13.
Die Stadt vom Ende des dreißigjährigen Krieges bis zur ihrer
Einverleibung in Bayern.
Die Stadtregierung, Bürgermeister
und Rat, verlor im Laufe der Zeit mehr und mehr an Befugnissen und Einfluß,
Die Vögte rissen eine Amtsberechtigung nach der anderen an sich. Wie
ein Bericht vom 16. Juli 1616 ausweist, mußten die Vögte, wenn
sie etwas auf dem Rathause zu tun hatten, sich anmelden und durften nicht
sogleich in die Ratstube eintreten. In Sachen der Vogteilichkeit, die dem
Bürgermeister und Rat über die Bürgerschaft zustand, und
außer der Stadt über 7 Höfe, 5 Mühlen und 27 Güter,
sämtlich Ratsgüter, von denen die Herrschaft die Steuer, die
Stadt aber die Nachsteuer hatte, hatte der Vogt keine Berechtigung. Bürgerliche
Sachen wurden nur vom Rat und Oberamtmann verbeschieden. Aber die Vögte
maßten sich immer mehr Rechte an. Besonders geschah dies durch den
Vogt Konrad Priester (1656 - 1672), der schon 1657 sich bei der Herrschaft
beschwerte, daß der Stadtschreiber Nast ohne sein Wissen angenommen
worden sei, während doch seit Alters die Stadtschreiber am Weißen
Sonntag mit den übrigen Bediensteten durch den Rat allein angenommen
wurden, wie dies 1605 mit Leonh. Blank, 1612 mit Hohenstein, 1617 mit Spalt
geschehen sei. 1665 begann der Vogt Priester, auch bei Inventuren und Vormundschaftssachen
sich einzumischen, in die Verhöre bei Strafverhandlungen, in die Aufstellung
von Handwerksordnungen, Einschreibung der Lehrjungen, Ausfertigung der
Lehenbriefe, Teilnahme an den Zunftversammlungen, Mahlzeiten von den eingekauften
Meistern und Jahrtagen. Zwar wehrte sich der von 1666 bis 1695 amtierende
Bürgermeister J. Heinrich Benz, ein unerschrockener Mann, der bei
den Oberamtmännern v. Ramin, Kraft v. Crailsheim, v. Buchau in hohem
Ansehen stand und wegen seiner Beliebtheit bei der Regierung von dieser
auf Lebensdauer mit der Landtagsvertretung der Stadt betraut wurde, gegen
solche Anmaßungen. Auch Bürgermeister Horn 1697 bis 1704 tat
dies. Als aber durch den Erlaß vom 30. März 1699 Bürgermeister
und Rat von allen Handwerkssachen ausgeschlossen, ihnen auch die Befugnis
genommen wurde die Mühlstrafen einzuziehen von den Mühlen, über
die der Stadt die Vogteilichkeit zustand, sank mit der Zuständigkeit
das Ansehen des Bürgermeisteramtes immer mehr, besonders da die folgenden
Bürgermeister dem Stadtschreiber Straub die Entscheidung in bürgerlichen
Sachen überließen. Bürgermeister Bärmeyer (1724 bis
1733) suchte zwar das Ansehen seines Amtes wieder zu heben, aber es war
nun um die Mitte des 18. Jahrhunderts so geworden, daß die meisten
vogteilichen Handlungen mit den Vögten, die wenigsten ohne sie von
Bürgermeister und rat allein vorgenommen wurden. Neben dem Einfluß
der Vögte, von denen G. Simon Leiberich (1727 - 1754) zugleich auch
Bannrichter des mit 12 des Inneren Rats als Schöffen zu besetzenden
Blutgerichts war, wuchs der des Stadtschreibers, da nach dem Tode des Bürgermeisters
Horn der Stadtschreiber J. Siegfried Billing die Schlüssel zum Rathaus
und zur Registratur an sich nahm, was nie vorher geschehen war. An Besoldung
hatte der Amtsbürgermeister damals 53 Gulden, der Baumeister 44 Gulden,
der Spitalpfleger 44 Gulden 16 1/4 Kreuzer, ein Innerer Rat 7 Gulden 10
Kreuzer, ein Äußerer 1 Gulden 30 Kreuzer. Bei Abstimmungen hatte
der Oberamtmann 4, der Kastner 2 und die übrigen je 1 Stimme. Jeder
Bürger genoß jährlich zwei Pfund Fisch aus den städtischen
Gewässern, wofür ihm an der Steuer zehn Pfennig abgerechnet wurden.
Von
den niederen Diensten wurde laut eines Schreibens des Oberamtmanns Joachim
von Damitz vom Jahre 1607, das Büttelamt vom Stiftsamtmann nach Vorschlag
der Stadt verliehen. Der Stadtknecht, der 1681 aus verschiedenen Kassen
seinen Lohn bezog, hatte wohl die Aufgabe, die früher dem Büttel
zukam. Der Turmwart auf dem Stiftsturm erhielt für das Nachschlagen
der Stunden, ganze Tag- und halbe Nachtwache, sowie für das "Abblasen"
morgens und abends wöchentlich drei gute Ort eines Guldens, der andere
Türmer für die andere halbe Nachtwache samt Nachschlagen wöchentlich
einen Ortsgulden. 1691 starb J. Christoph Hertlein, Türmer und Stadtmusikant.
Er und seine Vorfahren hatten den Dienst seit hundert Jahren inne gehabt.
Es war aber das Wohnen auf dem Turm nicht ungefährlich. Schon am 20.
