Anton Steichele - Das Bisthum Augsburg
Inhaltsverzeichnis
 <<  blättern  >>

X. Klöster
 
1. Kloster der Karmeliten.
 

In Dinkelsbühel bestand, nahe der Werniz-Thore, von Alters her ein Kloster der beschuhten Karmeliten unter dem Namen „unser lieben Frauen Brüder des Ordens vom Berge Karmel“, über dessen Gründung und älteste Verhältnisse geschichtliche Nachrichten fehlen. Die Sage knüpft den Ursprung des Karmeliten-Klosters an die Person des Dinkelbauern, welcher, noch ehe die Stadt Dinkelsbühel stand, auf dem Platze des spätern Klosters einen Hof besessen, welchen er sammt der dabei befindlichen Kapelle an Wirzburgische Mönche geschenkt habe. Diese hätten den Hof in ein Kloster des Karmeliten-Ordens umgewandelt, um welches allmälig die nach dem Dinkelhofe benannte Stadt Dinkelsbühel entstanden sei (s. ob. S. 250, Anm. 2). Das Fabelhafte, das andieser Erzählung hängt, braucht nicht weiter hervorgehoben zu werden; es genüge, darauf hinzuweisen, daß Dinkelsbühel als Stadt schon längst bestanden hatte, ehe der Karmeliten-Orden in Deutschland Eingang fand.
 
Die Dinkelsbühler Chroniken setzen die Gründung des Karmeliten-Klosters in die Jahre 1290 – 1295, zwischen den einzelnen Jahren schwankend, und es spricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß seine Entstehung wirklich in den Ausgang des 13. Jahrh. falle. Wer es gestiftet oder begründet habe, und mit welcher Dotation es ursprünglich ausgestattet worden sei, wissen wir nicht; erst seit Mitte des 14. Jahrhunderts kenne wir mehrere Stiftungen von Jahrtagen und Memorien in die Klosterkirche durch vermögliche Leute zu Dinkelsbühel und in der Umgegend. Um das Jahr 1400, als Bruder Paulus Zingel (oder Zindel) dem Kloster als Prior vorstand, scheint an demselben ein größerer Bau geführt worden zu sein; denn es liegt eine Urkunde vom 1. Sept. 1400 vor (Orig. in München), laut welcher der Ritter Kuno von Küllingen „an den buwe des Klosters“ hundert rheinische Gulden gibt, mit der Bestimmung, daß ihm dafür zu jedem Quatember ein Jahrtag gehalten werde. Durch eine Bücherschenkung von 60 Bänden an das Kloster gründete M. Mathias Ulmau von Elwangen um 1496 für sich gleichfalls eine Jahrtagsstiftung (bisch. Arch.).
 
Als im J. 1532 die Stadt Dinkelsbühel dem protestantischen Bekenntnisse beitrat, wurde auch unser Kloster von der neuen Bewegung schwer berührt. Der Prior Hans Haßold fiel im J. 1534 von der Kirche ab und wurde lutherischer Pfarrer zu Villersbrunn (s. ob. S. 260); der lutherische Rath zog das Kloster mit seinen Einkünfte an sich und wies die widerstrebenden Mönche aus Dinkelsbühel weg. Aber Karl’s V. Sieg über den Schmalkaldischen Bund änderte Alles wieder; der Rath mußte das Kloster räumen und geschehen lassen, daß im J. 1549 die Karmeliten dasselbe wieder bezogen66). Die Lage des Klosters blieb jedoch unter den trüben Verhältnissen der folgenden Zeiten lange eine sehr gedrückte; ja, im J. 1566, als sich nur noch Ein Conventuale im Kloster befand, bestand ernstliche Gefahr, daß die Karmeliten-Kirche den Protestanten ausgeantwortet würde; doch zerschlug sich das Projekt (s. ob. S. 262). Im J. 1592 befand sich in demselben gleichfalls nur ein einziger Ordenspriester, und auch aus dem J. 1632 ist nur von Einem Karmeliten-Mönche die Rede (s. ob. S. 264). Doch mehrte sich die Zahl der Priester im Kloster allmälig wieder, und dieselben entwickelten in der nächsten Zeit nach dem dreißigjährigen Kriege beim Abgange von Weltpriestern eine dankenserethe seelsorgliche Thätigkeit in den nahen katholischen Pfarreien Halsbach, Wilburgstetten und anderwärts. Im J. 1676 zählte der Convent bereits acht Priester.
 
