Friedrich Jacobi - Geschichte der Stadt ... |
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Zweite Periode.
Feuchtwangen
unter Burggräflich Nürnbergischer und Markgräflich Ansabachischer
Landeshoheit.
1376
- 1791.
XI. Abschnitt.
Äußere
Geschichte der Stadt vom Anfange des 18ten Jahrhunderts bis zur Übergabe
an die Krone Preußen.
1700
- 1791.
So ruhig das 17te Jahrhundert geschlossen hatte, so kriegerisch begann das 18te, und der Schall der Kriegstrompete schreckte auch die friedlichen Bewohner der Sulzach auf, die in ruhiger Theilnahme vor der Ehrenpforte standen, welche sie an ihrem Rathhause dem ersten König Friedrich von Preußen errichtet hatten, und rief sie unter die Waffen.
Der kinderlose König von Spanie, Carl II., hatte dem Sohne des bayerischen Churfürsten Max Emanuel, des Helden von Wien, Ofen, Mohats und Belgrad, zum Erben seines Thrones eingesetzt, weil die Mutter desselben, Maria Antonia, als Tochter Kaisers Leopold I., di eNichte des spanischen Königs war. Allein dieser Erbe war mit seiner Mutter noch vor dem Erblasser gestorben; und da es dem Kaiser an Geld fehlte, seinen zweiten Sohn, den Erzherzog Carl, nach Madrid reisen zu lassen, wo der König geneigt war, ihm die Krone zu übergeben: so wußte der schlaue, ländersüchtige und mächtige Franzose Ludwig XIV. Den sterbenden Spaniere so zu bearbeiten, daß dieser den Enkel Ludwigs, Philipp von Anjou, zum Erben seiner Länder einsetzte. Da rüstete sich der Kaiser nach dem Tode Carls zum Kriege, und wie fast alle Fürsten des teutschen Reiches ihm zu Hilfe eilten, so sammelte auch der Markgraf Georg Friedrich von Ansbach noch im Jahre 1701 seine Streiter, und zog mit einem kleinen, aber tapferen Heere, das manchen Feuchtwanger in seinen Reihen zählte, als Kaiserlicher General-Feldmarschall-Lieutenant nach Italien, wo das teutsche Reichsheer unter Herzog Eugen von Savoyen die Fanzosen unter Catinat bei Carpi, und unter Villeroi bei Chiari schlug, und der Ansbacher allein mit seinen Truppen die Festung Vorsello am Po eroberte. Auch bei dem Sturm von Landau unter dem römischen König Joseph, im Jahre 1702, waren die Ansbacher thätig, und im nächsten Jahre ließ der Markgraf sogar sein Leben für die Sache des Kaisers, indem er bei Schmidmühlen in der oberen Pfalz gegen die Bayern focht, deren Churfürst auf die Seite Frankreichs getreten war; aber verwundet wurde, und in dem nahen Dorf Kuttensee starb. Sein Tod rief auch den Bruder Wilhelm Friedrich vom Schlachtfeld zurück, wo er als kaiserlicher Generalwachmeister bei der Belagerung von Landau und Neumark Antheil genommen hatte, um die Zügel des Staates zu ergreifen. Doch ließ er seine Truppen bei dem Bundesheere, und sie waren Mitsieger bei Höchstädt am 13ten August 1704, wo die Franzosen unter ihrem General Tallard und die Bayer unter ihrem Churfürsten Max Emanuel von Eugen und Marlborough auf Haupt geschlagen, und zur Räumung aller gemachten Eroberungen in Teutschland, wie zur Preisgebung des Churfürstenthums Bayern selbst gezwungen wurden. Als der Krieg nach Portugal, Spanien, Italien und den Niederlanden verpflanzt wurde, blieb Feuchtwangen von ihm unberührt; obwohl das ganze Ansbacher Land großen Antheil an dem Verlaufe desselben nahm, besonders seit dem Besuch Kaiser Joseph I. in Triesdorf, der den Spanischen Erfolge-Krieg mit Entschiedneheit und Kraft fortsetzte, aber es in seinem Glücke übersah, die höchst annehmbaren Friedensvorschläge Frankreichs auf dem Congreß zu Gertruydenburg im Jahr 1710 anzunehmen, welche Spanien an Östreich gebracht hätten, während vier Jahre später sein Thronfolger Carl VI. Durch den Rücktritt Englands und die einzelnen Siege der Franzosen benöthigt wurde, den Utrechter Frieden zu Baden im Aargau anzuerkennen, der dem Enkel Ludwigs XIV. Die Krone Spaniens auf immer zusprach, und Östreich nur die spanischen Niederlande mit Neapel und Sardinien zur Entschädigung gab.
