Wilh. Schaudig - Geschicht der Stadt ...
Inhaltsverzeichnis
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9. Die Schulen

B. Die deutsche Schule bis zum Übergang des Fürstentums an das Königreich Preußen.

Die Reformation ist die Mutter der deutschen Volksschule. Das ist unanfechtbare Tatsache. Sollen nicht Menschensatzungen, sondern die der heiligen Schrift enthaltene Offenbarung Gottes Quell und Mittel des Glaubens und der Seligkeit sein, so mußte es den Gleidern der evangelischen Kirche auch ermöglicht werden, die heilige Schrift, wie sie Dr. Martin Luther seit 1521 verdeutscht hatte, zu lesen. Das war die Ursache, weshalb hin und her in evangelischen Landen deutsche Schulen gegründet wurden.

In Feuchtwangen ist das bereits im Jahre 1528 geschehen, wie sicher nachzuweisen ist. Auf einem Blatt ohne Zeitangabe, das in den Feuchtwanger Reformationsakten 44 enthalten ist, stehen die Mißbräuche verzeichnet, die im Stift mit dem Altarsakrament verbunden waren. Es heißt da u. a.: Der Kaplan Hieronymus Betz (er war 1520 ins Stift gekommen) habe am Sonntag Judika im Stift über das h. Abendmahl unbiblisch gepredigt. Dieser Predigt hätten beigewohnt Herr Jörg Vogtherr, Jos Moag, einer des Rats, Michel Braun, Bader, "vnd Jörg Hampaß teutscher Schulmeister". "Item es wird die Meß nit allein im Stift, sondern auch in der Pfarr durch Pfarrer, Kaplan und andere Vikarier, die hinein bestellt werden, nach altem römischen Brauch gehandelt." Wenn der Pfarrer Veit Dietrich nebst seinem Kaplan Betz in der Pfarrkirche St. Johannis noch nach römischen Brauch die Messe hielt, so muß das vor dem 15. Oktober 1528 geschehen sein, da an diesem Tag der Magister Hans Gayling evangelischer Pfarrer bei St. Johannis in Feuchtwangen wurde, und somit muß jenes Blatt, das den deutschen Schulmeister Georg Hampaß nennt, auch vor Gaylings Eintritt in Feuchtwangen geschrieben sein. Nun war auch Georg Vogtherr durch seine am 13. März 1528 erfolgte Annahme als Prediger wieder zu Einfluß gekommen und er ists wohl gewesen, der veranlaßte, daß Georg Hampaß als deutscher Schulmeister aufgestellt, bzw. daß eine deutsche Schule gegründet wurde. Und darauf bezieht sich jene andere, ebenfalls der Zeitangabe entbehrende Bemerkung: "Dechant (es war Jakob Jäger 1527 - 1532) will die deutsch Schul nit gedulden. Darob sein, daß es gebessert werde." Diese Bemerkung zeigt die Handschrift Georg Vogtherrs, Mithin können wir als Gründungsjahr der deutschen Schule in Feuchtwangen das Jahr 1528 mit Sicherheit bezeichnen.45

