Wilh. Schaudig - Geschicht der Stadt ... |
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6. Die Kirchen
Die mit der Gründung des dem göttlichen Erlöser geweihten Klosters zugleich erstandene Kirche mag wohl von recht bescheidener Gestalt gewesen sein. Waren doch in jener Zeit aus Holz hergestellte Kirchen keine Seltenheit. Später, als das Kloster zu größerem Besitz gekommen war, wurde ein stattlicher Kirchenbau in romanischem Stil errichtet, von dem wir uns eine Vorstellung machen können durch ein wohlerhaltenes Siegel an einer am 19. Mai 1293 vom Stift Feuchtwangen für Kloster Seligenporten ausgestellten Urkunde. Das Siegel 15 hat mandelförmige Gestalt. Die umlaufende Schrift Sigillum capitulli in Fiuhthewang besteht aus einem Gemisch von römischen und neugotischen Majuskeln, wie sie im 11. und 12. Jahrhundert im Gebrauch waren, muß also bedeutend älter sein als die Urkunde. Innerhalb der Umrahmung ist die Kirche des Stifts abgebildet, die sich als eine romanische dreischiffige Basilika mit halbrunder Apsis im Osten des Mittelschiffs, niedrigeren Seitenschiffen und zwei Westtürmen mit Pyramidendächern darstellt. Im 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts erfuhr die Stiftskirche einen Umbau. Die Westfassade mit Vorhalle und Türmen blieb stehen. Das Langhaus wurde gotisch gestaltet mit niedrigen Arkadenbögen und ihm ein langgestreckter Chor vorgelegt, welche Gestalt die Kirche heute noch zeigt. Die Türme sind nicht zu gleicher Zeit erbaut, der südliche ist der ältere. Seine Gurtgesimse zeigen die romanischen Friesbögen mit darüber liegender Stromschicht, die sich abwechselnd aus eckigen und abgerundeten Gliedern zusammensetzt. Der nördliche Turm ist der jüngere. Das ergibt sich schon daraus, daß seine Gurtgesimse, die übrigens auch nicht auf gleicher Höhe mit denen des Südturms liegen, in ihren Verzierungen die Merkmale spätromanischer Kunst an sich tragen. Wie beim Südturm sind die Wandflächen der Stockwerke durch Mittel- und Ecklisenen geteilt. Das untere Stockwerk zeigt über dem Bogenfries und der Stromschicht (auch Zahnschnitt genannt) ein mit sog. Rollen oder Pfeifenstielen geschmücktes Gurtgesims. Das zweite ist reich verziert. Diamantierte Bänder laufen von den Schenkeln der Friesbogen herein in die Bogenöffnung und enden in einem lilienartigen Gebilde. Am Gurtgesimse zeigen sich, oben und unten von diamantierten, d. h. mit Nagelköpfen besetzten Bändern begleitet, sich gegenseitig durchschneidende Halbkreisbogen. Das dritte Gurtgesims ist mit mehrfachen diamantierten Bändern geschmückt. Die Fensteröffnungen des 3. Turmgeschosses sind in ihrer Laibung mehrfach ausgeeckt und in den Laibungswinkeln von kräftigen Wulsten umzogen. Die zwischen den Türmen liegende Vorhalle, die sich mit einem überhöhten, kräftigen mit Prismen besetzten, wulstartigen Halbkreisbogen nach Westen öffnet, zeigt beiderseits Dreiviertelsäulen mit attischer Basis, deren verzierte Kämpfer den Bogen tragen. Das darüber liegende Geschoß hat ein prächtiges, von einem im Zickzack gebrochenen Rundstab umzogenes Fenster und einen ebenso reichen Bogenfries, wie der 2. Stock des Nordturmes. Die vom Verfasser gehegte Vermutung, daß der Nordturm und Vorhalle ein Werk der im 12. Jahrhundert blühenden Hirsauer Kloster-Bauschule sein könnte, ebenso wie der Klosterkreuzgang, fand die Zustimmung des Wiederherstellers der Stiftskirche Prof. Dr. Schmitz in Nürnberg. Die Vermutung legte sich deshalb nahe, weil das Kloster Hirsau das nicht weit entfernte Dorf Segringen besaß, dessen Gotteshaus einst die Mutterkirche von Dinkelsbühl war, und weil die Hirsauer Äbte im Kloster Mönchsroth ihren Altersitz hatten, wie des Näheren Seite 7 ausgeführt worden ist. Die mit Tonnengewölbe überspannte Vorhalle enthält bemerkenswerte Fresken. Oben, auf dem rot mit weißen Sternen übermalten Gewölbe sehen wir in der Mitte in mandelförmiger Umrahmung Christus, thronend auf dem Regenbogen, die Rechte segnend erhoben, die Linke gestützt auf das Buch des Lebens. Das schmale, länglichte Angesicht des Heilandes erinnert an byzantinische Vorbilder. Nach sachverständiger Aussage handelt es sich um Übermalung eines im 12. bis 13. Jahrhundert entstandenen Bildes. In den Ecken des Gewölbes finden sich rund umrahmt die vier . Die zeigt über der gotischen Eingangstüre ein spätgotisches Kreuzigungsbild, zur Rechten und Linken ebensolche gemalte Architekturen, auf denen das angebliche Wappen Karl des Großen angebracht ist. Rechts von der Türe tritt uns der h. Christophorus entgegen, wie er das von ihm nicht erkannte Jesuskind übers Wasser trägt. Die auf die Seitenwand überspringende Malerei zeigt uns das Wappen der Herren von Ehenheim (jetzt Enheim bei Marktbreit), deren drei nach einander von 1496 bis 1524 in Feuchtwangen Amtmänner waren, und von denen jedenfalls einer Stifter der Malerei gewesen ist. Unter dem Wappen befindet sich ein, jetzt nicht mehr leserlicher lateinischer Spruch in leonischen Versen
Christophore
sancte virtutes sunt tibi tante
qui
te mane videt nocturno tempore ridet.