Der Druck der Protestanten in der Schweiz, in Frankreich, der Pfalz, Ungarn und Polen beunruhigte um diese Zeit ihre Glaubensbrüder in Teutschland, und doppelt mischte sich daher in die Freuden-Feier des Reformations-Jubelfestes in Feuchtwangen im Jahr 1717 der Schmerz theils der Erinnerung an die noch nicht vergessenen Leiden des dreißigjährigen Religionskrieges, theils die Besorgniß eines neuen, zu dem die Ryswicker Klausel von 1693, als Bruch des Westphälischen Friedens, die Veranlassung, und die schreckliche Verhandlung der Lutheraner zu Thorn im Jahr 1724 das Vorspiel zu geben schien. Bei dieser Umdüsterung des kirchlichen und politischen Himmels war Feuchtwangen um so mehr in Sorgen, als seit dem Tode Wilhelm Friedrichs im Jahre 1723 dessen Wittwe als Vormünderin das Land regierte, und erst 1729 der großmündig gewordene Prinz die Regierung antrat, dessen Vermählung mit einer Preußischen Prinzessin jedoch sehr beruhigend auf das Land einwirkte, und auch in Feuchtwangen auf das Glänzendste gefeiert wurde. Sechs Tage dauerten die Festlichkeiten. Am ersten Tag, den 6ten Juni, war Gottesdienst, zu welchem die Bürgerschaft vom Rathhaus aus und die fürstlichen Diener vom Amtshaus aus durch die Reihen der geschmückten Schuljugend in die Stiftskirche zogen. Hier hielt nach dem Tedeum, mit Trompeten, Pauken und Kanonenschüssen begleitet, Decan Frieß die Festpredigt. Um zwölf Uhr erschallte vom Thurm die Freudenmusik. Mittags speisten die angesehensten Bewohner der Stadt in der sogenannten Fürstenherberge, Hundert Gedecke auf zwei Tafeln, und jedem Bürger wurde unentgeldlich eine Maaß Wein, den Armen aber die ganze Mahlzeit gereicht. Nachts war die Stadt erleuchtet, und dabei zeichnete sich durch sinnreiche Darstellungen und Denksprüche das Ober-Amtshaus und der Marktbronnen aus, um welchen sechzehn Fichtenbäume standen, die mit neun Hundert und fünfzig Lampen geschmückt waren, welche fünf Stunden lang brannten. Am zweiten Tag war Vogelschießen; am dritten Feuerwerk, wozu man zu dem vorhandenen Geschütz noch sechs Doppelhacken von Nürnberg kommen ließ; den Schluß machten von vierten bis zum sechsten Tag Scheibenschießen und andere Volksbelustigungen (86). Gleiche Anhänglichkeit und Freude legte die Stadt im nächsten Jahre an den Tag, als König Friedrich Wilhelm I. mit dem Kronprinzen Friedrich II., dem nachmaligen Großen, unter Begleitung des Markgrafen nach Feuchtwangen kam, im neuen Bau speiste, und dann nach Crailsheim zu einer glänzenden Jagd abfuhr.
