig Seelen angewachsen war. Es wurden nun die jeweilig in der protestantischen Pfarrei Feuchtwangen wohnenden Katholiken in die Augsburgische Bisthums-Pfarrei Halsbach eingepfarrt (Min.-Resc. vom 8. April und Ord.-Dekr. vom 19. April 1848). Allein damit waren die Verhältnisse der Feuchtwanger Katholiken nicht viel gebessert; denn Halsbach ist von Feuchtwangen drei Stunden entfernt, der Weg zwischen beiden Orten oft ungehbar; für Weinberg und Elbersroth nicht mehr zugehörig, für Halsbach zu entlegen, waren sie daher eine Heerde ohne Hirten. Die Zustände derselben chgarakterisiren sich darin, daß um diese Zeit in Feuchtwangen neben zwei ganz katholischen Familien fünf und zwanzig gemischte Ehen bestanden, deren Kinder ganz oder theilweise in der protestantischen Confession unterrichtet und erzogen wurden. Plane und Versuche zur Abhilfe, welche Jahre lang in Augsburg, in Feuchtwangen, in Dinkelsbühel, in Halsbach betrieben wurden, führten nicht zum angestrebten Ziele. Pfarrer Jos. Scheick zu Halsbach ruhte aber nicht, und Bischof Pankratius von Augsburg machte sich die Sorge für die Feuchtwanger Katholiken zur wahren Herzensangelegenheit. Es erschien als unabweisbares Bedürfniß, daß für diese Katholiken ein Gottesdienst-Local hergestellt und eine geordnete Seelsorge durch einen eigenen Geistlichen ermöglicht würde. Um die Mittel für diese beiden Zwecke zu gewinne, glaubte der Bischof, sich an die erprobte Opferwilligkeit seiner Diöcesanen wenden zu sollen, und sein Vertrauen zu denselben wurde nicht getäuscht; denn die erste Sammlung, eine von der Landesregierung gestattete Kirchen-Collekte in den Pfarreien des Bisthums Augsburg, vorgenommen im Herbste des Jahres 1859, ergab die Summe von 2357 fl. 29 ½ kr., die im Winter 1860/61 aber veranstaltete Haus-Collekte im ganzen Bisthume trug 11.815 fl 32 kr. 6 hl. Liebesgaben für Feuchtwangen ein.
 
Das Streben des Bischofs und des Pfarrers Scheick ging nun ernstlich dahin, einen Bauplatz zu einer Kirche zu gewinnen und die Gründung einer eigenen Seelsorge-Stelle in Feuchtwangen zu erzielen; denn Letzteres trat, wenn dem katholischen Wesen daselbst aufgeholfen werden sollte, immer mehr als dringendste Nothwendigkeit zu Tage. Glücklicherweise Weise ließ sich bald ein günstig gelegener Platz zum Neubaue einer Kirche erwerben, nämlich ein dem Falken-Wirthe Ernst Übel gehöriger großer Garten (drei zusammenhängende Grundstücke), ein Tagwerk haltend, außerhalb der Stadt nach Westen, jenseits der Sulzach, an der Landstrasse nach Dinkelsbühel gelegen, welcher sofort im Mai 1861 für die katholische Kirchengemeinde Feuchtwangen um 900 Gulden zu dem bezeichneten Zwecke angekauft wurde. Zu einem Kirchenvermögen legte eine edle Wohlthäterin, die Glasermeisters-Wittwe Scholastica Scheibel zu Donauwörth, einen ergiebigen Grund, indem dieselbe hiefür fünf Tausend Gulden schenkte, mit der Bedingung, daß aus den jährlichen Zinsen fünfzig Gulden dem künftigen Seelsorger zu verabreichen seien, damit er jährlich 52 Messen für die Stifterin lese. Zum Kirchenbaue insbesondere spendete König Ludwig I. von Bayern am 10. Januar 1862 eine Gabe von tausend Gulden.
 
Aber noch ehe an den Bau der Kirche Hand angelegt werden konnte, ließ Bischof Pankratius nicht ab, das noch viel Nöthigere, die Gründung einer Seelsorge-Stelle, und zwar mit dem Charakter einer Pfarr-Curatie, anzustreben, dabei in Aussicht nehmend, daß Priester und Gemeinde für Abhaltung des Gottesdienstes sich einstweilen mit einem gemietheten Locale behelfen könnten. Die Verhandlungen darüber, vom Bischofe mit der Staatsregierung eifrig betrieben, führten auch bald zu einem glücklichen Abschlusse, indem König Maximilian II. am 14. Jan. 1862 genehmigte, daß zu Feuchtwangen eine selbständige katholische Pfarr-Curatie in nächsteehender Weise errichtet werde:
 
1. Zum Curatie-Sprengel gehören die jeweils in der Stadt Feuchtwangen, dann in den Ortschaften Aichau-Mühle, Ober-Ahorn, Heilbrunn, Raffelshof, Breitenau, Dorf-Gütingen, Moosbach mit Tribur, Ober-Ampfrach mit Schnelldorf, Unter-Ampfrach und Haundorf wohnenden Katholiken, und werden diese Ortschaften gleichzeitig aus ihrem bisherigen Pfarrverbande mit Halsbach und Dinkelsbühel ausgelöst.
 
