Wilh. Schaudig - Geschicht der Stadt ... |
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12. Die kirchlichen Ereignisse von der Einziehung des Stiftes bis zum Übergang des Landes an Bayern
Zur Zeit der Einziehung des Stiftes hatte die Pfarrgemeinde Feuchtwangen, zu der außer der Stadt über sechzig Dörfer, Weiler, Einöden und Mühlen gehörten, vier Geistliche, den Stiftsprediger, den Pfarrer, 52 den Archidiakon oder Oberkaplan und den Diakon oder Kaplan.
Der erste Stiftsprediger, dem zugleich das Dekanat übertragen war, Balthasar Hillenmeyer, starb 1569. Während seiner Amtsführung war 1563 das Stift eingezogen worden und hatte der neuaufgestellte Stiftsverwalter Leonh. Hufnagel aus Wassertrüdingen die Peter- und Paulskirche über dem Kärntner, auf deren Boden schon bisher Stiftsgetreid aufgeschüttet worden war, in einen Getreidekasten umgebaut. Die in denselben führende Steintreppe hatte auch zuvor schon den Zugang zur Kapelle vermittelt. Da Hillenmeyers Nachfolger Peter Ketzmann schon 1570 verschied, trat der gelehrte Franziskus Raphael 1571 das Dekanat an, das er bis 1583 führte, in welchem Jahre er Rektor der Fürstenschule in Heilsbronn wurde. Unter ihm war 1572 eine Instandsetzung der Stiftskirche erfolgt, die damals im Mittelschiff ein hölzernes Tonnengewölbe erhielt, dessen Spuren noch an dem 1913 eingelegten Dachgebälk wahrzunehmen waren. Schon von seinem Vorgänger war Simon Priester 1569 als Pfarrer ins Amt eingeführt worden, der 1570 an Stelle des shcon 1529 von Pfarrer Hans Gayling als höchst baufällig bezeichneten ehemaligen Kanonikerhauses ein teilwese neues Pfarrhaus baute, das 1899 wieder einem Neubau wich. Simon Priester waltete des Amtes bis 1624. Einer seiner Vorgänger, Pfarrer Wolfgang Galli, gestorben 1566, hatte die tractatio katechismi, die Kinderlehre, eingeführt, die in der Folge vom Dekan und Stiftsprediger nachmittags 2 Uhr gehalten wurde, nachdem er um 12 Uhr im Stift gepredigt hatte. Der zur Zeit des Dekans Raphael als Oberkaplan eingesetzte Magister Theodor Runzler, 1575 bis 1621, hat sich dadurch ein großes Verdienst erworben, daß er die Kirchenbücher für den Pfarrer Priester in dessen Alterstagen führte, außerdem aber die Taufen, Hochzeiten und Leichen aus vorhandenen Aufschreibungen zusammentrug, sodaß für die Pfarrei Feuchtwangen Taufregister von 1532, Hochzeitsregister von 1536 und Beerdigungsregister von 1585 an vorhanden sind.
Unter dem Dekan Monninger, 1597 bis 1607, der zuvor Rektor zu Ansbach gewesen war, wurde am 12. Juli 1599 jener Jude Löw nebst seinem Weib Oedelein und zwei Söhnen getauft, der 1612 zu Nürnberg den "Abgestreiften jüdischen Schlangenbalg" herausgab. Er erhielt den Namen Samuel Friedrich Brenz. Der ältere Sohn Viktorin Christoph Brenz war später Pfarrer in Auernheim und wurde als Infimus in Feuchtwangen 1620 mit der Bürgerstochter Margarete Beck getraut.