Juni 1684 wurde der Lehrjunge des Türmers, der ein Kind auf dem Arme
hatte, vom Blitz erschlagen, ohne daß das Kind verletzt wurde, und
am Sonntag, den 1. Juli 1731 erlag der Türmer Joh. Crämer, der
den Dienst seit 36 Jahren hatte, ebenfalls einen Blitzschlag. Eine gesuchte
Stelle war die eines Torwarts an einem der drei Tore. Neben seinem Lohn
hatte er 15 Kreuzer von jeder Hochzeit, die vom Land herein kam, und von
jeder Fuhre Holz bekam er drei, später zwei Scheiter. Die Dienstanweisung
von 1716 besagt u. a., abends müssen die Tore geschlossen und die
Schlüssel zum Bürgermeister gebracht werden. Nachts durfte (durch
das Manntürchen am Tor) niemand eingelassen werden ohne genaue Erforschung,
wer er wäre, um das bei der Abholung der Schlüssel morgens anzeigen
zu können. Der Torwart mußte von den in die Stadt gebrachten
Gütern den Wegzoll erheben und an das Bauamt abliefern. Er mußte
achtgeben, ob nicht Gestohlenes, als Holz, Rüben, Kraut in die Stadt
gebracht würde; er durfte keine Bettelleute, kranke Soldaten, Landstreicher
hereinlassen, er habe denn zuvor genau ausgefragt und Erlaubnis vom Bürgermeister
erhalten. An Buß-, Fest-, Sonn- und Feiertagen mußte er, wenn
das Bauernvolk hereingekommen war, das Tor schließen und den Schlüssel
dem Amtsbürgermeister bringen, damit niemand, weder Christ noch Jude
hereinkommen könne, es seien denn Standespersonen, Kriegsbedienstete,
Kuriere u. dgl. Ein Bild aus der guten alten Zeit!
Neben dem Torwart gabs aber
auch Torwächter aus den Reihen der Bürgerschaft, die mit Waffen
den Tag über beim Tore Schildwacht halten und den Türmer begleiten
mußten, wenn er die Schlüssel zum Bürgermeister trug. Versäumte
ein Bürger seine Pflicht, so mußte es der Türmer bei dem
Stadthauptmann anzeigen, damit der Schuldige vom Oberamt bestraft wurde.
Die Anweisung von 1748 ist nur die Erneuerung altherkömmlicher Bestimmungen.
Es
gab auch einen Nachtgassenwächter, der zugleich Feldhüter (Flurer)
und Holzhüter war. Als solcher wurde zu. B. 1682 Georg Schülein
angenommen. Die Beaufsichtigung der Stadtwälder hatte der Stadtförster.
Als 1739 die Stelle erledigt war, sandte die Regierung der Stadt Gesuche
ausgedienter Soldaten zu, die sich darum bewarben. Die Stadt aber nahm
deren keinen, sondern gab die Stelle dem Georg Stephan Weringer.
Die Stadt hatte einen ansehnlichen
Waldbesitz, der im Laufe der Zeiten durch die Umsicht der Stadtleitung
zustand gekommen war. Ein Verzeichnis von 1730 führt auf: 1. Kreuzschlag
bei Steinbach, 2. Die große Forl oberhalb des Heckenweihers 42 3/4
Morgen, 3. Die kleine Forl bei Winterhalten 25 M., beide Hölzer hießen
ehemals Freudenberg, 4. Das frickische Holz am Triburer Weg, 1684 von Michael
Frick gekauft, 3 M., 5. Das Leuperzeller Holz 125 M., 6. Die Engelhart
55 1/2 M., 7. Die kleine Hart 20 1/4 M., 8. Das Koppenholz 103 1/2 M.,
9. Der Große Weidenbusch 94 1/2 M., 10. Der kleine Weidenbusch 27
M., 11. Die Bürgerstöck, früher Fremdlesberg genannt, "hat
die Stadt 147 Jahr inne gehabt, ist ihr aber 1713 unter Scheingründen
vom Stift entzogen worden", 4 1/2 M., 12. Der Große Kappenzipfel
21 3/8 M., 13. Der Kleine Kappenzipfel 5 1/2 Morgen groß.
Außerdem
besaß die Stadt vor 200 Jahren eine große Anzahl Weiher und
Fischwasser, für die ein eigener Fischmeister aufgestellt wurde, der
im Jahr 1565 als Lohn 15 Gulden und 1 Fuder Holz erhielt. 1583 wird eine
"Fischordnung" aufgestellt über die freigelassenen Gewässer.
Damit nicht die Wasserflüsse und Bäche ganz "verösen", darf
nur am Aftermontag (Dienstag) bis 12 Uhr und am Freitag gefischt werden.
Die gefangenen Fische sollen auf dem Markt beim Röhrbrunnen verkauft
werden. Übertretung der Ordnung wird mit Gefängnis im Turm bedroht.
1677 wird die "uralte" Fischordnung für die freigelassenen Gewässer
erneuert und 1695 den außer der Stadt Wohnenden das Fischen in der
Sulzach von der Graufen- bis zur Stadtmühle bei Strafe verboten. In
die Weiher wurden im März 1677 eingesetzt 2429 Karpfensetzlinge und
am 2. April 1678 gefischt 1830 Karpfen. "599 seind nicht wissend welcher
gestalt abgangen." Vom Fang wurden 119 Stück Herrnfische abgegeben.
Davon erhielt der Oberamtmann 12, die Frau v. Jaxheim, die Frau v. Hakhen,
jeder der drei Pfarrer, jeder des Inneren Rats je 4, die des Äußeren,
die Lateinlehrer, der deutsche Schulmeister je 3 u.s.w. bis herunter zu
den Torwarten, Hirten, Hebammen, Turm- und Gassenwächtern. Von den
Bürgerfischen war schon früher die Rede. Hans Schülein,
Bauer auf dem Röschenhof, war der Hauptabnehmer. Er zahlte für
den Zentner zu 85 Stück vier Gulden und für den Zentner pfündiger
Karpfen 3 Gulden, 36 Kreuzer. Dabei gingen vom Zentner noch 2 Pfund Wassergewicht
und 4 Stück Fische auf den Wagen ab. Schülein übernahm 15
Zentner. Im ganzen löste die Stadt für 19 Zentner 71 Gulden,
36 Kreuzer. Um 1700 waren an Weihern vorhanden: Schleif-, Loh-, Rohr- und
Winterhalterweiher, die einst zu dem Rittersitz Uzenweiler gehört
hatten, der Rammerzeller oder Heckenweiher, der Küh-, der Siechweiher,
der obere und der untere in der Weiherslache, beide 1548 angelegt, um das
Gelände zu entsumpfen, auf dem das Vieh keine Nahrung fand, der Hospitalweiher
im Kappenzipfel, dazu der Breit-, Hoch und Unterste Weiher daselbst, der
obere und untere Stadtgraben, weiter der Mühl-, Winterungs-, Tränk-
und Birkweiher in Karbach, das Holzweiherlein, der Obere und der Untere
Weiher in der Leuperzeller Hut. Dazu kamen verschiedene Fischgruben (Fischenezen
von anza = Wasser) und sas Bannwasser der Sulzach vom Grumbach bis dahin,
wo der Schönbach in die Sulzach fällt. Manche von diesen Weihern
sind eingegangen. Zu jener Zeit aber waren sie von Bedeutung für die
Volksernährung ebenso wie die wilden Birnbäume, die allenthalben
auf den Feldern standen und mit ihren Früchten zum Teil die Stelle
vertraten, die jetzt bei uns die Kartoffel einnimmt.