Zu deutsch: Heiliger Christoph, du hast solche Tüchtigkeiten (Kräfte), wer dich morgens anschaut, lacht des Abends. Es war nämlich im 15. Jahrhundert der Aberglaube aufgekommen, daß, wer früh das Bild des h. Christoph anschaut, selbigen Tages keines jähen Todes stirbt. Deshalb malte man ihn an den Eingang der Kirchen. Unterhalb der Inschrift, aber kaum mehr erkennbar, ist die Gestalt des Einsiedlers, der nach der Sage dem h. Christoph leuchtete. Links von der Türe sehen wir das Bild Karl des Großen, des angeblichen Stifters des Klosters, im Kaisermantel mit Spangenkrone und Scepter. - Das Mittelschiff war flachgedeckt, ebenso wie die durch je vier Rundpfeiler von ihm getrennten Seitenschiffe. Der Chor ist mit gotischen Gewölben überspannt, deren Rippen aus den an den Wänden hinauflaufenden Diensten wachsen und im Scheitel in schönen Schlußsteinen zusammenlaufen. Der über dem Hochaltar befindliche Schlußstein zeigt das Lamm mit der in neugotischen Majuskeln gehaltenen Inschrift: Ecce agnus dei qui tollit peccata mundi. Daneben ist auf dem Gewölbezwickel wieder das Wappen Karl des Großen mit der Umschrift: Arma Caroli Magni impieratoris (sic!) fundatoris hujus ecclesie collegiate beate Marie virginis. - In der Verlängerung des nördlichen Seitenschiffes, jedoch höher als dieses, war die gotisch überwölbte Sakristei, in der unterhalb des östlichen gekuppelten Doppelfensters ein Altar angebracht war. Die Kirche hatte im Mittelalter dreizehn Altäre, nach denen jedenfalls die einzelnen Vikarien benannt waren. Sie scheinen, nach noch vorhandenen dürftigen Resten zu schließen, von geringem Kunstwert gewesen zu sein. Anders verhält es sich mit dem Hochaltar, einem Erzeugnis aus der Werkstatt Michael Wohlgemuths in Nürnberg. 16 Nach den Rechnungen des Stifts, soweit sie im Nürnberger Archiv vorhanden sind, hat Wohlgemuth, nachdem das Werk in Begleitung von ein paar Reisigen von Nürnberg nach Feuchtwangen geschafft worden war, es am Tag der Brigitta, den 7. Oktober 1483, eigenhändig in der Stiftskirche aufgestellt. 17 Im Schrein steht mit den Füßen auf dem Mond die Jungfrau Maria mit ungemein lieglichem Gesichtsausdruck, in der Rechten ein Scepter, auf dem linken Arm das Jesuskind, das seine Segenshand gegen die Gemeinde ausstreckt. Die geschlossenen Altarflügel stellen die Verkündigung Mariens dar genau nach einem Kupferstich Martin Schongauers gemalt, dessen Stiche ja häufig von Malern als Vorlagen benützt wurden. Die geöffneten Türen zeigen links oben die Begegnung Mariens mit Elisabeth, darunter die Weisen aus dem Morgenland, rechts oben die Geburt Jesu, darunter den Tod der Maria, bei dem der Sage nach die Apostel versammelt waren. Da nicht alle auf der Tafel Platz fanden, sehen wir nur teilweise ihre Nimben, zwischen denen ein Gesicht mit geschwollener Wange erscheint. Es ist der Apostel, der das Rauchfaß anbläst. Die geschlossenen Predellatürchen zeigen die vier Evangelisten in der Gestalt der vier großen Kirchenlehrer Gregor, Hieronymus, Ambrosius und Augustin. An den Innenseiten ist St. Johannis dargestellt mit einem Kelch, aus dem eine schwarze Schlange springt, anzudeuten, daß ihm ein vergifteter Trank nicht geschadet hat, und St. Andreas mit dem Schrägkreuz. Zu beiden Seiten der Predella der deutsche Doppeladler und das Wappen Karl des Großen. Die Rückseite des Altars stellt in handwerksmäßiger Malerei Maria mit dem Kinde dar. Unter ihrem von zwei Engeln ausgebreiteten Mantel knien die Stiftsherren. Das halbrund geschnitzte Marienbild am Altar, über dem zwei Engel eine Krone halten, dürfte vielleicht der Maler Ulrich, der auch Bildschnitzer war und in Wohlgemuths Werkstatt arbeitete, hergestellt haben. Von der Verstümmelung und der Wiederherstellung des Altars in einem späteren Abschnitt.
Eine zweite Sehenswürdigkeit der Stiftskirche aus dem ausgehenden Mittelalter bildet das eichene Chorgestühl, das in seiner Eigenart auf einen schwäbischen Meister schließen läßt, dessen Name unbekannt, dessen Bild aber am Gestühl selbst zu sehen ist. Denn wen sollte das lebensvolle Brustbild am Zwischeneingang in die südliche Stuhlreihe anders darstellen als den Meister, der mit der Rechten ein Schriftband hält, während der Zeigefinger mit der linken Hand auf die Brust des Mannes gerichtet ist, der damit sagen will: Ich habs gemacht. - In der Stiftskirche wurden, scheint es, die mit den besonderen Würden bekleideten Kanoniker begraben, wie mehrfach vorhandene erzene Grabtafeln bezeugen, aber auch adelige Personen. Das schöne Loy Häringsche Epitaph des Lukas Feyrer war früher außen im Kreuzgang angebracht.
