Wilh. Schaudig - Geschicht der Stadt ...
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11. Feuchtwangen im dreißigjährigen Krieg.

Der Krieg war entbrannt, aber noch trat keine Hinderung der Regierungsmaßregeln im Ansbacher Lande ein. Der Markgraf hatte am 8. September 1615 das öttingensche Schlößchen, in das sich unbefugtes Gesindel eingenistet hatte, um Ordnung zu schaffen, nachdem es aus dem Lehensverband durch Auswechsel gelöst war, als Erbzins- und Stiftslehen gegen zwei Ort eines Guldens dem Oberamtmann Wilh. von Goltstein wegen seiner geleisteten Dienste übergeben. Es war von einem Wassergraben und Garten umgeben. Als Ritter-Mannslehen war es 1550 an Hans Wolf von Schrotzberg, dann an Ludwig von Venningen und hernach an Hans Wolf von Venningen gekommen. Goltstein war ein Freund der Gemeinde. Er hatte die Stiftskirche mit Emporen und Frauenstühlen versehen lassen und jedenfalls ist es auf seine Veranlassung hin geschehen, daß am Sonntag den 19. Dezember 1623 Joachim Ernst mit Gemahlin und "Fräuleinzimmer" persönlich in Feuchtwangen erschien und sich von der Unzulänglichkeit der Pfarrkirche für die Gemeinde durch Augenschein überzeugte. Noch am gleichen Tage hat er dahier das Dekret unterzeichnet, durch das die Stiftskirche der Gemeinde zum Gebrauch übergeben wurde, ein Beschluß, der fast dreihundert Jahre später in der Frage der Instandsetzung und Erweiterung der Kirche von ausschlaggebender Bedeutung war. Am 17. November 1618 genehmigte er der Stadt einen neuen Korn- und Getreidemarkt, der am 15. Dezember 1618 erstmalig gehalten und für den eine eigene Schrannenordnung aufgestellt wurde. Nach dem Beschluß des Landtags vom 8. Dezember 1618 wurde auf die bisher steuerfreien verkauften 14 Stiftshäuser am 6. Januar 1620 wegen der allgemeinen Not zur Erhaltung der evangelischen Religion eine Steuer von sechs Batzen vom Hundert des Wertes gelegt.

Joachim Ernst starb anfangs 1625 und es trat nun eine vormundschaftliche Regierung durch Christian von Baireuth, dem Bruder des Verstorbenen ein. Im nächsten Jahre 1626 begann auch Feuchtwangen die Schrecken des Krieges zu fühlen. Im Juli dieses Jahres zog der Herzog von Sachsen-Lauenburg mit acht- bis neuntausend Mann hier durch, der die fluchwürdige Aufgabe hatte, die für ihren evangelischen Glauben kämpfenden Bauern im Land ob der Enns zu unterdrücken und der sein Henkergeschäft auch mit ausgesuchter Grausamkeit vollzog. Sein Heerhaufen verübte dahier und in der Umgegend durch erzwungene Lieferungen und Gewalttaten Frevel aller Art und schleppte die Pest ein, die vom Oktober bis Neujahr 65 Menschen in der Stadt hinwegraffte.

Am 6. März 1628 kam der französische General de Guise, am 2. April Herzog Maximilian von Sachsen mit zwölfhundert Reitern, die außer Lebensmitteln auch viele Pferde raubten. Als Tilly am 7. September 1631 bei Breitenfeld aufs Haupt geschlagen sich nach Bayern zurückzog, kamen seine Horden, nachdem am 7. November Ansbach genommen worden war, hierher und damit ergoß sich eine Flut von Elend über die unglückliche Stadt. In seinem Bericht ans Konsistorium gibt der damalige Dekan Cöler eine ergreifende Schilderung der ausgestandenen Leidne. Er selbst wurde wo geschlagen, daß sein einer Arm ganz schwarz wurde. Der Diakon Tilemann Flösser wurde geraitelt. Es wurde ihm ein Strick um den Kopf gelegt und solange zugezogen bis die Hirnschale platzte. Am 8. März 1634 ist er infolge der Mißhandlungen gestorben. Viele Bürger wurden geschlagen, gebunden, niedergeschossen, aufgehängt, Frauen und Jungfrauen auf offener Gasse geschändet, Kinder in den Armen ihrer Mutter gemordet. Das "Kapitelsgütschlein" des Dekans wurde mit Betten gefüllt und mit einem geraubten Pferd davon gefahren. Der erstattete Bericht gibt den Wert des geraubten Goldes und Silbers, der Hausgeräte und Waren auf 26825 Gulden an. Außerdem verlor das Spital 1700 Gulden, 61 Malter Korn, 58 Malter Dinkel, 94 Malter Haber, 9 Paar Ochsen, 22 Stück Rindvieh, 25 Pferde und 211 Stück Schafe.

