Anton Steichele - Das Bisthum Augsburg
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III. Geschichte der Stadt Feuchtwangen.

 
Die Stadt Feuchtwangen verdankt ihr Entstehen dem Kloster Feuchtwangen. Bei diesem alten, berühmten Kloster mit einem ausgedehnten Grundbesitze ließen sich gewiß schon sehr früh Arbeiter und Handwerker häuslich nieder und gründeten anfangs ein Dorf, aus welchem allmälig ein Flecken und endlich, besonders seit der Umwanndlung in ein Collegiat-Stift, eine Stadt erwuchs. In der Mitte des 13. Jahrhunderts war Feuchtwangen jedenfalls schon einer der bedeutendsten Orte der Umgegend. Zu Feuchtwangen auf fränkischer Erde (ze Fuehtewanc `vffe frenkescher erde) vertrugen sich am 31. Dec. 1258 Ulrich von Warberg und Graf Ludwig von Öttingen über Güterbesitz (s. ob. S. 319); hier verhandelten in demselben Jahrhunderte auch andere Partheien. In der Urkunde König Rudolf’s vom 5. Aug. 1284 (s. ob. S. 351) begegnet uns der Ort Feuchtwangen das erste Mal als oppidum, am 19. Mai 1293 als civitas (s. ob. S. 354). Ein kaiserlicher Vogt (advocatus) vertrat und verwaltete die Rechte und Güter des Reiches hier und in der Umgegend69); denn Feuchtwangen galt damals, freilich unter großen Einschränkungen durch die ausgedehnten Rechte des Stiftes, bereits als eine unmittelbare Stadt des deutschen Reiches, in welcher Eigenschaft sie von König Albrecht am 29. April 1307 zur Begründung des Landfriedens in Schwaben mitberufen wurde70).
 
Weit früher aber, als die Stadt Feuchtwangen, wird ein Adelsgeschlecht genannt, das von Feuchtwangen den Namen führt, dort einen Sitz hatte und wahrscheinlich kaiserliche und stiftische Güter zu Lehen trug. Es gehört, wie es scheint, zum ausgebreiteten Stamme der Reichs-Ministerialen von Nortenberg (bei Rothenburg) und der Herren von Weiltingen. Schon im J. 1167 ist Ropertus de Whtewanc Zeuge in einer zu Laugingen von Bischon Kunrat zu Augsburg für Kloster Heilig-Kreuz in Donauwörth ausgestellten Urkunde71). Am 6. Juni 1220 zeugt Priester Wortwin de Feuchtewanch, Domherr zu Augsburg, in einer Urkunde Bischof Sifrid’s für das Domkapitel zu Augsburg (M. B. 33°, 59.).
 
Zu großem Ansehen im Auslande gelangte der Name Feuchtwangen’s durch die beiden ritterlichen Hochmeister des deutschen Ordens, Kunrat und Sigfrid von Feuchtwangen. Kunrat bekleidete verschiedene Aemter im Orden72), kämpfte in Preußen und Livland gegen die Litthauer, wurde im J. 1290 Hochmeister, verlegte nach dem Verluste Akkon’s im J. 1291 den Hauptsitz des Ordens nach Venedig, starb im J. 1297 zu Prag und wurde zu Drobowitz in Böhmen begraben. Sigfrid von Feuchtwangen, im J. 1303 zum Hochmeister gewählt, kämpfte gleichfalls gegen die Litthauer, verlegte den Sitz der Hochmeister im J. 1309 nach Marienburg in Preußen, erwarb dem Orden das Land Pommerellen und gab dem Ordenslande Preußen Gesetze und eine geordnete Verwaltung. Er starb zu Marienburg im J. 1310 oder 1311 und liegt im Dome zu Kulmsee begraben73).
 
Aus dem 14. Jahrhunderte kennen wir einen Ritter Hermann Lüpolt von Fühtwang, das erste Mal genannt am 25. Jan. 1325 (R. B. 6, 152), welcher mit seiner ehelichen Wirthin Adelheid am 5. Nov. 1330 Güter zu Tribur, Hohenlohische Lehen, an das Spital in Dinkelsbühel verkauf, nachdem er schon am 1. Okt. 1330 an Kraft von Hohenlohe, welcher jene Güter dem Spitale eignete, dafür Güter zu Makkenhofen und Diemenhofen (Orte bei Feuchtwangen) als Lehen unterstellt hatte (Urkk. in Dinkelsbühel). Bald darauf, am 10. Nov. 1330, nennt eine Urkunde Hermann Lüpolt’s Kinder, nämlich seinen Sohn Hermann und seine Töchter Agnes und Margaretha (ib.). Später wird dieses Rittergeschlecht wenig mehr genannt. Wenn jener Hans von Feuchtwangen, Bürger zu Dinkelsbühel, welcher mit andern Dinkelsbühler Bürgern am 22. mai 1431 Dorf und Schloß Wilburgstetten an die Stadt Dinkelsbühel verkauft74), noch diesem Geschlechte angehört, so ist anzunehmen, daß sich die Familie mittlerweile in die bürgerlichen Verhältnisse dieser Reichsstadt zurückgezogen habe.
 