Wie schon erwähnt, besaß das Stift eine große Anzahl von Reliquien. 18 Das größte Heiligtum aber war der Nagel vom Kreuz Christi, der in Gold gefaßt war. Er bildete später einen Teil des aus drei mit den Spitzen zusammenstehenden und mit der Dornenkrone umgebenen Nägeln bestehende Stiftswappen, während, wie oben gesagt, noch um 1300 das Stiftssiegel das Basilikabild zeigt. Im Jahre 1353 hat Papst Innozens VI. das Fest des Speeres und der Nagel allgemein angeordnet. In Feuchtwangen hat die Verehrung des hl. Nagels, der vielleicht im 13. Jahrhundert ins Stift gekommen war, schon frühe begonnen. Am 12. Januar 1313 gibt Arnold von Tierbach bei Ansbach mehrere Eigenleute zu Mosebach dem hl. Nagel zu Fuhtwangen, und am 6. August 1345 verkauft Friedrich von Wildenholz, Ritter, dem Nagel sein Eigenrecht auf einen Mann zu Birkelbach. 1335 stiftete Leonhard Hausel goldene Schellen zum hl. Nagel. - Daß beim Vorhandensein so vieler Reliquien der Zulauf Andächtiger ein großer war, läßt sich denken. Besonders wird das an der Kirchweih des Stifts, am 1. Sonntag nach Walburgi, der ja zugleich Reliquienfest war, der Fall gewesen sein. Da wurden dem auf dem Kirchhof versammelten Volk vom Reliquiarium, der jetzigen Stadtlandschule, aus die Stiftsreliquien zur Verehrung vorgezeigt. Wohl auch am "Kreuzfreitag", von dem im Abschnitt von der Reformation Näheres gesagt ist, wird dies und zwar hauptsächlich mit dem hl. Nagel geschehen sein. Von alter Zeit her war aber auch die Stiftskirche mit mancherlei Ablässen ausgestattet, so von Papst Innozenz II. etwa 1198, von Honorius II. 1213, von Honorius IV. 1279, von Nikolaus IV. 1283. Ferner sind genannt zwei Ablaßbullen Martin V. vom Jahre 1417 (?), dann Ablaß auf 7 Jahre durch Sixtus IV. und wieder mehrere Ablässe vom Jahr 1493, der von Bischöfen gewährten Indulgenzen ganz zu schweigen. - Noch ist hier zu gedenken der Glocken auf den Stiftstürmen. Im Südturm hängt die große, 50 Zentner schwere, von herrlichem Ton. Sie trägt die Inschrift: Me resonante pia populi memor esto Maria. Anno domini M0CCC0XVII0 Seifridus me fecit. Alleluja, amen alleluja. - Sie entstand also genau 100 Jahre vor dem Beginn der Reformation. Die zweitgrößte Glocke des Süd- oder Kranzturms, ebenfalls eine herrliche, aber etwas kleinere, die früher auf dem Nordturm hing, trägt als Inschrift Ave Maria etc. und die Jahreszahl MCCCCXX. Eine kleinere Glocke mit dem Namen der vier Evangelisten in neugotischen Unzialbuchstaben. - Auf dem nördlichen Turm befindet sich eine Glocke von 1544 mit der Inschrift Magister Conradus Gnoczhaimer me fudit, sowie eine bienenkorbförmliche, die, wie eine ebensolche im Uhrtürmchen, nach sachverständigem Urteil (1917) aus dem 11. bis 12. Jahrhundert stammen. Die zweite Glocke des Uhrtürmchens, wie jene wahrscheinlich von abgegangenen Außenkapellen stammend, gehört dem 15. Jahrhundert an.
Die St. Johanniskirche böte uns ein bauliches Rätsel, wenn wir nicht annehmen wollten, daß sie als Pfarrkirche in sehr hohes Alter hinaufreicht. Daß dies aber der Fall ist, dafür sprechen verschiedene Umstände. Da ist einmal die Steinfügung der südlichen Umfassungsmauer in ihrem westlichen Teil. In der Zeit der romanischen Baukunst hätte man sicher kein solches Steingefüge hergestellt. Sodann die schmucklose Einfachheit der ursprünglichen Formen, vor allem des ehemaligen Chors, denn anzunehmen, daß die Kirche einen Turmchor hatte, fühlt man sich geradezu gezwungen. Einmal steht der Turm in der Achse der Kirche. Würde man den Fall setzen, daß wie gegenwärtig der gotische, so einst ein romanischer Chor zwischen Langhaus und Turm eingeschoben gewesen sei, so müßte hinter dem Choraltar der Turmeingang befindlich gewesen sein, was wohl nirgends sich findet, zudem ist dieser Eingang für eine keinem anderen Zweck dienende Zugangspforte in dieser Hinsicht viel zu groß. Weiter die Anlage der ehemaligen, jetzt vermauerten und tief in den Boden hineinreichenden Kirchentüre, die genau in der Mitte der Südmauer lag, wenn das Langhaus sich bis zum Turm erstreckte, aber nahe am Chor gewesen wäre, wenn dazwischen ein solcher bestanden hätte. Es mußte auch, als der gotische Chor erbaut wurde, die Türe ein ganzes Stück nach Westen verlegt werden, um die Mitte des Kirchenraumes zu gewinnen. Alles dies zwingt zu der Annahme, daß der untere Turmraum den ehemaligen Chor bildete. Würde man hingegen einwenden, daß dieser Chor nur eine kleine Lichtöffnung gegen Osten gehabt hätte, so wäre darauf hinzuweisen, daß das einesteils wohl der Sicherheit wegen so angeordnet war, und daß andernteils selbst die Klosterkirche ums Jahr 1000 noch keine Fenster hatte. Wie vielmehr wird man ums Jahr 800, bis auf welches wohl die Grundbestandteile der St. Johanniskirche zurückgehen, sich gehütet haben, weite Lichtöffnungen herzustellen. Was den weiteren, etwa zu erhebenden Einwand betrifft, daß bei Annahme eines Turmchores der Chorbogen viel zu niedrig gewesen wäre, so ist zu bedenken, daß der Fußboden der Kirche einst viel tiefer gelegen hat als jetzt. Zeuge hierfür ist die vermauerte Pforte. Dabei ist zu bedenken, daß das ganze Stadtgelände im Laufe der Jahrhunderte sich nachweisbar um 1 bis 1 1/4 Meter