Wilh. Schaudig - Geschicht der Stadt ...
Inhaltsverzeichnis
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3. Das Kollegiatstift.

Von den drei nahe beieinander gelegenen Benediktinerklöster Ansbach, Herrieden und Feuchtwangen hat wahrscheinlich Herrieden zuerst die klösterliche Eigenschaft aufgegeben und  sich in ein Chorherrenstift für Weltpriester verwandelt. Es geschah dies durch Bischof Erchambold, auf dessen Veranlassung der Mönch Wolfhard in Herrieden um 895 die erste bekannte Sammlung von Heiligengeschichten verfaßte. So darf man vielleicht das Jahr 900 als das Jahr der Umwandlung annehmen. Länger hat Feuchtwangen seine klösterliche Art festgehalten: Es steht in einer Urkunde des Bischofs Udalskalk für Kloster Steingaden vom Jahre 1197 unter den die Handlung bezeugenden Augsburger Domherrn auch ein Hainrich prepositus de Fuchtwangk. Möglicherweise ist dies einer der ersten, wenn nicht der erste Feuchtwanger Probst überhaupt. An der Spitze der Kollegiatstifte standen Pröbste (vom lateinischen praepositus, Vorgesetzter), die aber nicht "residierten", d. h. am Ort der Stifts weilten, zudem auch in Angelegenheiten derselben wenig zu sagen hatten. Die Feuchtwanger Pröbste wurden fast ausnahmslos aus der Zahl der Augsburger Domherrn gewählt. Wann die Umwandlung des Feuchtwanger Klosters in ein Kollegiatstift erfolgte, sagt keine Urkunde. Wohl aber gibt die Kunstgeschichte Fingerzeige, die wenigstens gestatten, den ungefähren Zeitraum des Vorgangs festzustellen. Es sind noch Teile des Klosterkreuzganges, der den Kreuzgarten auf einer Seite umschloß, vorhanden. Besonders erhalten ist die Westseite. Allem Anschein nach ist der Kreuzgang ein Werk der Mönche von Hirschau im heutigen  Württemberg, wo im 11. und 12. Jahrhundert eine berühmte Bauschule blühte. Sie hat ihren Wirkungskreis weithin erstreckt. So ist z. B. die Klosterkirche zu Paulinzelle in Thüringen, jetzt noch teilweise als Ruine vorhanden, ein Hirschauer Werk. Bedenkt man nun, daß das Kloster Mönchsroth ein Besitztum Hirschaus war, und daß die Segringer Kirche, die Mutterkirche von Dinkelsbühl, ebendahin gehörte, so liegt es sicher nahe, anzunehmen, daß die Hirschauer Mönche auch in Feuchtwangen ihre Tätigkeit entfalteten. Beweise dafür liegen nahe. Die Kleinheit der verwendeten Quadern ist Hirschauer Eigentümlichkeit. In Paulinzelle, wie im Kreuzgang zu Feuchtwangen sind die Würfelkapitäle (Säulenköpfe) mit den bei den Hirschauern beliebten Schildchen verziert und wie in Paulinzelle finden wir in Feuchtwangen, hier an den Kämpfergesimsen das schachbrettartige Muster. Nun weisen aber die Füße der in Feuchtwangen je in einem Bogen zusammengekuppelten drei Säulen nicht alle das im 12. Jahrhundert aufgekommene sogenannte attische Eckblatt auf, nämlich eine nasenartig von den Ecken der viereckigen Grundplatte an den unteren Wulst des Säulenfußes sich hinaufziehende Spitze, sondern, gleichsam schüchtern, ist nur die mittlere Säule damit versehen. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, daß dieser Umstand auf die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts, also auf die Jahre 1100 bis 1150, hinweist. Ist aber innerhalb dieses Zeitraums ein Klosterneubau aufgeführt worden, dann war sicher das Kloster noch nicht in ein Kollegiatstift verwandelt. Denn die Stiftsherren oder Kanoniker führten kein klösterliches Leben, sondern bewohnten eigene Häuser und führten besondere Haushalte. Es kann ihnen daher unmöglich am Klostergebäude, nachdem sie es verlassen hatten, soviel gelegen sein, daß sie einen kostspieligen Neubau aufführten. Mithin haben wir die Umwandlung in ein Chorherrenstift erst um 1150 oder noch später anzunehmen und der erwähnte Probst Hainrich dürfte einer der ersten gewesen sein. Das dem h. Erlöser geweihte Kloster hatte also zu bestehen aufgehört. Die Chorherren oder Kanoniker bauten sich auf dem von einer Mauer umfangenen Klostergelände Häuser. Diese lagen in dem Raum vom Dekanat bis zum oberen Tor und an den Kirchen hinab bis zur ehemaligen Stadtmauer. Die Aufgabe der Kanoniker war, zu den Gebetszeiten im Chor der Kirche zu erscheinen, wo den obersten Sitz neben der Sakristeitüre der Dekanus einnahm und ihn gegenüber zuerst der Kustos saß, der die Einkünfte und andere äußere Geschäfte zu verwalten hatte, und neben ihm der Scholastikus, der über das Schulwesen des Stifts, den Rektor und seine Scholaren, gesetzt war. Ihnen reihten sich sodann die Kanoniker und die Stiftsvikarier an. In der Kirche hatten sie die vorgeschriebenen Gebete zu verrichten, sowie wechselseitig die Kirchengesänge zu vollbringen.

