Friedrich Jacobi - Geschichte der Stadt ... 
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Zweite Periode.

Feuchtwangen unter Burggräflich Nürnbergischer und Markgräflich Ansabachischer Landeshoheit.
1376 - 1791.

XII. Abschnitt.

Innere Geschichte der Stadt von Anfang des 18ten Jahrhunderts bis zur Übergabe an Preußen.
1700 - 1791.

Wie unter der Palme des Friedens alle Verrichtungen des Lebens gedeihen, Handwerke und Gewerbe sich heben, der Handel aufathmet, der Wohlstand sich mehrt, Ordnung, Zucht und Sitte wiederkehren, Künste und Wissenschaften aufblühen, und die Religion mit ihren Segnungen die Menschen beglückt und adelt: davon giebt Feuchtwangen m 18ten Jahrhundert einerhebendes Beispiel.

Wer am Schlusse dieses Zeitraumes Feuchtwangen betrat, dem gab schon der Anblick eine gute Vorbedeutung. Kunststrassen führten von drei Seiten nach der Stadt, und wer von Crailsheim oder Dinkelsbühl her dahin kam, den nahmen schöne Pappel-Alleen auf, mit fruchtbaren Wiesen und Feldern begrenzt, an die sich kleine Gärten anschlossen, welche aus dem ehemaligen Kühweiher entstanden waren, den man lange Zeit zur Weide benützt, 1773 aber in 172 Theile getheilt, und den einzelnen Häuserbesitzern zum Anbau übergeben hatte. Da, wo die beiden Alleen sich nahe bei der Stadt vereinigten, erhob sich ein freundliches Gasthaus, und bot dem Wanderer Erfrischung und Ruhe dar. Obstgärten begleiteten ihn bis an das Ufer der Sulzach, deren Wasser die Stadtmühle belebte, und bis an die steinerne Brücke, welche halb der Staat und halb die Stadt hatte erbauen lassen. War man am untern Stadtthor angelangt, so erblickte man rechts in einiger Entfernung das im letzten Jahre des 17ten Jahrhunderts gebaute Schießhaus mit seinen Linden, und das Kirchlein des sonnig gelegenen, mit schönen Grabsteinen gezierten Friedhofes. Die ganze Stadt umgab ein mäßiger Graben und eine Mauer, die noch im Jahr 1727 wieder hergestellt worden war. Zwischen freundlich angestrichenen Häusern führte die wohlgepflasterte Strasse auf den Marktplatz, seit 1722 mit einem schönen Brunnen geziert, der unter dem verdienstvollen Ober-Amtmann v. Benkendorf in Eichstädt verfertigt, und mit einer vergoldeten Minerva geschmückt war. An allen Häusern hiengen Tafeln und Schaustücke der fleißigen Handwerker und Gewerbsmänner, oder es zeigten Kaufläden durch gläserne Thüren ihre Schätze. Selbst die alte Schranne hatte seit 1741 ein freundlicheres Ansehen gewonnen, und war an Markttagen wieder von Käufern und Verkäufern belebt. Nur das Rathhaus stand noch finster und baufällig da, und hatte über dem Eingange einen großen Ochsenkopf, weil der untere Theil desselben noch immer zur Fleischbank dienen mußte. Dem Rathhaus gegenüber war die Reichspost, seit 1731 von Bechhofen hieher verlegt, und lud mit den übrigen Gasthäusern am Markte zur freundlichen Einkehr ein. Etwas stiller war es im obern Theile der Stadt. Da stand die ehrwürdige Stiftskirche, noch trauernd über den verlornen Thurm, und verunstaltet durch den bedeckten finstern Kreuzgang und die angebauten Hütten und Buden; neben ihr die Johanniskirche, seit 1785 gleichfalls des Thurmes beraubt, weil seine Baufälligkeit die Abtragung verlangt hatte; und in geringer Ferne standen die Häuser der geistlichen und weltlichen Beamten, der Lehrer und einzelnen Bürger. Die Seitenstrassen hatten die Ackerbau und Viehzucht treibenden Bürger mit den Hintersassen und Taglöhnern inne, und auf der Anhöhe vor dem Ansbacher Thor entstand eben der schöne Garten, durch den sich der reiche Pflegverwalter Schnetter verewigt hat.