Obgleich die Stadt Dinkelsbühel ebenso wie Feuchtwangen im J. 1307 in den schwäbischen Städtebund zur Bewahrung des Landfriedens eingetreten war, brach erstere Stadt doch bald den Frieden mit der Nachbarstadt Feuchtwangen, deren Aufblühen sie nicht ertragen konnte. Die Dinkelsbühler überfielen nämlich im J. 1309 die Stadt Feuchtwangen und brannten den größten Theil derselben nieder75). Damals gingen wahrscheinlich die alten Documente des Stiftes und der Stadt in Flammen auf, da die noch vorhandenen Urkunden in den Urschriften nicht über das genannte Jahr hinaufreichen. Die Stadt erholte sich aber bald wieder aus eigener Kraft und unter der Fürsorge, welche Kaiser Ludwig ihr zuwendete. Am 10. Mai 1323 bestätigte ihr nämlich der Kaiser alle von seinen Vorfahrern erhaltenen Rechte und bewilligte zugleich, daß sie zum Reiche mehr Steuer nicht zu geben habe, als fünfzig Pfund Heller im Mai und 50 Pfund Heller im Herbste. Die nämliche Bestimmung wiederholte der Kaiser am 27. März 1331 und fägte noch bei, es dürfe Niemand, welcher Feuchtwangen innehaben würde, von der Stadt aus Krieg führen oder durch erhöhte Lasten dieselbe drücken76).
 
Jedoch hat, wie es scheint, Kaiser Ludwig selbst noch die Reichsstadt Feuchtwangen an die Grafen von Öttingen verpfändet; denn sein Gegenkaiser und Nachfolger, Karl IV., bestätigt am 16. Okt. 1347, fast gleichzeitig mit dem Tode Ludwig’s, dem Grafen Albrecht von Öttingen die Pfandschaften, die er und sein Vater von dem Reiche bisher gehabt haben, nämlich die beiden Märkte (wie sie hier heißen) Aufkirchen und Feuchtwangen77). Wie lange Feuchtwangen unter Öttingischer Pfandschaft gestanden sei, ist nicht bekannt; aber noch während dieser Pfandschaft, am 4. Juli 1360, ertheilte Kaiser Karl der Stadt Feuchtwangen das Privilegium de non evocando, nämlich das Recht, daß die Bürger der Stadt und die zur Vogtei gehörenden Landleute, wie es in andernb Reichsstädten üblich sei, vor keinen andern Richter sollten geladen werden können, als vor ihren eigenen Amman78).
 
Bald aber trat eine neue Verpfändung ein, verhängnißvoll und entscheidend für das ganze künftige Schicksal der Stadt Feuchtwangen, indem Kaiser Karl IV. am 23. April 1376 die Reichsstadt Feuchtwangen mit der Vogtei daselbst als Pfand für 5000 fl. an den Burggrafen Friedrich V. von Nürnberg übergab (R. B. 9, 346). Diese Verpfändung wurde nicht wieder gelöst, und Feuchtwangen blieb darum für immer eine mittelbare Stadt des burggräflich Nürnbergischen und Brandenburg-Onoldsbachischen Landes.
 
Im J. 1388 überfielen die Dinkelsbühler ihre Nebenbuhlerin Feuchtwangen zum zweiten Male und übergaben die Stadt den Flammen, welchen, wie erzählt wird, außer den Kirchen nur noch drei Häuser entgingen79). Nur langsam und mit Mühe kam der Wiederaufbau der Stadt zu Stande; erst im März 1395 wurde der Grund zur neuen Stadtmauer gelegt80). Die Stadt erreichte aber nicht mehr ihren alten Umfang, welcher nach sichern Anzeichen auch ganze Gassen am rechten Sulzach-Ufer in sich gefaßt hatte, so daß die Sulzach mitten durch die Stadt floß; denn in Folge der Zerstörung wanderten viele Bewohner aus Feuchtwangen wegt und der Umfang der neuen Stadt blieb darum auf die Anhöhe links der Sulzach beschränkt81).
 