Wir folgen im Nachstehenden den Ausführungen Steicheles in seinem Werke "Das Bistum Augsburg".

Die deutschen Könige und Kaiser des 13. und 14. Jahrhunderts begünstigten und förderten in besonderer Weise das Stift Feuchtwangen. König Otto IV. nimmt am 4. März 1209 das Stift mit seinen Zugehörungen in seinen Schutz und bestätigt alle ihm verliehenen Vorrechte. König Rudolf schützt durch einen Brief vom 5. Aug. 1284 das Stift und seine Angehörigen vor Verpfändungen und gestattet ihm am 17. März 1289, von Ministerialen (Dienstleuten)  und Bürgern des Reiches Schenkungen bis zu 60 Pfund Rente annehmen zu dürfen. König Albrecht bestätigt am 4. Juli 1303 die eben angeführten von Rudolf erteilten Rechte. Kaiser Ludwig der Bayer tut am 11. Mai 1323 dasselbe und bestimmt noch dabei, daß weder ein Vogt noch jemand anderer ohne des Kapitels Zustimmung in des Stifts Wäldern Holz schlagen darf, und daß alle Kanonikathäuser die bei anderen Kirchen üblichen Freiheiten zu genießen haben. Am 18. Oktober 1336 erklärt derselbe Kaiser, daß alle Höfe und Häuser der Kanoniker und Vikarierer dieselbe Freiheit von Steuern und Auflagen, wie sie bisher genossen hätten, auch ferner genießen sollen, und daß die volle Nutzung aus des Stiftes Wäldern an Holz und Weide nur den Stiftsherren ohne jemandes Eingriff zustehe.

Schon von Klosterzeiten her muß ein großes Besitztum vorhanden gewesen sein. Wie denn die Klöster durch Schenkungen und Stiftungen zu ungeheurem Reichtum gelangten. Ein Beispiel  davon ist Tegernsee. Der seit 907 in Bayern regierende Herzog Arnulf, der Sohn des Herzog Luitpold, vergab ungezählte Güter des Klosters Tegernsee an Laien, wofür er den Namen "der Böse" erhielt. In einem nach 920 hergestellten Verzeichnis wird die Zahl der dem Kloster zuständigen Höfe auf 11860 angegeben, von denen Arnulf dem Kloster nur 114 ließ, sodaß aus Mangel an Mitteln das klösterliche Leben daselbst eine Zeitlang ganz aufhörte.