gehoben hat. Bei dem Kirchhofe ist das umsomehr der Fall, als auf diesem kleinen Raume bis 1540 sämtliche Leichen der Pfarrei bestattet wurden und man der Begräbnismöglichkeit wegen Aufschüttungen von Erde vornahm. Steht nun fest, daß die Kirche einen, natürlich flachgedeckten Turmchor hatte, dann begreifen wir auch ihr hohes Alter und die Einfachheit aller Formen, wie sie auch an der ehemaligen Eingangstür erscheint, die nur oben durch ein kleines vertieftes Tatzenkreuz geschmückt ist. Zur Zeit der Herrschaft des romanischen Stils hätte der damals im Aufblühen begriffene Ort Feuchtwangen sicher nicht sich eine Kirche von so dürftigen Verhältnissen gebaut. - Dies trifft auch zu für die ohne jede Gliederung aufsteigenden Turm. Allerdings hat er oben ein Kranzgesims und gekuppelte Schallöffnungen, aber dieses Stockwerk ist ein Aufbau aus spätromanischer Zeit, wie die verzierten Eckblätter an den Füßen der Fensterteilungssäulen erkennen lassen. Wohl Ende des 14. Jahrhunderts und gleichzeitig mit der Erbauung des gotischen Chors der Stiftskirche wurde bei der St. Johanniskirche ein gotischer Chor zwischen Turm und Langhaus eingeschoben, was die Verlegung der Südtüre nach Westen hin bedingte. Durch den Baumeister Johann Klenk erhielt der Turm 1484 einen achteckigen Aufbau, der mit einer durchbrochenen Steinpyramide gekrönt war. Im Inneren trat an die Stelle des romanischen ein gotischer Taufstein. Später wurde die in barocker Gotik gehaltene Kanzel hergestellt. Das Sakramentshäuschen, das die mit schwarzer Farbe aufgeschriebene Jahreszahl 1489 trägt, von dem aber der Fuß und die mittlere Fiale abgeschlagen sind, ist jedenfalls eine Stiftung der Familie Ehenheim. Links davon kniet die lebensgroße Gestalt des Ritters Jörg von Ehenheim zu Forndorf, der von 1486 bis 1499 Oberamtmann zu Feuchtwangen war. Er ist gepanzert, trägt die Schwanenritter-Ordenskette und schaut auf zur Monstranz im Sakramentshäuschen, zu dem er die zusammengelegten Hände erhebt. Das von zwei kleinen bekleideten Gesalten gehaltene Schriftband trägt die Inschrift: "An ... 1499 jar am Tag vor Sant Valentin (23. Februar) starb der edel vnd vest Jörg von Ehenheinven." Ebenso ungeschickt und fehlerhaft ist die Inschrift des anderen Bandes. Das Denkmal, das im übrigen sehr gut gearbeitet ist, und lebenswahre Züge des Verstorbenen aufweist, ist dem Jörg von seinem Bruder Sixt, Mitbesitzer von Forndorf, das ihm 1476 teilweise verliehen worden war, gesetzt worden. Sixt war auch 1499 bis 1505 sein Nachfolger als Oberamtmann dahier. (Jahresbericht des Histor. Vereins von Mittelfr. 1873 und 1874.) Der jetzige im sog. Ohrenbarock gehaltene Altaraufbau enthält im Christusbild und in dem Johannes und der prächtigen Maria, sowie in dem zuoberst stehenden Ecce homo-Bild mittelalterliche Kunstwerke. Das hübsche Chorgestühl zeigt ausgehende Gotik. Bemerkenswert ist der Sakristeianbau, bestehend in zwei übereinander liegenden romanischen Kreuzgewölben, von denen das obere nur vom Chor aus mittelst Leiter zugänglich ist. Die größere Glocke von sehr gutem Klang hat die Inschrift Ave Maria u.s.w, und stammt den zwischen den einzelnen Worten abgebildeten Glocken nach von demselben Gießer und aus derselben Zeit, wie die zweitgrößte der Stiftskirche, von 1420 mit gleichartiger Inschrift.
Die Johanniskirche war, wie gesagt, Pfarrkirche. Dem Kirchenpatron Johannes dem Täufer benedizierte 1464 der Augsburger Weihbischof einen, jedenfalls den Hauptaltar. Sonst scheint die Kirche noch einen Altar, wahrscheinlich einen Marienaltar rechts vom Chorbogen gehabt zu haben. Ablässe erhielt eine so alte Kirche gewiß verschiedene. Bekannt ist der durch Papst Clemens VI. zu Avignon am 15. Juni 1344 erteilte. 19 - Durch alle Jahrhunderte, solange eine christliche Gemeinde Feuchtwangen besteht, sind deren Kinder in dieser Kirche getauft worden. - In der Registratur des Feuchtwanger Dekanates finden sich ein Pergamentbuch in Holzband, das die Überschrift trägt in Minuskelschrift: "In nomine domini. Dornoch stand die Czins der pfarr zu Fuchtwange." Aus diesem Buch, das um 1400 geschrieben ist, ersieht man, wie reich damals die Einkünfte der Johanniskirche, denn das ist unter "pfarr" zu verstehen, gewesen sind. Sie besaß eine ganze Anzahl von Geldgilten und noch mehr "ewige Kühe" und "ewige Rinder", von deren jeder sie jährlich ein Pfund Wachs bezog. Diese "ewigen Kühe" konnten verkauft werden. Der Käufer hatte aber die Abgabe weiter zu reichen. Außerdem ist ein Lehengut zu croßschalpach aufgeführt, das der Mülich seliger an daz gotzhauß gab. Dies hatte jährlich 31 Schilling Heller, wovon der Pfarrer elf erhielt, dann zu Ostern 30 Eier, ferner ein vasenacht hun und zwei Herbsthühner zu reichen. Dagegen soll das Gut kein Dienst tun, d. h. nicht frohnen. Bei einem Falle (Todesfall oder Besitzwechsel) soll man geben ein Pfund Heller und drei Hühner zu hantlange (Handlohn). Ähnlich, nur geringer waren die Abgaben von einem Lehengut in Metzlesberg, auf dem damals Chuntz Flayschmann saß. Weiter gab der Jörgenhans vier Hühner von einem Garten gelegen zu der Rüdigersmül, jetzt Walkmühle. Auch sol der mülner verzehenden was er hat auff der mülen klain vnd groß.
