Anton Steichele - Das Bisthum Augsburg
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Stift Feuchtwangen zählte eilf Kanonikats-Präbenden (praebendae canonicales) und bot noch einen Pfründebezug (stipendium praebendale) für seinen Propst. Eine jener Präbenden genoß herkämmlich meistens der Kaplan des Bischofs von Augsburg. Den Propst wählte das Kapitel nach altem Herkommen aus den Kanonikern des Domstiftes zu Augsburg. Er trug zwar die erste Würde im Kapitel zu Feuchtwangen, mit dem Charakter einer kirchlichen Dignität, hatte aber keinen Platz und keine Cura in der Stiftskirche, keine Stimme im Kapitel, kein Wort in Fragen über Güter und andere zeitliche Sachen des Stiftes; ja, er durfte, wenn er in Feuchtwangen anwesend war, nicht einmal im Chorrocke gehen, weder in die Kirche, noch in’s Kapitel62). Er hatte blos die Patronat- und Lehenrechte der Propstei zu üben und die Gefälle seiner Präbende zu beziehen, die aber so gering waren, daß sie am 29. Juli 1425 vom Propste Beringer Hel und nach ihm von allen folgenden Pröpsten jährlich für 44 Gulden an das Kapitel überlassen wurden (Feuchtw. Copialb.).
 
Das eigentliche Haupt des Kapitels war der Dekan, dessen Stelle gleichfalls als kirchliche Dignität galt63). Er hatte die Obsorge für alle Stifts-Angelegenheiten, handhabte die Disciplin bei den Kanonikern und Vicariern und behauptete den Vorsitz im Kapitel und den ersten Platz im Chore auf der Evangelien-Seite. Ihm gegenüber stand im Chore am ersten Platze der Epistel-Seite der Custer (custos ecclesie), welcher die Aufsicht über die Stiftskirche zu führen und die Einkünfte derselben zu verwalten hatte. Neben ihm stand im Chore der Scholasticus, der oberste Schulmeister, welcher mit Leitung der Schule und mit Aufsicht und Gewalt über die studierenden Stiftsherrn, den Schul-Rektor und die Schüler betraut war64). Endlich bekleidete ein Chorherr die Stelle eines Stifts-Ammannes (minister ammonatus); er hatte über die Rechte, Privilegien und Freiheiten des Stiftes zu wachen, die Gerichtsbarkeit über die Unterthanen auszuüben und die Stiftsgüter zu bereisen und zu besichtigen, zu welchem Ende für ihn ein Pferd und ein bewaffneter Knecht gehalten wurde. Sowohl den Dekan, als die genannten drei Amtsherrn wählte das Kapitel.
 
Das Chor-Officium wurde von den anwesenden Kanonikern und von den Vicariern in der Stiftskirche täglich gesungen, Nach einem uralten Statute, erneuert um das J. 1315, trugen die Kanoniker Chor-Kappen (mitrae) von feinen Pelzen; den Vicariern waren nur Kappen von Schaf- oder Lammfellen gestattet65).
 
Die Zahl der Vicarien des Stiftes hatte sich bis Anfang des 16. Jahrhunderts gleichfalls auf eilf erhöht (s. unten S. 365 ff.).
 
Von Feuchtwanger Pröpsten können aus Urkunden die folgenden aufgeführt werden:
 
1. Hainrich prepositus de Fuihtwanch, Domherr zu Augsburg, im J. 1197 Zeuge Bischof Udalskalk’s von Augsburg für Kloster Steingaden (M. B. 6, 505).
 
2. Lupoldus prepositus in Fuhtewanc, Domherr zu Wirzburg, am 3. Nov. 1256 Zeuge Bischof Iring’s von Wirzburg für Kloster Ahausen an der Werniz (R. B. 3, 85).
 
3. Rudolf von Hürnheimm, prepositus de fuhtwanch et canonicus Augustensis, am 11. Sept. 1274 Zeuge für Nieder-Schönenfeld, am 14. Juli 1277 für Kaifersheim (Urk. in München). Er ist noch zwischen 1309 und 1318 Propst zu Feuchtwangen (Urk. Bisch. Friedrich’s von Augsb. für Feuchtw. s. a. ib.).
 