Auch das Stift Feuchtwangen besaß reiche Mittel. Wahrscheinlich hatte das Kloster schon die Kirchen und Kirchensätze zu Feuchtwangen (Johanniskirche), Oberampfrach, Mosbach und Hausen bei Hacholdingen (Jetzt Hochaltingen genannt) im Augsburger und zu Brettheim im Würzburger Bistum besessen und die Einverleibung derselben erlangt. Am 20. Juni 1380 bestätigte der Kardinal Pileus diese Einverleibung. Mit dieser war aller Zehente und alles übrige Kirchen- und Pfarrgut der inkorporierten (einverleibten) Pfarreien in den Genuß des Stiftes übergegangen und diese wurden nur durch ständige Vikare (vicarius perpetuus) versehen, wie z. B. Mosbach, für welche Pfarrei am 1. Februar 1410 der Priester Heinrich Fabri, Stiftsvikarier, durch den Generalvikar Joh. Igelbeck in Augsburg als vicarius perpetuus auf Vorschlag des Stiftes eingesetzt wurde. Das Stift besaß auch große Waldungen, die es durch  eigene Förster hüten und bewirtschaften ließ. So wird z. B. unter dem Stiftsdekan Hermann Flach (1494 - 1502) für den Forst gegen Dentlein gelegen, Linhart Soldner von St. Ulrich als Förster aufgestellt. Eine ausführliche Dienstanweisung setzt seine Berufspflichten fest und befiehlt ihm, das stiftische Gericht in Krapfenau zu besetzen und ohn Ansehen der Person gegen Arm und Reich zu verfahren. Es handelt sich dabei ohne Zweifel um vorkommende Waldfrevel. Es sei hier nur an den Sonnhart bei Grimmschwinden und an den ebengenannten Anteil am Dentleiner Forst erinnert. Aber auch die sonstigen Güter mehrten sich im Laufe der Jahrhunderte. In Feuchtwangen selbst hatte das Stift in der Zeit von 1300 bis 1500 achtundzwanzig Gebäude, die von Chorherren, Vikariern und anderen zum Stift gehörigen Personen bewohnt wurden. Sie lagen zum größten Teil im Nordosten der Stadt. Sechzehn Bürger mit ihren Familien und Zugehörigen hatte es unter seiner Grundsteuer und Gerichtsbarkeit. An Lehegütern besaß es 2 in Ober- und 10 in Unterahorn, 1 in Ober-, 7 in Unterampfrach, 16 in Banzenweiler, 8 in Bergnerzell (eigentlich Beringerzell), 12 in Bernhardsweiler, 10 in Bernau, 4 in Bieberbach, 4 in Bonlanden, 1 in Vorder- und 6 in Hinterbreitenthann, 15 in Brettheim (Württemberg), 7 in Aichenzell, 20 in Esbach, 1 in Flozheim, 8 in Gerenberg, 6 in Glashofen, 68 in Grimmschwinden, 33 in Dorfgütingen, 2 in Gumpenweiler, 2 in Gindelbach, 21 in Heilbronn, 1 in Heiligenkreuz, 4 in Herrnschallbach, 31 in Hilgardshausen bei Brettheim, 3 in Höfstetten, 9 in Igelstruth (ein abgegangener Ort), 2 in Kaltenbronn, 9 in Rammerzell (Raginmariszelle, in der Nähe des Schleifweihers gelegen, abgegangen), 7 in Koppenschallbach, 11 in Krapfenau, 28 in Larrieden, 1 in Ober- und 5 in Untermichelbach, 7 in Mögersbronn, 34 in Mosbach, 2 in Neidlingen, 3 in Orenbrunn, 4 in Ottendorf, 6 in Ober- und 5 in Unterransbach, 6 in Reichenbach, 6 in Rißmannschallbach, 6 in Rödenweiler, 2 in Röschenhof (abgegangen, lag oberhalb der Walkmühle), 19 in Schnelldorf, 5 in Schwaighausen, 15 in Seiderzell, 6 in Sperbersbach, 3 in Steinbach, 24 in Sommerau, 22 in Ober- und 3 in Unterdallersbach, 8 in Tauberschallbach, 2 in Dentlein, 2 in St. Ulrich, 4 in Ungetsheim, 2 in Volkertsweiler, 9 in Wehlmäusel, 14 in Weikershofen, 3 in Wiesenbach, 29 in Windshofen, 12 in Winterhalten, 5 in Wüstenweiler, 3 in Zehdorf, 3 in Zettenberg (abgegangen), 5 in Zumberg. Zusammen fast 400, von denen 186 dem Stift auch grund-, steuer- und vogtbar waren. Dazu besaß das Stift innerhalb der Rothenburger Landwehr auch das Ämtlein Prettheim (Brettheim) mit Ehringshausen, Herbertshausen, Hilgertshausen, Lohrbach, Prettheim, Pettenfeld, Scheckenbach auf der Ebene und Wiesenbach. Hier überall waren stiftische Untertanen. In Prettheim selbst gehörten ihm mehrere Sölden und zwölf Güter. Drei davon waren mit Taberngerechtigkeit ausgestattet. In alter Zeit war dem Kloster von einem Grafen sogar eine Salzquelle in entfernter Gegend geschenkt worden. In einem Briefe des Wigo wird ein Nachkomme des Spenders, Graf E., gebeten, den Schutz derselben zu übernehmen. Was aus diesem Besitztum wurde, weiß man nicht. Bei Auhausen am Main besaß das Stift Weinberge, die aber am 19. Mai 1293 an das Kloster Seligengarten verkauft wurden um 20 Pfund Heller. Diese Summe wurde dazu verwendet, auf stiftischem Grunde bei Weiler einen großen Fischweiher anzulegen, von dem der Ort Weiler am See genannt wurde, der aber vor 200 Jahren wieder einging.

