Anton Steichele - Das Bisthum Augsburg
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4. Pf.-Cur. Groß-Orenbrunn, 334 S.
 
Königl. Präsentations-Recht, wechselnd mit bischöfl. Collatur-Rechte.
Bez. Amt Feuchtwangen; Landg. Feuchtwangen.
 

I. Pfarrsitz. Groß-Orenbrunn, 2 St. südöstlich von Feuchtwangen. Das Dorf zählt mit den nahen Weilern Klein- und Neu-Orenbrunn 182 Katholiken. Groß-Orenbrunn liegt auf einer Hoch-Ebene, Klein-Orenbrunn, durch einen Bach-Einschnitt davon gerennt, gleichfalls auf einer Anhöhe, Neu-Orenbrunn zerstreut am Saume eines großen Waldes. Die männlichen Bewohner dieser Orte sind fast sämmtlich Maurer, die Wohnstätten kleine Häuser mit wenig oder gar keinem Grundbesitze. Der ganze Pfarrbezirk ist Waldgegend in sandiger, wenig ergiebiger Lage.
 
II. Pfarrgeschichte. Groß-Orenbrunn, in früherer Zeit nur Orenbrunn genannt, scheint kein alter Ort zu sein; er entstand wahrscheinlich aus Rodungen im 15. und 16. Jahrhunderte. Er gehörte zur Herrschaft Dürrwangen und theilte daher die Geschicke dieser Herrschaft, stand also zuletzt unter den Grafen von Oettingen und kam mit Dürrwangen im Jahre 1796 an die Krone Preußen. Wie Dürrwangen, war auch Orenbrunn dem Pfarrsprengel von Halsbach einverleibt, obwohl möglich ist, daß der Platz, auf welchem jetzt dieser Ort steht, in alter Zeit im Pfarrbezirke von Dentlein lag. Klein- und Neu-Orenbrunn sind wahrscheinlich gleichfalls Rode-Orte aus noch späterer Zeit. Groß-Orenbrunn hat eine alte, dem heil. Wolfgang geweihte Kapelle, welche vielleicht schon lange Zeit einsam in Feld oder Wald gestanden hatte, ehe Orenbrunn bebaut wurde. In ihr las der Pfarrer von Halsbach ehedem sieben Mal im Jahre die heil. Messe, und wenigstens schon seit Ende des 17. Jahrhunderts wohnte an derselben ein Eremite. Damals war der ganze Ort katholisch; die veränderten Verhältnisse der Neuzeit aber führten auch Protestanten nach Orenbrunn, welche sich hier um so leichter niederlassen konnten, als sie im nahen Dentlein eine Pfarrer ihrer Confession fanden, während fremde Katholiken dem Orte fern blieben, weil sie den weiten Kirchgang nach Halsbach oder Dürrwangen scheuten. Daher wurden der protestantischen Haushaltungen in Groß-Orenbrunn immer mehr, der katholischen immer weniger, und es stand die sichere Aussicht vor Augen, daß mit der Zeit das katholische Bekenntniß in Groß-, Klein- und Neu-Orenbrunn gar erlöschen werde. In derselben Lage befand sich auch das nahe bei Orenbrunn gelegene, diesem an Seelenzahl ungefähr gleiche, früher ebenfalls ganz katholisch gewesene Dorf Erl-Mühle1).
 