4. Kunrat, Graf von Öttingen, wird am 5. Juni 1318 in einer Urkunde Bisch. Friedrich’s von Augsburg für Feuchtwangen genannt (ib.) und resignirt am 3. April 1323 als prepositus ecclesiarum Onolspacensis et Fiuhtwangensis et rector parochialis ecclesie in Mötingen demselben Bischofe die Pfarrei Mötingen (R. B. 6, 89).
 
5. Walther vom Stein, gibt am 2. Dec. 1333 zur neu gestifteten Vicarie S. Petri supra ossa mortuorum propsteiliche Lehengüter um Feuchtwangen (Urk. in München).
 
6. Walther von Bopfingen, am 8. März 1332 und 1. Febr. 1344 als Chorherr zu Feuchtwangen genannt (Urkk. von Neresheim und Medingen), erscheint am 4. Okt. 1359 als Propst und gibt am 6. Nov. 1359 gleichfalls propsteiliche Lehengüter zur eben genannten Vicarie (Urkk. in München).
 
7. Kunrat Rpß, Domherr zu Augsburg, als Propst zu Feuchtwangen das erste Mal genannt am 25. Aug. 1363 (Urk. von Feuchtw. ib.), bekleidete die Propstei bis 1376.
 
8. Otto von Suntheim, Domherr zu Augsburg, schwört als Propst von Feuchtwangen auf am 11. Nov. 1376 und wird als solcher das letzte Mal genannt am 22. April 1385 (Urkk. ib.).
 
9. Beringer Hel (Wohnsitz der Hele Altheim bei Dilingen), Domherr zu Augsburg, trat die Propstei von Feuchtwangen im Juli 1425 an und bekleidete sie wahrscheinlich bis 1435.
 
10. M. Johannes Kautsch, Domherr und später General-Vicar zu Augsburg, schwört als Propst von Feuchtwangen auf am 26. April 1435 (Feuchtw. Copialb.).
 
11. Friedrich Pflanz, Domherr zu Augsburg, schwört auf am 9. März 1439 (Feuchtw. Copialb.).
 
Während der Amtszeit dieses Propstes, oder bald nach seinem Abgange, trat bezüglich des Besetzungsrechtes der Propstei zu Feuchtwangen eine bedeutende Veränderung ein. Während nämlich bisher das Kapitel selbst seinen Propst, und zwar aus den Reihen der Augsburger Domherren, gewählt hatte, verlieh Papst Eugen IV. mittels Bulle, gegeben zu Rom am 5. Febr. 1446, dem Markgrafen Albrecht von Brandenburg und seinen Erben „ob sincere devotionis affectum et inconcusse fidei constantiam, quibus erga nos et Romanam ecclesiam fulgere dinosceris“, das Patronat- oder Präsentations-Recht zu den Propsteien der Collegiat-Kirchen Onoldsbach und Feuchtwangen und zu zwei Kanonikaten in jeder dieser Kirchen (Urk. abschr. im bisch. Arch.).
 
Ob nun der auf Friedrich Pflanz folgende Probst,
 
12. Leonhard Gessel, Domherr zu Augsburg, schon vom Markgrafen ernannt, oder noch vom Kapitel gewählt worden sei, ist ungewiß; seine Aufschwörungs-Urkunde vom 22. April 1447 scheint auf Letzteres zu deuten; denn er bezeichnet sich in derselben als einen neugewählten Propst. Gessel, bischöflicher General-Vikar zu Augsburg, starb in der ersten Hälfte des Jahres 1465.
 
Auf Grund des von Eugen IV. erlangten Indultes präsentirten nun die Markgrafen von Brandenburg, Friedrich (Churfürst) und Albrecht, dem Bischofe von Augsburg den Domherrn von Bamberg und Eichstätt, Karl von Seckendorf, als Propst von Feuchtwangen. Dessenungeachtet wählte aber das Kapitel von Feuchtwangen, welches von seinem alten Wahlrechte nicht weichen wollte, selbst einen Propst, nämlich den Domherrn und Dom-Custos zu Augsburg, Gaudentius von Rechberg von Hohen-Rechberg, welcher am 22. Juni 1465 als Propst von Feuchtwangen aufschwur. Zu dieser Doppelwahl kam noch eine dritte, indem Papst Paulus II. die Propstei Feuchtwangen „que inibi dignitas principalis existit, per obitum Leonardi Gessel olim prepositi defuncti vacantem, antea dispositioni apostolice reservatam“, am 29. Juni 1465 einem Curialen, Johannes Horn, „familiari suo et continuo commensali“, verlieh.
 
