Die Stadt Feuchtwangen verdankt
ihr Entstehen dem Kloster Feuchtwangen. Bei diesem alten, berühmten
Kloster mit einem ausgedehnten Grundbesitze ließen sich gewiß
schon sehr früh Arbeiter und Handwerker häuslich nieder und gründeten
anfangs ein Dorf, aus welchem allmälig ein Flecken und endlich, besonders
seit der Umwanndlung in ein Collegiat-Stift, eine Stadt erwuchs. In der
Mitte des 13. Jahrhunderts war Feuchtwangen jedenfalls schon einer der
bedeutendsten Orte der Umgegend. Zu Feuchtwangen auf fränkischer Erde
(ze Fuehtewanc `vffe frenkescher erde) vertrugen sich am 31. Dec. 1258
Ulrich von Warberg und Graf Ludwig von Öttingen über Güterbesitz
(s. ob. S. 319); hier verhandelten in demselben Jahrhunderte auch andere
Partheien. In der Urkunde König Rudolf’s vom 5. Aug. 1284 (s. ob.
S. 351) begegnet uns der Ort Feuchtwangen das erste Mal als oppidum, am
19. Mai 1293 als civitas (s. ob. S. 354). Ein kaiserlicher Vogt (advocatus)
vertrat und verwaltete die Rechte und Güter des Reiches hier und in
der Umgegend69); denn Feuchtwangen
galt damals, freilich unter großen Einschränkungen durch die
ausgedehnten Rechte des Stiftes, bereits als eine unmittelbare Stadt des
deutschen Reiches, in welcher Eigenschaft sie von König Albrecht am
29. April 1307 zur Begründung des Landfriedens in Schwaben mitberufen
wurde70).
Weit
früher aber, als die Stadt Feuchtwangen, wird ein Adelsgeschlecht
genannt, das von Feuchtwangen den Namen führt, dort einen Sitz hatte
und wahrscheinlich kaiserliche und stiftische Güter zu Lehen trug.
Es gehört, wie es scheint, zum ausgebreiteten Stamme der Reichs-Ministerialen
von Nortenberg (bei Rothenburg) und der Herren von Weiltingen. Schon im
J. 1167 ist Ropertus de Whtewanc Zeuge in einer zu Laugingen von Bischon
Kunrat zu Augsburg für Kloster Heilig-Kreuz in Donauwörth ausgestellten
Urkunde71). Am 6. Juni 1220 zeugt
Priester Wortwin de Feuchtewanch, Domherr zu Augsburg, in einer Urkunde
Bischof Sifrid’s für das Domkapitel zu Augsburg (M. B. 33°, 59.).
Zu großem Ansehen
im Auslande gelangte der Name Feuchtwangen’s durch die beiden ritterlichen
Hochmeister des deutschen Ordens, Kunrat und Sigfrid von Feuchtwangen.
Kunrat bekleidete verschiedene Aemter im Orden72),
kämpfte in Preußen und Livland gegen die Litthauer, wurde im
J. 1290 Hochmeister, verlegte nach dem Verluste Akkon’s im J. 1291 den
Hauptsitz des Ordens nach Venedig, starb im J. 1297 zu Prag und wurde zu
Drobowitz in Böhmen begraben. Sigfrid von Feuchtwangen, im J. 1303
zum Hochmeister gewählt, kämpfte gleichfalls gegen die Litthauer,
verlegte den Sitz der Hochmeister im J. 1309 nach Marienburg in Preußen,
erwarb dem Orden das Land Pommerellen und gab dem Ordenslande Preußen
Gesetze und eine geordnete Verwaltung. Er starb zu Marienburg im J. 1310
oder 1311 und liegt im Dome zu Kulmsee begraben73).
Aus
dem 14. Jahrhunderte kennen wir einen Ritter Hermann Lüpolt von Fühtwang,
das erste Mal genannt am 25. Jan. 1325 (R. B. 6, 152), welcher mit seiner
ehelichen Wirthin Adelheid am 5. Nov. 1330 Güter zu Tribur, Hohenlohische
Lehen, an das Spital in Dinkelsbühel verkauf, nachdem er schon am
1. Okt. 1330 an Kraft von Hohenlohe, welcher jene Güter dem Spitale
eignete, dafür Güter zu Makkenhofen und Diemenhofen (Orte bei
Feuchtwangen) als Lehen unterstellt hatte (Urkk. in Dinkelsbühel).
Bald darauf, am 10. Nov. 1330, nennt eine Urkunde Hermann Lüpolt’s
Kinder, nämlich seinen Sohn Hermann und seine Töchter Agnes und
Margaretha (ib.). Später wird dieses Rittergeschlecht wenig mehr genannt.
Wenn jener Hans von Feuchtwangen, Bürger zu Dinkelsbühel, welcher
mit andern Dinkelsbühler Bürgern am 22. mai 1431 Dorf und Schloß
Wilburgstetten an die Stadt Dinkelsbühel verkauft74),
noch diesem Geschlechte angehört, so ist anzunehmen, daß sich
die Familie mittlerweile in die bürgerlichen Verhältnisse dieser
Reichsstadt zurückgezogen habe.