Voll Leben aber war Feuchtwangen zur Zeit der Mooswiese. Dieser Lampertusherbstmarkt, der im Freien auf der Wiese am Schießhaus gehalten wurde, hatte sich vorzüglich durch den Viehhandel so empor gehoben, daß er drei Tage lang dauerte, und von Kaufleuten und Handwerkern aus allen benachbarten Orten und besonders aus dem gewerbreichen Dinkelsbühl besucht wurde, also daß sich der Feuchtwanger Bürger das ganze Jahr auf seine Mooswiese freute, wo man in der freien Natur und unter den Hütten des Laubes sich bewegte, handelte, zechte, tanzte und guter Dinge war.

Dieses Leben und Treiben der Stadt im 18ten Jahrhundert lenkte zunächst noch immer der innere und äußere Rath, mit den beiden Bürgermeistern an der Spitze, und innerhalb der Grenzen, welche die gemeinsame Städteordnung von 1434 bestimmte. Dienstag und Freitag hielt der Rath seine Sitzung, und schenkte Jedem Gehör, der etwas vorzubringen hatte. Waren es Polizeivergehen, welche man Frevel nannte, so konnte der Magistrat allein entscheiden, doch mußten die Geldstrafen von dem Kastenamt eingenommen, und der Staatskasse verrechnet werden; waren es aber Verbrechen, Malefiz genannt, so wohnten der Amtmann und der Vogt bei, und sie bildeten alsdann das peinliche Gericht, das öfters zum Tode verurtheilte, und auch das Todesurtheil nach der Bestätigung vollzog. So wurde 1693 der Köbler Michael Hlfmann von Mögersbronn enthauptet, und dann aufs Rad gelegt, weil er mit dem entflohenen Bauern Jo. Georg Schmutz die Frau des Schreibers Ickelsheimer auf der Dinkelsbühler Strasse ermordet hatte; 1695 und 1702 wurden die Kindesmörderinnen Christina Schuler von Kühnhardt und Anna Maria Maag von Lehengütingen enthauptet; 1707 der Bauer Joh. Moder von Elpersroth geköpft und gerädert, weil er seine Frau erschossen hatte; 1743 wurden die Mörder und Strassenräuber Ignaz Vorwalter aus dem Landshutischen, Joh. Friedrich Hebel aus Nördlingen und Joh. Georg Bahl, Hirt zu Hallspach, enthauptet; und 1750 wurden Joh. Balthasar Köhler aus dem Ellwangischen und Anna Cordula Maria Flohr, beide wegen Diebstahl, ebenfalls durch das Schwert auf dem sogenannten Galgenberge vor Feuchtwangen hingerichtet.

Ausserdem hielt der Rath auch die Ehehaftsgerichte ab, die jedoch im Laufe der Zeit eine sehr veränderte Gestalt erhalten hatten, und ihrer Auflösung sichtbar entgegen giengen. Sie wurden zwar noch vierzehn Tage vor Walburgis und Michaelis im Namen des Stiftsverwalters und des Raths verkündigt; aber es waren nur diejenigen Bürger verpflichtet, dabei zu erscheinen, welche es mit der Elle, mit dem Maaß und dem Gewicht zu thun hatten. Das Gericht bestand aus dem Stiftverwalter, welcher statt der ehemaligen Chorherren die Ammansstelle versah, aus dem Kastner, der auf Befehl der Regierung beisaß, und aus den beiden Bürgermeister, dem Stadtschreiber, dem Baumeister und dem Spitalpfleger, und hatte es mit nichts zu thun, als die Maaßwerkzeuge zu besichtigen. Fielen dabei Bußen oder Geldstrafen vor, so theilten sich anfangs der Stiftsverwalter und der dienstthuende Bürgermeister in dieselben; später aber wollte der Kastner auch Antheil daran nehmen, und man gestattete es, da die Strafgelder ohnehin sehr gering waren, und manches Ehehaftsgericht ohne alle Strafe vorübergieng. Nach einigen Stunden wurde gewöhnlich die altherkömmliche Sitzung im Kreuzgang aufgehoben, weil keine Stiftsfreiheiten und Verträge mehr vorgelesen, und keine Rechtshändel mehr entschieden wurden.