Außer seinen Lehengütern besaß das Stift auch ausgedehnte Zehentrechte. Es bezog den großen (Getreide-) und kleinen (Obst-, Heu-, Hackfrüchte-) Zehenten von der Stadt Feuchtwangen, von Ober- und Unter-Ahorn, Aichenzell, Herrnschallbach, von Dinkelsbühl diesseits der Wörnitz, von Esbach, Freimannsberg (abgegangen), Gehrenberg, Grimmschwinden, Heilbronn, Höfstetten, Heiligenkreuz, Georgenthal (?), Jungenhof, Kaltenbronn, Koppenschallbach, Krapfenau, Larrieden, Leuperzell, Mögersbronn, Mosbach, Neidlingen, Rammerzell (abgegangen), Ober- und Unterransbach, Reichenbach, Rißmannschallbach, Rödenweiler, Schwaighausen, Seiderzell, Sperbersbach, Sommerau, Tauberschallbach, Tribur, St. Ulrich, Ungetsheim, Wehlmäusel, Weikersdorf, Weiler am See, Wiesenbach (in Württemberg), Winterhalten, Wüstenweiler, Zehdorf, Zettenberg (abgegangen) und einigen Höfen und Mühlen. Den kleinen Zehnten nahm es von Unterampfrach, Archshofen, Banzenweiler, Bergnerzell, Bernau, Bieberbach, Bonnlanden und Breitenau.

Man sieht, welch stattliche Einkünfte dem Stifte zugebot standen. Die Zehnten, also der zehnte Teil des Ertrags der Äcker, Wiesen, Gärten, ist eine Abgabe, die auf Grund des mosaischen Gesetzes schon 585 auf der Synode von Maçon für die Kirche in Anspruch genommen und von Karl dem Großen 779 bestätigt wurde. Der Zehent an fast allen oben genannten Orten gehörte eigentlich zur Pfarrkirche der ausgedehnten Urpfarrei Feuchtwangen. Aber durch die Inkorporation der Pfarrei ins Stift gingen deren Einkünfte ans Stift über. Dies war, was hier vorausgenommen werden mag, für die Folgezeit verhängnisvoll. Denn durch die Einziehung des Stifts kam der Staat in den Besitz aller Gerechtssame desselben und die uralte und sicher durch Stiftungen reich ausgestattete St. Jahanniskirche, die Pfarrkirche der großen Gemeinde, blieb blutarm zurück.

Die Entwicklung, die das Stift nahm, war keine erfreuliche. Es mag dazu auch beigetragen haben, daß Bischof Friedrich Späth von Faimingen (1307 - 1331) dem Kapitel das Recht verlieh (Septbr. 1315), bei Vergehungen der Chorherren und Streitigkeiten unter ihnen selbst Entscheidung zu treffen mit Ausschluß der bischöflichen Gerichte. Somit war das Stift sich selbst überlassen und seine Zustände wurden immer übler. In geistlichen und weltlichen Angelegenheiten herrschte eine furchtbare Zerrüttung. Die Einkünfte wurden vergeudet und die Verschuldung stieg aufs höchste, wie wir aus einem Schreiben des Bischofs Burkhart von Augsburg vom Dezember 1374 ersehen. In der Verteilung der Stiftseinkünfte herrschte Willkür und Ungerechtigkeit. Der Bischof ordnete an, daß eigene Verwalter für die Gefälle des Stifts aufgestellt werden sollten, die die Einkünfte sammeln, die Ausgaben bestreiten, Schulden abtragen und den Rest unter den Kanonikern verteilen mußten. Er übertrug am 6. November 1376 aber die Pflege des Stifts dem Burggrafen Friedrich V. von Nürnberg auf vier Jahre. Dieser sollte Ordnung in das Schuldenwesen bringen, was durch Verkauf von Grundstücken auch zustande kam. Aus der Pflege wurde jedoch eine Schirmvogtei, wie denn bereits 1378 das Stift den Burggrafen Pfleger und Schirmer nennt. Ja Friedrich ließ sich 1407 sogar den Huldigungseid schwören. So kam das Stift in immer größere Abhängigkeit von den Burggrafen und den späteren Markgrafen von Ansbach.

Was die inneren Verhältnisse des Stiftes anlage, so ist darüber folgendes zu bemerken.