Kloster und Stift Feuchtwangen hatte in alter Zeit große Rechte über die Stadt Feuchtwangen besessen. Es war im Genusse aller städtischen Zölle und Abgaben, übte in der Stadt und im Umkreise die niedere Gerichtsbarkeit aus und ließ sich von jedem Bürger den Eid des Gehorsams und der Treue schwören82). Im Laufe der Zeit wußte die aufstrebende Stadt dem Stifte manches dieser alten Rechte abzuringen, oder wenigstens streitig zu machen, und das Stift that in der Beweisführung für seine Rechte um so schwerer, da es in den wiederholten Zerstörungen seiner Gebäude durch Feuer die Haupt-Beweismittel, seine alten Urkunden, verloren hatte. Im 15. Jahrhunderte traten die Streitigkeiten besonders heftig hervor, wurden durch Vermittlung der Markgrafen als Landesherren der Stadt und Schirmherren des Stiftes zwar ausgeglichen und auf eine Zeit zur Ruhe gebracht, die Gemüther aber blieben erbittert und sich entfremdet. Am 9. Jan. 1488 war Markgraf Friedrich selbst nach Feuchtwangen gekommen und hatte einen Hauptvergleich zu Stande gebracht, welcher dem Stifte immerhin noch große Vorrechte zuerkannte; denn der Vergleich bestimmt im Wesentlichen: Das Ammann-Amt zu Feuchtwangen sei des Stiftes, und ein Chorherr solle Ammann sein, der von des Stiftes wegen und ohne eine Betheiligung des landesherrlichen Vogtes jährlich zwei Mal in der Stadt das Ehehaft-Gericht, bei welchem alle Bürger eerscheinen mußten, zu halten und selbes mit Schöffen zu besetzen habe; bei diesem Gerichte seien von Allem des Stiftes Freiheiten, Rechte und Gewohnheiten zu verkünden; die Rechte des stiftischen Ammanns in städtischen Angelegenheiten, die sehr weitgehend waren, werden genau bestimmt; der Zoll zu Feuchtwangen sei des Stiftes; neu aufgenommene Bürger sollen auch auf die Ehehaft, Rechte und altes Herkommen des Stiftes beeidigt werden (Feuchtw. Copialb.).
 
Feuchtwangen blieb fortan unter markgräflich brandenburgischer Landeshoheit des Fürstenthums Onoldsbach (Ansbach), fiel mit diesem im J. 1792 an die Krone Preußen und wurde endlich am 24. Mai 1806 mit Ansbach an Bayern übergeben.

69 Ein Chunradus advocatus de Feuchtewanch zeugt am 29. Jan. 1290 für das deutsche Haus in Rothenburg, wird am 8. Nov. 1310 als Cunradus quondam advocatus in Fwhtwanch genannt (R. B. 4, 435; 5, 185), und erscheint noch am 17. Dec. 1326 als „her Cunrat der alte vogt von Fuhtwang“ in einer Urkunde des Stiftes Feuchtwangen (in München).
70 Datt de pace imper. publ. 29; Pertz M. G. 4, 488.
71 Orig. in Wallerstein. S. Königsdorfer Gesch. von Heilig-Kreuz 1, 403.
72 Amn 24. März 1287 ist zu Wirzburg Conradus de Vuchtinwange, preceptor domus Teutonicorum per Alemanniam, gegenwärtig, als der Hochmeister Burkhart von Schwenden und Graf Ludwig von Oettingen eine Ordens-Angelegenheit schlichten, R. B. 4, 335.
73 Ueber die beiden Hochmeister s. Jacobi S. 15 16 und die daselbst S. 188 angeführten Schriften; J. Voigt Gesch. Preußens, 3, 369; 4, 60 ff., 175 ff.
74 Vertheid. Territ.- und Jurisdikt.-Gerechtsame der Reichsst. Dinkelsb. gegen Oettingen-Spielberg, 1755, Beil. nr. 49.
75 Jacobi 18.
76 Die beiden Urkunden Kaiser Ludwig’s bei Jacobi 189.
77 Wir ..-.. haben dem edlen Albrecht grawen zu Oetingen ..-.. alle die pfant verlihen vnd bestetigt mit disem briefe, di er vnd sein vater ze pfande von dem reiche bizher gehabt habent vnd noch haben, daz ist Vfkirch vnd Fuchtwang die zween mergt, also daz sye dieselben pfant inne haben vnd nietzen sullen in allen den rechten, als si sie hergebracht haben vnd inne gehabt hant bizher von dem reich biz an vns, vnd was di briefe vnd die handfest sagent, di sy von dem reich vber diselben pfant innhabend. Urk. K. Karl’s IV., geben ze Tust an sand Gallen tag 1347, gedr. in der Gegen-Conclusions-Schrift von Oettingen-Spielberg gegen Oettingen-Wallerstein in puncto tractat. success. von 1710, nr. 41.
78 Die Urk. bei Jacobi 190.
79 Anno Domini millesimo tricentesimo octingesimo octavo destructum et combustum est oppidum Feuchtwang per incolas Dünkelspuhlenses post festum nativitatis Mariae virginis, ita quod tantum tres domus remanserunt in toto oppido. Aus dem Gedenkbuche des Stadtschreibers Jod. Schall vom J. 1529, bei Jacobi 192.
80 Anno 1395 murus circa oppidum Feuchtwang aedificari cepit mense Martio. Aus Dek. Collers Feuchtw. Annalen, 17. Jahrh., bei Jacobi 193.
81 Jacobi 24, 25.
82 Jacobi 7.

Erstellt am 6. März 2004 durch Hans Ebert
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