Anton Steichele - Das Bisthum Augsburg |
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B. Geschichtliches.
a. Politisch-Geschichtliches.
Die Teufelsmauer tritt, von Ehingen, nördlich am Hesselberge, herkommend, beim Dörflein Düren in unsern Bezirk. Andr. Buchner (Reisen auf der Teufelsmauer, 3 Hefte, Regensb. und München, 1821. 1831) beschreibt den Zug derselben von Ehingen bis zur Grenze Wirtemberg’s also: Die Mauer bildet in den Ehinger Feldern einen 10, oft 15 Fuß breiten, mit zwei schönen Hecken eingefaßten Rain, anfangs Galla, dann Anwasen genannt. Über dem Dorfe, westlich hinaus, durchschneidet sie den Pfahlweiher, läuft durch Felder bergauf nach einen einzeln stehenden Baum, in der Mitte durch zwischen dem nördlich liegenden Dorfe Beierberg und dem Weiler Gruben (Grüb), welcher 400 Schritte südlich liegen bleibt, das Wäldchen Hüll und das Dörflein Düren vorbei in die Waldung Füchslein. Nach 600 Schritten verläßt sie dieselbe und nimmt die Richtung gerade über Felder hin nach der Gelts-Mühle bei Unter-Michelbach, deren Gebäude zum Theile auf ihrem Grunde erbaut sind. Bei dieser Mühle passirt sie die Sulzach (bei der Neumühle den Michel-Bach), und gelangt dann (fast in südlicher Richtung hart an Wernizhofen vorbei), zum Werniz-Flusse oberhalb Weiltingen, welchen sie da überschreitet, wo eine Vicinal-Strasse zunächst an ihn hinläuft.
Neben dieser Strasse zieht sie sich geraume Zeit fort, das Dorf Welchenholz im Norden, an einem Feldrain, an der südlichen Seite eines Waldes, auf Feldern gegen den Weiler Wolfsbühel, welcher 400 – 500 Schritte nördlich liegen bleibt. Da, wo sie in einen Wald tritt, werden ihre Spuren wieder sehr sichtbar, besonders an der südöstlichen Spitze desselben. Die Oel-Mühle im Westen, erreicht sie jetzt zuerst den Säg-, dann den Eich-Weiher, und nachdem sie beide passirt, läuft sie in Feldern aus und erreicht bald einen Wald, wo sie unter einem schiefen Winkel die von Dinkelsbühel nach Nördlingen führende Strasse durchschneidet, ungefähr eine Viertelstunde von dem nördlich gelegenen Dorfe Wilburgstetten. Da hier auf ihrem Rücken Marksteine stehen, so ist zu vermuthen, daß sie die Grenzscheide zwischen mehrern Holzgründen bilde. Am Ende des Waldes kommen zwei Weiher zum Vorschein, wovon einer der untere, der andere der obere Höll-Weiher genannt wird; zwischen beiden in der Mitte zieht, freilich unsichtbar, die Linie durch, wird aber in einem bald anfangenden Gehölze, Brand genannt, wieder sichtbar. Hier durchkreuzt sie fast unter einem rechten Winkel eine von Mönchs-Roth nach Oettingen ziehende Strasse, läuft noch geraume Zeit im Walde fort, einen Fahrweg, welcher nach Tannhausen führt, durchschneidend.
Gegen das Ende des Waldes erreicht der Wall eine Höhe von 3 bis 4 Fuß, und behält sie bei bis in die Nähe des jetzt trocken gelegten Vollweihers, an dem er südlich vorüber, den Eschbach-Weiher aber (ein Ackerfeld) mitten durchzieht. Ein weiteres Ackerfeld, ehedem gleichfalls ein Weiher, heißt heut zu Tage noch der Teufelsweiher, gewiß darum, weil über ihn hin die Teufelsmauer ihren Lauf nahm. Die Spuren sind begreiflicher Weise hier verschwunden; sie kommen aber in dem nun folgenden, 40 bis 50 Schritte breiten Tannenwäldchen schon wieder zum Vorschein: ein von Mönchs-Roth herkommender Fußweg läuft eine ziemlich weite Strecke über ihn her in schnurgerader Richtung; auf der Heide, welche jetzt anfängt, erreicht der Wall abermal die beträchtliche Höhe von 4 Fuß: und, was wunderbar auf den Reisenden keinen geringen Eindruck macht, auch die Überbleibsel eines Thurmes auf der Mauer erscheinen auf dieser Haide: ein sehr schöner mit grünen Rasen überzogener Hügel, 6 Schuh hoch und 21 im Durchmesser, den Graben nicht mitgerechnet, welcher um ihn herumläuft. Er ist viel breiter als der Wall, die halbrunde Einbeugung ist gegen Süden gekehrt; gegen Norden hin erblickt der Wanderer den Flecken Mönchs-Roth, den letzten bayerischen Ort an der Grenze; denn Strambach, eine halbe Stunde nördlich von dem Grenzwalle, liegt schon im Königreiche Wirtemberg. Der Wall zieht sich hier durch einen Hochwald, dann über einen kleinen Weiher, und endlich durch die Hut des Weilers Eck.7)
Es ist begreiflich, daß an den Wall sich verschanzte Werke und befestigte Lager für die Soldaten anlehnen mußten, welche als Besatzung diese Grenzwehr zu bewachen hatten, und daß nahe dabei sich Niederlassungen von Colonisten bildeten. Ein größeres Römer-Lager befindet sich wirklich nicht fern vom Walle, zwischen Aufkirchen und Reichenbach, römische Verschanzungen sind in und bei Weiltingen wahrnehmbar, und Überreste aus einer römischen Wohnung wurden auf dem Felde zwischen Irsingen und Ruffenhofen gefunden8). Der Landschaft jenseits des Grenzwalles ist natürlich römisches Wesen ferne geblieben.