Es bestanden elf Stellen (Pfründen) für Kanoniker und eine Pfründe für den Probst, den das Stift altem Herkommen gemäß aus den Augsburger Domherren wählte. Der Probst, der an der Spitze des Kapitels stand, hatte aber in den Angelegenheiten des Stiftes nicht das Geringste zu sagen. Sein Pfründeeinkommen war zudem so gering, daß es vom Probste Beringer Hel und dann von seinen Nachfolgern um 44 Gulden an das Stift überlassen wurde. Die eigentliche Leitung des Stifts hatte der Dekan, dem der Kuster, der Aufseher auf die Stiftskirche und Verwalter der Einkünfte, sowie der Scholastikus, der Aufseher über die studierenden Stiftsherren, den Rektor und die Schüler, zur Seite standen. Ein Chorherr war Stiftsamtmann, der über die Rechte und Freiheiten des Stifts zu wachen und die Gerichtsbarkeit über die Untertanen auszuüben hatte. Angeblich wurde diese Gerichtsbarkeit dem Stift durch Otto IV. im Jahre 1208 verliehen. Aber die Echtheit der betreffenden Urkunde wird angezweifelt. Ob die Sache mit dem einst zu Krapfenau bestandenen Halsgericht, das später nach Feuchtwangen gezogen wurde, und von dem noch die Rede sein wird, zusammenhängt, läßt sich nicht sagen, da über das Krapfenauer Gericht, das möglicherweise bis auf die älteste Zeit zurück geht, nicht die geringste urkundliche Nachricht vorhanden ist. Der Stiftsamtmann hatte das Gericht in der im Klosterbau befindlichen Kapitelsstube über Beleidigungen, Körperverletzungen (leichterer Art, denn die schweren, vor allem die mit Todesfolge unterlagen der Gerichtsbarkeit des Reichsvogts) und andere Streitigkeiten zu halten, wobei dasselbe zur Hälfte mit vogtbaren, zur Hälfte mit unvogtbaren Lehenshintersassen als Schöffen besetzt war. Ferner hatte der Stiftsamtmann die Stiftsgüter zu bereisen und zu besichtigen, zu welchem Zweck ihm ein Pferd und ein bewaffneter Knecht gehalten wurde. Das Stiftsamt war also ein eigenes Amt und von der Vogtei unterschieden. Es hatte zwei Amtsbauern, die jährlich aus den unvogtbaren stiftischen Untertanen gewählt wurden, dann vier Viertelmeister, die neben den Amtsbauern die unvogtbaren stiftischen Untertanen die dem Stift reiß- und steuerbaren Leute, so oft not war, aufmahnen und erfordern mußten. Es mußte seine eigene Anzahl Reißwägen, Pferde und Kriegsleute stellen. Die Streitigkeiten wegen lehnbarer Güter wurde ohne den Vogt beim Stift ausgemacht. Alles wurde von altersher nicht vor dem Vogt oder Amtmann, sondern vor dem Stift und später vor dem Verwalter gehandelt, auch Teilungen und Rinderrechnungen der unvogtbaren Angehörigen. Stiftsamtmann, sowie die drei anderen Würdenträger wurden vom Kapitel gewählt.

Außer den Pfründen für die Kanoniker bestanden bei dem Stift von Altersher Vikarien für untergeordnete Priester, die den Chordienst mitzuversehen hatten. Nach Steichele mögen deren vierzehn bis fünfzehn ursprünglich gewesen sein. Nach einer Aufschreibung vom 2. Januar 1500 bestanden damals noch 11. Es waren folgende.

1. Vikarie der Frühmesse am Hochaltar. Sie besaß in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts Güter in Aichenzell. (Feuchtw. Kopialb.)
2. Vikarie der h. Zwölfboten (Apostel). Am 22. Juni 1422 „wird zu der h. zwölfboten gewidempten Altar" eine Wismat zu Gütingen gegeben.
3. Vikarie der h. Katharina.
4. Vikarie Unsere Frau, des h. Antonius und Blasius. Nach einer Urkunde (in München) vom 23. Februar 1398 gehört zu dieser Vikarie und neuem Altar, im Münster an dem Pfeiler zu der rechten Hand gelegen", eine halbe Hofreit in Feuchtwangen.
5. Vikarie der h. drei Könige.
6. Vikarie des h. Nikolaus und Leonhard. Sie hatte nach einer Urkunde vom 26. September 1371 (in München) ein Gut in Zumhaus, sowie eins in Dorfgütingen.
7. Vikarie des h. Martinus.
8. Vikarie des h. Kaiser Karl. Sie wurde am 16. November 1334 von Rabeno, Truchseß zu Wilburgstetten, Kustos zu Feuchtwang, gestiftet und mit Gefällen aus Feuchtwangen, Aichenzell, Herrnschallbach, Zehdorf, Bernau, Oberahorn, Freimannsberg (ein abgegangener Ort) und Breitenthann begabt, die er kurz zuvor aus eigenen Mitteln von Ritter Heinrich von Dürrwangen erkauft hatte.
9. Vikarie der h. Elisabeth. Im Jahre 1429 ist Kunrat Kon Vikarier dieses Altars.
10. Vikarie des h. Kreuzes. Wird 1457 urkundlich erwähnt.
11. Vikarie des h. Apostels Paulus u. Petrus auf dem Gottesacker (zwischen den Kirchen) in der St. Peterskapelle (jetzt der sogen. Kasten), in capella St. Petri super ossa murtuorum, auch Vikarie im Kernter (carnarium, Beinhaus, Aufbewarungsort der Totengebeine) genannt. Auch diese Vikarie ist von Rabeno Truchseß von Wilburgstetten gestiftet, der sie um 1333 mit dem halben Zehenten zu Banzenweiler und dem halben Zehenten zu Kaltenbronn samt Gütern zu Heilbronn begabte. Walther von Stein, Probst zu Feuchtwangen, der dessen Probstei diese Zehenten und Güter zu Lehen gingen, sicherte durch Urkunde vom 2. Dezember 1333 die Belehnung für immer zu. Rabeno machte, als er schon Domprobst in Eichstätt war, noch eine Zustiftung mit einem Zehentteil in Kienhart, Gütern in Schalbach und eine Wiese bei Esbach, alles Lehen der Probstei, die der Probst Walther von Bopfingen am 6. November 1359 (Urk. in München) der Vikarie eignete.