2. Die Dotation der neuen kirchlichen Pfründe wird zunächst mit einem Kapitale von fünf Tausend Gulden begründet, welches den Ergebnissen der für den Kirchenbau in Feuchtwangen bewilligten Sammlungen zu entnehmen ist und, nach 4 % berechnet, ein jährliches Einkommen von zwei Hundert Gulden gewährt. Ein weiters ständiges Pfründe-Einkommen bilden jene fünfzig Gulden, welche der Curat gegen Lesung von wöchentlich einer Messe aus besonder hiefür gestifteten Mittel beziehen wird.
 
3. Die Kirchen-Exigenz mit Einschluß der Honorirung des niedern Kirchendienst-Personales wird aus dem Local-Kirchenstiftungsvermögen bestritten, welches von einer ungenannten Stifterin (s. oben S. 401) mit einem Kapitale von fünf Tausend Gulden begründet wird.
 
4. Das Besetzungsrecht bei der katholischen Pfarr-Curatie Feuchtwangen steht Uns und Unsern Regierungs-Nachfolgern unbedingt zu.
 
Nachdem diese königliche Genehmigung erlassen war, errichtete Bischof Pankratius am 22. Jan. 1862 eine katholische Pfarr-Curatie in Feuchtwangen, in deren Sprengel er die Katholiken der oben genannten Orte, unter Auflösung ihres Pfarrverbandes mit Halsbach und Dinkelsbühel, einwies. Sofort ernannte S. M. der König am 23. April 1862 den Priester Andreas Stelzle, Pfarr-Vicar zu Halsbach, als ersten Pfarr-Curaten für Feuchtwangen, welcher am 5. Juni 1862 die kanonische Institution erhielt. Als Ergänzung seiner Besoldung auf fünf Hundert Gulden wies die Staatsregierung am 18.Sept. 1862 einen jährlichen Zuschuß von drei Hundert Gulden aus dem katholischen Cultus-Etat an, nachdem bereits am 15. April desselben Jahres die Direktion des Ludwig-Missions-Vereins in Bayern zu Gunsten der kirchlichen Bedürfnisse der Katholiken in Feuchtwangen einen Beitrg von zwei Tausend Gulden bewilligt hatte.
 
Am Frohnleichnamsfeste (19. Juni) 1862, nachdem seit mehr als drei Hundert Jahren Wort und Brauch der katholischen Kirche in Feuchtwangen erstorben gewesen war, hielt Pfarr-Curat Stelzle mit seiner erfreuten Gemeinde den ersten katholischen Gottesdienst mit Predigt und heil. Messe in der gemietheten obern Stube im Hause des protestantischen Bäckermeisters Mich. Schwarz, welche fortan, bis eine Kirche gebaut war, als katholisches Gottesdienst-Local zu dienen hatte. Der Bau der Kirche selbst, auf dem schon bezeichneten Bauplatze, begann im Herbste 1863; im Jahre 1864 wurde derselbe fortgesetzt und im Jahre 1865, die innere Einrichtung abgerechnet, vollendet. Kreis-Bau-Inspektor Schulz in Ansbach hatte die Pläne zu derselben gefertigt, Maurermeister Leopold zu Groß-Orenbrunn, unter Leitung des Baubeamten Wöhrle zu Dinkelsbühel, den Bau ausgeführt. Verschiedene Umstände verzögerten aber die Uebergabe der Kirche zu Abhaltung des Gottesdienstes bis Ende des Jahres 1866. Am 23. Dec. 1866 benedicirte nun Pfarr-Curat Stelzle einstweilen die neue Kirche, am folgenden Tage las er im bisherigen Betsale das letzte Mal die heil. Messe, und zog dann mit den heiligen Gegenständen aus demselben in die Kirche, deren Glocken am Weihnachtsfeste das erste Mal zur Gottesdienstfeier ertönten.
 
Die Kirche selbst, nicht groß, von Nord nach Süd gestellt, ist ein sehr gefälliger, ansprechender Bau. Der Thurm, aus Quadern aufgeführt, erhebt sich an der nördlichen Giebelwand, geht oben in das Achteck über und schließt mit einem Spitzdache. In ihm hängen zwei Glocken118). Das Kirchenvermögen beträgt 5200 Gulden.
 
Eine Pfarrerswohnung ist noch nicht gebaut; der Pfarr-Curat muß in der Miethe wohnen.
 
Sein Einkommen ist folgendes:
Einnahmenxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx:
fl.xxx
kr.
1. Aus Kapitalien (5000 fl.)
200
-
2. Zuschuß vom Staate
300
-
3. für die Schol. Scheibel’schen Wochenmessen
50
-
Gesamt
550
-
Lasten:
Wegen des Diöcesan- und Kapitel-Verbandes
2
52
Rein-Ertrag
547
8
 
Der Pfarr-Curatie-Sprengel zählt gegenwärtig 127 Katholiken, nämlich in Feuchtwangen 85, in den eingepfarrten Orten: Aichau-Mühle 8, Heilbrunn 3, Dorf-Gütingen 1, Schnelldorf 7, Unter-Ampfrach 1, Haundorf 1, und in den gleichfalls von hier aus pastorirten Orten Lichtenau 1, Bergnerzell 1, Grimschwinden 1, Ober-Ramsbach 8, Unter-Ramsbach 3, Reichenbach 3, Seiderzell 1, Zumberg 1, Kienhart 1, Banzenweiler 1. Der Raffels-Hof wurde im Jahre 1863 in die Pfarrei Dürrwangen umgepfarrt. Die weiteste Entfernung zugehöriger Orte (in der protestantischen Pfarrei Ober-Ampfrach) beträgt gegen vier Stunden.

Erstellt am 6. März 2004 durch Hans Ebert
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