Indem wir uns nun zur frühesten Landes- und Volksgeschichte dieses Bezirkes selbst wenden, können wir die alten schwankenden Nachrichten nur kurz berühren, nach welchen zu Tacitus‘ Zeit der Stamm der Hermunduren vom Norden her bis zur Donau wohnte (Tacit. Germ. 41), und im fünften Jahrhunderte ein großes Königreich Thüringen von der Franken-Höhe bis zum Böhmer-Walde und von der Unstrut bis zur Donau sich ausdehnte, welches in den nächsten Jahrhunderten im Franken-Reiche aufging. Als dann die Fluthungen der Völkerwanderung sich gelegt und die einzelnen Stämme feste Wohnsitze gewonnen hatten, war unser Bezirk, und zwar allem Anscheine nach in seiner ganzen Ausdehnung, selbst mit Einschluß des Striches von Feuchtwangen, der Besitznahme durch schwäbische Bevölkerung anheimgefallen, freilich mit fränkischer Mischung, welche besonders an der nördlichen Grenze gegen das eigentliche Franken stark hervortritt. Daß wendische Kolonien von Nord-Ost her in die Gegend eingesprengt worden sein mögen, läßt sich nicht verkennen; denn darauf deuten die Name der Orte Bernhardswinden bei Simbrunn, Veitswinden und Grimswinden bei Weidelbach. Schwäbischer Laut herrscht heute in den Sprachklängen noch vor von Aufkirchen bis Mönchs-Roth, zu Dinkelsbühel und darüber hinaus; und daß Feuchtwangen zum alten Herzogthume Alemannien gezählt wurde, geht aus dem Klosterverzeichnisse des fränkischen Reiches von 817 hervor, in welchem Feuchtwangen unter den in Alemannia gelegenen Klöstern zwischen Elwangen und Haseried (Herrieden) aufgeführt wird (Eckhart comment. de reb. Franc. orient. 2, 143). Erst im 10. Jahrh. scheint der Strich um Feuchtwangen zu Franken geschlagen worden zu sein 9). Hienach zog auch Kaiser Maximilian I. bei seiner Reichs-Eintheilung eine Scheidelinie von Süd-Ost nach Nord-West durch unser Kapitel, indem er die Reichsstadt Dinkelsbühel mit dem Süd-Westen dem schwäbischen, Feuchtwangen mit dem Nord-Osten aber dem fränkischen Reichskreise zutheilte.
Es muß ferner nahezu mit Gewißheit angenommen werden, daß zur Zeit der Gau-Eintheilung der ganze Bezirk des alten Kapitels Dinkelsbühel dem schwäbischen Ries-Gaue (pagus Rezi, Riezzin, Retia) angehört habe, wenn schon nicht ein Ort des Kapitels in alter Zeit mit Angabe seiner Gau-Angehörigkeit erwähnt wird; denn sicher reichte dieser schwäbische Gau gerade so weit, als das schwäbische Bisthum Augsburg nach dieser Seite sich ausdehnte. Derselbe stieß dann nördlich an den fränkischen Ran-Gau, nordwestlich an den fränkischen Mulach-Gau, östlich an den schwäbischen Sualafeld-Gau. Von den Orten unsers Bezirkes wird vor dem Ende des 11. Jahrhunderts nur Feuchtwangen (Fiuhtuuanga, Vuhtinwanc, 9. und 10. Jahrh.) mit Namen genannt.
Das alte Reichsgut im Umfange des Kapitels Dinkelsbühl hatte sich im Laufe der Zeit in Folge kaiserlicher Schenkungen und Belehnungen sehr zersplittert; namentlich waren die Grafen von Öttingen, wahrscheinlich die alten Cent-Grafen des Gaues, darin zu vielem Gute gelangt, welches dann wieder von gräflichen Vasallen zu Lehen getragen wurde.