Übrigens hatte der Magistrat seit der Aufhebung des Stifts in mancher Beziehung gewonnen. Die Stadt mußte zwar der Stiftsverwaltung manches alte Recht der Chorherren noch zugestehen, z. B. daß sie die Güter des Stiftes, welche man Dillinger Lehen nannte, weil die meisten in Dillingen ausgestellt worden waren, wo die Pröpste des Stifts sich an dem dahin verlegten Hofe des Bischofs aufhielten "mit Hauptrechen, Handlöhnen, Baudingen und allen Sachen besetzten und entsetzten, welche die Urbare und Eigenschaften antreffen;" ferner, daß alle Personen, welche zum Stift gehörten, nur in fremden oder Polizeisachen vor dem Magistrat geladen wurden, und daß die Hintersassen des Stifts nicht ohne Einwilligung der Stiftsverwaltung als Bürger angenommen werden durften. Auch mußte die Stadt jährlich  fünf Gulden für den Ammansstab und zwölf Kreuzer zwei Pfennig für den Lammsbauch an die Stiftsverwaltung entrichten, und mit derselben auch das Fleischbankgeld theilen. Dagegen hatten die Freiheiten und Vorrechte der Chorherrnhöfe und Vicarienhäuser aufgehört, weil sie in andere Hände übergegangen waren; es gab kein Büttelamt mehr, womit der Stiftsdecan einen Bürger bekleiden konnte; den Weinschroter, und die Fleisch- Brod- und Getränkschätzer, wie die Feuerbeschauer ernannte der Bürgermeister; die Fleischbank wurde als Eigenthum der Stadt betrachtet; bei der Feierlichkeit des Bürgerwerdens hatte der junge Bürger dem Stifte nichts mehr zu entrichten, obwohl der Stiftsverwalter bei der Verpflichtung noch zugegen war; und die Bürger konnten weiden, wo sie wollten, weil das Stift keine Heerden mehr hielt, und nur die Hut- und Weidegrenzen der angrenzenden Ortschaften zu besichtigen und zuweilen zu begehen waren. Hatte man Zinsen, Gült, Handlohn und andere Abgaben an das Stift zu entrichten, was nach der alten Bestimmung bei Strafe zu Martini geschehen mußte, so war die Stiftsverwaltung zufrieden, wenn es nur innerhalb Jahr und Tag geschah. Dieselbe gab auch willig aus den Waldungen das Holz zu Wegen und Stegen her, und unterstützte die Bitte der Gemeinden Krapfenau und Wehlmäußel, die auf ihnen ruhenden und sie beschimpfenden Ausbesserungen des Galgens und Stocks in diejenige mäßige Gült umzuwandeln, welche noch jetzt gegeben wird.