Diese Umstände bestimmten den Bischof Peter von Augsburg, Vorsorge zu treffen, daß für Groß-Orenbrunn und seine Umgebung eine eigene katholische Seelsorge bestellt werde, und er führte seinen Entschluß auch, ungeachtet der größten entgegentretenden Schwierigkeiten, glücklich zum Ziele. Da sich bereits eine katholische Schulstelle im Orte befand, so war vorerst die Umgestaltung dieser Stelle in ein Curat-Schul-Beneficium nahe gelegt. Damit die Mittel für Begründung des Beneficiums, Dotation der Kirche, bauliche Herstellung der letztern und Herrichtung des Schulhauses für eine Beneficiaten-Wohnung gewonnen würden, wendete sich Bischof Peter an die werkthätige Liebe seiner Diöcese, und die Haus-Collekte im Bisthume, welche für jene Zwecke im Herbste 1847 vorgenommen wurde, ergab auch wirklich an milden Beiträgen die Summe von 9744 fl. 41 kr. Mit diesen Mitteln und unter Zuhandnahme des schon bestehenden Schulhauses und der ständigen Bezüge des Schuldienstes kam nun eine katholische Seelsorge-Stelle in Groß-Orenbrunn in der Form eines Pfarr-Curatie- und Schul-Beneficiums zu Stande, dessen Begründung nach Uebereinkunft mit dem bisch. Ordinariate König Maximilian II. am 6. Mai 1850 unter folgenden Bestimmungen genehmigte:
 
1. Der Sprengel des Schul-Beneficium wird aus dem Ortschaften Angerhof, Dentlein, Erlmühle, Groß-, Klein- und Neu-Orenbrunn, Schwaighausen und Thürnhofen gebildet.
 
2. Dem Schul-Beneficiaten wird völlige Unabhängigkeit von der Pfarrei Halsbach und der Wirkungskreis eines Pfarr-Curaten zugestanden; derselbe ist jedoch gehalten, zu Halsbach zur Anerkennung des früheren Verbandes mit dieser Pfarrei alljährlich das Frohnleichnamsfest zu begehen.
 
3. Der Schul-Beneficiat bezieht mit Einrechnung der freien Wohnung ein jährliches Einkommen von 400 fl.; die Ausgaben für den Meßner, für Bestreitung der Kosten der Kirchen-Regie und der Schul-Exigenz, sowie für Unterhaltung der Cultus-Gebäude werden zum Theil aus den Stiftungsrenten, zum Theil mittels Beiträgen der Gemeindeglieder gedeckt.
 
4. Bei dieser Pfründe alternirt das landesherrliche Präsentations- mit dem freien bischöflichen Collations-Rechte; das erstmalige Besetzungsrecht wird dem Könige vorbehalten.
 
Allein die nothwendige bauliche Herstellung der Kirche für die Zwecke einer Pfarr-Curatie, die Herrichtung des Schulhauses zu einer Curaten-Wohnung, die Vollendung des Gottesackers zog sich unter vielen ungünstigen Umständen unverhältnißmäßig in die Länge, und damit verzögerte sich Jahre lang die wirkliche Errichtung und die Besetzung des Beneficiums. Erst am 12. Aug. 1854 konnte die bischöflcihe Errichtungs-Urkunde desselben ausgefertigt werden, laut welcher Bischof Peter unter Acceptation der in der kön. Entschließung vom 6. Mai 1850 enthaltenen Bestimmungen in Groß-Orenbrunnn für die in den Ortschaften Groß-, Klein und Neu-Orenbrunn, Erl-Mühle, Anger-Hof, Dentlein, Schwaighausen und Thürnhofen wohnenden Katholiken ein Curat- und Schul-Beneficium errichtet, dasselbe zu einer von der Pfarrei Halsbach völlig unabhängigen Pfarr-Curatie erhebt, und dem jeweiligen Beneficiaten alle Rechte und Pflichten eines Pfarr-Curaten überträgt, so daß derselbe nebst Haltung der Schule in Groß-Orenbrunn alle seelsorglichen und pfarrlichen Funktionen selbständig zu verrichten habe.
 