Im September 1632 kamen die Schweden hierher, die die Bewohner der Stadt als Glaubensbrüder, besonders auch auf die Fürbitte der vormundschaftlichen Regierung schonten. Sie erhielt auch eine Schutzwache. Nach Gustav Adolfs Tod, der am 16. November 1632 bei Lützen gefallen war, entartete aber auch das schwedische Heer mehr und mehr. Die Heeresabteilung, die 1633 hieher kam, gab sich der Plünderung hin, bis die vormundschaftliche Regierung vom schwedischen Kanzler Axel Oxenstierna für Feuchtwangen eine Schutzwache erlangt hatte. Als aber am 6. September 1634 das schwedisch-deutsche Heer bei Nördlingen geschlagen wurde, wobei der ansbachische Erbprinz Georg Friedrich verloren ging, ergossen sich die katholischen Scharen wieder über das Frankenland. Nach Feuchtwangen kamen 130 Verwundete, die 60 Tage lang verpflegt werden mußten und in dieser Zeit 37 Simra Korn, 250 Eimer Bier, 1500 Pfund Fleisch verbrauchten. Hernach zogen die Generale Strozzi und Johann von Werth hier durch, wobei wieder geplündert wurde. Noch in demselben Jahre am 1. November traf der Altsächsische Regimentsstab mit der ganzen Regiments-Artillerie hier ein und blieb in der Stadt und Umgegend bis zum 1. Juni 1635, sodaß die Verpflegskosten sich auf 13603 Gulden beliefen, abgesehen von den 5745 Gulden, die für 183 Malter Korn und Haber von der Stadt bezahlt werden mußten. Kaum war diese Truppe hinweg, so drang am 13. Juli das Schezische Regiment, das ohne Troß über fünfzehnhundert Mann zählte, mit Gewalt in die Stadt und nahm da Quartier, sodaß der ärmste Bürger 20 bis 30 Mann erhielt, und raubte beim Abzug noch, was es erlangen konnte.