Georg Hampaß war 1525 auf fürstlichen Befehl gegen den Willen des Kapitels, das die Aufstellung des Pfarrmesners für sich forderte, als solcher angenommen worden und führte die deutsche Schule von 1528 bis 1533. An Allerheiligen dieses Jahres legte er die Mesnerei "in Veränderung seines Ehestandes" nieder und die Schlüssel auf den Ratstisch. Er wurde Kastner. Als solcher wird er die Schule keinesfalls weiter geführt haben. Bei dem Fehlen jeder weiteren Nachricht wissen wir nicht, ob ein anderer Schulmeister berufen, oder die Schule einstweilen eingestellt wurde. Fast will es scheinen, daß letzteres der Fall war. Denn Samstag nach Bartholomä, 28. August 1546 schreibt ein Dr. Johann Weymann von Ansbach an den Stiftsdekan Dietrich, er habe gehört, daß im Stift eine Schule aufgerichtet werden soll und empfiehlt für sie seinen Schwager Koberer. Indes hat nicht dieser, der 1548 als "teutscher Schulmeister" in Ansbach Hochzeit machte, sondern Hans Höschmann, der, wie eine Dorfgütinger Urkunde sagt, mit Albrecht Alcibiades im Kriegswesen gewesen war. Er war dahier von 1546 bis 1552. In diesem Jahre wurde er Pfarrer in Dorfgütingen, ist aber bei Nacht und Nebel davon und wahrscheinlich wieder zum Kriegswesen gegangen. Sein Nachfolger war Hans Bauer, der aber nicht lange das Schulamt hatte, obwohl er noch 1565 teutscher Schulmeister heißt, denn 1556 erhält die Stelle Hans Keller. 1564 bittet dieser, ihm wie bisher 4 Jahre lang freiwillig seine Besoldung zu geben. Er habe (neben dem Schulgeld der Kinder) bisher jährlich 5 Gulden, 1 Gulden Hauszins und 3 Klafter Holz erhalten. Am 8. Dezember 1564 hatten der Amtmann Alexander v. Seckendorf und der Vogt Straß sich an den Fürsten gewandt. Sie seinen von der ganzen Gemeinde vielfach angegangen, daß die Jugend nicht so ohne Zucht, Lehr und Ehrbarkeit aufwachse. Wegen der großen Jugend hie sei eines deutschen Schulmeisters not, der die jungen Knaben und Maidlin, die zu solchem sonderlich Lust und Gefallen haben, christlich mit Psalmen, Gebeten, Schreiben, Lesen etc. unterweise. Nicht jeder arme Mann und Bürger könne seinen Sohn zum studio oder in die Länge zur Lehr verlegen, sondern allhie ein arbeitsam Volk, das nit mehr begehrt, denn daß man ihre Kinder mit christlicher Lehr, seinen Namen zu schreiben und lesen unterweise. Es sei schon ein deutscher Schulmeister dagewesen, der von Stadt und Stift einen Pfennig Gelds erhalten und sich kümmerlich dabei ernähren müssen. Der Fürst wolle eine jährliche Besoldung für einen Schulmeister gewähren. - 1564 heißt Keller deutscher Schulmeister und Syndikus, 1568 gewesener Schulmeister. - Ihm folgte 1568 der frühere Pfarrer von Dentlein und gewesene (1561) Vikarier Hieronymus Herp (Herpf), der 1575 noch genannt wird. aber berits 1573 Hans Erhart aus Wildenholz zum Nachfolger hat. Fürst Georg Friedrich befiehlt am 18. August 1573 dem Stiftsverwalter Hufnagel, er solle zur Schulbesoldung jährlich 12 Gulden und ein Simra Korn geben, "damit eure Kinder in tractatione catechismi desto besser und fleißiger geübt werden".

Wo die deutsche Schule untergebracht war, ist nicht bekannt. Im Jahre 1576 kaufte der Stadtschreiber ein Haus am Kirchenplatz um 160 Gulden, im dem Erhart seine Wohnung erhielt, und in dessen Erdgeschoß die Schule hinfort gehalten wurde. Da um diese Zeit der Organistendienst vom Infimat getrennt und mit der Schulstelle verbunden wurde, blieb das Gebäude Organistenhaus bis in die neueste Zeit.

Erhart starb als "gewesener" deutscher Schulmeister 1622. Seine Stelle hatte Martin Lays von Weikersdorf erhalten, der 1626 starb. Am 28. November dieses Jahres sucht Joh. Wolfgang Deuber, Sohn des Bürgermeisters und Schwager des Dekans Horn, um den Schuldienst nach, weil sein Handwerk (er war wohl Goldschmied) in dieser schweren Zeit keinen Fortgang mehr habe. Durch Amtmann von Goltstein erhielt er die Stelle, um die nach Deubers Abgang am 24. Oktober 1634 der bisherige Bürger Georg Hertlein bittet. Wohrend der folgenden Schreckens- und Leidensjahre des Krieges und unter seinen Nachwehen lag die deutsche Schule wohl ganz darnieder. Erst später wird ein deutscher Lehrer Hans Ley genannt, der 1678 im 62. Lebensjahr starb, worauf 1679 Leonhard Vogt von Ansbach Organist und deutscher Schuldiener wurde, dem 1691 Christian Schleif folgte.