Der Viehweide kam in der
alten Zeit, wo man noch nichts von Stallfütterung wußte, eine
besondere Bedeutung zu. Der Rat hatte schon 1635 den Rammerzeller Hof von
dem Lehensmann Georg Heck (daher Heckenhof!) um 830 Gulden und 12 Reichstaler
Leihkauf erworben, um die Viehweide zu vergrößern und den Streitigkeiten
ein Ende zu machen, und hatte ihn am 1. Dezember 1664 von allen herrschaftlichen
Lasten gegen Abtretung des Uzenhofes zu Ungetsheim, eines Gutes zu Seiderzell
und eines zu Mögersbronn freigemacht. Auch mit Mosbach gab es der
Weide wegen oft Streit, der meist zum Nachteil der Stadt ausfiel. Vor Walburgis
wurde die Weidbesichtigung vorgenommen. For Tags versammelte sich die dazu
bestimmte Mannschaft auf dem Kühwasen, einige zu Fuß, einige
zu Pferd. Die Mannschaft wurde in drei Rotten eingeteilt und jeder 10 bis
15 Stück Vieh mitgegeben. Es wurden die als Markung dienenden Bäume,
Steine und Bäche besucht und den Hirten dort zu blasen befohlen. Etliche
Jungen wurden mitgenommen und ihnen die Gegend gezeigt, sodann ihnen "an
den Bäumen und Steinen der Mund daraufgestoßen, daß sie
besser merken und die Nachkommenschaft darnach anweisen konnten."
Die
Ziegelhütte, die bisher stets an Erbpächter vergeben war, nahm
1735 die Stadt in eigene Verwaltung. Es wurden in diesem Jahre 54737 Platten,
37860 Steine und 567 Malter Kalk erzeugt. Nach Abzug der Ausgaben, wobei
die Stadt die nötigen 120 Klafter Holz nicht berechnete, verblieb
ein Betrag von 230 Gulden. Es war also kein glänzendes Geschäft.
Die Stadt hatte 1730 außer der Ziegelhütte 43 Hintersassen,
511 Morgen unsteuerbaren Wald, 800 Morgen Feldstücke, die der Herrschaft
steuerbar waren, 20 Weiher und einige Bannwasser. An Gilten bezog das Bauamt
von 20 Untertanen 81 Gulden, 9 Kreuzer, das Spital von 19 Untertanen 71
Gulden, 40 Kreuzer, die Wolffsche Testamentspflege von 5 Untertanen 22
Gulden, 58 Kreuzer. Außerdem
gabs bei Besitzveränderungen Handlohn, gewöhnlich 10 vom Hundert
des Besitzwertes, und Hauptrecht, nämlich das beste Stück Vieh
des Stalles.
Während Markgraf Georg
1529 in drei Fristen 850 Gulden und in vierteljährigen Teilzahlungen
100 Gulden Umgeld genommen hatte, wozu noch 300 Gulden aufgelegte Landeshilfe
kamen, war letztere bis 1736 auf 5000 Gulden gestiegen. 1736 zahlte die
Stadt an Kammergefällen 871 Gulden, an unbeständigen Landschaftssteuern
4175 Gulden.
Die
Urkunden des Stifts waren schon 1628 und 1629 in 10 Schachteln und die
Stiftsbibliothek in drei Stübichen nach Ansbach geschafft worden.
Im Anfang des 18. Jahrhunderts mußten auch die städtischen Dokumente
dahin abgeliefert werden, wogegen sehr gute Abschriften zurückgegeben
wurden, die zumteil in einem Bande vereinigt sich in der städtischen
Registratur befinden, zumteil aber im Nürnberger Staatsarchiv.
Das Ehehaftsgericht verlor
mehr und mehr an Ansehen. Schon 1699 weigerte sich der Stadtschreiber Billing,
die Ehehaft zu verlesen, und Bürgermeister Horn sagte während
des Ehehaftsgerichts dem Stiftsamtmann Fastenow, daß sie sich nicht
mehr verpflichtet fühlten, den Satzungen der Ehehaft Gehorsam zu leisten.
Durch Befehl der fürstlichen Regierung wurde dann auch 1716 die Verlesung
der sog. Karolingischen Ehehaft durch Verwalter Obermeyer im Kreuzgang
aufgehoben und die Untersuchung der Maße, Ellen und Gewichte dem
Vogte übertragen. Indes blieb doch manche alte Satzung in Giltigkeit.
In den Abmachungen von 1484 hatte das Stift sein Recht an der Fleischbank
behauptet, sodaß die Stadt sie ohne des Stifts Genehmigung nicht
verändern durfte. Im Laufe der Zeit war nun die Fleischbank der Stadt
zu eigen und in den untern Räumen des Rathauses, über dessen
Zugang ein Ochsenkopf angebracht war, verlegt worden, aber auch nach der
Aufhebung der Ehehaft mußte das Fleischbankgeld mit der Stiftsverwaltung
geteilt werden. Desgleichen mußten auch im 18. Jahrhundert noch jährlich
an diese fünf Gulden "für den Amtmannsstab" als Gebühr für
die ehemalige Abhaltung des Ehehaftsgerichtes, bei dem der Stiftsamtmann
als Vorsitzender den Stab in der Hand hielt, bezahlt werden, ebenso 12
1/2 Kreuzer für den Lammsbauch, den 1484 der Schweinhirt dem Stift
zu liefern hatte. Hintersassen des Stifts durften auch jetzt nicht ohne
dessen Bewilligung als Bürger aufgenommen werden. So blieben immer
noch einzelne Bestimmungen der außer Wirksamkeit gesetzten Ehehaft
in Geltung. - Auch ein anderes altes Herkommen fand sein Ende. Von alten
Zeiten her hatten die Ortsbürger von Krapfenau die Aufgabe, wenn eine
Hinrichtung stattfand, Mann für Mann die Galgenleiter zum Hochgericht
zu tragen und anzulehnen. Sie mußten deswegen alle angreifen, weil
die Berührung der Henkergeräte nach damaliger Anschauung unehrlich
machte und keiner seinem Nachbarn deswegen einen Vorwurf machen sollte.