Das Jahr 1730 ist auch in der Geschichte Feuchtwangens durch die Jubelfeier der Übergabe des Augsburgischen Glaubensbekenntnisses denkwürdig, und die an den drei Festtagen, von 24ten bis 26ten Juni, gehaltenen Predigten hat Decan Frieß selbst im Druck herausgegeben (87).
Bei der Auswanderung der Protestanten aus dem Erzbistum Salzburg kamen im Jahr 1732 drei Züge nach Feuchtwangen, von denen der erste am Johannistag ohngefähr aus fünfzig, der zweite, am 23ten und 24ten Juli, aus fünf Hundert bis sechs Hundert, und der dritte, vom 10ten bis 15ten August, fast aus Tausend Menschen bestand. Sie wurden mit Freuden und unter dem Geläute der Glocken empfangen, von Jung und Alt umarmt, in die Wohnung geführt, mit Lebensmitteln fast überschüttet, mit vielen Bedürfnissen des Lebens und auch mit Büchern beschenkt, und dann in feierlichem Zuge zur Kirche begleitet, wo die Kraft der Religion sie aufrichtete, und der Schmerz ihrer Leiden in den Thränen des Mitgefühls sich brach und kühlte. Dann ging man ins Freie, setzte sich in den Abenden auf die Steinbänke vor den Häusern, und hier erzählten die armen Salzburger: wie das Wort der evangelischen Lehre schon zu ihrer Väter Zeit in ihre Thäler gedrungen, aber beim Getäse des Krieges und dem Gedränge von Aussen verhallt wäre; wie dann die einzelnen Verkäufer ihrer Schnitz- und Webwaaren es wieder mitgebracht; wie sie die Schriften, die diese in Regensburg, Nürnberg und Augsburg erkauft, heimlich einander mitgetheilt, und mit steigender Begierde gelesen; wie man dann auf Befehl des Erzbischofs Eleutherius von Firmian die Bücher ihnen mit Gewalt genommen, ihre Häuser durchsucht, und ihre Schränke erbrochen; wie man ihre evangelischen Lehrer verjagt, sie selbst mit Gewalt in die Kirchen getrieben, ihnen die Kinder entrissen, sie selbst gefesselt, eingekerkert, zum Tode verurtheilt, und endlich zu Tausenden aus dem theuern Heimathlande getrieben hätte, aus dem schönen Vergverein, durch den die Sulzach strömt.
Bei solchen Leiden vergaßen die Feuchtwanger die ihrigen, die um diese Zeit ohnehin nur in Hagelschlag und Wassernoth bestanden; obwohl sie jedoch von denselben so heimgesucht wurden, daß der Blitz 1731 den Thürmer in seinem Zimmer erschlug.
Bald darauf brachte es die Verschwägerung des Landesfürsten mit Friedrich II., der 1740 den preußischen Thron bestieg, mit sich, daß der Jubel über das von ihm, durch den Sieg bei Molwitz eroberte Schlesien auch in Feuchtwangen wiederhallte, und daß man bei dem fünfjährigen Östreichischen Erbfolgekrieg im Herzen für den, zum teutschen Kaiser gekrönten bayrischen Churfürsten Carl VII. Partei nahm, bis dieser seiner Nebenbuhlerin Maria Theresia und endlich dem Tode selbst unterlag (1745.) Nach kurzer Zwischenzeit beschäftigten Friedrichs Siege bei Hennersdorf und Kesselsdorf, sein zu Dresden geschlossener Friede, der ihm Schlesien sicherte, und die Anerkennung Kaisers Franz I. die Gemüther der Feuchtwanger, bis diese 1750 den Befehl erhielten, sich selbst zu rüsten, um mit den übrigen Truppen des Markgrafen, aus Auftrag des evangelischen Körpers im Reichstag zu Regensburg, mit Waffengewalt die Protestanten in dem benachbarten Hohenlohischen Lande in die Rechte des Westphälischen Friedens einzusetzen, welche man ihnen ungerecht entzogen hatte.