Bezüglich der Vermögensverwaltung bei der St. Johannis- oder Stadtkirche muß es sehr früh schon zu Streitigkeiten zwischen Stift und Stadt gekommen sein. Im Jahre 1464 entschied Kurfürst Albrecht Achilles: "Von den Heiligenpflegern wegen der Pfarrkirchen zu Feuchtwang haben wir beteidingt und gemittelt, daß die Hern des Stifts einen aus dem Rat zu Feuchtwang und sonst einen, wen sie wollen, setzen und dieselben Heiligenpfleger eines jeglichen Jahres einem Kapitel, und wie von Alter herkommen ist, Rechnung tun sollen angeverde." Somit hatte die Stadt es erreicht, daß einer ihrer Ratsherrn Mitverwalter des Kircheneinkommens war. Wie sie diese Vollmacht weiter auszudehnen suchte, davon später.
Es müssen aber früher noch mehr Güter vorhanden gewesen sein. Am Abend Michaelis, 28. September 1322 kauft der Pfarrer Heinrich von Nortenberg einen Hof zu Sommerau, 1327 einen Zehnten zu Banzenweiler. - Hermann, von Mackenhofen genannt, vermacht ein Pfund Heller jährlicher Gilt "an unser Frauen Kerzen zu der Pfarr zu Feuchtwang und auch zu der Wandelkerzen daselbst, die man brennet, so man unseres Herrn Leichnam wandelt untz (bis) ihn der Priester verzehrt". Diese Gilt geht von dem Tagwerk Wiese, "die da gehören in den Diemenhof (Ameisenbrücke) und genannt sind die lange Klinge. Zugeben an Sunnwenden St. Johannistag". - St. Valentinstag, 14. Februar, 1357. Als Zeugnis damals bestehender Sitten und Gebräuche mag diese Urkunde des städtischen Kopialbuches Erwähnung finden.
Die Inkorporation ins Stift war aber nicht förderlich für die Besitzverhältnisse der Kirche. Es hat z. B. der Bischof Heinrich von Augsburg 1341 gestattet, daß die Einkünfte der Pfarrkirche auf vier Jahre hinaus dazu verwendet wurden, die Stiftsschulden zu bezahlen und die Kirchengebäu auszubessern. Sie müssen damals also nicht gering gewesen sein. Das Stift gestattete sich auch außerdem mancherlei Eingriffe in das Vermögen der Pfarrkirche. In den Übereinkommen, das 1464 durch den Markgrafen Albrecht Achilles zwischen Stift und Stadt getroffen wurde, heißt es, die Stadt klage, daß das Stift etliche Güter, die zur Pfarr gehören, in des Stifts Nutzen gezogen habe. Das soll fortan nicht geschehen.
Weitere Einkünfte der Kirche waren die in eine Abgabe von 1 Ort (= 15 Kreuzer) 21 Pfennig verwandelten 2 Pfund Wachs von drei Viertel Tagwerk Wiesen "an der Schlot" 20 in der Ampfarach. Die Bezeichnung im Zinsbuch lautet: "von einer Wiesen gelegen an der werncz dy do leit in dem scletdach". Das Lehengut in Vorderbreitenthann, jetzt H.-Nr. 25, das außer Handlohn jährlich 1 Gulden 2 Ort, 1 Herbsthuhn und 1 Fastnachtshuhn gab, ist erst im Laufe des 15. Jahrhunderts an die Kirche gekommen. Der Eintrag im Zinsbuch: "Item Fritz Strölein von preitenton geit ii (2) Gulden vnd ein firtail an Vasnacht hünnern." Zinsen von Häusern gab es 1597 noch "von der hinteren Badtstuben", von einem Häuslein nächst bei der Spitalkirchen, von einem an der Mauer und noch einem weiteren Haus. Die Wachszinsen waren bis zu jenem Jahr zusammengeschmolzen bis auf jenen von der Wörnitzwiese, von einer Einfahrt in Feuchtwangen und 42 Pfennig für ein Pfund Wachs von Gerenberg, wahrscheinlich von den von späterer Hand auf der letzten Seite des Zinsbuchs verzeichneten 2 Ewigrindern. Das ausgeliehene Kapitalvermögen betrug 599 Gulden im Jahre 1597. Höchstwahrscheinlich sind 1563 bei der Einziehung des Stifts auch Vermögensteile der Pfarrkirche verloren gegangen.
Gemäß der Vereinbarung von 1464 geschah die Verwaltung des Kirchenvermögens durch zwei Pfleger, deren einer vom Rat der Stadt, der andere vom Stift bestellt wurde, und die dem Kapitel Rechnung legen mußten. Abgehört wurden die Rechnungen an Petri (Stuhlfeier, 22. Februar), wozu nach dem Abkommen von 1464 einer vom Rat und "sonst einer, wen sie wollen," beigezogen werden mußte. Nach der noch vorhandenen ältesten Rechnung, der von 1597 geschah es durch den Pfarrer, die beiden Kapläne und den Stiftsverwalter.