Auf Monninger folgte als Dekan M. (Magister) Johannes Horn 1607. Er starb am 26. Januar 1612 "gehlings, als er heftig gegen die sodomitischen Greuel geeifert hatte." Der Pfarrer Simon Priester war mit zunehmendem Alter nicht mehr imstande das Predigtamt zu versehen, weshalb er von 1614 an nacheinander durch die beiden Diankone M. Veit Sebald und M. Michael Jäger und durch den Oberkaplan M. Theodor Runzler vertreten wurde. Als nun 1612 M. Friedrich Schaller als Dekan und Stiftsprediger hieher gekommen war, trat durch diesen eine durchgreifende Änderung der Pfarrordnung ein. Er ertrug es nicht, daß die Kapläne in der Pfarrkirche die Früh- und Hauptpredigt heilte, während er als Dekan um 12 Uhr in der Stiftskirche vor wenigen Andächtigen zu predigen hatte. Schon am 9. Januar 1617 wurde er dieserhalb bei der Regierung vorstellig. Er möchte, wie andere Dekane, um seines Ansehens willen die Frühpreidgt halten. Die Kinderlehre, die ihm oblag und sommers um 3 Uhr, winters um 2 Uhr gehalten wurde, könnte dann auf 12 Uhr verlegt werden. Die Kapläne aber, die ohnedem früh mit Warten des Altars, der Ablesung der biblischen Abschnitte und Verwaltung des heiligen Abendmahls zu tun hätten, sollten die Vesperpreidgt halten. Das Ansuchen Schallers war vom Oberamtmann Wilhelm von Goltsein, vom Vogt Dietrich, sowie vom Bürgermeister und Rat unterstützt. Die Regierung genehmigte zwar die Verlegung der Mittagspredigt auf die Vesperzeit und den Beginn der Kinderlehre um 12 Uhr, aber im übrigen solle alles bleiben wie bisher. Auf viele wiederholte Bitten des Dekans Schaller wurde endlich unterm 23. April 1623 der Tausch der Frühpredigt mit der Vesperpreidigt genehmigt. Damit kam, weil der Stiftsprediger in der Pfarrkirche nichts zu tun hatte, die Früh- und Hauptpredigt in die Stiftskirche, die unterdes von Amtmann von Goltstein "mit einer Bohrkirche für die ganze Bürger- und Bauerschaft und mit Weiberstühlen bequem und zierlich erbaut worden war." Die Kosten beliefen sich nach dem Voranschlag auf 129 Gulden. Damals sind die Mittelschiffswände tragenden Säulen ihrer Kapitäle berauft worden. In demselben Jahre am 19. Dezember unterschrieb der Fürst Joachim Ernst von Ansbach, der scheints am Mittwoch, den 17. Dezember, den Platzmangel in der Pfarrkirche mit eigenen Augen wahrgenommen hatte, noch bei seiner Anwesenheit in Feuchtwangen das wichtige Dekret, wonach die Stiftskirche der Gemeinde zum Gebrauch übergeben wurde. "Fürderhin soll alle sonn- und feiertägliche Früh- und Hauptpredigt, sowohl die Kinderlehr und Freitagspredigten durch unseren verordneten Dekan Herrn Fr. Schallern in der Stiftskirche getan und gehalten, wie auch nichts weniger die sonn- und feiertägigen Mittagspredigten abwechselsweis in bemeldter Stiftskirchen hingegen aber die Mittwochspredigten in der Pfarrkirchen durch unsere beiden Kapläne gehalten werden sollen." Diese Ordnung der Dinge erregte freilich den Zorn der Kapläne, von denen Tilemann Flösser 1615 aufs Diakonat, 1622 aufs Archidiakonat gekommen war. Auch der Pfarrmesner Simon Meckel, der damals 25 Jahre, wie zuvor sein Vater 19 Jahre, im Beruf gestanden hatte, ist unzufrieden und klagt, daß jetzt viele kirchliche Handlungen, Taufen udn Hochzeiten ins Stift gezogen würden.