Nun aber wurden auch der ersten Besetzung der Stelle die widerlichsten Schwierigkeiten entgegen gestellt; denn erst am 7. Mai 1855 konnte ein Vicar, Johann Lautenbacher, nach Groß-Orenbrunn angewiesen werden, welcher aber bald die Erfahrung zu machen hatte, daß eine Seelsorge von solcher Beschwerlichkeit, wie sie in den Verhältnissen dieser Stelle liegt, mit der Obliegenheit, dazu noch einen mühsamen Schuldienst zu versehen, sich nicht vertrage. Es fand sich auch glücklicher Weise ein Weg, daß vom Februar 1858 an dem Curatie-Vicar zu Haltung der Schule ein Schulgehilfe beigegeben werden konnte. Nun bot auch die Besetzung der Pfarr-Curatie keine Schwierigkeit mehr, und am 14. Okt. 1858 wurde Erhard Erhard, Kaplan zu Möring, vom Könige als erster Pfarr-Curat nach Groß-Orenbrunn ernannt und am 4. nov. desselben Jahres im bisch. General-Vicariate als solcher instituirt. Bei Aufstellung eines Schulgehilfen kaufte die Pfarr-Curatie-Gemeinde für den Geistlichen ein eigenes Haus und ließ es zu einer anständigen Pfarrwohnung herrichten, wobei ihr eine neuerdings in den Kirchen des Bisthums Augsburg vorgenommene Collekte, welche 795 fl., beiläufig die Hälfte der erlaufenen Kosten, eintrug, zu Hilfe kam. Endlich konnte im Jahre 1863 eine völlige Trennung des Schuldienstes von der Seelsorgestelle, unter Zuwendung aller Schul-Emolumente zu ersterm Dienste, vollführt werden, so daß nun ein ständiger Schullehrer in Groß-Orenbrunn aufgestellt ist und die Seelsorge-Stelle rein im Charakter einer Pfarr-Curatie dasteht.
 
III. Pfarrkirche. Die Filial-Kapelle S. Wolfgangi, am westlichen Ende des Dorfes gelegen, ist seit dem Jahre 1855 Pfarrkirche des Sprengels Groß-Orenbrunn. Ehemals war an ihren Westgiebel eine Zelle angebaut, in der bis zum Jahre 1812 ein Eremite wohnte, welcher die katholischen Kinder dieser Orte um sich versammelte und ihnen Unterricht im Lesen und Schreiben ertheilte. Das Kirchlein ist sehr alt und mag in seinem Mauerwerke an die romanische Periode streifen; denn die Mauern sind sehr dick, und die Fenster, jetzt weit und hoch ausgebrochen, sollen ehemals ganz klein und schmal, mit Ausweitung nach innen, gewesen sein. Die Sakristei, mit Rundbogenthüre, Tonnengewölbe und massiven Mauern, scheint Unterbau eines Thurmes zu sein, der entweder nie zu Stande kam, oder wieder abgebrochen wurde.*) Gegenwärtig hat die Kirche nur ein kleines, hälzernes Thürmlein, welches zwischen Schiff und Chor reitet; in ihm hängen zwei Glöcklein2). Das Innere, bei Errichtung der Pfarr-Curatie geordnet und erneuert, ist gefällig; die Kirche hat nur Einen Altar, denn die Seiten-Altäre wurden damals aus ihr entfernt. Außen an derselben, auf der Westseite, ist ein kleines, altes Stein-Relief eingemauert, Christus am Kreuze mit Maria und Johannes. Gestift. Jahrt. 4; rentir. Vermögen 600 fl. – Der Gottesacker liegt gesondert, weiter westlich, in der Nähe des Pfarrhauses.
 
Im Pfarrsprengel von Groß-Orenbrunn, nahe bei dem Orte Schwaighausen, dessen katholische Bewohner nach Groß-Orenbrunn gepfarrt sind, steht auf einer Anhöhe, am Saume eines großen Waldes, die gut erhaltene Ruine eines alten Bauwerkes, welche in hohem Grade die Aufmerksamkeit des Wanderers fesselt. Man könnte zweifeln, ob man hier den Rest eines weltlichen Gebäudes, etwa einer Burg, oder den einer Kirche vor sich habe; der Umstand aber, daß die Ruine im Volksmunde der Umgebung gewöhnlich „die Kappel“ oder „die alte Kappel“ heißt, entscheidet für ein kirchliches Gebäude.
 