Von der Kapelle Petri und Pauli auf dem Kärnter, dem Aufbewahungsort der ausgegrabenen Totengebeine, sowie von ihrem Umbau in einen Fruchtkasten durch den Verwalter Hufnagel war schon früher die Rede. Es erübrigt noch, der anderen gottesdienstlichen Stätten zu gedenken, die im Laufe der Zeit verschwunden sind. Es sind das die verschiedenen Kapellen, von deren Versehung keine Kunde auf uns gekommen ist, deren Bedienung aber jedenfalls Aufgabe der Stiftsvikarier war.
Die älteste davon war wohl St. Michael auf dem Michelsberge über der Stadt, der seit hundert Jahren den unbegründeten und ungeschichtlichen Namen Königshöhe führt. Von dem mutmaßlich hohen Alter und der Entstehung des Michelskirchleins ist bereits im 5. Abschnitt gehandelt. Es stand da, wo die städtischen Anlagen mit ihrem oberen Saume aus der nördlichen in die östliche Richtung abbiegen. Die Kapelle ist es wahrscheinlich nicht gewesen, die dem Berg ursprünglich den Namen gab, sondern der Berg trug schon vor ihrer Erbauung den Namen Michelsberg. Später wurde dieser Name freilich von der Kapelle hergeleitet, wie in jener Urkunde vom 10. Oktober 1356 wo der Berg "zu sant Michel" heißt. (R. B. 8, 358). Auf ihm besaßen die "Jungfrauen von Steinbach" (wahrscheinlich Insassinen eines Beguinen-Klösterleins in dem früher nach Aurach gepfarrten Weiler Steinbach) ein Holz. Der Michelskapelle verlieh Papst Sixtus IV. am 10. Mai 1476 einen Ablaß von 100 Tagen. Sie heißt da gelegen außerhalb der Mauern der Stadt Feuchtwangen (extra muros oppidi Feuchtwang.) Der Ablaß hatte zum Zweck, daß sie mit Büchern, Kelchen, Kerzen, Kirchen-(Meß-) gewändern und anderen zum Gottesdienst nötigen Dingen hinreichend ausgestattet würde. Von der Prozession, die in der Bittwoche von St. Michael nach St. Leonhard ging, ist im Abschnitt von der Reformation zu lesen. Als 1532 bei der in Ansbach herrschenden Pest die Regierung hieher geflohen war, wurde das Begräbnis der Pestleichen vom Lande auf dem Kirchhof verboten. Die Landleute bestatteten ihre Leichen teilweise bei St. Michael. Noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden in dem Acker, wo einst die Kapelle stand, Schädel mit vollständig erhaltenen Zahnreihen gefunden. Sie rührten her von Pestleichen jugendlicher Personen, die dort begraben wurden. - Noch am Anfang des 18. Jahrhunderts sah Bürgermeister Bärmeyer die Trümmer des Kirchleins. Jetzt ist jede Spur verschwunden. Da eine Michelspflege bestand, muß die Kapelle auch Vermögen gehabt haben. Die genannte Pflege wurde im 17. Jahrhundert mit der auf dem Friedhof erbauten Kirche vereinigt, der man dann irreführender Weise den Namen St. Michael beilegte. Etwas aber ist doch von der uralten Michaelskapelle auf unsere Zeit gekommen. Das ist die "Mooswiese", von der bereits im 5. Abschnitt die Rede war, und von der sonderbarerweise keine ältere Nachricht vorhanden ist. Erst am 22. März 1624 wird sie bei Gelegenheit eines Sterbefalls beiläufig erwähnt. Sie war das Patrociniumsfest (Kirchweihe) von St. Michael.
Auf dem Leonhardsberge stand die St. Leonhardskapelle. Leonhard war der Schutzherr nicht nur der Gefangenen, weshalb in seinen d. h. ihm geweihten Kirchen Ketten aufgehängt, ja diese Gebäude selbst mit Ketten umspannt wurden, sondern auch der Kreißenden und der Pferde. Auch die ihm dargebrachten Weihgeschenke, die sonst von Wachs gemacht wurden, bestanden aus Eisen. Die Leonhardskapelle war wohl sehr alt. Nach der Reformation verfiel sie und als man in Feuchtwangen auf dem Friedhof eine Kirche bauen wollte, verfügte Markgraf Georg Friedrich am 11. Oktober 1570, daß man zu diesem Bau St. Leonhards ödes Kapellein, sofern dasselbe niemand dienlich oder nützlich, sondern ohnehin zugrunde gehen will, dazu gebrauche. Es dauerte noch bis 1620, daß die Absicht zur Ausführung kam. Da wurde die Kapelle, die eine Zierde des Sulzachtales wäre, leider abgebrochen und aus ihren Steinen das Friedhofkirchlein erbaut. Als im Jahre 1834 Leute von Kaltenbronn auf dem Leonhardsberge an der Stelle, wo die Kapelle gestanden war, Grabarbeiten vornahmen, fand man dort im Boden eine Anzahl eiserner Pferdchen und Figürchen, die entweder etwas (ein Kind) in den Armen tragen oder die Hand an den Leib legen. Es waren die Weihgeschenke, die dem Leonhard dargebracht wurden, wenn, wie man meinte, durch seine Hilfe ein krankes Pferd gesund oder ein Kind glücklich zur Welt gebracht worden war. Beim Einlegen des Kirchliens waren sie in den Boden geraten. Jetzt sind sie den Sammlungen des Histor. Vereins von Mittelfranken in Ansbach einverleibt.
