Wilh. Schaudig - Geschicht der Stadt ... |
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5. Die Pfarrei bis zur Reformation
Woher das Christentum in unser Gegend kam, meldet keine Kunde. Doch ist als nicht unwahrscheinlich anzunehmen, daß von Süden her, von Augsburg das Evangelium auch ins Sulzachtal getragen wurde. Der nahe Zusammenhang des Klosters mit dem schon in früher Zeit bestandenen Bistum Augsburg, wie er uns im 10. Jahrhundert entgegentritt, und der Umstand, daß das Bistum an seiner Nordgrenze hier um Feuchtwangen Lehengüter hatte, berechtigen vielleicht zu dieser Annahme. Wenn die Altertumswissenschaft darin Recht hat, daß die mit Kirchen und Kapellen besetzen Berge ehemals Verehrungsstätten Wutans gewesen sind (Otte, Kunstarchäologie, 4. Aufl. S. 14), besonders auch die Michelsberge, dann darf auch der einstigen Michelskapelle auf dem Berge über Feuchtwangen ein hohes Alter zugeschrieben werden. Sie stammte dann wohl aus jener Zeit, wo es galt, das heidnische religiöse Bewußtsein ins christliche hinüberzuleiten, indem an Stelle des waltenden heidnischen Gottes der streitbare Erzengel St. Michael trat. Die vorchristliche Opferstätte auf dem Michelsberge hatte sicher Bedeutung für einen weiteren Umkreis, und dieser schloß sich dann, als in Feuchtwangen eine christliche Verehrungsstätte entstanden war, an diese an. Haus dem heidnischen Herbstmahal (Gauversammlung) wurde das Patrociniumsfest der Michaelskapelle, das als "Mooswiese" heute noch fortbesteht. Es stehen ja auch die beiden andern Mooswiesen, die zu Musdorf in Württemberg (die hintere) und die in Königshofen an der Tauber in Baden mit Michaelskirchen in Verbindung. So mag es zur Bildung der Urpfarrei Feuchtwangen gekommen sein. Ihr Heiligtum, die St. Johanniskirche, die neben dem Kloster entstand, weist in der Unregelmäßigkeit der Steinfügung ihrer Südmauer und in der Einfachheit der in ihr angebrachten ehemaligen Eingangspforte auf sehr hohes Alter hin. Wohl schon früh im 9. Jahrhundert waren die zahlreichen Siedlungen rings um Feuchtwangen zu einer Gemeinde zusammengeschlossen und wurden vom Kloster aus geistlich bedient. Demgemäß muß es in alter Zeit auch schon einen Pfarrer (parochus, Pfarrherr) gegeben haben. Zu unbestimmter Zeit, vielleicht schon, als das Kloster noch bestand, wurde diesem, oder wenn später, dem Kollegiatstift, die Pfarrei einverleibt, ebenso wie die Pfarrei Mosbach, Oberampfrach, Hausen bei Hacholdingen, jetzt Hochaltingen genannt, und Brettheim im Bistum Würzburg, wie oben Seite 9 bereits berichtet wurde. Zwar ergaben sich im 14. Jahrhundert Zweifel, ob die Pfarrkirche mit ihren Gütern wirklich dem Stift inkorporiert sei. Aber nach Untersuchung der Sache wurde am 12. September 1341 ausdrücklich die Inkorporation anerkannt, weil das Stift allen Zehenten im Pfarrsprengel erhob, und weil es für die Pfarrei einen ständigen Vikar oder Verweser (vicarius perpetuus) hielt. Den Pfarrer unterstützte in der Seelsorge ein "Geselle". Wegen der Inkorporation hatte auch der Pfarrer, sowie sein Kaplan, wenn sie Rechtshändel mit den Stiftsherrn, Vikariern oder ihren Dienern bekamen, nur vom Dechant und Kapitel Recht zu nehmen, wozu sich der Pfarrer Johann vom Stain am 25. Mai 1329 ausdrücklich verpflichtete. Am 20. Juni 1380 bestätigte Kardinal Pileus zu Nürnberg die Inkorporation, wie schon Seite 10 erwähnt wurde, und am 8. Januar 1402 erneuerte sie Papst Bonifazius IV. mit der Ermächtigung, fürs Kapitel die Seelsorge der Pfarrei durch Stiftsherrn oder andere Weltpriester nach seiner Wohl verwalten zu lassen (Steichele). So wurden denn stets Kanoniker als Pfarrer für die St. Johanniskirche abgeordnet.