Nach des Pfarrers Simon Priester am 1. Juni 1624 im 90. Lebensjahr erfolgtem Tode wurde zwar der Archidiakon M. Michael Jäger als Pfarrer ernannt, aber die nunmehrige Stellung des Pfarrers war nur mehr ein Schatten der früheren, denn durch die 1623 vorgenommene Änderung seien, "dem Pfarrer seine ordentlichen Amtspredigten und Verrichtung fast aller anderen Pfarrgerechtigkeiten entzogen und dadurch gleichsam degradiert, Pfarr- und Stiftskirchen und ihr Zubehör, die beiden Mesner und ihr Verrichtung untereinander gemengt, die Früh- und Feiertagspredigt samt dem Katechismo aus der Pfarr- in die Stiftskirchen, die Mittwochspredigt aber von dem Dekanat auf die Pfarr, aus der Stiftskirchen in die Pfarrkirchen gezogen worden." Diesen Zustand fand M. Georg Cöler vor, als er am 2. November 1624 die Dekanatsstelle antrat, nachdem zuvor Schaller nach Brettheim versetzt worden war. Ihm wurde unterm 24. November 1624 befohlen, keine weiteren Neuerungen einzuführen. Cöler war ein fleißiger Mann, von dessen Tätigkeit manches Stück der Registratur Zeugnis ablegt. Er hat die Drangsale des dreißigjährigen Kriegs reichlich zu fühlen bekommen,wie an anderer Stelle erwähnt ist. Von seinem Amtsantritt an hat er, wie er am 13. Januar 1645 berichtet, alle Pfarrgeschäft versehen, sodaß dem Pfarrer außer den zwei Wochenpredigten nichts zu tun geblieben sei. Er schlägt vor, statt der Predigt um 12 Uhr (im Stift), da doch nur wenig Leute kommen, den Katechismus um 12 Uhr zu halten. Die Kapläne könnten die Mittwochspredigt übernehmen. Am 12. Februar 1645 fand dieser Vorschlag die Billigung der Regierung. Die Montagspredigt fiel weg, dagegen fiel den Kaplänen die Mittwochspredigt zu. Diese Wochengottesdienste waren bisher wenig besucht, sodaß am 8. Januar 1645 Cöler schreiben konnte: "An den Montags- und Mittwochspredigten wird allen Ermahnens zuwider das ganze Jahr hindurch mehrerenteils vor ledigen Stühlen gepredigt." Mit der Entschließung der Regierung vom 12. Februar 1645 war die Tätigkeit des Pfarrers eigentlich ausgeschaltet und, da am 2. Januar 1645 der Pfarrer M. Mcihael Jäger gestorben war, zögerte die Regierung nicht, die Folgerung aus den Verhältnissen zu ziehen. Schon am 11. März 1645 berichten die vom Konsisterium: "Solche Pfarrstelle wieder zu besetzen ist unnötig und die Verrichtungen unter ihme, Dekanum und beide Diakonos gar wohl auszuteilen, inmaßen auch allbereit geschehen ist." Daraufhin hat die Regierung die uralte Feuchtwanger Pfarrei eingezogen. In einem Berichte Cölers vom 2. März 1646 heißt es: "weil nun aber die hiesige Pfarr mit allen Intraden (Einkünften) genzlich in die Cammer bezogen worden." Damit war zugleich eine Anzahl Güter, die jetzt verkauft wurden, der Kirche verloren gegangen. Daß solche bei der Pfarrei waren, beweist das Vorhandensein einer Scheune, der später sogenannten Kaplaneischeune, und des Stallgebäudes im ehemaligen Pfarrhofe. Das Pfarrhaus (jetziges 2. Pfarrhaus) wurde dem Archidiakomus zur Wohnung angewiesen, während der Diakon Landmann das bisherige Oberkaplaneihaus, jetziges 3. Pfarrhaus, bezog. Von Seiten der Stadt wurde freilich Einsprache erhoben gegen die Einziehung der Pfarrei. Im Juni 1645 wird sie vorstellig: "Indes hat die Stadt und Gemein von je ihren eigenen Pfarrer gehabt, der den Zehnten genossen von den Stadtfeldern. Nun hat zwar die Herrschaft den Zehnten zum Stift eingezogen, aber dem Pfarrer doch sein Teil an Körnern gereicht. Wenn sie des "Pfarrers ermangeln sollten, würde ihnen das bei benachbarten Städten und Ämtern zum Schimpf gereichen." Schließlich sagen sie, wenn auch der Wechsel bezüglich der Predigt eingetreten sei, "so wollen wir doch nicht verhoffen, daß diesfalls der Pfarrgerechtigkeit etwas soll benommen sein worden." Die Einsprache der Stadt verhallte umsonst.