Vom siebenjährigen Krieg erlebte Markgraf Carl Wilhelm Friedrich nur den Sieg seines Schwagers bei Prag im Mai und dessen Niederlage bei Kollin im Juni, so wie die seines Feldherrn Lehwald bei Großjägerndorf im August 1757, weil er selbst in diesem Monat starb; das Contingent seines Sohnes und Nachfolgers Christian Friedrich Carl Alexander aber wurde sammt der Reichsarmee und den Franzosen noch in dem nämlichen Jahre von Friedrich bei Roßbach geschlagen, wie auch die Östreicher unter Daun bei Leuthen, und im nächsten Jahre die Russen bei Zorndorf. Daß um diese zeit vielerlei Truppen durch Feuchtwangen zogen, war natürlich; aber die Tagbücher bezeichnen sie nur mit dem allgemeinen Namen der Kaiserlichen. Als Friedrich bei Hochkirchen von Daun überfallen wurde, bei Kunnersdorf die große Niederlage von den Russen erlitt, und sein General Fink sich mit eilf Tausend Mann gefangen nehmen ließ: saßen die Ansbacher und Feuchtwanger, wie die meisten Glieder der Reichsarmee, ruhig zu Hause und dankten Gott, daß der Krieg auch in den spätern Jahren, in denen Friedrich sie Siege bei Liegnitz und Torgau erfocht, nicht in ihre Nähe gespielt, und 1763 durch den Frieden zu Hubertsburg vollends beendiget wurde. Bei dem Anfalle des Fürstenthums Bayreuth an Ansbach, im Jahr 1769, ohnete man wohl nicht, daß die schönsten Truppen des Ansbacher Landes, und unter ihnen Feuchtwangens Söhne, ihre Waffen noch über das Weltmeer nach Amerika tragen würden; aber es überließ der Markgraf im Jahr 1776 zwei Infanterieregimenter und ein Feldjägercorps an England, und da das Volk an Gehorsam gewöhnt war, so zogen die Truppen, obwohl im Herzen aufgebracht, mit stiller Ergebung fort, um mit den Braunschweigern, Hessen, Waldeckern und Zerbstern, welche gleiche Bestimmung hatten, die Nordamerikaner zu besiegen, die, gegen die unnatürliche und drückende Herrschaft Englands im Aufstand, sich zu Philadelphia in einem Congreß der zwölf Provinzen vereinigt, und unter dem großen Washington mehre glorreiche Siege erfochten hatten. Von diesen Amerikanischen Hilfstruppen kamen jedoch viele wieder in die Heimath zurück, weil sie es vorzogen, sich nach ihrem Siege bei Neu-York gefangen nehmen, als niederhauen zu lassen, und weil nicht Alle Lust hatten, in dem fernen Welttheil zu bleiben; und so sah auch Feuchtwangen manchen für verloren gehaltenen Sohn und Landsmann wieder.
Der Ausbruch der französischen
Revolution im Jahr 1789 und ihr Fortgang in der nächstfolgenden Zeit
führte auch für Feuchtwangen manche Veränderung herbei,
insbesondere aber die, daß sein Landesfürst mehr und mehr die
Lust zu regieren verlor. Es hatten nämlich verschiedene Personen am
Hofe die Liebe und das Vertrauen des Markgrafen zu seinem Volk längst
untergraben gewußt; und da das Land bei der kinderlosen Ehe des Regenten
ohnehin nach dessen Tode an die Krone Preußens gefallen wäre,
so trat es der Markgraf noch bei Lebzeiten durch den Vertrag von Bordeaux
von 2ten December 1791, gegen eine jährliche Leibrente von einer halben
Million Gulden, an König Friedrich Wilhelm II. ab; und so kam auch
Feuchtwangen unter den Schatten des zum Hauptstamm gewordenen Zweiges der
Eiche von Zollern.