Allein Markgraf Albrecht, unterstützt von Johannes Heltburg, Domdechant zu Eichstätt, dem Executor der für jenen verliehenen päpstlichen Vollmachten, setzte seine Präsentation für Karl von Seckendorf durch, nachdem der mittlerweile am 4. Okt. 1465 dem Bischofe und Domkapitel zu Augsburg versprochen hatte, er werde künftig, dem alten Herkommen gemäß, zu einem Propste nach Feuchtwangen keinen Andern präsentiren, als einen Domherrn von Augsburg.
 
Nun wurde (13.) Karl von Seckendorf als Propst von Feuchtwangen anerkannt und beschwor am 3. Juli 1466 die Statuten des Stiftes66). Er bekleidete jedoch die Stelle nicht lange; denn der schon genannte (14.) Johannes Horn gelangte wirklich noch zur Propstei und erscheint schon am 12. Aug. 1472 als Propst von Feuchtwangen, indem er von Rom aus einen Procurator für seine Propstei-Geschäfte aufstellt. Er nennt sich in seinen Briefen praepositus B. Mariae V. in Feuchtwangen, literarum apostolicarum abbreviator et summator, SS.mi dni. nostri Sixti pp. IV. familiaris domesticus, und stirbt im J. 1483 (Feuchtw. Copialb.). Nach Horn’s Tode präsentirte Markgraf Albrecht dem Papste als Propst von Feuchtwangen
 
13. Georg von Schauenberg, Domherr zu Augsburg, welcher am 20. Juli 1483 im Kapitel aufschwur. Er resignirte die Propstei im J. 1487, worauf
 
14. Georg von Kindsberg, Domherr von Regensburg, welcher im Rom lebte, vom Markgrafen präsentirt zu derselben gelangte und am 24. Sept. 1487 sich als Propst verpflichtete. Kindsberg, welcher sich domini papae [Alexandri VI.] cubicularius ac familiaris et continuus commensalis nennt, resignirte im J. 1494 die Propstei, zu welcher nun der Markgraf den Kanonicus von Herrieden,
 
15. Johannes Knorz, dem Papste präsentirte, der am 8. Nov. 1494 dem Kapitel sich verpflichtete. Er war der letzte katholische Propst und schient im J. 1540 gestorben zu sein.
 
Von den Dekanen des Stiftes Feuchtwangen sind uns bekannt:

1. Heinrich von Aurach (bei Herrieden), genannt in einer Urkunde des Klosters Sulz vom 25. Aug. 1275 als Heinricus decanus de Fuhtewanch, frater Berhtoldi de Vrau (Urk. in München)
 
2. Sifridus decanus Fivhtwangensis, welcher am 28. Jan. 1290 als subdeligirter Conservator des Cistercienster-Ordens für Kloster Ober-Schönenfeld thätig ist (R. B. 4, 433), mit seinem Kapitel am 25. Mai 1290 eine Urkunde für St. Katharina in Augsburg ausstellt67), am 10. April 1291 als deligirter Richter in der Streitsache einer Chor-Vicarie zu Wirzburg auftritt (R. B. 4, 489) und am 19. Mai 1293 die stiftischen Weinberge zu Ahausen verkauft (s. ob. S. 354).
 
3. Henricus decanus de Fuvhtwangh, am 11. März 1313 Zeuge für Kloster Heilsbronn (ib. 5, 247).
 
4. Kunrat von Merkingen, wird als Dekan von Feuchtwangen genannt in Feuchtwanger Urkunden vom 5. Juni 1318 und 28. Sept. 1322, und noch am 15. März 1342 errichtet Conradus decanus Fuhtwancensis mit seinem Kapitel gewisse Statuten (Urkk. in München).
 