Mit manchen Widerwärtigkeiten hatte der Dekan Cöler zu kämpfen. Von dem Ärger, den ihm der unwürdige Archidiakon Oettinger verursachte, war schon oben die Rede. Versuchter Eingriff des Augsburger Generalvikars, der 1645 eine Kirche zum römischen Gottesdienst einnehmen wollte, mußte abgewiesen werden. In Ehesachen hatte der Dekan zu erkennen, wie ein dicher Quartband von Cölers Hand in der Dekanatsregistratur zeigt. Scheidungsklagen wurden anfangs vom Dekan in seinem Hause allein verhandelt, hernach aber der Stiftsverwalter, die zwei Kapläne, dann weiter Amtsschreiber Kastner, Amtsbürgermeister und Stadtschreiber, der das Protokoll zu führen hatte, beigezogen. Die Berichte wurden vom Dekan, Kastner, Verwalter und Bürgermeister, das Protokoll auch von den Kaplänen, dem Amts- und dem Stadtschreiber unterzeichnet. Die Not der Zeit ließ den Dekan Cöler auch manches Unterstützungsgesuch an das Konsistorium richten. Dieses aber trat kräftig für die ihm untergebenen Kirchendiener ein. In einer längeren Zuschrift desselben an die Kammerräte vom 25. Juli 1646 heißt es: "Etliche Pfarrer auf dem Land müssen betteln gehen und ungewöhnliche Kräuter essen, ja endlich gar verschmachten, was einem Beamten schwerlich wird begegnet sein." Cöler berechnet seine jährliche Einnahme von 1643 bis 1652 auf 67 Gulden. Damit habe er sich begnügen müssen. Am 26 Februar 1654 ist er gestorben und in der Friedhofkirche beerdigt worden, wo ein von seiner Tochter gestifteter, in den Boden eingelassener Stein seine Grabstätte bezeichnet.
Unter seinem Nachfolger M. Wolfgang Heinrich Priester sah sich die Stadt vor die Aufgabe gestellt, die St. Johanniskirche, in der schon lange wegen der bestehenden Gefahr kein Gottesdienst mehr gehalten worden, war, wieder instand zu setzen. Nachdem 1662 und 1663 Gutachten über den auseinander gewichenen Bau, dessen Nordwand sich weit hinausgesenkt hatte, abgegeben ware, befahl von Mich. Pfadler und Mich. Wehr in Ansbach ausgeführt werden solle. Am 12. Mai war schon die Anweisung erfolgt, die nötigen Steine aus den öden Kapellen St. Johannis zu Leuperzell, Ziegenkapell (Heilig Kreuz) und Zumberg zu nehmen. Die Bauern in Leuperzell scheinen sich dem widersetzt zu haben, denn am 25. Juli 1663 erging ein strenger Befehl an den Vogt, Konrad Priester, er solle sich durch die Einsprache der Leuperzeller Bauern gegen die Einlegung der Johanniskirche nicht hindern lassen. Wenn die Bauern ihre Schweinställe darin eingerichtet haben, so liege ihnen (den Rägen) mehr an der Kirche in Feuchtwangen, als an den Leuperzeller Schweineställen.53 Das Holz zum Bau befahl Albrecht, soweit es die Stadt nicht liefern könne, aus den Stifts- und Vogtamtswaldungen zu nehmen. Am 23. Juni wird berichtet, daß außer den von der Stadt gelieferten 72 Stämmen Weichholz und 14 Eichen noch 50 Stämme nötig seien, worauf deren am 28. Juli, weil von Zimmermeister gefordert, noch 90 bewilligt wurden. Am 22. September 1663 wurde die Rechnung gestellt, die sich auf 495 Gulden, 10 3/4 Kreuzer belief. Es ergab sich gegenüber den Einnahmen ein Abmangel von 106 Gulden, 7 1/2 Kreuzer, zu dessen Deckung Markgraf Joh. Friedrich am 13. September 1682 eine Landeskollekte gestattete. Am 22. September 1670 wurde dem Ritterschaftssekretär Hager in Ansbach eine Orgel für die Johanniskirche abgekauft, zu deren Aufrichtung im Juni 1671 die Herrschaft das Holz gibt. - Indessen war 1664 der Dekan M. Heinrich Wolfgang Priester, der der Ur-, Urgroßvater mütterlicherseits des Dichters Wolfgang von Goethe ist, wegen Gestattung einer nicht erlauften Ehe abgesetzt und trotz vielfacher Fürsprache nicht mehr begnadigt worden. Im Jahr 1679 wurde dahier eine Kirchenvisitation abgehalten. Dekan war damals M. Andreas Steiner. Sie verdient umsomehr Erwähnung, als sie zeigt, welche bemerkenswerte Stellung zu jener Zeit Religion und Kirche im Volksleben und Volksbewußtsein einnahmen. Es kamen von Ansbach der Konsistorialpräsident Jakob Benz mit dem Konsistorialrat Dr. Gottfried Händel und dem Konsistorialrat und Sekretär Lorenz Stahl, um das Kirchenwesen in Feuchtwangen zu untersuchen. Nach einem feierlichen Gottesdienste wurde die Kirche geschlossen und nun jedes einzelne Gemeindeglied durch die Visitatoren und die Stadtgeistlichen im Katechismus und in der Glaubens- und Sittenlehre geprüft. Darauf forderte Konsistorialrat Händel von der Kanzel aus die, die sich bei der Prüfung "fein" bewiesen hatten, auf, also fortzufahren und zu wachen, die andern aber sich zu bessern und warnte männiglich vor Abgötterei, Fluchen, Schwören und anderen bösen Lastern. Um 12 Uhr war die Untersuchung beendet.