Vom eigentlichen Organistendienst in älterer Zeit erfahren wir überhapt wenig. In einem Schreiben vom 14. Juli 1565 heißt es, das Stift habe das Werklein der Orgel aufgerichtet. Seitdem habe es nicht mehr als zwei Organisten gehabt, nämlich zuerst den Johann Beckh, der auf Bitten seines Vetters Dr. Barthol. Amantius angenommen und dem eine Viakrie verliehen wurde, daß er nicht nur Orgel schlagen, sondern auch zu Chor gehen sollte (er war also Geistlicher). Als dieser nach viel Jahren nach Schwäbisch Hall gegangen, sei Bernhard Ammenreich angenommen worden, der dieselbe Vikarie erhielt. Dieser sei jetzt vom Fürsten nach Ansbach gezogen worden 1565. Es wird um seine Rückkehr gebeten. Sie erfolgte aber nicht. Vielmehr befindet sich bei den Akten das Gesuch des Crailsheimer Organisten Gall Kaisersperger um die Stelle. Er erhielt sie und wurde zugleich Infimus an der lateinischen Schule.

Als Vogt 1679 Lehrer war, trug der mit dem Organistendienst verbundene Schuldienst jährlich 24 Gulden, 1 Malter Korn vom Spital, 4 Gulden vom Stift für die Orgel und vierteljährig als Schulgeld 3 Batzen von jedem Kind. (Ein Batzen galt 4 bis 5 Kreuzer.) Bei dem Amtsantritt Schleifs erhielt die Stiftskirche eine neue, in Nördlingen gebaute Orgel. Schleif kam 1700 als Organist nach Gunzenhausen. Sein unmittelbarer Nachfolger war J. Michael Diez, der zuvor Lehrer in Mönchsroth war und sich nach hier gemeldet hatte "wegen mein und meiner Kinder hoffenden, besseren Fortun". Er starb mit 55 Jahren am 15. April 1718. Die Stelle erhielt nun J. Georg Krämer, ein Musikantengesell von hier. Dekan Frieß rühmt seinen großen Fleiß. Er ist mit 57 Jahren am 10. April 1757 verschieden, worauf die Stelle seinem 1733 geborenen Sohn Joh. Ernst Krämer übertragen wurde. Dieser erlebte unter der preußischen Regierung die Neugestaltung des Feuchtwanger Schulwesens, wobei ihm der Unterricht der Mädchen, der im Organistenhause stattfand, zugeteilt wurde. Als Organist und Mädchenlehrer ist er am 3. April 1804 gestorben.

Wie die deutsche Schule 1528 gegründet wurde zum Unterricht im Lesen und Schreiben nebst der Unterweisung im christlichen Glauben, so ist sie auch fortgeführt worden bis der preußische König Besitz ergriff vom Ansbacher Land. Nur wurde später zu den Lehrgegenständen das Rechnen hinzugefügt. Der Schulbetrieb war kein streng geregelter. Lag doch z. B. dem Schulmeister Hans Keller, wie er um 1560 klagt, das Hochzeitladen ob, worüber er die Schule versäumen mußte. Außerdem hatte er viel zu schreiben bei den Ämtern. Mit der Zeit besserten sich zwar die Verhältnisse, aber die deutsche Schule dahier blieb immer eine notdürftige Einrichtung. Es gab nur Einen Lehrer, der Knaben und Mädchen gemeinsam unterrichtete. Schulzwang bestand nicht. Die Kinder kamen in die Schule und traten wieder aus nach ihrem und ihrer Eltern Belieben. Meistens wird nur im Winter Schul gehalten worden sein, wenn man die Kinder nicht zur Arbeit brauchte.