Am 4. August kam der ungarische Graf Polaski mit sechs Kompagnien zu Pferd vor Feuchtwangen an. Er lagerte zwar auf die herzbewegenden Vorstellungen hin, daß die Stadt von allen Mitteln entblößt sei, in Aichenzell und Herrnschallbach, aber es mußten ihm doch 326 Reichstaler Kriegsschatzung bezahlt werden. Schon sechs Wochen darauf kamen 10 Kompagnien Reiter und lagerten im Amt Feuchtwangen, besonders in Ampfrach, und als das polnische Heer durchs Markgrafentum zog, hatte die Stadt 180 Reichstaler zu den Verpflegungskosten beizusteuern. -Es ergaben sich aber noch schwere Folgen der Schlacht von Nördlingen. Das Ansbacher Land wurde sequestiert, d. h. vom Kaiser mit Beschlag belegt und zur Verwaltung dem Oberkommissar Joh. Adolf von Wolfstirn, kaiserlichem Rat und Reichspfennigmeister, der zu Dinkelsbühl seinen Sitz hatte, und dem Landhofmeister Krauß übergeben. Zu Feuchtwangen aber lag, wie bereits erwähnt, der Regimentsstab des kaiserlichen altsächsischen Regiments zu Fuß, das der Obristenleutnant Bernhard Studnitzky von Beneschau befehligte. Dieser war evangelisch samt seiner Frau, aber so sehr war der Krieg bereits zum Handwerk geworden, daß das Religionsbekenntnis auf beiden Seiten weniger mehr in Betracht kam. Studnitzky ging in Feuchtwangen zu Beichte und Abendmahl und seine Frau ließ bei Erkrankung eines Kindes und später einmal ihres Mannes in der Kirche für sie beten. Das Schlimme aber war, daß die kaiserliche Behörde sich auch in kirchliche Angelegenheiten mischte. Anlaß dazu gab die Erledigung des Archidiakonates (jetzt 2. Pfarrstelle) durch den Tod Tilemann Flössers. Es hatten sich um dasselbe außer anderen Kaspar Rohrbach von Kl. Sulz und der Pfarrer Sebald Oettinger von Dentlein gemeldet. Das Konsistorium in Ansbach hatte den dem Oettinger, der auf keiner Universität, nur auf der Heilsbronner Fürstenschule gewesen, war, "weit überlegenen" Rohrbach gewählt und der Landhofmeister Krauß hatte die Ernennung bestätigt. Da langte am 21. Januar 1635 ein in barschem Ton gehaltener Befehl von Oberkommissar Wolfstirn und vom Obristenleutnant Studnitzky ein, man solle ohne weitere Umstände die Stelle dem Oettinger geben. Dies mußte auch geschehen, trotz allen Sträubens des Konsistoriums. Am 20. Januar 1635 leistete Oettinger sein priesterliches Gelöbnis. Er hat sich aber in der Folge als ein so scham- und würdeloser Mann bewiesen, daß er als ein trauriger Beweis für die durch den Krieg herbeigeführte Sittenverwilderung gelten kann, ebenso wie Rat und Bürgermeister, die trotz des alaler geistlichen Würde Hohn sprechenden Verhaltens Oettingers um dessen Belassung in Feuchtwangen bitten, als es sich um seine Entfernung handelte. Trotzdem Studnitzky, der Beschützer Oettingers, schon am 16. April 1635 wieder abgezogen war, dauerte es noch bis Januar 1639, bis Feuchtwangen Oettingers völlig los wurde. Es war eben eine böse Zeit nach allen Seiten hin. Am 11. Oktober 1636 schreibt Dekan Cöler in einem Bericht ans Konsistoriu, als er mit anderen Beamten am 17. September 1634 aus der elenden Flucht nach Rothenburg wieder zurückgekehrt sei, habe er nichts als Jammer und Not gefunden, auch nicht gewußt, weil mißliche Reden umgingen, wielange wir noch bei unserer Religion bleiben dürfen. Aber am 17. November 1634 ist vom Landhofmeister ein Schreiben ans Dekanat gelangt, sie sollten Kaiserlicher Majestät treu und gewähr sein, dagegen sie bei der Augsburger Konfession belassen würdne. Hiefür sollten sie ein "schriftlich Handgelübde" geben. Die leibliche Not stieg immer höher, vor allem auf dem Land, dessen Bewohner ohne Schutz der Grausamkeit der streifenden Rotten preisgegeben waren, wenn sie nicht in dei Stadt oder in die Wälder flüchteten. Kaspar Nast, Pfarrer in Heidenheim a. H., sagt in seiner Bewerbung ums hiesige Archidiakonat im Herbst 1634, er sei wie ein Tier in den Wäldern umgetrieben worden in stündlicher Gefahr der Gefangenschaft, und als der in einem Ort des Dekanats (der Name ist nicht genannt) angestellte Pfarrer Gentner des Umherschweifens bezichtigt wird, verteidigt ihn der Dekan Cöler: "daß Gentner bisweilen herumvagiert und seinen Bissen Brod mit Betteln sucht, verursacht die bittere Not und Armut." Um diese Zeit hat Georg Wolf, Bauer zu Leuperzell, eine starke Schuld an Gilt und Geld bei der Stadt gehabt. Da er seinen Verpflichtungen nicht nachzukommen vermochte, hat der den Hof verlassen und ist davon gegangen, sodaß dier Hof mit 20 Morgen Wald der Stadt anheimfiel, die ihn 1641 wieder vergab. Durch Hunger, Pest und Morden der Feinde sind damals viele Güter ledig geworden. Die Sittlichkeit verfiel durch die Not und durch das schlechte Beispiel der verkommenen Kriegsheere mehr und mehr. Martin Mag zu Sommerau, der früher Metzger in Feuchtwangen war, klagt, daß sein Weib, da sie ihm vorher 24 Reichstaler entwendet, ihn verlassen und, wie verlautet, sich nach Ungarn begeben habe. In Feuchtwangen wurde eine Kindsmörderin enthauptet. Einem fünfzehnjährigen Bauernjungen aus Unterampfrach wurde der Kopf abgeschlagen und der Rumpf verbrannt, weil er im Stollenhof Brand gelegt hatte. "Am 6. Juni 1634 ist Michel Schilling von Kaierberg allhier vom Scharfrichter gerädert worden, der zuvor Herrn Konrad Horns, Pfarrers zu Wieseth Söhnlein Laurentium, bei 13 Jahren alt, eines Laib Brods wegen im Wald ermordete." - Doch genug der Beispiele der entsetzlichen sittlichen und wirtschaftlichen Not jener Zeit!