In Segen wirkte der Dekan M. Georg Ludwig Hamberger von 1693 bis 1723. Er hat nicht nur, wie an anderem Orte bereits erwähnt ist, 1697 die vier Nebenschulen auf dem Land gegründet und 1700 den Friedhof erweitert, sondern es wurde unter ihm auch eine große Instandsetzungsarbeit an der Stiftskirche vollzogen. An Stelle des Tonnengewölbes wurde eine schöne kassertierte Flachdecke eingebaut. Nikolaus Brescher von Nördlingen stellte eine neue Orgel im Chor auf, wobei freilich der Wohlgemuths-Altar verstümmelt wurde. Durch den östlichen Teil der Sakristei wurde ein Zugang zum Chor der Kirche geschaffen. Das alles geschah in den Jahren 1696 und 1697. Auch der barocke Altaraufbau mit dem Kreuzigungsbild stammt aus dieser Zeit.54
Unter Hamberger war M. Michael Gundelsheimer dahier Oberkaplan. 1667 war er auf die Kaplanei, 1675 auf die Oberkaplanei gekommen und 1715 ist er gestorben. Berühmt ist sein dahier geborener Sohn Dr. Andreas Gundelsheimer geworden. Er studierte in Altdorf Medizin und begab sich dann auf Reisen nach Persien und Armenien. Als er bei seiner Rückkunft nach Berlin kam, wählte ihn der König Friedrich der Erste 1703 zu seinem Leibarzt. Diese Stelle muß er auch noch unter dem König Friedrich Wilhelm I. inne gehabt haben, denn er ist, als er seinen König nach Stettin begleitete, dort siebenundvierzigjährig im Jahre 1715 gestorben. Er hatte in der Fremde seine Heimat nicht vergessen. Am 16. Februar 1710 übergibt M. Michael Gundelsheimer, Archidiakonus und Kapitelssenior, der selbst schon 150 Gulden für Hausarme gestigtet hatte, im Namen seines Sohnes, des königlich preußischen Hofrats und Leibmedikus in Berlin, 250 Gulden für arme Handwerksjungen zur Almosenpflege.
Gleich im Anfang der Wirksamkeit Hambergers, am 31. Mai 1693 wurde ein Buß- und Bettag angeordnet, wegen der grausamen Verwüstung deutschen Landes durch die Franzosen. Es erging der Befehl an den Oberamtmann zu Feuchtwangen Gg. Christoph Marschall von Ebnet, "daß auch die Hochzeiten eingeschränkt und die Spielleute nur im Wirtshaus gehalten werden sollen, aber nicht auf die Gassen und ins Tanzhaus gehen dürfen". Hamberger starb 1715. Ein in Feuchtwangen geborener Enkel von ihm, Georg Christoph Hamberger ist als berühmter Literator und Bibliothekar in Göttingen gestorben.
Der Nachfolger Hambergers war M. Johann Frieß. Das Dekret vom 5. Juli 1723, das ihn von Zirndorf, wo er Prodekan war, aufs hiesige Dekanat berief, ist auf schwarzgerändertes Papier geschrieben (Markgraf Wilhelm Friedrich war gestorben) und in kräftigen Schriftzügen unterzeichnet Christiana Charlotta MZBHZW = Markgräfin zu Brandenburg, Herzogin zu Württemberg. Frieß war in geschichtlichen Angelegenheiten wohl bewandert, wie seine in der Dekansregistratur liegende von gründlichen Forschungen und großer Gelehrsamkeit zeugende Geschichte des Feuchtwanger Stifts beweist. Er gab auch 1730, im Jubeljahr der Augsburger Konfession, sein „Ehrengedächtnis", die Geschichte der Reformation in Feuchtwangen enthaltend, heraus. Unter ihm ereignete sich der Durchzug der vertriebenen Salzburger. Am 1. Oktober 1736 ist er gestorben.