Ebenso mußten die Wehlmeusler den Stock (Richtblock) herbeischaffen
und wegtragen. 1617 haben sie sich geweigert es zu tun, weil sie vom Amtsschreiber
Hohenstein beschimpft wurden. Sie hatten die Leiter durch dessen Wiese
getragen und das Volk war ihnen nachgegangen und hatte die Wiese verdorben.
Sie beschwerten sich vielmals umsonst, bis auf einem Bericht des Verwalters
Klingler und des Vogtes Fenk am 20. Dezember 1695 der Regierungsbescheid
erfolgte, der die Last der Stadt auferlegte. Aber auf Einsprache der Stadt
wurde am 17. Juni 1698 die Verfügung zurückgenommen und die Sache
so geordnet, daß die Herrschaft den Galgen bauen ließ und der
Nachrichter die Gegenstände selbst zum Galgen schaffen mußte,
Krapfenau und Wehlmeusel aber für die Befreiung von jedem Hause eine
Abgabe zum Kastenamt zu zahlen hatten. Der Hinrichtungen gab es in jener
Zeit viele. Ein beklagenswertes Vorkommnis, das mit einem Justizmorde endete,
ereignete sich im Jahr 1679. Es war der letzte Hexenprozeß im Fürstentum
Ansbach. 55 Am 13. Juni dieses
Jahres erschien der Vogt Fenk in Larrieden mit etlichen Reitern und Musketieren
und führte die 70jährige Bäuerin Marie Krauß nebst
deren Stieftochter und Stiefsohn gefangen nach Feuchtwangen. Drei Buben
von 5, 7 und 9 Jahren hatten im Nachschwätzen von den Alten gehörten
abergläubischen Zeugs gesagt, die Kraußin und ihre Stiefkinder
hätten sie auf einer Gabel zu Hewentänzen mitgenommen, in Wölfe,
dann wieder in Menschen verwandelt u.s.w. Es wurden viele Verhöre
angestellt, bei denen sich der ehrlose Stiefsohn lügnerischer Weise
zu all dem abergläubischen Blödsinn bekannte, dessen man ihn
beschuldigte und zugleich Stiefmutter und Schwester schwer belastete. Er
gedachte, auf diese Weise besser davon zu kommen. Da beide Frauen bei der
Leugnung dessen, wes man sie anklagte, blieben, wendete man sich an die
Rechtsgelehrten der Universität Tübingen, wohin ein eigener Bote
geschickt wurde. Und diese Herren, die selbst den ganzen abergläubischen
Wahn für bare Münze nahmen, begutachteten, daß die Kraußin
und ihre Stieftochter Margarete der Folter zu unterziehen seien.
Die Folterqualen erpreßten auch von Beiden das erwünschte Schuldgeständnis.
Beide sind auf dem Feuchtwanger Kühwasen als Hexen lebendig verbrannt
worden. 1693 wurde der Köbler Michael Hofmann von Mögersbronn
enthauptet und dann aufs Rad gelegt, weil er mit dem entflohenen Bauern
Georg Schmutz auf dem Waldweg nach Köhlhof eine Frau ermordet hatte.
1695 und 1702 wurden die Kindsmörderinnen Christine Schuler von Kienhart
und Anna Maria Maag von Lehengütingen enthauptet, desgleichen 1707
der Bauer Johann Moder von Elpersroth, der seine Frau erschossen hatte,
geköpft und gerädert. 1727 wurde Andr. Ohr von Ungetsheim gerädert,
der sein Weib vergiftet hatte. Am 23. August 1743 wurde Ignatz Vorwalter,
der einen mit ihm gegangenen entlaufenen Husaren niedergeschlagen und beraubt
hatte, enthauptet. Am gleichen Tage geschah dies mit dem Straßenräuber
Friedr. Hübsch von Nördlingen und mit dem Hirten Georg Bohl von
Halsbach. Am 31. Dezember 1745 wurde ein österreichischer Dragoner,
der sich sodomitisch vergangen hatte, samt seinem Pferde auf dem Kühwasen
verbrannt. Wegen Diebstahl enthauptet wurde am 17. April 1750 Balthasar
Köhler aus Ellwangen und am 9. Oktober Cordula Maria Flohr. Dies nur
einige Beispiele aus dem raschen Verfahren der Strafgerechtigkeit. Bei
der Verwaltung ging es langsamer her. Bürgermeister Bärmeyer
klagt 1730 über die Verzüglichkeit der Behörden. Seit dreißig
Jahren seien weder Bauamts- noch Spitalrechnungen abgehört worden.
Das Kastenamt habe alle Stadtrechnungen schon seit 10 Jahren liegen, ohne
daß ein Bescheid erfolgt sei. Die Rückstände betrügen
beim Bauamt 3032, beim Spital 3857 Gulden, wovon mehr als ein Drittel verloren
sei.
Am
13. Januar 1703 wurde die Bürgerschaft wegen drohender Kriegsgefahr
in Korporalschaften eingeteilt. Von den vier Abteilungen stand eine unter
dem Verwalter Fastenow, eine unter Vogt Frank, eine unter Bürgermeister
Horn und eine blieb in Reserve. 1713 kam es für die Feuchtwanger zu
einem kleinen Feldzug. Die markgräfliche Regierung hatte in Breitenau
die fraischliche hohe Obrigkeit. Die gräflich Goldbachschen Beamten
bestritten dies und besetzten das Dorf mit einer Mannschaft. Gegen diese
wurde markgräflicherseits ein Feuchtwanger Aufgebot unter dem Stadthauptmann
Konrad Bärmeyer entsandt. Es kam zum Kampf, in dem die Feuchtwanger
siegten. Der Feind hatte drei Tote. Ein Feuchtwanger verlor ein Auge und
mehrere wurden durch Schrotschüsse verwundet.