Das Einkommen des Klosters aus fundirten Gütern war zu allen Zeiten gering. Nach einer Berechnung, vorgenommen im J. 1759, betrug dasselbe jährlich an Getreidegefällen 16 Metzen Roggen (= ½ Dinkelsbühler Malter im Werthe von 4 fl.), 24 Mtz. Haber (= ¾ Malt. zu 6 fl.), an Grundzinsen 11 fl., an Ertrag des Bräuhauses 14 fl., an Kapital-Zinsen 96 fl.; dazu kamen zwei Gärten und die nöthige Beholzung.Was zum Unterhalte des Conventes noch weiter nothwendig war, mußte collektirt werden. Das Kloster zu Dinkelsbühel galt als das ärmste Karmeliten-Kloster in der oberdeutschen Ordens-Provinz; daher wurde auf dem Provincial-Kapitel zu Wirzburg am 3. Mai 1760 beschlossen, daß die Zahl der Religiosen daselbst von fünf und zwanzig auf ein und zwanzig zu mindern sei67).
 
Der Reichs-Deputations-Receß vom 25. Febr. 1803 wies das Karmeliten-Kloster unter die Entschädigungstheile des deutschen Ordens, welcher sofort den Klostermitgliedern, ohne deren Zusammenleben aufzulösen, Pensionen auswarf. Die Zeitverhältnisse brachen aber in den Klosterverband und das reguläre Leben große Lockerung, und vom J. 1810 an, nachdem das Kloster längst an Bayern gefallen war, ging auch das Zusammenwohnen der Karmeliten im Kloster allmälig seiner Auflösung entgegen.
 
Die Klosterkirche, der heil. Katharina geweiht, wurde sammt dem Kloster im ersten Viertheile des vorigen Jahrhunderts neu gebaut, nachdem schon seit 1697 vom Convente weitum wohlthätige Gaben zu diesen Bauten eingesammelt worden waren. Dieselbe wird als eine schöne, helle und heitere Kirche geschildert. Die Deckengemälde stellten die Geschichte des Propheten Elias dar. Den Hoch-Altar hierte ein großes Gemälde mit dem Bilde der heil. Katharina, wie sie mit den heidnischen Philosophen streitet. An der Wand seitwärts vom Hoch-Altare befand sich das breite Fenster eines Oratioriums, welchem gegenüber sich ein anderes sehr schönes Gemälde, die heil. Familie vorstellend, zeigte68). Vor der Säcularisation hatte seit Langem die schöne Sitte bestanden, daß alljährlich am dritten Tage in der Bittwoche alle katholisch gebliebenen Gemeinden des Kapitels Dinkelsbühel mit ihren Pfarrern zur Pfarrkirche nach Dinkelsbühel wallten, um von hier, vereint mit dem Klerus und der Gemeinde von Dinkelsbühel, feierlich zu Predigt und Amt nach der Karmeliten-Kirche zu ziehen.
 
Das Karmeliten-Kloster sammt Kirche wurde im J. 1812 durch die protestantische Pfarrgemeinde Dinkelsbühel vom Staate für 10.000 fl. angekauft, wobei die Absicht bestand, die Klosterkirche in eine protestantische Stadtpfarrkirche umzuwandeln. Die Sache verzögerte sich aber und kam erst nach vielen Jahren in der Art zur Ausführung, daß man im J. 1839 die Kirche abbrach und an ihrer Stelle, 1840 – 43, die neue protestantische Pfarrkirche aufbaute; das Kloster aber dient jetzt zu Localen für die protestantischen Schulen.
 
2. Kapuziner-Kloster.
 
Im J. 1622 wurden Priester des Kapuziner-Ordens in die Stadt aufgenommen, welche noch in demselben Jahre auf dem Hügel nördlich vom Segringer Thore Kirche und Kloster zu bauen begannen. Die Ansiedelung dieses Ordens wurde hauptsächlich durch die Mittel möglich, welche eine reiche Frau aus Dinkelsbühel, Eva Maria Fleisch, spendete69). Zehn Jahre nach ihrem Einzuge aber, nämlich beim siegreichen Vorgehen der Schweden im Frühjahre 1632, mußten die Kapuziner Kloster und Stadt verlassen; doch die Schlacht von Nördlingen, 1634, führte sie wieder zurück.
 
Den Kapuzinern zu Dinkelsbühel war eine für die katholische Kirche sehr wichtige und segensreiche Thätigkeit zu Theil geworden. Denn nicht nur hatten sie von ihrem Eintreten an bis zu ihrer Auflösung die Pfarrkanzel der Stadt als Prediger zu versehen, sondern sie waren auch die Seelsorger der zahlreichen verlassenen Katholiken, welche außer allem katholischen Pfarrverbande in einem weiten Kreise um Dinkelsbühel lebten, namentlich der Katholiken in den protestantischen Pfarreien Simbrunn, Segringen, Wildenstein, Larrieden, Weidelbach, Schopfloch, Dentlein und einem Theile von Möchs-Roth. Wir haben über diese Pastorations-Verhältnisse, für welche den Kapuzinern die Jurisdiktion vom Bischofe ausdrücklich verliehen war, oben S. 246 – 247 schon das Nähere dargelegt.
 