Die Kinder auf dem Lande scheinen völlig ohne Unterricht geblieben zu sein, soferne nicht einzelne derselben von ihren Eltern unterwiesen wurden oder da und dort ein umherziehender Mann sie eine Zeit lang in die Lehre nahm. Das wurde erst anders, als der tüchtitge Dekan Hamberger 1697 die vier Nebenschule zu Banzenweiler, Krapfenau, Oberahorn und Tauberschallbach gegründet und für ihre Lehrer Besoldungen vom Staat und von den Gemeinden erwirkte. Indes werden diese Nebenschulen bis in den Anfang des 19. Jahrhunderts hinein meist mit des Schreibens und Lesens kundigen Handwerkern besetzt gewesen sein, wie sich aus Kirchenbucheintragungen ersehen läßt.
 
Hier sei angefügt, was hinsichtlich der Mesnereien zu sagen ist. Die Ehehaft von 1464 bestimmt: Die Chorherrn nehmen zu ihres Stifts Mesner, wen sie wollen, aber der Pfarrer soll nehmen einen Mesner von den Bürgern. Später aber entschied Albrecht Achilles: Item von des Pfarrmesners wegen, den sollen die Herrn des Stifts Macht haben zu setzen. Von Stiftsmesnern sind wenig Namen bekannt, 1595 Karl Jung, 1682 Leonhard Nast, 1685 Sigmund Nast, 1709 Jakob Hetzel, Schlosser und Stiftsmesner. 1797 wurde die Stiftsmesnerei dem mit der Landschule betrauten Lehrer Büttner übertragen. 1797 verkaufte die Regierung das auf dem Spitzenberg gelegene Stiftsmesnerhaus um 2055 Gulden.

Mehr weiß man von der Pfarrmesnerei, deren Haus neben dem Seelhaus da lag, wo jetzt die Scheune der Adlerbrauerei sich befindet. Nach Ausweis der Akten war 1506 ein Schleierweber Pfarrmesner, der es bis nach dem Bauernkrieg blieb. Dann kam G. Hampaß, von dem oben die Rede war. Georg Reg, der 1587 starb, hatte den Dienst 46 Jahre, die beiden Meckel, Michael, der Vater und Simon der Sohn, 54 Jahre, Wilhelm Brückhner, gegen den mehrmals Klagen wegen Unbotmäßigkeit erhoben werden, gegen 40 Jahre. 1679 wird Lorenz Riegel angestellt. Seine Verpflichtung fand auf dem Rathause statt, doch wurde durch fürstlichen Befehl vom 14. Oktober 1679 bestimmt, daß der Dekan dabei zugegen sein dürfe. 1684 wurden die Läutlaibe und Trögel von Neidlingen, Argshofen, Lochhof und Bechhof dem Lehrer in Dorfgütingen zugewiesen. Dafür bekam Riegel aus dem Stift 1/2 Malter Korn und 3 Klafter Abstandsholz. Die Riegel, Vater und Sohn, hatten die Stelle inne von 1679 bis 1741, Balthasar Wünschenmeyer 1741 bis 1762, Joh. Matthias Büttner 1762 bis 1790, J. Mich. Schmidt, der durch fürstlichen Befehl zur Stelle kam, 1790 bis 1834, wo er im Alter von 88 Jahren starb.


44) Staatsarchiv Nürnberg, Reformationsakten XVI. Nr. 189. Reg. 159.
45) Es ist wahrscheinlich, daß der Pfarrmesner Georg Hampaß schon bei seiner Anstellung beauftragt worden war, eine deutsche Schule einzurichten. Aktenmäßig aber ist erst mit dem oben angegebenen Jahre festzustellen, daß Hampaß als deutscher Lehrer tätig war.

Erstellt am 27.3.1999 durch Hans Ebert
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