5. Rabeno von Wildenholz, als Dekan das erste Mal genannt am 6. Nov. 1359, das letzte Mal am 16. Okt. 1376 (Urkk. von Feuchtw. ib.).
 
6. Erkinger von Aurach, als Dekan genannt vom 26. Febr. 1378 bis 23. Febr. 1398 (ib.). Er starb gegen Ende des letztgenannten Jahres und hatte als Nachfolger
 
7. Hermann Kraft von Erenreich, zuvor Pfarrer in Feuchtwangen, als Dekan das erste Mal genannt am 20. Dec. 1398, das letzte Mal am 29. Juni 1402 (Urkk. ib.).
 
8. Otto von Offingen, als Dekan genannt vom 21. April 1404 bis 8. Juli 1410 (Feuchtw. Copialb.). Ihm folgte
 
9. Ulrich Kochner, welcher vom 7. Mai 1413 bis 7. März 1414 als Dekan erscheint (ib.).
 
10. Heinrich Klapfheimer, als Dekan das erste Mal genannt am 10. Febr. 1419, starb im J. 1439. Ihm folgte
 
11. Johannes Hirn, welcher als Dekan am 10. April 1439 aufschwört und als solcher am 19. Mai 1477 das letzte Mal auftritt (ib.) Ihm folgte
 
12. Heinrich von Wirsberg, als Dekan das erste Mal genannt am 20. Nov. 1479, starb wahrscheinlich im J. 1483.
 
Um diese Zeit scheinen, wie in der Propstei, so auch im Dekanate von Feuchtwangen Irrungen und Störungen eingetreten zu sein. Wir finden nach dem Tode Heinrich’s von Wirsberg zuerst den Custos Hermann Flach als Vice-Dekan, bald aber erscheint der Pfarrer zu Hohenwart im Augsburger Sprengel, Barth. Golsch, als vom Papste ernannter Dekan von Feuchtwangen, resignirt jedoch sein Dekanat, ohne dasselbe, wie es scheint, wirklich angetreten zu haben, am 30. April 1487 zu Gunsten des Chorherrn zu Feuchtwangen,
 
13. Fabian von Wirsberg, welcher in das Amt wirklich eintrat und am 27. Juli 1490 das letzte Mal als Dekan auftritt. Die Zustände werden nun unklar; denn wir finden in den Jahren 1492 bis 1494 einen Vice-Dekan Lorenz Ruperti, obwohl Fabian von Wirsberg noch lebt, welcher aber wegen gewisser Dekanats-Einkünfte mit dem Kapitel in Streit liegt. Jedoch erhielt das Stift wieder einen ordentlichen Dekan in der Person des schon genannten
 
14. Hermann Flach, welcher am 10. Juli 1494 das erste Mal als Dekan genannt wird, im J. 1505 aber resignirte (ib). Das Kapitel wählte nun aus seiner Mitte den Kanonicus.
 
15. Kunrat von Elrichshausen als Dekan, welchen der Kapitel-Vicar von Augsburg am 11. März 1505 confirmirte. Er erscheint als Dekan das letzte Mal am 1. Okt. 1512. Vom 22. Nov. 1515 bis 20. Juli 1523 finden wir nun bloß einen Vice-Dekan, Johannes Klingler. Erst am 3. Aug. 1524 tritt wider ein Dekan auf,
 
16. Jakob Jäger, Chorherr zu Feuchtwangen, aus Leutershausen gebürtig, welcher am 26. Juni 1532 das letzte Mal erschient.
 
Wir unterbrechen hier die Reihe der Pröpste und Dekane Feuchtwangen’s um sie bei der Protestantisirungs-Geschichte der Riligionsgewegung in der Stadt und in der Pfarrei Feuchtwangen darstellen werden, wider aufzunehmen und zum Schlusse zu führen.
 