Obgleich die Stadt Dinkelsbühel
ebenso wie Feuchtwangen im J. 1307 in den schwäbischen Städtebund
zur Bewahrung des Landfriedens eingetreten war, brach erstere Stadt doch
bald den Frieden mit der Nachbarstadt Feuchtwangen, deren Aufblühen
sie nicht ertragen konnte. Die Dinkelsbühler überfielen nämlich
im J. 1309 die Stadt Feuchtwangen und brannten den größten Theil
derselben nieder75). Damals gingen
wahrscheinlich die alten Documente des Stiftes und der Stadt in Flammen
auf, da die noch vorhandenen Urkunden in den Urschriften nicht über
das genannte Jahr hinaufreichen. Die Stadt erholte sich aber bald wieder
aus eigener Kraft und unter der Fürsorge, welche Kaiser Ludwig ihr
zuwendete. Am 10. Mai 1323 bestätigte ihr nämlich der Kaiser
alle von seinen Vorfahrern erhaltenen Rechte und bewilligte zugleich, daß
sie zum Reiche mehr Steuer nicht zu geben habe, als fünfzig Pfund
Heller im Mai und 50 Pfund Heller im Herbste. Die nämliche Bestimmung
wiederholte der Kaiser am 27. März 1331 und fägte noch bei, es
dürfe Niemand, welcher Feuchtwangen innehaben würde, von der
Stadt aus Krieg führen oder durch erhöhte Lasten dieselbe drücken76).
Jedoch
hat, wie es scheint, Kaiser Ludwig selbst noch die Reichsstadt Feuchtwangen
an die Grafen von Öttingen verpfändet; denn sein Gegenkaiser
und Nachfolger, Karl IV., bestätigt am 16. Okt. 1347, fast gleichzeitig
mit dem Tode Ludwig’s, dem Grafen Albrecht von Öttingen die Pfandschaften,
die er und sein Vater von dem Reiche bisher gehabt haben, nämlich
die beiden Märkte (wie sie hier heißen) Aufkirchen und Feuchtwangen77).
Wie lange Feuchtwangen unter Öttingischer Pfandschaft gestanden sei,
ist nicht bekannt; aber noch während dieser Pfandschaft, am 4. Juli
1360, ertheilte Kaiser Karl der Stadt Feuchtwangen das Privilegium de non
evocando, nämlich das Recht, daß die Bürger der Stadt und
die zur Vogtei gehörenden Landleute, wie es in andernb Reichsstädten
üblich sei, vor keinen andern Richter sollten geladen werden können,
als vor ihren eigenen Amman78).
Bald aber trat eine neue
Verpfändung ein, verhängnißvoll und entscheidend für
das ganze künftige Schicksal der Stadt Feuchtwangen, indem Kaiser
Karl IV. am 23. April 1376 die Reichsstadt Feuchtwangen mit der Vogtei
daselbst als Pfand für 5000 fl. an den Burggrafen Friedrich V. von
Nürnberg übergab (R. B. 9, 346). Diese Verpfändung wurde
nicht wieder gelöst, und Feuchtwangen blieb darum für immer eine
mittelbare Stadt des burggräflich Nürnbergischen und Brandenburg-Onoldsbachischen
Landes.
Im
J. 1388 überfielen die Dinkelsbühler ihre Nebenbuhlerin Feuchtwangen
zum zweiten Male und übergaben die Stadt den Flammen, welchen, wie
erzählt wird, außer den Kirchen nur noch drei Häuser entgingen79).
Nur langsam und mit Mühe kam der Wiederaufbau der Stadt zu Stande;
erst im März 1395 wurde der Grund zur neuen Stadtmauer gelegt80).
Die Stadt erreichte aber nicht mehr ihren alten Umfang, welcher nach sichern
Anzeichen auch ganze Gassen am rechten Sulzach-Ufer in sich gefaßt
hatte, so daß die Sulzach mitten durch die Stadt floß; denn
in Folge der Zerstörung wanderten viele Bewohner aus Feuchtwangen
wegt und der Umfang der neuen Stadt blieb darum auf die Anhöhe links
der Sulzach beschränkt81).