Unter den Bürgermeistern, welche Feuchtwangen im 18ten Jahrhundert sich erwählte, zeichnete sich Bärmeyer durch Eifer, Geschäftsgewandtheit und seltene Uneigennützigkeit aus. Auch war er es, der Ordnung in die Registratur brachte, der die noch vorhandenen Urkunden und Gedenkbücher, ja jedes beschriebene Blatt auf das Sorgfältigste sammelte, der selbst eine kleine Geschichte von Feuchtwangen entwarf, und so der Stadt die Trümmer der Erinnerung an ihre Vergangenheit rettete, welche ihr die Kanzlei und das Archiv in Ansbach dadurch entriß, daß die Stadt zuerst ein Verzeichniß ihrer Urkunden, dann diese selbst einsenden mußte, und nur von einem Theile derselben Abschriften erhielt, welche sie zuletzt noch, gegen das Versprechen des Archives, besonders bezahlen mußte. Von den sonstigen Bürgermeistern aus diesem Zeitraume kann man aus mündlicher Überlieferungen nur die Namen anführen: Tobias Friedrich Wurm, Ebert, Wünschenmeyer, Zorn, Julius Müller, Lammwirth Hausselt, Hallmann, Deeg, Walther, Rothmund, Walther, Lux, May, Schuhmann, Ströhlein, Hezel, Riegel und Fischer.

Von den Kastnern aus diesem Jahrhundert, die zuweilen die Stelle eines Vogts mit versahen, findet man in den Quellen: Johann Sebastian Thomas Frank von 1704 bis 1714; Johann Friedrich Bachmann 1716, Vater des um Zweibrücken so verdienten geheimen Archivars, Geschichtsforschers und Rechtsgelehrten Joh. Heinrich Bachmann, der 1719 in Feuchtwangen geboren wurde und 1786 starb; Georg Simon Leiberich 1727 - 1734; Wilhelm Friedrich Kaufmann 1769 - 1773; und Carl Wilhelm Friedrich Westernacher 1773. Vögte oder Stadtvögte waren: Joh. Friedrich Bachmann 1715 - 1720; Georg Simon Leiberich, zugleich Kastner, von 1727 - 1754; und Johann Christoph Lutz, 1769 bis 1792. Von den Amtmännern, die dieser Zeit Ober-Amtmänner genannt, verdient nur Johann Achatius von Benkendorf eine besondere Erwähnung, weil er die Wiederherstellung der Stadtmauer, wie den Bau des schönen Brunnens auf dem Markte erwirkte, und sonst das Wohl der Stadt auf jegliche Weise förderte; so wie Ferdinand Christoph Albrecht von Pöllnitz, weil er der letzte Ober-Amtmann war, den Feuchtwangen besaß, da diese Stelle bei seinem Tode, im Jahr 1778, nach einer allgemeinen Regierungs-Maaßregel des Markgrafen Christian Friedrich Carl Alexander eingezogen wurde.

Die Stiftsverwalter endlich, welche nach dem Abzug der Ober-Amtmänner für die ersten Fürstlich-Markgräflichen Beamten der Stadt galten, folgten ohngefähr also aufeinander: Johann Hufnagel 1563 - 1588; Balthasar Straß 1588 - 1598; Johann Schlegel 1598 bis 1613; Peter Meyer der Vater 1620; Peter Meyer der Sohn 1654; Samuel Lälius 1655 - 1658; Johann Georg Klingler 1665 und 1679; Gottfried Fastenor 1697; Thomas Kaspar Obermeyer 1701 - 1704; Joh. Friedrich Bachmann, früher Kastner, 1720; Georg David Lampertus Obermeyer 1731 - 1744; Johann Jodocus Ott 1744 - 1781; und Johann Friedrich Groß, früher Markgräflicher Hauptmann, 1781 - 1797.