Die Regierung, die seit
1625 Markgraf Christian von Bayreuth vormundschaftlich geführt hatte,
übernahm 1638 Albrecht, der Sohn Joachim Ernsts. Er war ein um sein
Land treu besorgter Fürst, der es aus dem Elend des dreißigjährigen
Krieges mit Fleiß in die Höhe zu bringen suchte. Er hat auch
viele evangelische Glaubensflüchtlinge aus dem Land ob der Ens aufgenommen
und auf Höfe gesetzt, die durch den Krieg herrenlos geworden waren.
In die Feuchtwanger Pfarrei kamen damals die Vorholzer, Dannenbauer, Lindörfer,
Köhnlechner und andere. Albecht starb 1661. Es trat vormundschaftliche
Regierung durch den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von
Brandenburg ein. Markgraf Johann Friedrich, der dann zu Ansbach regierte,
starb dreißigjährig im Jahre 1686, worauf Georg Friedrich die
Herrschaft überkam. Er ist im spanischen Erbfolgekrieg 1703 bei Schmidmühlen
in der Oberpfalz verwundet worden und in dem Dorfe Kuttensee gestorben.
Ihm folgte sein Bruder Wilhelm Friedrich, der 1723 starb, worauf seine
Gemahlin Christina Charlotte, die eine württembergische Prinzessin
war, die Regentschaft führte für ihren Sohn Karl Wilhelm Friedrich,
der als Karl, der wilde Markgraf, bekannt, von 1729 bis 1757 regierte.
Bei
dem jedesmaligen Antritt der Regierung durch einen neuen Landesherrn wurde
für die Stadt die Erbhuldigung auf dem Rathause vorgenommen. Nachdem
die zu diesem Zweck von Ansbach Abgesandten sich an den Fenstern des Rathauses
gezeigt, ordnete sich die Untertanenschaft so, daß vorne in der Mitte
die Bürgerschaft, dahinter die Ratshintersassen, rechts davon die
Kastenamts Feuchtwanger Untertanen, links die stiftischen Untertanen und
hinter den Ratshintersassen die von den inkorporierten Ämtern Forndorf,
Bechhofen und Kl. Sulz standen. Die Erbhuldigung geschah auf Aufforderung
der Abgesandten durch Eid mit erhobenen Fingern. Die Kosten wurden unter
Stadt, Stift, Kastenamt und die drei Ämter ausgeschlagen.
Die Feuchtwanger hatten
öfter Gelegenheit ihre Anhänglichkeit an das Brandenburgische
Haus durch die Tat zu beweisen, 1701 wurde die Erhebung Preußens
zum Königreich und die Krönung Friedrich I. mit Kanonendonner
und Errichtung einer Ehrenpforte vor dem Rathaus gefeiert und 1729 der
Regierungsantritt und die Vermählung des Markgrafen Karl mit einer
preußischen Prinzessin festlich begangen. Die alten Feuchtwanger
müssen festfrohe Leute gewesen sein, denn nicht länger als sechs
Tage dauerten die Veranstaltungen. Am ersten Tag, einem Sonntag, feierlicher
Zug zur Kirche, das Tedeum unter Trompeten, Pauken und Kanonenschüssen
gesungen, dann Festpredigt des Dekans Frieß, Mittags Festmusik vom
Turm, Bürgeressen zu hundert Gedecken in der Fürstenherberge,
Spendung von einer Maß Wein an jeden Bürger und einer Mahlzeit
an die Armen, abends Beleuchtung der Stadt, bei welcher auf den sechzehn
den Röhrenbrunnen umstehenden Fichten 950 Lampen fünf Stunden
lang brannten, am 2. Tag Vogelschießen, am 3. Tag Feuerwerk, zu dem
man zum vorhandenen Geschütz noch sechs Doppelhaken von Nürnberg
kommen ließ, vom 4. Bis 6. Tag Scheibenschießen und Volksbelustigungen.
Im Jahre 1730 hatte Feuchtwangen wieder Gelegenheit, seine Freude und Anhänglichkeit
ans angestammte Herrscherhaus zu beweisen, als König Friedrich Wilhelm
I. mit dem Prinzen Friedrich, dem nachmaligen König Friedrich II.,
unter Begleitung des Markgrafen hieher kam, im Neuen Bau bei dem Oberamtmann
Achatius von Benkendorf speiste und dann zur Jagd nach Crailsheim fuhr
und auf der Rückkehr nach Triesdorf wieder hier durchkam.
Nach
der Oberamtsbeschreibung von 1729 bestanden damals in Feuchtwangen ein
Eheheimisch von einem Bäcker bewohntes Haus (Hs.-Nr. 280 am oberen
Tor) und 186 Bürgerhäuser, dann 14 Häuser zum Stift steuerbar
und 2 bürgerliche am Kreuzgang erbaute Häuser (auf dem Markt),
im ganzen 206 bürgerliche Häuser. Unter den Stiftshäusern
ist eine Braustatt (zur "Glocke", die uralte Klosterbrauerei).56 Unter den 186 Bürgerhäusern sind noch
16 Wirtschaften, alle mit Braustatt versehen; 13 sind von Juden bewohnt.
Es gab eine Apotheke, 2 Badstuben, 3 Färber, 11 Bäcker, 5 Schlosser,
2 Kupferschmiede, 1 Nagelschmied, 2 Hafner. Zwei alter Tabernrechte waren
vorhanden, die Storchenwirtschaft (Fürstenherberge, jetzt zur "Post")
und die Greifenwirtschaft. Von der wirtschaftlichen Lage der Bürgerschaft
zeichnet die Oberamtsbeschreibung kein glänzendes Bild. Es heißt
da wörtlich: "Im übrigen ist der allhiesigen Bürger und
Inwohner Nahrung ganz schlecht und besteht in verschiedenen Handwerken,
welche aber ganz geringen Abgang haben, also daß sie bemüht
sind, sich mit Feldbau zu helfen und ihr Brod dadurch zu suchen oder wenigstens
ihre Nahrung dadurch leichter zu machen." Damals bestand noch Schafhausen,
ein Köblersgütlein oberhalb der Stadtmühle, sowie der Röschenhof
oberhalb der Walkmühle, der im Besitz der Frau Generalin von Hirschligau,
der Gattin des Oberamtmannes J. Heinrich von Hirschligau, war.