Abgegangen sind die Vikarie St. Ulrichs, die 1402 noch genannte St. Michaels und die 1464 erwähnte St. Sebastian und St. Sigmund, die damals als "neue Vikarie" bezeichnet wurden. (Feuchtw. Kop. Buch in Nürnberg).

Nach  altem Herkommen trugen die Kanoniker ein weißes, faltenreiches Gewand, darüber ein graues Mäntelchen, das unten mit 17 Quasten besetzt war, und Pelzmützen, die bei den Chorherrn von feinen Pelzen hergestellt waren, während den Vikariern nur Kappen von Schaf- oder Lammfellen gestattet wurden. Die Namen von siebzehn Stiftspröbsten sind bekannt.

1. Hainrich von Fiuchtwang ist Urkundszeuge 1197.
2. Lupoldus, Probst in Fuchtewank, Domherr zu Würzburg, 1256 Zeuge für Kloster Ahausen an der Wernitz.
3. Rudolf von Hürnheim, Zeuge 1274 und 1277, ist noch zwischen 1309 und 1318 Probst.
4. Kunrat, Graf von Oettingen, genannt 1318 und 1323.
5. Walther vom Stein gibt 1333 Lehengüter um Feuchtwangen zur neugestifteten Vikarie St. Peter und Paul über den Totengebeinen (dem Kärnter).
6. Walther von Bopfingen, 1332 und 1334 als Chorherr von Feuchtwangen genannt, ist 1359 Probst und stiftete in diesem Jahre ebenfalls zur genannten Vikarie.
7. Kunrad Rüß 1360 bis 1376
8. Otto von Suntheim 1376 bis 1385
9. Beringer Hel 1425 bis 1435
10. Johannes Kautsch 1435.
11. Friederich Pflanz schwört auf am 9. März 1439.

Während bisher das Stiftskapitel seine Pröbste aus den Augsburger Domherren wählte, verlieh Papst Eugen IV. am 5. Februar 1446 dem Markgrafen Albrecht Achilles und seinen Erben das Vorschlagsrecht zu den Probsteien Ansbach und Feuchtwangen nebst zwei Kanonikern an jeder dieser Kirchen.

12. Leonhard Gessel schwört auf 1447 und stirbt 1465.
13. Karl von Seckendorf, vom Markgrafen von Brandenburg dem Augsburger Bischof vorgeschlagen, beschwört 1466 die Statuten des Stifts.
14. Johannes Horn 1472 bis 1483.
15. Georg von Schauenberg 1483 bis 1487.
16. Georg von Kindsberg, Domherr von Regensburg, lebte in Rom als vertrauter Freund und beständiger Tischgenosse des berüchtigten Papstes Alexander VI. 1487 bis 1494.
17. Johannes Knorz, Kanoniker von Herrieden, verpflichtet sich 1494 und ist wahrscheinlich im Jahre 1540 gestorben als letzter katholischer Probst.

Nach dem im Jahre 1540 erfolgten Tode des katholischen Probstes Johannes Knorz präsentierte Markgraf Georg mit seinem Neffen Albrecht am 29. Juli 1540 dem Stift als Probst Joseph Feierabend, Dekan des Ansbacher Gumbertusstiftes, markgräflicher Rat und Oberhofgerichtsassessor, der am 9. Mai 1541 die Satzungen des Stifts beschwor. Sein Nachfolger war Valentin Kieser und unter dessen Nachfolger Sigmund Hasenthaler, dem Lehrer des jungen Markgrafen Georg Friedrich des Sohnes des 1545 verstorbenen Georg, fiel mit der Einziehung des Stifts auch die Probstei für immer dahin.

Was nun die Stiftsdekane anlangt, so sind folgende bekannt.