Werfen wir nun an dieser Stelle einen Blick auf die innern Zustände im Stifte Feuchtwangen zurück, wie sie aus den eigenen Urkunden dieser Corporation seit zwei Jahrhunderten hervorgehen, so gewahren wir des Erhebenden und Erfreulichen wenig, aber viel Ungeistliches, Unwürdiges und Gemeines. Das Stift war, wie das zu Onoldsbach und Herrieden, fast lediglich eine Versorgungsanstalt für die nachgeborenen Söhne aus dem ärmern Theile des fränkischen Adels geworden; vielleicht waren derartige Rücksichten schon im Spiele bei der Umwandlung des alten Klosters in ein Säcular-Stift. Damit ist schon ein Erklärungsgrund für das ungeistliche Wesen gegeben, welches unter den Stiftsherren herrschte und um so ungestörter wuchern konnte, weil der Bischofssitz sehr fern lag und die Disciplinar-Gewalt über die Stiftsmitglieder in die Hände des Kapitels selbst gegeben war. Der schlechten Hauswirthschaft, der eigennützigen Verwaltung, des ungeheuren Schuldenwesens im Stifte um die Mitte des 14. Jahrhunderts besteht ein trauriges Denkmal in der schon angeführten Urkunde Bischof Burkhart’s zu Augsburg vom 10. Dec. 1374. Es scheint im Zeitlichen besser geworden zu sein, seit die Burggrafen von Nürnberg Pflege und Schirmvogtei über das Stift übten; aber der innere Friede wurde im Stifte nie heimisch; Feindschaften, Streitigkeiten, Gerichtshändel, ja, offene Fehden und Gewaltthätigkeiten unter den Stiftsherren und ihren Familien, gewöhnlich wegen zeitlichen Gutes entsprungen, traten in erschreckender Weise zu Tage und pflanzten sich von einem Menschenalter zum andern fort; daher schon in alter Zeit der Spruch ging, Feuchtwangen sei unter seinen Nachbar-Stiften das unruhigste68). In den Stritigkeiten des Stiftes mit der Stadt Feuchtwangen, deren wir unten gedenken werden, war wohl Recht und Unrecht auf beiden Seiten getheilt. Es ließen aber diese Streitigkeiten eine gegenseitige Bestimmung und bei den Städtern eine stille Erbitterung zurück, die erst beim Hereinbrechen der Glaubensbewegung zum vollen Ausbruche kam und nun auch gegen die Stiftsherren über unsittlichen Wandel und ärgerliche Ausschweifungen schwerde Anschuldigungen schleuderte.
 
Neben den Chorherrn-Pfründen bestanden im Stifte Feuchtwangen von Alters her auch Vicarien oder Kaplaneien für untergeordnete Priester, die den Chordienst mitzupflegen hatten. Solche Vicarien mögen im Laufe der Zeit vierzehn bis fünfzehn gestiftet oder aus Mitteln des Stiftes errichtet worden sein; einzelne gering dotirte Pfründlein wurden wahrscheinlich später eingezogen oder mit andern vereinigt; daher zu Anfang des 16. Jahrhunderts nur noch eilf Vicarie-Pfründen vorhanden sind, wie sie eine Urkunde vom 2. Jan. 1500 aufzählt, nämlich:
 
1. Vicarie der Frühmesse im Chore der Stiftskirche.
Stifter und Stifttungszeit dieser Vicarie sind unbekannt; sie besitzt aber in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts Güter in Eigenzell. In einer Urkunde vom 14. Dec. 1450 heißt sie „viccarie vnd frühmeß des Fron-altars im Stift Feuchtwangen“, am 1. Febr. 1459 „vicaria primissariae B. Mariae V. in summo altari“ (Urk. im Feuchtw. Copialb.).
 
2. Vicarie aller heiligen Zwölfboten.
Stifter und Stiftungszeit sind unbekannt. Am 22. Juni 1422 wird „zu der heiligen zwelfboten gewidempten altar vnd messe in dem gestifte zu Feuchtwang“ ein Wiesmad zu Gütingen gegeben (ib.).
 
3. Vicarie der heil. Katharina.
Stifter und Stiftungszeit sind unbekannt.
 
4. Vicarie Unser Frau, des heil. Antonius und Blasius.
Nach einer Urkunde vom 23. Febr. 1398 (in München) gehört eine halbe Hofreite zu Feuchtwangen „zu vnser fraven, sant Anthony vnd sant Blasy vicarey vnd newen altar im münster an dem pfeyler zu der rehten hant gelegen“. Die Vicarie scheint also kurz vor dem angegebenen Jahre entstanden zu sein.
 