Nach dieser Schilderung des bürgerlichen Lebens im 18ten Jahrhundert bleibt nur noch die Darstellung des geistigen und religiös-sittlichen übrig. Das ganze Kirchen- Studien- und Schulwesen leitete fortwährend der Decan; und es ist nicht zu läugnen, daß diesem wichtigen Amte in diesem Zeitabschnitt meist Männer von Geist und Kraft vorstanden, die entweder als Gelehrte die Wissenschaft, oder als Geistliche die Religiosität der Gemeinde oder als Schulbeamte den Unterricht und die Erziehung der Jugend förderten. Zu diesen, um Feuchtwangen verdienten Männern gehört vor Allem M. Georg Ludwig Hamberger, aus Gunzenhausen gebürtig, der im Jahr 1693 von Ansbach aus, wo er vierzehn Jahre lang Conrector gewesen war, nach Feuchtwangen kam, 27 Jahre hindurch mit Segen lehrte und wirkte, in den eingepfarrten Ortschaften Tauberschallbach, Oberahorn, Krapfenau und Banzenweiler Volksschulen errichtete, und den Lehrern den Aufbau eigener Schulhäuser in den drei ersten Orten von Seiten der Gemeinden, wie den Genuß kleiner Naturalbesoldungen von Seiten des Staates zu Wege brachte; der die Erhöhung der Decanatsbesoldung veranlaßte, die Mittel zum Pflastern des Stiftsplatzes und Decanatshofes, so wie zum Aufbau des Thürmleins in der Gottesacker-Kapelle ausfindig machte, und durch Anpflanzung edler Bäume in dem Decanatsgarten auch für die Obstbaumzucht thätig war.

Nach Hamberger, dessen Enkel, Georg Christoph Hamberger, ein geborner Feuchtwangern, als berühmter Literator und Bibliothekar in Göttingen starb, erhielt M. Johann Frieß aus Schwabach das Decanat, nachdem er vorher Hofdiaconus in Ansbach und dann Prodecan in Zirndorf gewesen war. Seine Thätigkeit war vorzüglich auf Predigten und vaterländische Geschichts- und Alterthumsforschung gerichtet, und ihm verdanken wir die vier Predigten bei dem Jubelfest der Ausburger-Confessions-Übergabe, welche 1730 mit einem Anhange über die Geschichte der Stadt Feuchtwangen in Schwabach erschienen, so wie mehre Vorarbeiten zur Geschichte dieser Stadt, die sich theils im Nürnberger Archiv, theils in der Dekanatsbibliothek in Feuchtwangen selbst befinden. Auch lieferte Frieß öffentliche Beurtheilungen in die Hallische Zeitung, und übersah bei diesen belehrten Beschäftigungen nicht die Sorge für die Kirchengemeinde und besonders für die Jugend, die von den Rectoren dieses Zeitraumes übel berathen gewesen seyn muß, weil die Bürgerschaft im Jahr 1733 eine völlige Beschwerde gegen den Rector Joh. Heinrich Mangold einreichte, und Verbesserung des Unterrichts verlangte. Da sich das lateinische Schulwesen nicht wohl heben ließ, so richtete Frieß sein Auge mehr auf das teutsche, bewirkte bei dem Magistrat im Jahr 1735 die Erweiterung des Schulhauses, in welchem auch der Schullehrer wohnte, der zugleich Organist war; und brachte es dahin, daß zwei Jahre darauf schon 130 bis 140 Kinder in den Wintermonaten die Schule besuchten, während sie in dem Jahr 1691 nur sechzig Schüler und in den Sommermonaten sogar nur zehn Knaben und zwei und dreißig Mädchen gezählt hatte.