1. Hermann, genannt als Zeuge in einer Urkunde 4 vom 9. August 1257, gefertigt im Kloster Feuchtwang. (Brechtere Pleban von Fürnheim, verzichtet auf sein Recht an der dortigen Kirche zugunsten des Deutschordenshauses zu Öttingen). Neben ihm zeugen Kustos Eberhard, Pleban Chonrad, dann Heinrich und Gottang (Gottanus?), alles Kanoniker des Stifts Feuchtwang.
2. Heinrich von Aurach, genannt in einer Urkunde des Klosters Sulz vom 25. August 1275.
3. Sifridus, decanus Fiuchtwangensis, der 1290 zuerst genannt wird und am 19. Mai 1293 die stiftischen Weinberge bei Auhausen verkauft.
4. Heinrich, am 11. März 1313 Zeuge für Kloster Heilsbronn.
5. Kunrat von Merkingen, genannt 1318. Errichtet am 15. März 1342 mit seinem Kapitel gewisse Satzungen.
6. Rabeno von Wildenholz, genannt 1359 und zum letztenmal 1376.
7. Erkinger von Aurach 1376 bis 1398.
8. Hermann Kraft von Erenreich, zuvor Pfarrer in Feuchtwangen, genannt 1398 und 1402.
9. Otto von Offingen, genannt 1404 bis 1410. Feuchtwanger Kopialbuch.
10. Ulrich Kochner 1413 und 1414. Ebenda.
11. Heinrich Klapfheimer, als Dekan das erstemal genannt am 10. Februar 1419, starb 1439. Er scheint aber zu gewisser Zeit zurückgetreten zu sein, denn urkundlich wird genannt:
12. Wilhelm von Wildenholz 1432 Dechant von Feuchtwangen.
13. Johannes Hirn, schwört auf als Dekan am 10. April 1439 und wird als solcher zuletzt genannt 1477.
14. Heinrich von Wirsberg 1479, starb wahrscheinlich 1483.

Es scheinen nun Trennungen im Stift eingetreten zu sein. Es wird nach dem Tode des Wirsberg der Kustos Hermann Flach als Vizedekan genannt. Dann wurde vom Papst ein Bartholomäus Golsch zum Dekan ernannt. Dieser aber legte sein Amt sofort 1487 wieder nieder zugunsten des Feuchtwanger Chorherrn.

15. Fabian von Wirsberg, der 1490 zum letztenmal auftritt, aber wohl erst 1494 gestorben ist, während 1492 bis 1494 ein Vizedekan Lorenz Ruperti genannt wird. Wirsberg lag wegen gewisser Dekanatseinkünfte mit dem Stift in Streit.
16. Hermann Flach 1494, tritt 1505 zurück.
17. Kunrat von Elrichshausen, vorher Chorherr, wird 1505 bestätigt. Ist 1512 zuletzt genannt. Er starb 1518, wie das schöne, leider verstümmelte Epitaph im Chor der Stiftskirche beweist.

Warum 1515 ein Vizedekan Johann Klingler bis 1523 genannt wird, ist nicht ersichtlich. Wahrscheinlich hatte er für den, wie aus seiner Grabschrift ersichtlich ist, schwer leidenden Elrichshausen angangs vertretungsweise das Dekanat zu führen.

18. Jakob Jäger aus Leutershausen, Chorherr zu Feuchtwangen, war Dekan 1524 bis 1532.
19. Johann Dietrich 1532, stirbt 1547.
20. Dr. Valentin Hartung (evangelisch) 1547 bis 1560.
21. M. Wolfgang Jung 1560 bis zur Auflösung des Stifts 1563. Jung starb am Tag Thomä 1575.

Wenig Löbliches ist vom Stift zu sagen. Meist diente es zum Unterkommen von jüngeren Söhnen adeliger Familien. Die Aufführung der Stiftsinsassen war häufig eine unaussprechlich gemeine und unsittliche. Die Stiftsherrn hielten es mit ihren Haushälterinnen und ihrer Kinder waren soviele, daß man, wie eine Eingabe der Gemeinde sagt, ein Dorf damit bevölkern könnte. Zudem gab es unter den Stiftsherren beständig Zwistigkeiten, sodaß unter den drei Stiften Ansbach, Herrieden und Feuchtwangen das letztgenannte als das "strittigste" bekannt war. Ja selbst zu Fehden und Gewalttätigkeiten ist es gekommen. So geschah es in den Jahren 1423 bis 1425. Die Brüder Jörg und Bartholomäus Beuerlbach, von denen ersterer Chorherr, letzterer Vikarier zu Feuchtwangen war, erhoben wegen ihrer Pfründen verschiedene Forderungen an das Stift. Der Streit nahm immer größeren Umfang und wurde bei markgräflichen und kaiserlichen Gerichten mit Hitze und Leidenschaftlichkeit geführt. Am 20. August 1423 verhängte ein Schiedsgericht über die beiden Brüder Gefängnisstrafe, weil sie den Dekan und das Kapitel meineidig genannt hatten. Sie wurden sogar vom Bischof mit dem Bann belegt. Es bildete sich nun eine große Gegnerschaft. Auf Seite der Beuerlbacher standen ihr Vater und ihre drei Brüder mit Helfern und Helfershelfern. Auch das Stift hatte seine Helfer und Helfershelfer. Es kam auf beiden Seiten zu Gefangennehmungen und das Stift wurde an seinen Gütern arg geschädigt. Endlich erkannte am 24. Januar 1425 ein Schiedsgericht, daß die beiden Beuerlbach durch Wechsel aus dem Stift auszuscheiden hätten.