Nahe der Stadt vor dem oberen Tor befand sich die Kapelle St. Jodokus oder St. Jos und Nikolai apud leprosos, bei den Aussätzigen. Sie stand da, wo jetzt die Wirtschaft zum Grünen Baum sich befindet. Nach Stieber, Histor. Nachrichten, S. 366, soll sie im Jahre 1464 durch den Augsburger Suffragan geweiht und durch Papst Pius II. (1464 - 1471) mit Ablaß versehen worden sein. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, daß an ihrer Stelle schon früher eine Kapelle für die "Sondersiechen" stand. Der Aussatz war ja schon durch die Kreuzzüge aus dem Morgenland in Deutschland eingeschleppt worden und hatte sich weit verbreitet, sodaß jede Stadt ihr Siechenhaus außer ihren Mauern hatte, so Leutershausen, Rothenburg, Windsheim, wo noch die Namen davon vorhanden sind. In Nürnberg war es St. Johannis. In Feuchtwangen stand das Haus der Sondersiechen, die von der menschlichen Gesellschaft ausgeschlossen waren, da, wo an der "Siechenpeunt", die jetzt noch an jene alte Zeit erinnert, abseits vom Wege das Anwesen Hs. Nr. 4 1/10 sich befindet. Da die unglücklichen Kranken keine Kirche besuchen durften, errichtete man ihnen eigene Kapellen und eine solche Sondersiechenkirche war auch die Joskapelle zu Feuchtwangen. Schon 1647 war diese verfallen. Im Jahre 1700 benützte man die Reste zum Bau eines Amtshauses an dieser Stelle, woraus später die jetzige Grünbaumwirtschaft wurde.
Die Kapelle St. Ulrich stand bei dem Weiler gleichen Namens. Sie hatte 1402 eine Wiese bei dem schönen Weiher. Auch wird sie erwähnt in einer Urkunde vom 2. Februar 1426. Wahrscheinlich war sie sehr alt, was daraus zu schließen ist, daß bei ihr sich im Laufe der Zeit Leute niederließen, deren Siedlung von der Kapelle den Namen empfing. Reste von ihr sind eingebaut in das Hs.-Nr. 6 daselbst.
Ähnlich werden die Verhältnisse gelagert gewesen sein bei der Kapelle "St. Maria zum oder auf dem Berg". Auch hier erwuchs neben dem Kirchlein ein Wohnort, dem nach Verschwinden des Namen St. Maria die Bezeichnung "zum Berg" verblieb. Näheres über die Kapelle ist nicht bekannt. Sie lag an der Westseite des Gehöftes Hs.-Nr. 17 und ist schon frühzeitig verschwunden.
Dagegen steht von der Kapelle St. Cyriakus bei Schwaighausen noch der westlich angebaute Turm und ein Stück des Kirchhauses. Schwaighausen (Schweige = Viehtrift) oder wie es sonst hieß, die sechs Häuser von Schwaighausen, war nach Feuchtwangen gepfarrt. Dahin gehörte auch die St. Cyriakuskapelle. Cyriakus (translatio 8. August) wurde wohl deswegen zum Kirchenheiligen gewählt, weil er für den Schutzherrn gegen die bösen Geister gehalten wurde, und weil die Nähe großer Wälder in jener zum Aberglauben geneigten Zeit wohl das Gefühl des Unheimlichen und Gespenstischen hervorrufen konnte. Im Volksmunde heißt die Ruine "Zirkelkappel". Außer diesen Namen erinnert an den ehemaligen Schutzheiligen noch der Umstand, daß die Leute von Schwaighausen mit ihrer anfangs August stattfindenden Kirchweihe unbewußt heute noch das Patrociniumsfest des hl. Cyriakus, nämlich den Tag der Erhebung seines Leichnams (translatio), feiern.
In Leuperzell stand die Kirche St. Johannis. Ihr Platz war nördlich vom Burgstall der Herrn von Liutprechtzelle auf dem Hügel, den die dortigen Bauern am Anfang des 20. Jahrhunderts abgetragen haben. Man fand dabei ein Gerippe, jedenfalls von einem Burgherrn herrührend, der in der Kapelle begraben war. Diese scheint ziemlich ansehnlich gewesen zu sein, Sie war Johannes dem Täufer geweiht, was auf hohes Alter schließen läßt, wie denn die Ritter, deren Burgkapelle sie war, schon frühzeitig im 13. Jahrhundert urkundlich genannt sind. Als 1370 der eine Teil des ritterlichen Besitzes, der Niederteil, an die Stadt Feuchtwangen verkauft worden war, kam diese in Besitz des Patronates der Kirche, des Kirchweihschutzes und des Hirtenstabes. Die Kirchweihe fand am Johannistage statt. Die Kirche, die von Stiftsvikariern bedient wurde, heißt 1434 ein Filial von Feuchtwangen, 1454 wurde zu ihr ein Gütlein in Dorfgütingen gekauft. Von Hans Heyden sind 1473 Felder eben dahin gekauft worden. 1495 ist Hans Hirsing, Chorvikarier in Feuchtwangen, Verweser der Kapelle. 1501 bis 1515 ist der Müller Hans Herbst Heiligenpfleger. Der Dechant des Feuchtwanger Stifts hieß der Kapelle Schirmer und Aufseher. Mit dem Erwerb der Leuperzeller Güter kam das Heiligenpflegeramt der Kapelle mehr und mehr in die Hände der Stadt. Diese scheint auch auf das Eigentum derselben die Hand gelegt zu haben, denn 1544 berichtet der Dechant Joh. Dietrich und Valentin Hartung an die Räte in Ansbach, Rat und Bürgermeister hätten sich unterstanden, eine Wiesennutzung in der Kapelle Leuperzell zuhanden zu nehmen und zu gebrauchen. Wohin schließlich die Kapellengüter kamen, ist nicht ersichtlich. Das Gebäude verfiel. Als 1660 die Strebepfeiler an der Johanniskirche in Feuchtwangen gebaut wurden, wies die Regierung die "öde Kapell" zu Leuperzell zur Gewinnung der Steine an. Sie scheint aber damals doch nicht völlig eingelegt worden zu sein, denn noch 1736 diente sie als Holzlege, ja es sollen die Leuperzeller Bauern Schweineställe in ihr eingerichtet haben. Nun aber ist sie spurlos verschwunden.