Als bemerkenswerte Ereignisse
seinen noch folgende erwähnt: 1680 wurde das Uhrtürmchen auf
der Stiftskirche gebaut, 1701 der Friedhof erweitert, wozu Frau Eberhard
ein Stück von ihrem Garten schenkte. 1712 im Geburtsjahr des Markgrafen
Karl wurden die vier Linden am Friedhofweg gepflanzt. Eine Apotheke wurde
1719 errichtet, 1727 die Stadtmauer instandgesetzt. Sehr bedeutsam für
die Stadt war 1731 die Verlegung der Reichspost von Bechhofen nach Feuchtwangen.
Erster Postmeister war Konrad Bärmeyer, dem 1733 sein Sohn J. Gg.
Hermann Bärmeyer folgte. Dieser war von 1734 an auch Bürgermeister
und Landschaftssteuereinnehmer. Er ist einer der tüchtigsten Bürgermeister
gewesen, die Feuchtwangen je hatte. Er war wohlunterrichtet, des Lateinischen
kundig und mit regem Sinn für geschichtliche Forschung begabt, sodaß
ihm manche belangreiche Angaben zu verdanken sind, die sonst verloren wären.
Wurde durch die hieher verlegte Reichspost ein bedeutender Verkehr hervorgerufen,
so war doch auch schon zuvor der Zustrom der Reisenden zu der an zwei sich
kreuzenden Hauptstraßen gelegenen Stadt kein geringer und mancher
hohe Gast hat hier im "Storchen" genächtigt, sodaß die Bezeichnung
Fürstenherberge kein leeres Wort war. Um nur einige zu nennen: 1654
übernachtete hier Christine von Schweden, die verschrobenen Tochter
Gustav Adolfs, auf ihrer Reise nach Innsbruck, wo sie katholisch wurde,
1675 kam der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm auf dem Rückmarsch
vom Rhein hier durch und speiste mit dem Markgrafen Johann Friedrich bei
dem Oberamtmann von Crailsheim im Neuen Bau, 1734 am 23. April kam Prinz
Eugen "der edle Ritter" abends hier an, speiste in der Fürstenherberge
und reiste andern Tags an den Rhein. 1735 kamen 4 kaiserliche Reiterregimenter
hier durch. Auch Kämpfer, aber nicht um irdische Güter, waren
die drei Züge der tapferen Salzburger, die vom glaubenswütigen
Bischof Firmian von Salzburg aus ihrer Heimat vertrieben worden waren.
Der erste, aus 50 Personen bestehende Zug kam am 24. Juni 1732, der zweite
mit 500 Personen am 23. Und 24. Juli und der dritte mit gegen 1000 Personen
vom 10. Bis 15. August hier an. Sie wurden unter Glockengeläute empfangen,
in feierlichem Zug in die Kirche geleitet, in die Häuser aufgenommen
und mit Lebensbedürfnissen und Büchern beschenkt. Die Glaubenstreue
und der Glaubensmut dieser wackeren Leute brachte den Bewohnern Feuchtwangens
keine kleine Stärkung ihres evangelischen Bewußtseins.
Der
alte Röhrenbrunnen auf dem Markte, der aus Steinen hergestellt und
schadhaft geworden war, mußte durch einen neuen ersetzt werden. Man
beschloß, den neuen Brunnenkasten aus Eisen fertigen zu lassen. Zu
diesem Zweck reiste Bürgermeister Konrad Bärmeyer mit dem Oberamtmann
Achatius von Benkendorf nach Königsbronn in Württemberg, wo am
27. August 1726 mit dem dortigen fürstlich württembergischen
Schmelzwerk ein Vertrag abgeschlossen wurde auf Lieferung eines achteckigen
aus Eisenplatten bestehenden und oben mit schmiedeeisernen Kranz versehenen
Brunnenkastens. Im Jahr 1727 wurden die Vorarbeiten erledigt. Für
die Grundlegung und die Brunnensäule bekam der Maurer Schülein
145 Gulden. Ein Zentner Öl zur Herstellung der Verkittung wurde von
Nürnberg bezogen, was samt dem nötigen Bleiweiß auf 56
Gulden zu stehen kam. Bildhauer Braun zu Ulm erhielt 23 Gulden für
das Schneiden der drei Wappen, die den Brunnen zieren sollten. Endlich
im August 1727 war das Werk fertig zum Abholen. Am 5 September stellte
die Markgräfin Christiana Charlotta, geb. Herzogin von Württemberg,
Obervormunderin und Landesregentin, den Zollbrief aus, in dem sie beim
Herschaffen des Werks zu berührenden Zollstätten gebeten werden,
es zollfrei durchgehen zu lassen. Unterwegs ereignete sichs, daß
eine der Tafeln zerbrach und durch eine neue ersetzt werden mußte.
So kam es, daß der von Königsbronn hieher gekommene Werkmeister
Joas erst nach 33tägigem Aufenthalt dahier anfangs Oktober 1727 die
Aufstellung des Brunnens vollenden konnte. Die Gesamtkosten beliefen sich
auf 966 Gulden 26 3/4 Kreuzer, die teils von der Stadt, teils vom Spital
bestritten wurden. Das Eisenwerk wog 92 1/4 Zentner und kostete 230 Gulden.
Damit erhielt Feuchtwangen den schönen Brunnen, der heute noch den
Marktplatz schmückt. Auf seinen Seiten sehen wir das große Brandenburger
Wappen mit dem Adler als Herzschild und zu beiden Seiten die Sinnbilder
des Glaubens und der Gerechtigkeit, den Adler mit den Bildern der Stärke
und Einigkeit (Stabbündel und Granatapfel), die Fichte mit den Bildern
des Tages und der Nacht (Scheibe mit Sternen und Nachtvögel), das
Württemberger Wappen mit den 3 Hirschhörnern als Herzschild,
zu beiden Seiten links den Herzog als Reiter und drüber die Buchstaben
E. L. H. Z. W. (Eberhard Ludwig Herzog zu Württemberg) und rechts
St. Georg mit denselben Buchstaben und der Jahreszahl 1727.