5. Vicarie der heil. Drei Könige.
Stifter und Stiftungsheit sind unbekannt.
 
6. Vicarie des heil. Nikolaus (und Leonhard).
In einer Urkunde vom 26. Sept. 1371 (in München) wird der Vicarie St. Leonhard’s erwähnt, welche ein Gut in Zumhaus (Pf. Breitenau) besaß. Auch ein Gut zu Dorf-Gütingen gehörte im 14. Jahrhunderte zu dieser Vicarie. Des Altares sancorum Nicolai et Leonhardi erwähnt eine Urkunde vom 4. Aug. 1451 (Feuchtw. Copialb.).
 
7. Vicarie des heil. Martinus.
Stifter und Stiftungszeit sind unbekannt.
 
8. Vicarie des heil. Kaiser Karl.
Diese Vicarie stiftete am 16. Nov. 1334 Rabeno, Truchseß von Wilburgstetten, Custos zu Feuchtwangen, und begabte sie mit Gefällen aus Feuchtwangen, Eigenzell, Herren-Schalbach, Zehendorf, Bernau, Ober-Ahorn, Freimannsberg und Breitenthann, welche er kurz zuvor mit eigenen Mitteln vom Ritter Heinrich von Dürwangen gekauft hatte (Urk. in München).
 
9. Vicarie der heil. Elisabeth.
Stifter und Stiftungszeit sind unbekannt. Am 4. Juli 1429 ist Kunrat Kon, „vicarier sant Elsbethen altares in dem gestift zu Feuchtwang“ (Feuchtw. Copialb.).
 
10. Vicarie des heil. Kreuzes.
Stifter und Stiftungszeit sind unbekannt. Der vicaria altaris S. Crucis gedenkt eine Urkunde vom 3. Juni 1457 (ib.).
 
11. Vicarie der heil. Apostel Petrus und Paulus auf dem Gottesacker.
 
Diese Vicarie war in die St. Peters-Kapelle auf dem Kirchhofe, welche nahe an der St. Johannes-Pfarrkirche lag, gestiftet; daher sie den Namen vicaria sive primissaria capellae sancti Petri apostoli in cimiterio parochialis ecclesiae, oder in capella S. Petri ap. supra ossa mortuorum, oder vicarie im Kernter, d. i. in der Gruft, führt. Der eben angeführte Custos Rabeno, Truchseß von Wilburgstetten, gründete auch diese Pfründe, indem er um das J. 1333 den halben Zehenten zu Banzenweiler, welchen er mit dem Pfarrer Heinrich von Feuchtwangen zur Kirche Feuchtwangen gekauft hatte, und den von Beiden gleichfalls erkauften halben Zehenten zu Kaltbrunn sammt gewissen Gütern zu Heilbrunn zu derselben übergab. Walther vom Stein, Propst zu Feuchtwangen, von dessen Propstei jene Zehenten und Güter zu Lehen rührten, sicherte durch Urkunde vom 2. Dec. 1333 für die Vicarie auf immer die Belehnung mit denselben zu (Urk. in München). Truchseß Rabeno machte, als er schon Dompropst zu Eichstätt war, eine Zustimmung zu dieser Vicarie mit einem angekauften Zehent-Theile zu Kienhart, mit gleichfalls gekauften Gütern zu Schalbach und einer Wiese gegen Rod bei Espach, Alles Lehen von der Propstei zu Feuchtwangen und vom Propste Walther von Bopfingen am 6. Nov. 1359 der genannten Vicarie geeignet (Urk. ib.).
 
Abgegangene Vicarien. Einer Vicarie St. Ulrich’s und einer Vicarie St. Michael’s erwähnt eine Urkunde vom 29. Juni 1402, indem sie von zwei Tagw. Wiesen spricht, gelegen zwischen Volkersweiler und dem schönen Weiher, „die vormals gehört haben in die zwo vicarey sant Vlrichs vnd sant Michels des Stiftes zu Fewhtwang“ (Feuchtw. Copialb.).
 
Am 6. Dec. 1464 ist die Rede von einer „neuen pfründ vnd vicarei sant Sebastian vnd sant Sigmund“ (ib.).
 
Näheres ist weder über Stiftung, noch über das endliche Schicksal dieser Vicarien bekannt.