Ein paar Jahre lang konnte Feuchtwangen nun wieder aufatmen. Aber am 15. Dezember 1639 traf die bayerische Artillerie ein, die Winterquartiere nahm und bis 15. Mai 1640 blieb, sodaß die Verpflegungskosten schon am 10. April 5062 Gulden betrugen. Am 10. August 1640 kam der kaiserliche Generalwachtmeister Fürst Camillo Gonzaga mit 6 Regimentern zu Fuß und zu Roß nach Feuchtwangen, übernachtete da und nahm am andern Morgen 428 Gulden aus der Stadtkasse mit. Vom 16. bis 18. Januar 1641 hatte man hier drei Generalstäbe, die des Generalfeldmarschalls Geleen, des Feldzeugmeisters Grafen de Suys und des Generals Pikolomini im Quartier, während elf Regimenter in den umliegenden Dörfern lagen und solche Greuel verübten, daß die Bewohner ihre Häuser verließen und sich dem Heere anschlossen oder auf Bettel und Raub herumzogen. Am 1. Juni 1642 tagte der kleine Landtagsausschuß, bei dem Feuchtwangen nach Herkommen durch die Abgeordneten von Crailsheim vertreten war. Auf ihm, wie auf den vorausgegangenen Tagungen des größeren von den Jahren 1633 (der Pest wegen in Crailsheim), 1634, 1636, 1639 wurden nichts als Klagen laut und nur immer die Bewilligung von Steuern verlangt. - Am Neujahrstag 1643 kam wieder Joh. von Werth mit 2000 Mann Reiterei. Er übernachtete in Dorfgütingen und ließ der Stadt eine Schutzwache zurück, die von der Stadt einen halben Eimer Wein, 1150 Pfund Brod, 36 Semmeln, 3 Pfund Lichter, 2 Buch Papier und 20 Maß alten Weins erhielt. Am andern Tag kam der bayerische Feldzeugmeister Mercy mit 12 Regimentern, die sich im Sulzachgrund lagerten, auf dem Marsch an der Neckar. Sein Hauptquartier hatte er in Dürrwangen. Vom 9. April 1643 bis 3. Mai lag dahier eine Kompaghie lothringscher Reiter. 1644 blieben 4 Kompagnien Arkebusiere (berittene Schützen) drei Monate hier. Zu der Belastung, die sie brachten, kam noch ein vernichtender Wetterschlag. Im Jahre 1645 wurde beinahe der Kriegschauplatz in Feuchtwangens Nähe gerückt. Am 15. April kam das bayerische Heer unter Mercy und Johann von Werth nach Feuchtwangen und schluß am Berge über der Stadt (Bretzenberg) ein verschanztes Lager auf. Von ungeheuren Verwüstungen wird berichtet, die die Bayern in neun Tagen in Stadt und Amt Feuchtwangen anrichteten. Sie rissen Zäune, Schranken, ja ganzen Häuser nieder, zerstörten die Stadtmühle, sägten Obstbäume um und das Holz aus den Häusern und verbrannten es. Außer der Lieferung von 153 Malter Korn, 1 Malter Gerste, 212 Malter Dinkel und 94 Malter Haber erpreßten sie noch 5181 Gulden Kriegsbeitrag und ließen von ihren Rossen die Saat abweiden und zerstampfen. Am 24. April zogen sie nach Mergentheim, wo sie das französische Heer unter Turenne schlugen. Am 24. Juli 1645 kamen sie, von den Franzosen unter Herzog von Enghien bedrängt, über Crailsheim wieder in Feuchtwangen an und bezogen das Lager, das sie im April inne hatten.50 Das Heer des Enghien langte am 30. Juli vor Dinkelsbühl an und lagerte sich mit den hessischen Truppen unter General Geiß um die von den Bayerischen besetzte Stadt. Als sie hörten, daß die Bayern von Feuchtwangen aufgebrochen seien, rückten sie ihnen entgegen. Die Bayern gingen bei Dürrwangen und einer Mühle über die Sulzach. Die Franzosen kamen von Halsbach her gezogen. Die Bayerischen nahmen eine vorteilhafte Stellung zwischen Wäldern und Weihern und warfen im Felde Schanzen auf, hatten auch den Wald verhauen. Am Vor- und Nachmittag des 1. August donnerte das beiderseitige Stückfeuer. Aber in der Nacht brachen die Bayerischen gen Burk und Beyerberg auf und marschierten neben dem Hesselberg auf Wassertrüdingen und Oettingen. Als dies die Franzosen bemerkten, holten sie ihr Fuhrwesen von Dinkelsbühl und folgten den Bayern, die sie bei Alerheim ereilten. Hier kam es zur zweiten Schlacht von Nördlingen, in der den Bayerischen, besonders durch die Tapferkeit der Hessen, eine vernichtende Niederlage beigebracht wurde.