Der Convent stand unter einem Guardian und zählte um die Mitte des vorigen Jahrhunderts zwölf Priester, drei Kleriker und vier Laien-Brüder. Dasselbe Zahlenverhältniß blieb im Ganzen bis zur Aufhebung des Klosters. Ihren Lebensunterhalt bezogen die Kapuziner durch Collekten, und zwar hauptsächlich aus dem Eichstättischen  Altmühl-Grunde um Herrieden und aus dem Ries.
 
In der Folge des Reichs-Deputations-Hauptschlusses vom J. 1803 fiel auch das Kapuziner-Kloster an den deutschen Orden, stand aber unter Landeshoheit des bayerischen Staates, in dessen Besitz später Kloster und Kirche selbst kamen. Die Kapuziner blieben unter ihrem Guardian Columbus Zeller bis zu ihrem Absterben im Kloster beisammen.
 
Im J. 1834 kaufte die katholische Gemeinde zu Dinkelsbühel vom Staate Kloster und Kirche der Kapuziner. Ersteres steht jetzt leer; die Kirche aber wurde für den katholischen Cultus erhalten, indem die Gottesdienste der ehemaligen heil. Dreikönig-Kapelle in sie verlegt wurden (s. ob. S. 294). Hienach liest in ihr der Beneficiat von St. Johannes Ev. jede Woche ein Mal die hl. Messe und hält an einigen Festen ein Amt. Die Kirche ist in der gewöhnlichen Weise der Kapuziner-Kirchen gebaut und eingerichtet und trägt den Titel vom heil. Ordensstifter Franciscus.
 
3. Klause an der heil. Drei-König-Kapelle.
 
Im 15. Jahrhunderte stand bei der Kapelle der heil Drei Könige am Segringer Thore eine Klause, gewohnt von Frauen, die eine Art klösterliches Leben, wahrscheinlich ohne eine bestimmte Regel, führten und unter dem Namen Klausnerinen in ein paar Urkunden vorkommen. Am 29. Nov. 1439 stiftet nämlich Engelhart Rot, Burger zu Dinkelsbühel, „für die Closnerin zu den hailigen dry Küngen“ ein Pfund Heller aus einem Gute zu Lustenau, und am 20. Aug. 1498 bekennt Hans Höning von Ehingen, daß er „den geistlichen Schwestern der Klause zu den heiligen drei Künigen bei dem Segringer Thor und ihren Pflegern“ habe zu kaufen geben einen rhein. Gulden Vorzins aus verschiedenen seinen Gütern70).
 
Auch im Seelhause, wie ehemals das Armenhaus vor dem Rotenburger Thore hieß, befanden sich im 15. Jahrhunderte geistliche Schwestern; denn am 8. Jan. 1474 verkauft Klaus Hugnest der Paternoster, Burger zu Dinkelsbühel, „den gaistlichen Schwestern hie zue Dinkelspuhel in dem Selhaus“ einen rhein. Gulden Vorzins aus seinem Hause zu Dinkelsbühel in Segringer Vorstadt71).
66) Nachrichte hierüber, aus dem Kloster stammend, im bischöfl. Archive. Die oben S. 260 enthaltene aus Pürkhauer’s Gesch. der evang. Kirche zu Dinkelsb. geschöfte Angabe, das Karmeliten-Kloster sei unter dem Schutze des Bischofs von Augsburg gegen die Eingriffe des protestantischen Rathes bewahrt geblieben, ist hienach zu berichtigen; es war von 1534 bis 1549 mit all seinem Besitzthume in den Händen der Protestanten.

67) Obiges nach einem Berichte des Priors Theodulus a. S. Albino an den Gen-Vicar zu Augsburg aus dem J. 1760 (im bisch. Arch.).
68) Christ. v. Schmid, Erinnerungen aus meinem Leben, 3. 10, wo S. 11 – 14 auch einige interessante Persönlichkeiten des Klosters aus der Jugendzeit Schmid’s geschildert werden.
69) Modern, eccl. Aug. P. IV. p. 41.
70) Urkunden im Stadt-Arch. zu Dinkelsbühel.
71) Urk. ib.

Erstellt am 7. Februar 2004 durch Hans Ebert
<<  blättern  >>