Schon 1699 war das Schießhaus
vor dem untern Tor erbaut worden, wo regelmäßige Übungen
der waffenpflichtigen Bürgerschaft, aber auch Festschießen bei
Gelegenheit von Hochzeitfeiern gehalten wurden. Feuchtwangen hatte zu anfang
des 18. Jahrhunderts ein paar tüchtige Oberamtmänner, die sich
durch ihr gemeinnütziges Wirken um die Stadt verdient machten, so
Joh. Heinrich von Hirschligau (auch Hörselgau liest man), der den
Neuen Bau (jetzt Dekanat) prächtig herrichten ließ, und Joh.
Achatius von Benkendorf, Rat und Hausmarschall, Ihm und seiner Gattin Ernestina
Magdalene, geb. von Lengefeld,57 haben
die vier Söhne die prächtige im üppigsten Rokokostil hergestellte
Grabtafel in der Stiftskirche gewidmet. Der älteste Sohn, Ludwig Ernst,
trat später in sächsische Dienste und entschied im siebenjährigen
Krieg 1757 den Sieg der Österreicher bei Collin. Der jüngste,
Wilhelm Friedrich58, wurde Finanzminister in Ansbach, wo er 1796 starb.
Er ist der Urheber der Benkendorffschen Stiftung, die über hundert
Jahre segensreich gewirkt und bis zu ihrem Untergang 1923 auch vielen Feuchtwanger
Hausbesitzern zur Erhaltung ihres Besitzstandes hilfreich gewesen ist.
Der Markgraf Karl starb im August 1757. Ihm folgte sein Sohn Christian
Friedrich Karl Alexander, der durch sein Hofleben und seine Verschwendung
dem Lande ein böses Beispiel gab. Während seiner Regierung wurde
1773 das Kühweiherfeld, das bisher nur als Hut gedient hatte, in 172
Teile geteilt, die zum Anbau an die Hausbesitzer vergeben wurden. Im Jahre
1778 starb der letzte Feuchtwanger Oberamtmann Christoph Albrecht von Pöllnitz.
Nun wurde das Oberamt eingezogen und die Geschäfte desselben dem Kastner
übertragen, der hinfort als der erste Beamte in der Stadt galt. Das
Oberamtmannshaus wurde dem Dekan Samuel Nikolaus Höppel auf seine
Bitte zur Wohnung überlassen, wegen des schlechten Zustandes des in
der Nähe der ehemaligen Oettingenschen Veste gelegenen Dekanatshauses.
Der tatkräftige Dekan Höppel ließ nicht nur den leider
1785 wegen angeblicher Baufälligkeit abgebrochenen, aus zierlichen
Steinwerk bestandenen Turmhelm der Johanniskirche im Geschmack jener Zeit
wieder herstellen, sondern setzte es auch durch, daß statt der bisherigen
Willkür die Hochzeiten vom Land pünktlich um 12 Uhr und die Leichen
vom Land pünktlich um 2 Uhr hier einzutreffen hatten. Um diese Zeit
war es, daß der obere Torturm baufällig und mit dem gegenwärtigen
unschönen Aufbau versehen wurde. Der betriebsame obere Torwart Kretschmann
richtete darin eine Kaffeschenke ein, die mit dem westlich daranstoßenden
Gebäude das Gasthaus zum Brandenburger Hof bildete. Damals hatte Feuchtwangen
265 Häuser und 1700 Einwohner. Das gewerbliche Leben und der Handel
blühten, da die bei 300 Seelen zählenden Einwohner der vielen
eingepfarrten Orte in der Stadt ihren Warenbedarf deckten und die zu jener
Zeit viel besuchten Märkte auch aus entfernteren Orten zahlreiche
Käufer herbeilockten. Besonders gilt dies von der Mooswiese, zu der
das Volk von weit und breit zusammengeströmt kam. Von welcher Bedeutung
die Mooswiese in alter Zeit war, beweist der Erlaß des Markgrafen
Wilhelm Friedrich (1703 - 1723), durch den 1708 befohlen wird, die Mooswiese
stets am Dienstag der Michaeliswoche zu beginnen, nicht aber am Sonntag,
damit dieser nicht entweiht werde. Der Erlaß ist an alle Oberämter,
Kastner, Vögte und Bürgermeister des Landes gerichtet, ein Beweis,
wie weit hin die Mooswiese bekannt war.
Markgraf Alexander, von
dem die Geschichte des Guten nicht viel zu berichten weiß, trat am
2. Januar 1792 sein Fürstentum gegen ein paar hunderttausend Taler
jährlicher Entschädigung an Preußen ab und zog nach England,
wo er am 15. Januar 1806 starb. Nun stand Feuchtwangen unter der Regierung
des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm II. Es bekam den Regierungswechsel
bald zu spüren. Schon am 2. November 1792 wurde eine Eskadron Husaren
unter dem Major Rosenbusch hiher verlegt, deren Pferde im ehemaligen Kärnter
unter dem Kasten (der ehemaligen Peter-Paulskirche) untergebracht wurden.
Am 5. Januar 1792 hatte Feuchtwangen seinen neuen Herrn gehuldigt, aber
schon 1797 mußte es dies von neuem tun. An stelle des in diesem Jahre
verstorbenen Königs Friedrich Wilhelm II. Bestieg Friedrich Wilhelm
III. Den Thron. Unter ihm wurden das Stiftsverwalters-, das Kastners- und
das Vogtsamt aufgehoben und dafür ein Justizamt, ein Kameralamt und
ein Stadtgericht eingeführt. Das Justizamt hatte in reinen Rechtshändeln
zu entscheiden und zwar nach dem am 1. Juni 1794 in Geltung getretenen
Allgemeinen preußischen Landrecht. Den Kameralamt unterstand das
bisher dem Stiftsverwalter und Kastner obgelegene Rechnungswesen und das
Stadtgericht handhabte die Polizei. Die Ämter Bechhofen, Forndorf
und Kloster Sulz, die bisher dem Oberamt Feuchtwangen einverleibt waren,
wurden aufgelöst und ihre Verwaltung mit dem Kameralamt Feuchtwangen
verbunden. Der religiöse Tiefstand, der damals weite Kreise des Volkes,
besonders der sog. Gebildeten, kennzeichnete, kam auch, wie im Landrecht,
so vor allem in den Verwaltungsmaßregeln der preußischen Regierung
zum Ausdruck, wie bereits im 12. Abschnitt erwähnt. Die Märkte,
sogar Vieh- und Schweinemärkte wurden auf die Sonntage verlegt. So
geschah es auch mit dem uralten Kreuzmarkt am Freitag nach Himmelfahrt,
der am drauffolgenden Sonntag Exaudi gehalten werden mußte. Die bisherigen
Strafen für sittliche Vergehen wurden abgeschafft, was bei dem schroffen
Wechsel die nachteiligsten Folgen für die Volkssittlichkeit zeitigte.