Der erste urkundlich erwähnte Feuchtwanger Pfarrer ist der als Zeuge beim Verzicht des Pfarrers Heinrich Brechtere auf seine Pfarrstelle in Fürnheim benannte Kanoniker Plebanus (Leutepriester) Chonrad. Die Urkunde ist aufgenommen zu Feuchtwangen am 9. August 1257. (In München).
Dann erscheint der Plebanus Friedericus. Er wird in einer Urkunde des Königs Albrecht vom 4. Juli 1303 erwähnt, in der diesem die dem Stift vom König Rudolf erteilten Vorrechte bestätigt.
Im Jahre 1315 verzichtet der Chorherr und Pfarrer Heinrich von Nortenberg auf die Pfarrei.
Am 25. Mai 1239 geht Pfarrer vom Stain die obenerwähnte Verpflichtung ein.
Es werden als Pfarrer genannt ferner:
Heinrich Münster
1381
Friedrich Kreß
1384,
gestorben am 29. Nov. 1396.
Hermann Kraft von Erenreich,
1397
vic. perp. ecclesiae parochialis. Wurde 1398 Stiftsdekan.
Heinrich Klapfheimer
1404. Er war von 1418 - 1428 Stiftsdekan. Seine Bronzegrabtafel befindet
sich in der Stiftskirche.
Albert Schuppel 1408
(?)
Friedrich Bomgärtner
1423.
Er wird 1399 in der Appellation des Stifts als Zeuge genannt.
Ulrich Ruthard 1423
(?).
Konrad Dymar 1430
Johann Kühn 1439.
Johannes Winkler
1454, gestorben den 3. August 1486. Sein ihn darstellender Grabstein befindet
sich im Chor der St. Johanniskirche.
Johann Moringer 1486
- 1493. Unter ihm kam durch die Markgrafen Sigmund und Friedrich 1488 ein
Vergleich zustand, wonach der Pfarrer "den Eber zu halten hatte zur Notdurft
des Stadtviehes". Ferner wurde bestimmt: Wenn ein mit dem Sakrament
versehener Kranker am Leben bleibt, soll der Pfarrer 12 Pfennig haben.
Stirbt der Kranke, so soll der Pfarrer sich am Stolgerät begnügen
lassen.
Friedrich Ernst 1495
war ein Bürgermeisterssohn von hier. Starb am 11. Dezember 1496.
Konrad von Elrichshausen
1498 bis 1503. Ist 1502 und 1503 Mitsiegler bei den Leuperzeller Urkunden.
Augustin Gumpelein
1504 bis 1519. Er war der Sohn des Windsheimer Peter Gumpelein, 1496 ins
Kapitel gekommen, und vorher Kanonikus in Spalt gewesen. Bürgermeister
und Rat klagen über ihn, er habe in 15 Jahren nicht mehr als eine
Predigt getan, nie einen Kranken versehen, mit Geistlichen und Weltlichen
Unwillen angerichtet. Er wurde 1517 seiner Pfarrei entsetzt, aber vom Bischof
von Augsburg wieder erbeten, verlor sie indes 1519 endgiltig. Nun zug er
davon, begehrte aber auf Grund eines päpstlichen Breves seine Pfründ,
die er verzehren könne, wo er wolle. Er kam noch zweimal hieher 1520
und 1526, ging 1528 nach Wimpfen, wohin ihn nach einem Reichskammergerichtsurteil
seine Kanonikatsnutzung ausgefolgt werden mußte, und wo er starb.
Lukas Feurer wurde
1520 Pfarrer, aber sogleich wieder abgesetzt. Feurer starb am 10. April
1524. Sein schönes Epitaph von Solnhofer Kalkstein ist höchst
wahrscheinlich ein Werk des Eichstätter Künstlers Loy Häring.
Es ist im nördlichen Seitenschiff der Stiftskirche angebracht.
Wolfgang Goldochs 1520.
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Er wurde am 10. April 1493 zu Ingolstadt immatrikuliert, verzichtete 1510
auf die Sebastian- und Elisabeth-Pfründe am Spital zu Dinkelsbühl,
war dann Pfarrer in Weidelbach und kam durch Tausch mit seinem Schwager
Friedr. Linker ins hiesige Kanonikat, neben dem er noch ein solches in
Wimpfen besaß. (Frieß, Beschreibung des Stifts Feuchtwangen.
Dekanatsregistr.) In der Pestzeit 1522 begab er sich nach Wimpfen. 1524
gab er die Pfarrei auf. Sein Neffe war Christoph Goldochs, ein abgesagter
Feind der Reformation, der einmal äußerte, ehe er seine "Maidlin"
d. h. seine Haushälterin und seine Tochter "zu diesem Herrgott" d.
h. zu lutherischen Abendmahl gehen lasse, jage er sie lieber zur Stadt
hinaus. Von ihm und von den Pfarrern
Johann Dietrich,
1524 bis 1527, Johann Beyer, Erhard Schaller und Andreas Veit Seßler
ein Mehreres im Abschnitt von der Reformation.