In dem M. Gg. Ludwig Oeder, einem geborenen Schopflocher, bekam Feuchtwangen 1737 einen grundgelehrten Dekan. Er war zuvor Rektor des Gymnasiums in Ansbach gewesen, war aber nicht nur Kenner der klassischen Sprachen, sondern auch ein bedeutender Gottesgelehrter. Als solcher hat er eine Schrift über den Altmannschen Katechismus aus der Reformationszeit geschrieben, sowie einige andere theologische Werke, die teils von ihm selbst herausgegeben, teils nach seinem Tode erschienen sind. Von seinen Schriften hat der Professor Salomo Semler in Halle 1769 die „Christliche freie Untersuchung über die sogenannte Offenbarung Johannis" mit Anmerkungen und 1771 Vogel in Halle die „Freie Untersuchung über einige Bücher des Alten Testaments" ebenfalls mit Anmerkungen erscheinen lassen. Oeder starb 1760. Im Beerdigungsbuche wird er „der heiligen Schrift weit berühmter Doktor und um die Kirche Christi hochverdienter Theologus" genannt. Der Titel seiner genannten Bücher weist bereits auf den sich anbahnenden, aus dem Pietismus hervorgegangenen Rationalismus hin. Zu seiner Zeit hatte der katholische Pfarrer von Aurach sich unterstanden, die Bewohner des evangelischen Dorfes Steinbach und ihre Kinder aufzuschreiben. Es war wohl seine Absicht, den im Mittelalter nach Aurach gepfarrten Ort wieder zu seiner Pfarrei zu ziehen. Die Ansbacher Regierung hat aber den Versuch scharf zurückgewiesen. Auch die Herrnhuter Brüdergemeinde hatte damals einigen Eingang in die Feuchtwanger Pfarrei gefunden. Vornehmlich waren der Weber Holzmüller, der Maler Georg Mai, welche beide den Grafen von Zinzendorf persönlich kannten, dann der Schuhmacher Matthäus Metzger und der Kernmüller Stark als Anhänger Herrnhuts bekannt. Die Feuchtwanger Geistlichen traten streng gegen sie auf, erhielten aber vom Konsistorium, das die herrnhutischen Versammlungen nicht verbot, den Tadel, daß sie in der Angelegenheit zu hitzig vorgegangen seien. Nach 1752 hört man nichts mehr von der Sache.
In Samuel Strebel erhielt Feuchtwangen wieder einen Ansbacher Gymnasialrektor als Dekan. Nach seinem Tode wurde 1778 Samuel Nikolaus Höppl von Welbhausen, zuvor Feld- und Kasernenprediger zu Ansbach, dahier Dekan. Er war ein Mann der alten glaubenstreuen Schule und trug schwer an den kaltsinnigen Verordnungen, die infolge des Übergangs des Landes an Preußen nun erfolgten und vielfach einen Bruch mit den kirchlichen Sitten der Vergangenheit darstellten. Die Feier des Epiphanienfestes und der Aposteltage wurde abgeschafft, die Alba, der weiße Überwurf, den der Pfarrer anlegte, ehe er die Kanzel bestieg, verschwand, die Märkte wurden auf die Sonntage verlegt, die Rüge der gefallenen Brautpaare wurde verboten. Der „Denkglaube" stand in Blüte. Mit der neuen Regierung war die Vielschreiberei eingezogen, über die Höppl klagt. Er erhielt, wie schon erwähnt, das Oberamtmannshaus zur Wohnung. Die Uhr auf der Stiftskirche ließ er wiederherstellen und um 1800 den Johannisturm instandsetzen. Weiteres von ihm in einem späteren Abschnitt.
Die Diakone wechselten vielmals,
Christoph Wilhelm Meidenbauer, der 1797 auf Diakonat kam, war der 30. Seit
der Reformation. Aus ihrer Zahl sei gedacht des Leonhard Maier von Schwabach,
zuvor Schulmeister in Solnhofen, der 1601 Diakon wurde und ein Bruder war
des berühmten Simon Marius, der die Trabanten des Jupiter entdeckte
und sie Sidera brandenburgica nannte.