Kloster und Stift Feuchtwangen
hatte in alter Zeit große Rechte über die Stadt Feuchtwangen
besessen. Es war im Genusse aller städtischen Zölle und Abgaben,
übte in der Stadt und im Umkreise die niedere Gerichtsbarkeit aus
und ließ sich von jedem Bürger den Eid des Gehorsams und der
Treue schwören82). Im Laufe
der Zeit wußte die aufstrebende Stadt dem Stifte manches dieser alten
Rechte abzuringen, oder wenigstens streitig zu machen, und das Stift that
in der Beweisführung für seine Rechte um so schwerer, da es in
den wiederholten Zerstörungen seiner Gebäude durch Feuer die
Haupt-Beweismittel, seine alten Urkunden, verloren hatte. Im 15. Jahrhunderte
traten die Streitigkeiten besonders heftig hervor, wurden durch Vermittlung
der Markgrafen als Landesherren der Stadt und Schirmherren des Stiftes
zwar ausgeglichen und auf eine Zeit zur Ruhe gebracht, die Gemüther
aber blieben erbittert und sich entfremdet. Am 9. Jan. 1488 war Markgraf
Friedrich selbst nach Feuchtwangen gekommen und hatte einen Hauptvergleich
zu Stande gebracht, welcher dem Stifte immerhin noch große Vorrechte
zuerkannte; denn der Vergleich bestimmt im Wesentlichen: Das Ammann-Amt
zu Feuchtwangen sei des Stiftes, und ein Chorherr solle Ammann sein, der
von des Stiftes wegen und ohne eine Betheiligung des landesherrlichen Vogtes
jährlich zwei Mal in der Stadt das Ehehaft-Gericht, bei welchem alle
Bürger eerscheinen mußten, zu halten und selbes mit Schöffen
zu besetzen habe; bei diesem Gerichte seien von Allem des Stiftes Freiheiten,
Rechte und Gewohnheiten zu verkünden; die Rechte des stiftischen Ammanns
in städtischen Angelegenheiten, die sehr weitgehend waren, werden
genau bestimmt; der Zoll zu Feuchtwangen sei des Stiftes; neu aufgenommene
Bürger sollen auch auf die Ehehaft, Rechte und altes Herkommen des
Stiftes beeidigt werden (Feuchtw. Copialb.).
Feuchtwangen
blieb fortan unter markgräflich brandenburgischer Landeshoheit des
Fürstenthums Onoldsbach (Ansbach), fiel mit diesem im J. 1792 an die
Krone Preußen und wurde endlich am 24. Mai 1806 mit Ansbach an Bayern
übergeben.
69
Ein Chunradus advocatus de Feuchtewanch zeugt am 29. Jan. 1290 für
das deutsche Haus in Rothenburg, wird am 8. Nov. 1310 als Cunradus quondam
advocatus in Fwhtwanch genannt (R. B. 4, 435; 5, 185), und erscheint noch
am 17. Dec. 1326 als „her Cunrat der alte vogt von Fuhtwang“ in einer Urkunde
des Stiftes Feuchtwangen (in München).
70
Datt de pace imper. publ. 29; Pertz M. G. 4, 488.
71
Orig. in Wallerstein. S. Königsdorfer Gesch. von Heilig-Kreuz 1, 403.
72
Amn 24. März 1287 ist zu Wirzburg Conradus de Vuchtinwange, preceptor
domus Teutonicorum per Alemanniam, gegenwärtig, als der Hochmeister
Burkhart von Schwenden und Graf Ludwig von Oettingen eine Ordens-Angelegenheit
schlichten, R. B. 4, 335.
73
Ueber die beiden Hochmeister s. Jacobi S. 15 16 und die daselbst S. 188
angeführten Schriften; J. Voigt Gesch. Preußens, 3, 369; 4,
60 ff., 175 ff.
74
Vertheid. Territ.- und Jurisdikt.-Gerechtsame der Reichsst. Dinkelsb. gegen
Oettingen-Spielberg, 1755, Beil. nr. 49.
75
Jacobi 18.
76
Die beiden Urkunden Kaiser Ludwig’s bei Jacobi 189.
77
Wir ..-.. haben dem edlen Albrecht grawen zu Oetingen ..-.. alle die pfant
verlihen vnd bestetigt mit disem briefe, di er vnd sein vater ze pfande
von dem reiche bizher gehabt habent vnd noch haben, daz ist Vfkirch vnd
Fuchtwang die zween mergt, also daz sye dieselben pfant inne haben vnd
nietzen sullen in allen den rechten, als si sie hergebracht haben vnd inne
gehabt hant bizher von dem reich biz an vns, vnd was di briefe vnd die
handfest sagent, di sy von dem reich vber diselben pfant innhabend. Urk.
K. Karl’s IV., geben ze Tust an sand Gallen tag 1347, gedr. in der Gegen-Conclusions-Schrift
von Oettingen-Spielberg gegen Oettingen-Wallerstein in puncto tractat.
success. von 1710, nr. 41.
78
Die Urk. bei Jacobi 190.
79
Anno Domini millesimo tricentesimo octingesimo octavo destructum et combustum
est oppidum Feuchtwang per incolas Dünkelspuhlenses post festum nativitatis
Mariae virginis, ita quod tantum tres domus remanserunt in toto oppido.
Aus dem Gedenkbuche des Stadtschreibers Jod. Schall vom J. 1529, bei Jacobi
192.
80
Anno 1395 murus circa oppidum Feuchtwang aedificari cepit mense Martio.
Aus Dek. Collers Feuchtw. Annalen, 17. Jahrh., bei Jacobi 193.
81
Jacobi 24, 25.
82
Jacobi 7.
Erstellt
am 6. März 2004 durch Hans Ebert