Als der darauf folgenden Belagerung von Dinkelsbühl Turennes Proviantmeister nach Feuchtwangen kam, fand er in der ausgesogenen Stadt keine Vorräte mehr. Aber doch mußte die Stadt 1646 trotz des in diesem Jahre erlittenen Hagelschlags wieder 900 Taler für die schwedische Besatzung von Dinkelsbühl liefern. Im Dezember 1647 traf in Feuchtwangen die Blauische Kompagnie vom Schachischen Regiment ein, die bis 16. Februar 1648 blieb und einen Aufwand von 1486 Reichstalern verursachte. Am 9. März kam der schwedische General Wrangel mit dem Landgrafen von Hessen hieher, sowie der ganze schwedische Generalstab samt einem Teil des Heeres, und als Wrangel, der im sogen. Neuen Bau, dem jetzigen Dekanatshause, Wohnung nahm, die Stadt am 14. März verlassen hatte, kam am 22. März Marschall Turenne, der in Dürrwangen sein Hauptquartier aufschlug. Eine Feuchtwanger Abordnung, die zu ihn geschickt wurde, flehte ihn kniefällig unter Tränen an, die unglückliche Stadt zu schonen und seine Truppen ins untere Sulzachtal zu legen. Aber vergebens. Sie lagerten aufwärts der Sulzach und Feuchtwangen bekam eine Einquartierung von drei Regimentern. Zwei Stunden nach deren Einmarsch wurden die Gemächer der Einwohner erbrochen, Böden und Keller durchsucht und alles geraubt, was zu finden war. Wie atmete man auf, als die Regimenter wieder abzogen, zumal es in diesem Jahre eine reiche Ernte gab. Aber am 11. Oktober 1648 erschien der schwedische Obrist Wiedehopf mit 30 Regimentsquartiermeistern und 100 Mann Reiterei zur Bedeckung und durchsuchte in der Stadt und den umliegenden Dörfern alle Häuser, Böden, Scheunen und Ställe und schrieb alles auf, was er an Getreide, Früchten und Vieh vorfand, um darüber ins schwedische Lager nach Ulm, wo man Mangel an Lebensmitteln hatte, zu berichten. Wenige Tage darauf kam Obrist Gorsch, der das Getreide auf Wägen laden und fünfzehnhundert Ochsen, Kühe, Schafe und Schweine forttreiben und den Befehl zurückließ, neues Getreide herbeizuschaffen und sechzigtausend Pfund Brod, fünfzig Faß Bier und 100 Säcke Futterkorn für seine Rückkehr bereit zu halten. Vollends rückten am 22. Oktober 1648 noch sieben Regimenter unter dem Befehl des französischen Generalmajors Bobo ein, von denen drei Regimenter drei Tage, zwei Regimenter fünf Tage und zwei Regimenter zehn Tage im Sulzachgrunde liegen blieben und raubten, was ihre Vorgänger übrig gelassen hatten. Zuletzt trafen am 28. Oktober noch Wrangel und Turenne mit achtundzwanzig schwedischen Obersten ein, sodaß man die notwendigen Lebensmittel aus den entferntesten Ortschaften mit Gewalt beizutreiben genötigt war.