Der nächste Decan, Dr. Georg Ludwig Oeder, ein geborner Schopflocher, der sich 1737 von dem Rectorat des Ansbachischen Gymnasiums nach Feuchtwangen zurückzog, lebte vorzüglich den Wissenschaften, und schrieb mehre gelehrte und freisinnige Werke, die er theils selbst heraus gab (88), theils nach seinem Tode erscheinen ließ, wie: "Christliche frei Untersuchung über die sogenannte Offenbarung Johannis von einem fränkischen Gelehrten, mit Anmerkungen herausgegeben von Semler, Halle 1769," und "Freie Untersuchung über einige Bücher des alten Testaments mit Anmerkungen von Vogel, Halle 1771. Dabei war jedoch Oeder auch für das Schulwesen besorgt, bewirkte, daß 1741 aus einem sehr kleinen Hause das noch jetzt stehende größere lateinische Schulgebäude aus den Mitteln des Staates erbaut wurde, worin der Stiftskastenmesser eine Wohnung erhielt; und suchte der lateinischen Schule auch dadurch aufzuhelfen, daß er im Jahr 1758 die Zuruhesetzung des alten Rectors Mangolt und die Aufstellung des Maximilian Brehm einleitete, der in seinem 24ten Jahr sein Kloster in Bamberg verlassen, auf der Festung Wilzburg als Constabler gedient, durch ausgezeichnete Kenntnisse in den neuen Sprachen und der Mathematik die Aufmerksamkeit der Regierung auf sich gezogen, und einige Mal den Markgrafen Wilhelm Friedrich auf seinen Reisen nach Italien begleitet hatte. Dieser Maximilian Brehm hob durch sein 25jähriges segensreiches Wirken die gesunkene lateinische Schule wieder empor, ertheilte nebenbei Unterricht in der italienischen und englischen Sprache, und vollbrachte sogar als Arzt mehre glückliche Heilungen.

Dem Decan Oeder, der 1760 starb, folgte Johann Samuel Strebel, bis dahin Conrector in Ansbach; und diesem folgte 1778 Samuel Nikolaus Höppel, der nach dem Tode des letzten Oberamtmanns von Pöllnitz die Wohnung desselben erhielt, welche noch jetzt zum Decanatshaus dient, während das alte verkauft wurde, und gegenwärtig in den Händen des Gerbermeisters Müller ist.

Fast um dieselbe Zeit, nämlich 1771, ging auch eine Veränderung mit den Wohnungen der lateinischen Lehrer vor sich. Jeder von ihnen hatte nämlich bis dahin ein eigenes Haus und zwar ein ehemaliges Vicarienhaus zur Bewohnung, und ertheilte seinen Unterricht in dem gemeinsamen lateinischen Schulgebäude auf demStiftsplatze. Da jedoch die drei Häuser baufällig geworden waren, so wurden zwei davon verkauft, das dritte, welches eine schöne Lage an der Hauptstrasse hatte, wurde niedergerissen, und auf Kosten des Staates unter Aufsicht des Stiftsverwalters Ott das freundliche Rectoratshaus gebaut, welches noch jetzt steht, und ursprünglich so vertheilt wurde, daß der Rector den mittlern Stock, der Präceptor oder zweite Lehrer den obern, und der Cantor oder dritte lateinische Lehrer den untern Stock erhielt.

Was die Gesinnung und den Wandel der Feuchtwanger in dieser Zeit betrifft, so zeigen sie sich als fromme, ehrbare, treue und gutgesinnte Bürger, an welche die Regierungs- und Consistorial-Ermahnungen zu einem christlichen Leben überhaupt und zur Heilighaltung des Sonntags, zur Enthaltung von Fluchen, Schmaußen und jeglicher Ausschweifung nicht vergebens ergangen waren. Auch befand sich unter den hingerichteten Verbrechern im ganzen Jahrhundert nicht ein einziger geborner Feuchtwanger, und aus dem Mangel an Strafen bei den Ehehaftsgerichten geht deutlich hervor, daß nicht einmal der feine Diebstahl, der Betrug in Elle, Maaß und Gewicht, im Schwange war. Daher war Feuchtwangen, obwohl klein und nur 265 Häuser, 1700 Einwohner in der Stadt und 6180 im Amte zählend, doch in dem Schatz des Markgrafen ein schöner Stein, der bei der Übergabe an Preußen bald das Auge des neuen Landesvaters auf sich zog, und stets von ihm als werthes Gut betrachtet und begnadigt wurde.


88. Oeder selbst gab heraus: Observationes sacr. ad var. diffic. S. S. loca. 1715. 16. und: Lat. Catech. Racov. rec. Socin. vero impietat. proflig. Frcf. et Lps. 1789.
Erstellt am 27.3.1999 durch Hans Ebert
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