Von der Kapelle St. Sigismundi, die beim Lohweiher gestanden haben soll, ist nicht das Geringste weiter bekannt.
Es ist sehr zu beklagen, daß alle diese Kirchengebäude auf dem Lande verschwunden sind. Wie erwünscht wäre es heutzutage, wenn man bei der weiten Zerstreuung der eingepfarrten Orte draußen Stätten hätte zu gelegentlichen Gottesdiensten. Aber die vergangenen Geschlechter hatten dafür keinen Sinn.
Zuletzt sei auch der Kapelle im Spital zu Feuchtwangen gedacht, das im Jahre 1469 der Oberamtmann Adam von Kirchberg mit seiner Ehefrau Petronella, geb. von Zobel, stiftete. Aufschluß über die Entstehung der Spitalkapelle gibt ein Stiftungsbrief vom Montag nach Peter und Paul, 2. Juli, 1470, demzufole "Christen (Christian) Mühlkuntzen sel. Hausfrau, Wittib zu Feuchtwangen, gibt zu dem Spital, das angefangen ist zu Ehren des hl. Geistes zu Feuchtwangen bei Lebzeiten ein Tagwerk Wiesen bei Koppenschalbach, davon, sobald die Kapelle im Spital gebaut, aufkomme und geweiht werde, mir und meinem lieben Hauswirt selig und allen unsern Vorvordern, wie Bürger und Rat, auch Spitalmeister versprochen haben, alle Wochen eine Meß zu halten ist." Es ist also damals an der Spitalkirche gebaut worden. Ums Jahr 1530 hat sie noch bestanden. In einem Gutachten, das Vogt, Bürgermeister und Rat um 1530 über die Gestaltung des Gottesdienste abgaben, heißt es "3. Sehen sie für gut an, daß Herr Balthasar (Michael Taub) ein Viertelstund zu der Spitalkirchen den alten kranken Leuten im Spital auf Freitag oder Samstag eine Predigt täte, damit allenthalben mehr Christlichs von uns, denn Argerlichs vorgewendet werde, den Zorn Gottes zur Barmherzigkeit zu wenden". Im Jahre 1563 aber scheint die Spitalkirche bereits außer Gebrauch gekommen zu sein, denn in dem durch Ausschreiben des Fürsten Georg Friedrich vom 15. Juni dieses Jahres veranlaßten Bericht über die Gottesdienstordnung in Feuchtwangen (Siehe Siona 1906) heißt es: "Donnerstag tut der Diakon einer im Spital morgens um 7 Uhr Sommers- und Winterszeit wuchentlich ein selbst gutwillig angenommene Predigt um der Armen und Schwachen willen in der Spitalstuben, dazu man nichts singt. Welche Predigt von gemeldtem Viti an bis Michaeli von wegen der Feldarbeit, da niemand zur Predigt kumpt, unterlassen wurdt." Auch in der Folgezeit ist nie mehr von einer Spitalkirche die Rede. Es ist auch keine Spur davon vorhanden, wo sie gestanden war. Jedenfalls aber war sie in der Nähe des alten Spitals (jetzt Haus Nr. 100). Steine von ihr wurden 1620 beim Bau der Gottesackerkirche verwendet.
Erwähnt sei noch, daß in Feuchtwangen auch ein Beguinenklösterlein bestanden zu haben scheint. Die Beguinen, die zuerst in den Niederlanden auftraten, waren weltliche Vereinigungen von Frauen und Jungfrauen zu frommen Zwecken. Sie lebten, weder durch Gelübde, noch Klosterordnung gebunden zusammen und widmeten sich der Jugenderziehung. Am 6. September 1354 vermacht eine Jungfrau Elzbeth Sweitzerin ihr Haus, gelegen bei "Wigerschlagertör" vier geistlichen Kindern. Es ist nicht festzustellen, wo das angegebene Tor lag. Die Stadtmauer wurde ja erst 1395 zu bauen angefangen. Vielleicht ist das Haus am Spitzenberg gemeint, das das Klösterle hieß und 1809 abgebrannt ist. - Auch in Steinbach hat es eine Beguinen-Niederlassung gegeben. Die Jungfrauen von Steinbach hatten Besitzungen auf dem Michelsberge. Möglicherweise heißt daher der Hof, den im Jahre 1373 Konrad, Dietrichs Sohn, gesessen zu Zistendorf, an die Stadt verkauft, der Steinbachshof.
Nicht ein kirchliches Gebäude,
aber doch kultischen Zwecken dienend war das Reliquiarium auf dem Kirchhof
gegenüber dem Eingang der Stiftskirche. Es war dazu bestimmt, dem
auf dem Kirchhof versammelten Volk die Stiftsreliquien zu zeigen. Als aber
durch die Reformation die Reliquienverehrung aufhörte und die Wallfahrten
zu den "Heiligtümern" eingestellt wurden, und als vollends die Spanier
1546 den h. Nagel geraubt hatten, den der durch den Stiftsdekan beim Schlosser
besorgte doch nicht ersetzen konnte, war das Reliquiarium für seinen
ursprünglichen Zweck nicht mehr nötig. Es wurden daher die lateinische
Schule hinein verlegt. In einer Stube des Söllers hatten die Schüler
zu Sommerzeit "ihr Geräumb". Fürst Georg befahl, damit die Schüler
desto mehr Raum haben, sollen die vom Stift den Boden auf der Schul, da
man "zuvor das Heiligtum, wie mans genannt, gezeigt hat, öffnen, bis
ihr euer Libree (libraria, Büchersammlung), davon bisher von euch
nichts gemacht ist, des Orts anrichtet." Das Reliquiarium scheint hinfort
das Lokal der Lateinschule geblieben zu sein, bis diese in das ursprünglich
als Wohnhaus für die drei Lateinlehrer, die in baufälligen Vikarierhäusern
untergebracht waren, erbaute, später Rektorats- und Kantoratshauss
verlegt wurde.