Wohltätig wirkte die unter der preußischen Herrschaft eingetretene
Verringerung des Wildstandes, den die Markgrafen der Hofjagden wegen sorgsam
gehegt hatten, der aber an Saaten und Pflanzungen oft schweren Schaden
verursachte.
Der
Sommer 1800 brachte große Hitze, sowie der Winter 1709 der kälteste
war, dessen man je gedenkt. Da die meisten Feuchtwanger Bürger neben
ihrem Handwerk oder sonstigen Geschäft mehr oder weniger Ackerbau
trieben, nahmen sie auch Teil an allen den Fügungen, die diesen begünstigten
oder schädigten. Schlimm hausten die Viehseuchen der Jahre 1796 und
1798. Nässe beeinträchtigte die Ernte des Jahres 1799, während
eine besonders reiche Ernte den Jahre 1801 und 1804 beschert war.
Von den kriegerischen Ereignissen,
welche die Staatsumwälzung in Frankreich zur Folge hatte, blieb Feuchtwangen
vorläufig unberührt. So hatte es auch nicht unter dem Einfall
des Generals Jourdan und seiner französischen Horden ins Frankenland
1796 zu leiden. Ernst wurde es erst, als sich 1805 die dritte Staatenvereinigung
gegen die Franzosen und ihren Kaiser Napoleon gebildet hatte und ein französisches
Heer gegen die bei Ulm stehenden Österreicher zog. Da kamen am 5.
Und 6. Oktober 1805, als eben die Mooswiese zuende gegangen war, 36000
Franzosen unter General Marmont durch Feuchtwangen, jedoch ohne Schaden
anzurichten, da Preußen damals nicht im Kriegszustand mit Frankreich
war. Deshalb konnte auch der Kurfürst Max Joseph von Bayern, der es
mit den Franzosen hielt, als sein Land von den Österreichern besetzt
war, auf seiner Flucht nach Feuchtwangen kommen, von wo er vom Kammeramtmann
Mauritii unter Bedeckung einer Abteilung der hiesigen Husareneskadron nach
Ansbach begleitet wurde. Im Verlauf der kriegerischen Ereignisse trat Preußen
am 15. Dezember 1805 in dem Traktat (Übereinkunft, Vertrag) von Wien59
das Fürstentum Ansbach und damit auch die Stadt Feuchtwangen an den
Franhosenkaiser Napoleon ab gegen Hannover. Dieser schmähliche Länderschacher
fällt dem unfähigen preußischen Minister Haugwitz zu Last.
Am Hof zu Berlin war man entrüstet über diese Abmachung, konnte
sie aber nicht mehr rückgängig machen. So wurde Feuchtwangen
von dem Hause Hohenzollern, unter dessen Regierung es fast ein halbes Jahrtausend
gestanden hatte, geschieden. Im Jahre 1806, nach dem am 26. Dezember 1805
geschlossenen Frieden von Preßburg zwischen Frankreich und Österreich,
wurde das Ansbacher Land dem neugeschaffenen Königreich Bayern einverleibt.
Somit erlebten Feuchtwangens Bewohner innerhalb vierzehn Jahren einen dreimaligen
Wechsel ihrer Regierung. Am 10. Juni 1806 huldigte Feuchtwangen gleich
den anderen zu Bayern gekommenen Landesteilen dem König Maximilian
Joseph, nachdem am 4. März 1806 den Geistlichen und den weltlichen
Beamten der letzte preußische Hofbefehl bekannt gemacht worden war,
in dem es hieß, daß nach eingetretenen Umständen die Abtretung
des Ansbacher Landes an die Krone Bayern unvermeidlich geworden sei, wenn
größere Übel sowohl für den Staat, als für die
Provinzen insonderheit, verhütet werden sollten. - Damit endete dieser
Zeitabschnitt.
55)
Aus einem im Schlosse zu Thürnhofen befindlichen handschriftlichen
Bande von Rechtsgutachten der juristischen Fakultät in Tübingen.
Übrigens wurde in Würzburg noch 1749 die siebzigjährige
Nonne Renata Seeger wegen angeblicher Zauberei enthauptet und dann verbrannt.
Wolfgang Wenzel, die letzten 120 Jahre der Weltgeschichte, Band 1, Seite
59.
56)
Die Bierbrauerei zur "Glocke", die ehemalige Klosterbrauerei, die
wir schon angedeutet, finden wir in jenem Briefe des Dekanus Wigo an den
Bischof Luitold von Augsburg, worin von den Bierbräuern (brazatores)
des Klosters die Rede ist. Nach mehr als tausendjährigem Bestehen
ist sie gegen das Ende des neunzehnten Jahrhunderts eingegangen.
57)
Sie stammte aus demselben Geschlechte wie die im November 1766 zu Rudolstadt
geborene Gattin des Dichters Friedrich Schiller, Charlotte von Lengefeld.
58)
Ein Fenster im Dekanatshaus zeigt eine von ihm als Jüngling gemachte
Inschrift. Sie lautet:
Mein Glücke schläft, doch meine Hoffnung wacht
Und Geduld vertröstet meine Sinnen.
Wonach mein Herz sich manches Sehnen macht,
Das wird ich noch zu seiner Zeit gewinnen.
Indessen wart ich bis sichs fügt
Und bin halb wohl-, halb mißvergnügt.
Feuchtwang, den 24. May
1732. W. Fr. v. Benckendorff.
59) Eigentlich
von Schönbronn, einem kaiserlichen Schloß in der Nähe Wiens.
Erstellt
am 27.3.1999 durch Hans Ebert