Die Reformation machte diesem ungeistlichen Wesen ein Ende. Die Kanonikatspfründen dienten mehr und mehr zum Unterhalt für Studierende. Sogar mit dem Gedanken, mit Hilfe der Stiftseinkünfte eine Universität in Feuchtwangen zu gründen, trug man sich in Ansbach. Es hatte ja schon der erste evangelische Stiftsdekan Dr. Valentin Hartung im Jahre 1547 Verhandlungen angeknüpft mit Joh. Brenz und Paul Eber. Diese sollten hiesige Stiftskanonikate überkommen und Theologie lehren, sowie predigen. Bei der späteren Berufung des Lektors Haila lag ebenfalls der Gedanke der Hochschule im Hintergrund. (Bärm. Chronik). Zur Ausführung aber ist es nicht gekommen.

Das Stift war, nachdem der letzte römische Chorherr Christoph Goldachs am 21. Jul i1549 zu Weidelbach, wohin er sich zurückgezogen hatte, gestorben war, ganz evangelisch. Aber Markgraf Georg Friedrich hatte schon am 16. Juni 1562 den Willen kund getan, dasselbe aufzuheben. Es scheint das vornehmlich auf Betreiben des Ansbacher Predigers Karg geschehen zu sein, der die Stiftseinkünfte zur Errichtung eines Konsistoriums in Ansbach verwendet wissen wollte. (Mitteilung des Herrn Dekan D. Dr. Schornbaum in Roth). Seit Bischof Burkhart von Augsburg wegen der damaligen Zerrüttung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Stifts 1376 die Pflege desselben auf vier Jahre dem Burggrafen Friedrich V. übertragen hatte, kam das Stift, wie schon berichtet, mehr und mehr in die Hand von Friedrichs Nachfolgern. Daß dieser Zustand in der Reformationszeit sich noch verschärfte, brachten die Umstände mit sich. Fürst Georg ließ das Stiftseinkommen beaufsichtigen und ernannte dessen Verwalter. Am Tag Elisabeth, 19. November 1535 erging ein Schreiben an den Stiftsdekan Joh. Dietrich, worin es heißt, der Schultheiß von Wiesenbach Georg Dauer ist zu Instruierung etlicher unser Ampt und zuvorderst eures Stifts aufgestellt. Es sind ihm jährlich zwei Simra Korn zu reichen, und wenn er kommt, ist ihm Unterhalt zu gewähren.1537 wird angeordnet, da der Stiftskastner gestorben und der Gegenschreiber Kastner geworden sei, soll als Gegenschreiber Christoph Mendlein angenommen werden, und 1550 wird durch Albrecht dem Jüngern von Plassenburg aus Jakob Ernst zum Stiftskastner und Gegenschreiber ernannt. Daß bei sobewandten Umständen die Zeit nicht mehr fern sein konnte, wo das Stift völlig der Regierung anheim fiel, ließ sich ermessen. Zwar machte der Dekan Magister Jung und das Kapitel Gegenvorstellungen. Sie hätten erst 1561 in den 1526 eingestürzten Stiftsturm 1600 Gulden verbaut und noch 1000 Gulden Schulden. Man möge das Stift weiter bestehen lassen. Indes erschien am 15. Februar 1563 der Befehl, es einzuziehen. Wolf von Schrotzberg, Amtmann zu Uffenheim, und der Wassertrüdinger Kastner Hans Hufnagel wurden mit dem Vollzug betraut. Die Chorherren- und Vikarierhäuser wurden teils den Kirchendienern zur Wohnung angewiesen, teils verkauft. Über die Einkünfte, die nun in die markgräfliche Kammer flossen, wurde ein Stiftsverwalter gesetzt. Der erste war der schon genannte Hans Hufnagel 1563 bis 1588. Er ließ die "St. Peter- und Paulskapelle über den Totengebeinen" zu dem noch bestehenden Fruchtkasten umbauen, wo das Gilt- und Zehentgetreide aufgeschüttet wurde.


4) In München: Ebenso bez. der unter 2. bis 8. genannten 
Erstellt am 27.3.1999 durch Hans Ebert
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