In der Pfarrei gab es noch ein gottesdienstliches Gebäude, die von Rabeno Truchseß von Wilburgstetten 1333 mit einer Vikarie versehene Kapelle Peter und Paul, jetzt der "Kasten" geheißen, an der Nordseite der St. Johanniskirche. Zu ihr führte die jetzt noch vorhandene steinerne Treppe. Unter ihr war der Kärnter (carnarium, Beinhaus). aus Anlaß eines Streites, den der Pfarrer Wolfgang Goldochs mit einem Vikarier wegen Schmälerung der Einkünfte aus dem Kärnter hatte, erfahren wir folgendes: Im Kärnter, dessen jetzt vermauerter Eingang dem jetzigen dritten Pfarrhaus gegenüber war, lagen "der armen Pfarrkinder abgestorbene Gebein". In ihm befand sich ein dem h. Veit und der h. Anna geweihter Altar, der zur Pfarrkirche gehörte. Am Tage St. Veits saßen die Pfleger der Pfarre vor dem Kärnter und nahmen das Opfer ein vor dem Bild. Von dem Geld, das geopfert wurde in den Stock und vor dem Bild, gehörte dem Pfarrer der dritte Pfennig, das andere kam zur fabrica, der Kirchenstiftung. Über dem Kärnter war ein Altar Peter und Pauls. Diese "Borkirche" gehörte zum Stift. Am Karfreitag, wenn "die Altäre entblößt sind", nahm der Stiftsmesner die Gefälle und Opfer ein von Getreid, das da gestiftet wurde vor dem Altar.
Es läßt sich von
der Pfarrei in Feuchtwangen nicht berichten, ohne der in dieselbe gehörigen
Dörfer, Weiler, Höfe und Mühlen zu gedenken. Mit der Geschichte
der Stadt Feuchtwangen stehen sie nur teilweise in Zusammenhang. Es soll
daher, was sich über sie Urkundliches findet, in einem Anhang gegeben
werden. Jedoch mögen hier ihre Namen nach dem Bestand am Ausgang des
Mittelalters folgen. Es gehörten zur Pfarrei Feuchtwangen außer
der Stadt die Dörfer und Weiler Argshofen, Banzenweiler, Bernau, Bieberbach,
Bonlanden, Eigenzell, Esbach, Glashofen, Heilbronn, Herrnschallbach, Thürnhofen,
Kaierberg, Höfstetten, Sperbersbach, Kleinohrenbrunn, Kaltenbronn,
Krapfenau, Leuperzell, Lichtenau, Metzlesberg, Mögersbrunn, Oberahorn,
Oberransbach, Poppenweiler, Rißmannschallbach, Schwaighausen, Sommerau,
Tauberschallbach, St. Ulrich, Unterahorn, Unterransbach, Weiler am See,
Wüstenweiler, Zehdorf, Zumberg; dann die Einöden und Mühlen
Brunnenmühle, Georgen- oder Soldenhof, obere und untere Glasmühle,
Hainmühle, Hammerschmiede, Herbstmühle, Jakobsmühle, Jungenhof,
Koppenschallbach, Krebshof, Lotterhof, obere und untere Lottermühle,
Oberroth- od. Graufenmühle, Schleifmühle, Schönmühle,
Unterroth- od. Kernmühle, Überschlagmühle, Volkertsweiler,
Walkmühle, Zinselhof. Von Wehlmäusel, Weikersdorf und Raffelshof
wird vermutet, daß sie ehedem zur Pfarrei Halsbach gehörten,
Steinbach, Charhof waren nebst der Charmühle nach Aurach, Aichamühle
und Löschenmühle nach Elbersroth, Vorder- und Hinterbreitenthann,
vielleicht auch Ober- und Unterdallersbach nach Weinberg gepfarrt, wohin
die damals ganz katholischen, jetzt auch teilweise von Evangelischen bewohnten
Orte Westheim und Windshofen, nebst Gindelbach und der Schutzmühle
gehörten. Es ist ein weiter Umkreis von Siedlungen, für die die
St. Johanniskirche zu Feuchtwangen die Pfarrkirche war. Eine Änderung
in der Zugehörigkeit ist bei mehreren der angeführten Orte durch
die Reformation von selbst oder später durch kirchliche Verwaltungsmaßregeln
eingetreten.