An der Westseite dieser Ruine steht ein ganz runder, ungefähr 45‘ hoher Thurm, welcher oben in ein regelmäßiges Achteck ausläuft. Vom Thurme aus ziehen sich parallel, ungefähr 18‘ von einander, nach Osten zwei dicke, c. 26‘ hohe und c. 20‘ lange, mit je zwei sehr engen Fenster-Oeffnungen versehene Mauern hin. Zwischen den beiden Mauern führt eine schöne spitzbogige Pforte in das Innere des Thurmes; über dieser aber zeigt der Thrum noch zwei über einander stehende, rundbogige Oeffnungen, welche sich als Eingäng in denselben darstellen; im Erdgeschosse hat gerselbe ein Tonnengewölbe. Auf einem Gemälde on der Pfarrkirche zu Dürrwangen aus dem vorigen Jahrhunderte, welches diese Pfarrkirche und die Ruine bei Schwaighausen darstellt, ist an letzterer östlich über den beiden Maurern eine Giebelwand sichtbar, zur Anlegung eines Daches geformt.
 
Geschichtliche Nachrichten über dieses Bauwerk haben sich bisher nicht gefunden. Der Ort Schwaighausen aber, obwohl er keine Kirche besitzt, feiert, wie man mir an Ort und Stelle sagte, heute noch seine Kirchweihe nach dieser Kirchen-Ruine, bei welcher dieselbe ehemals gehalten worden sein soll.
 
IV. Pfarr-Dotation. Das Einkommen des Pfarr-Curaten zu Groß-Orenbrunn ist gegenwärtig folgendes:
 
 
Einnahmen:xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx fl.xxx kr.xxxxxxx
1. Zinsen aus Kapitalien (9000 fl. Collekten-Gelder)
350
-
2. Beitrag von der Pfarr-Pfründe Halsbach
18
-
3. Wohnungsgenuß
19
-
4. Stolgefälle
20
  36 1/3
Rein-Ertrag
407
  36 1/3 3)
Lasten:
Wegen des Diöcesan- und Kapitel-Verbandes
2
  52
404
  44 1/3
(Superrev. Fassion vom 3. Jan. 1859).
  
Die Pfarrwohnung liegt nicht fern von der Kirche, nach Westen. Sie ist ein ehemaliges Zimmermannshaus, im Jahre 1858 von der Kirchengemeinde angekauft, welchem ein Stockwerk aufgesetzt wurde. Die Baupflicht an Kirche und Pfarrhaus obliegt der Kirchengemeinde Groß-Orenbrunn.

1 Das Dörflein Erl-Mühle erscheint wenigstens schon seit dem 15. jahrhunderte als ein bebauter Ort und überragt an Alter wahrscheinlich die drei Orenbrunn; denn am 25. Juni 1470 wird eines Jörg Pock  „zu der Erelmül gesessen“ erwähnt, welcher seine Aecker, Wiesen und Hölzer zu Tendlau (Dentlein) an die Kirche zu Tendlau verkauft, und am 10. April 1473 ist Kloster Sulz im Besitze des großen und kleinen Zehenten „zu der Erelmül“, welchen es an demselben Tage der Pfarrpfründe zu Tennlein (Dentlein) überläßt. Urkk. von Klst. Sulz im k. Archive zu Nürnberg. Dieses Zehentverhältniß weist daruaf hin, daß Erl-Mühle ursprünglich zum alten Sprengel der Sulzischen Pfarrei Dentlein gehört haben mag.
* Anm. von Hand am Seitenrand: 1880 wurde unter Hilfe Schaidhauf der jetzige Thurm gebaut und die Kirche verlängert.
2 Das größere goß E. R. Klein zu Nördlingen im Jahre 1851; das kleinere hat keine Inschrift, aber ein Band mit alter, arabeskenariger Verzierung.
3 Dazu kommen seit 1859 vier gestiftete Messen zu 2 fl. 45 kr.

Erstellt am 7. März 2004 durch Hans Ebert
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