62 Als Otto von Suntheim, Domherr zu Augsburg, im J. 1376 zugleich Propst zu Feuchtwangen, wrude, mußte er dem Kapitel unter Anderm schwören: „Auch sûllen wir dhein gemeinschaft noch stimme mit in in irem capitel hben, weder zu walung, weder zu handeln oder ze schicken mit dez capitels sach, weder bey iren keüffen, oder bey irem verkauffen, weder bei irrer teylung irrer ampt obley oder korlehen mit in nihts zu schaffen haben noch ze tun, noch sullen darnach nymmer mer gestellen von vnser selbs wegen, noch mit nymand anders, heimlich noch offenlich, - vnd süllen mit dheinem korrökel zu Feuhtwang zû kor gen – wir sullen auch mit setzen vnd entsezzen dez gotshaus lewt vnd gut noch mit dez gotshaus ampten noch mit den korherren, die die ampt inne haben, si gehören zu vnser gült oder niht, nihts ze schaffen oder ze tun haben. Urk. in München.
Die zu Anfang des 15. Jahrhunderts auf Grund alter Satzungen zusammengestellten Statuten des Stiftes Feuchtwangen (Copialb. in Nürnb. Bd. 2) sagen über die Propstei: Capitulum habet sibi eligere ex canonicis prebendatis et pacificis ecclesie Augustensis prepositum, et huiusmodi prepositura est dignitas electitia non curata in ecclesia Feuchtwangensi, etiam prepositus non habet vocem capitularem nec quicquam disponere habet cum rebus, fructibus et bonis ecclesie Feuchtwangensis; cum Feuchtwange fuerit, collegium superpelliciatus non intrabit, secundum antiquam ecclesie consuetudinem.
63 Decanus est praelatus et dignitate fulcitus. Urk. vom 22. April 1502 im Copialb.
64 Scholasticus habet regimen et jurisdictionem super canonicos dominicellos, rectorem scolarium et scolares. Den rector scolarium hatte er dem Kapitel zu präsentiren Statuten 1. c.
65 Item soli canonici ecclesie habentes vocem in capitulo vti debent mitris confectis de pellibus variis [Hermelin] aut spariolorum [Eichhorn aspariolus] vel martarerum [Marder] aut similibus: sed vicarii tantum vti debent mitris ouinis seu agninis, vt inter canonicos et vicarios differentia discernatur. Statuten von c. 1315, Orig. in München.
66 Obiges nach Urkunden im Feuchtw. Copial-Buche zu Nürnberg.
67 Mittheil. der deutschen Gesellsch. zu Leipzig 1, 175 (1856).
68 Falkenstein antiquit. Nordgav. 2, 286.
Einen erbitterten Streit im Stifte unter Verübung wirklicher Gewaltthätigkeiten erzählen die Urkunden aus den Jahren 1423 bis 1425. Die Brüder Jörg und Bartholomäus Beuerlbach, Ersterer Chorherr, Letzterer Vicarier zu Feuchtwangen, erhoben ihrer Pfründen wegen verschiedene Ansprüche und Forderungen  an das Stift. Der Streit nahm allmählig einen größern Umfang, wurde bei markgräflichen und kaiserliuchen Gerichten herumgezogen und von Seite der Beuerlbacher mit Hitze und Leidenschaft geführt. Am 20. Aug. 1423 verhängte ein Schiedsgericht über die beiden Brüder eine Carcer-Strafe, weil sie in ihren Artikeln den Dechant und das Kapitel meineidig geheißen hatten; der Bischof excommunicirte sie sogar. Es bildete sich nun eine große Gegnerschaft. Auf Seite der Beuerlbacher standen ihr Vater und ihre drei Brüder, mit Helfern und Helfershelfern; auch das Stift hatte seine Helfer und Helfershelfer. Auf beiden Seiten kam es zu Gefangennehmungen und das Stift wurde an seinen Gütern arg beschädigt. Endlich erkannte ein Schiedsgericht am 24. Jan. 1425, daß die beiden Beuerlbach durch Wechsel aus dem Stifte auszuscheiden hätten (Urk. im Feuchtw. Copialb.).

Erstellt am 6. März 2004 durch Hans Ebert
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