Von geistlichen Stiftungen waren besonders die bischöfliche Kirche von Augsburg, das Stift Feuchtwangen und das Benediktiner-Kloster Hirschau hier begütert. Schenkungen an Feuchtwangen stammen schon aus Karolingischer Zeit, und auch die Güter und Rechte, welche die Bischöfe von Augsburg um Feuchtwangen besaßen, wurden gewiß schon in sehr früher Zeit erworben. Das Augsburger Domkapitel genoß Güter und Rechte in Simbrunn, Kloster Hirschau in Roth (Mönchs-Roth), Segringen und Dinkelsbühel. An diese geistlichen Herrschaften schloßen sich im 13. und 14. Jahrh. das zwei Stunden nördlich von Feuchtwangen gelegene Prämonstratenserinen-Kloster Sulz mit seinen Besitzungen in Dentlein, Amelbruch und Düren, und der deutsche Orden, welcher in Halsbach, Orenbrunn, Weidelbach und in andern Orten Güter und Rechte gewann. Dinkelsbühel und Feuchtwangen erschwangen sich zum Range reichsfreier Städte; erstere vermochte ihre Freiheit zu bewahren, letztere fiel im 14. Jahrh. der burggräflich Nürnbergischen Landeshoheit anheim, womit der Landesbesitz des Burggrafenthums Nürnberg und des daraus erwachsenen Fürstenthums Brandenburg-Onoldsbach (Markgrafschaft Ansbach) in diesem Bezirke seinen Anfang nahm.
Über Stift Feuchtwangen, wie über das nahe Kloster Sulz, hatten die Burggrafen von Nürnberg im Laufe der Zeit die Schirmvogtei erworben. Mit Einführung des Protestantismus im Onoldsbachischen Lande, vom J. 1528 an, schritten die Fürsten natürlich alsbald auch zur Säcularisirung dieses Klosters und jenes Stiftes zu Gunsten der landesherrlichen Finanzen, und in Folge Dessen wurde der ansehnliche Stift Feuchtwangische Besitz in den Dörfern und Weilern um Feuchtwangen sammt den Kloster Sulzischen Dörfern Amelbruch und Dentlein der Markgrafschaft einverleibt. In den folgenden Jahrhunderten gewann Ansbach durch Kauf und Tausch einen solchen Zuwachs an Land und Leuten in unserm Kapitel, daß zuletzt von Norden und Nord-Osten her bis an die Thore Dinkelsbühel’s und an den Werniz-Fluß fast Alles Brandenburg-Ansbachisch war. Nur Dürrwangen und das Amt Aufkirchen blieben Öttingisch, Halsbach und Orenbrunn deutschherrisch, Thürnhofen reichsritterschaftlich, Weiltingen wirtembergisch.
Kloster Mönchs-Roth, mit Schirmvogtei den Grafen von Öttingen zugethan, wurde von diesen im J. 1558 gleichfalls aufgehoben und eingezogen, und damit kam der Ort Mönchs-Roth sammt der großen Pfarrei Segringen an Öttingen.
Zur Stadt Dinkelsbühel oder zu Dinkelsbühlischen Stiftungen gehörten die Dörfer Wilburgstetten, Villersbrunn und Greiselbach nebst bedeutenden Besitzungen in mehrern Weilern und kleinern Orten.
Der markgräfliche Antheil an unserm Bezirke, in die Ober-Ämter Feuchtwangen und Wasser-Trüdingen vertheilt, fiel, als der letzte Markgraf, Karl Alexander, im J. 1791 seine beiden Fürstenthümer Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Kulmbach an die Krone Preußen abtrat, an das Königreich Preußen, und auch das Öttingische Amt Dürrwangen wurde im J. 1796 durch Tausch an Preußen abgetreten.
In Folge des Presburger Friedens kam das Fürstenthum Ansbach an das Königreich Bayern, welches sofort am 27. Mai 1806 von diesem Lande Besitz nahm. Die Reichsstadt Dinkelsbühel mit ihrem Gebiete, schon im Nov. 1802 durch Bayern besetzt, 1803 aber an Preußen überlassen, wurde im J. 1806 mit dem Fürstenthume Ansbch auf’s neue dem Königreiche Bayern einverleibt. Im letzten Jahre, mit Auflösung des deutschen Reiches, erlangte Bayern auch die Landeshoheit über die fürstlich Öttingischen Besitzungen, und im J. 1810 erwarb es durch einen Grenzvertrag mit Wirtemberg das Amt Weiltingen, wogegen einige Orte am Westrande des Kapitels an Wirtemberg fielen. Ein Jahr zuvor waren auch die zum Deutschordens-Amte Dinkelsbühel gehörigen Ordensgüter an Bayern gekommen.