Es war eine merkwürdige Fügung, daß die Kunde von dem langersehnten Frieden, der am 24. Oktober 1648 zu Münster und Osnabrück in Westfalen geschlossen wurde und deshalb der westfälische heißt, die beiden obersten Heerführer Wrangel und Turenne 51 dahier in Feuchtwangen überraschte. Mit heißem Dank hörten die Bewohner Feuchtwangens die Botschaft, die aber bei Wrangel den höchsten Zorn auslöste darüber, daß es nun mit dem Waffenhandwerk zuende ging. Der im Jahre 1711 als neunundachtzigjähriger Greis verstorbene Feuchtwanger Ratsherr Leonhard Mayer war Augenzeuge, wie Wrangel mit Scheltworten den ersten Eilboten, der die Friedensnachricht brachte, von sich wies, als aber der zweite und dritte kam, voll Zorn seinen Generalshut ergriff, ihn auf den Boden schleuderte und mit Füßen darauf herumtrat.

Eine Hauptbestimmung des Westfälischen Friedens war, daß im Deutschen Reich die drei Kirchen, die katholische, die evangelisch-lutherische und die reformierte völlige Gleichberechtigung haben sollten. Es war also der Plan des Herzogs Maximilian von Bayern, der als Jesuitenzögling der grimmigste Protestantenfeind war, und seiner Geldgeber, der Fugger, den evangelischen Glauben auszurotten, zuschanden und das Wort zur Tatsache geworden, das auf dem Gedenkstein des Schlachtfeldes von Breitenfeld steht: Gustav Adolf, Christ und Held, rettete bei Breitenfeld Glaubensfreiheit für die Welt.

Der Friede war geschlossen, aber noch länger währten die Leiden, die der Heimzug der Kriegshorden dem armen zertretenen und verwüsteten Lande verursachte. Immer wieder mußte das Landvolk die Flucht ergreifen vor den Gewalttaten der entmenschten Söldlinge. Erst im August 1650 konnte in Feuchtwangen wie anderswo, das Friedensfest gefeiert werden. In welchem Zustande sich das Volk nach dem Friedensschlusse befand, schildert ein Eintrag in den Feuchtwanger Gedenkbüchern: "Nach dem Abzug der Franzosen war der Hunger so groß, daß er nicht größer sein könnte, denn die Leute sahen sich aller Habseligkeiten berauft, litten Mangel an Speis, Kleidung und anderen Notdürftigkeiten, wie es denn in der Wahrheit sich also verhalten, daß in allen Bürgershäusern kein Stück Brot mehr zu bekommen gewesen. Auf dem Land war es fast noch schlimmer, denn der Bauersmann wurde durch die onaufhörlichen Kriegspressuren in einen solchen Stand gesetzt, daß er sich nicht mehr erholen oder zu Kräften kommen können, sondern den Bettelstab ergriffen und Haus und Hof verlassen." Viele Jahrzehnte vergingen, bis die Wunden, die der Krieg der Stadt geschlagen hatte, allmählich vernarbten.


50) Dies und das folgende aus dem Prognostikon Meteo-Historikum 1662 von Marko Freund, Nürnberg.
51) Karl Gustav, Graf v. Wrangel, geb. 1613, seit 1636 bei dem schwedischen Feldzug in Deutschland, führte seit dem Rücktritt Torstensons 1646 den Oberbefehl in Deutschland. Gestorben 1676 auf Rügen. Henri de Catour d'Auvergne, Vikomte de Turenne, geb 1611 zu Sedan, evangelisch, focht unter Herzog Bernhard von Weimar im dreißigjährigen Krieg, wurde 1644 Marschall, 1668 katholisch, ließ 1674 im zweiten Raubkrieg die Pfalz verwüsten und fiel 1675 gelegentlich eines Erkundungsrittes bei Sasbach in Baden.

Erstellt am 27.3.1999 durch Hans Ebert
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