Friedrich Jacobi - Geschichte der Stadt ... 
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Dritte Periode.

Feuchtwangen unter Königlich Preußischer Landeshoheit.

1792 - 1805.

Mit dem Beginn des Jahres 1792 nahm Friedrich Wilhelm II. von dem Fürstenthum Ansbach Besitz, und Feuchtwangen huldigte am 5ten Januar dem Neffen und Nachfolger des großen Friedrich, und sah sein Auge mit besonderem Wohlgefallen auf der Wiege seiner Ahnen ruhen.

Das Erste, was der neue Landesvater für Feuchtwangen that, war, daß er eine Escadron Husaren von dem neugebildeten Bataillon von Frankenberg dahin in Garnison legte; und diese zog am 2ten November 1792 unter dem Major von Rosenbusch daselbst ein, und trug viel dazu bei, das Leben und Treiben der Stadt zu erhöhen und zu verschönern. Besonders aber geschah dieß durch die neuen französischen Flüchtlinge, welche theils in Feuchtwangen blieben, theils durchreisten, und mit Schrecken die Schandthaten der Jacobiner erzählten, die mit der Hinrichtung des unglücklichen Königs und seiner gekrönten Gehahlin im Jahre 1793 zwar ihe Höhe, aber nicht ihr Ende erreichten.

Neue Flüchtlinge brachte das Jahr 1796 und so zahlreich, daß selbst fürstliche und gräfliche Familien abgewiesen werden mußten; allein dießmal waren die Fliehenden meistens Rheinländer und Schwaben, welche Jourdan und Moreau, nachdem in Paris die Schreckensregierung gestürzt, und die Directorial-Regierung eingeführt war, durch ihre Siege in Schwaben gegen Erzherzog Carl von Östreich aus ihrer Heimath vertrieben hatten.

Während hierauf der Krieg nach Italien, in die Schweiz und sogar nach Ägypten und Syrien gespielt wurde, und der Name des jungen Helden Bounaparte in drei Welttheilen widerhallte: lebte man in Feuchtwangen ruhig und in Freuden, weil der neue Landesfürst Friedrich Wilhelm III. Im J. 1795 mit den Franzosen einen Separatfrieden zu Basel geschlossen hatte, der wenigstens dem Ansbacher Land und somit auch Feuchtwangen den Vortheil des Verkehrs mit beiden kriegführenden Parteien brachte. Da floß denn auch von allen Seiten Geld nach Feuchtwangen, daß die Handwerks- Gewerbs- und Handelsleute kaum Hände genut hatten, die Bestellungen zu befriedigen; daß in und vor der Stadt, besonders vor dem Spitalthore, neue Gebäude entstanden, und die Wirthshäsuer von den französischen und daß teutschen Flüchtlingen fast Tag und Nacht nicht leer wurden, obwohl ihre Zahl vermehrt, und auch der obere baufällige Thurm der Stadtmauer von dem unternehmenden Thorwärter Kretschmann in ein Kaffeehaus umgewandelt worden war, das den Feuchtwangern die Freuden eines Billards kennen lehrte, und mit dem anstoßenden Hause den Gasthof zum Brandenburger Haus bildete, der noch jetzt gerne besucht wird.

Der Regierungs-Antritt Friedrich Wilhelm III. Zog auch für Feuchtwangen eine Veränderung seiner Verwaltung nach sich. Es wurden nämlich die bisherigen Ämter des Stiftsverwalters, Kastners und Vogts aufgehoben, und dafür ein Justizamt, Kameralamt und Stadtgericht in der Art eingeführt, daß das Justizamt die reinen Rechtshändel entschied, und zwar nach dem allgemeinen preußischen Landrecht von 1793, das Kameralamt das Rechnungswesen des Stiftsverwalters und Kastners erhielt, und das Stadtgericht, unter dem Vorsitz eines Polizei-Bürgermeisters, die Polizei handhabte. Dabei wurden die Ämter Sulz und Forndorf, welche bisher dem Oberamte Feuchtwangen einverleibt waren, aufgelöst, und ichhre Verwaltung vollends mit dem Kameralamte daselbst verbunden.

Die letzten Statvögte waren Lutz, Buchta und dr. Schneider; der letzte Stiftsverwalter war Johann Friedrich Groß, welcher im Jahr der Verwaltungsveränderung, 1796, starb; und Einer der ersten Justizräthe war Johann Leonhard Heinrichmaier.

Um eben diese Zeit ging auch eine Veränderung im Studien- und Schulwesen in Feuchtwangen vor sich. Dem im Jahre 1783 gestorbenen würdigen Rector Maximilian Brehm war Christian Funk gefolgt, dem die Kraft fehlte, die drei Klassen der lateinischen Schule zusammenzuhalten, und seinen ohnehin alternden Amtsgenossen neues Leben einzuhauchen. Daher wurde der alte Präceptor Johann Andreas Mangolt, ein Sohn des ehemaligen Rectors Mangolt, in Ruhe gesetzt, seine Klasse in eine teutsche Schule verwandelt, seine Wohnung im obern Stock des Rectorats-Hauses dem Schullehrer Büttner übergeben, und beschlossen, auch die Cantorstelle fortan mit einem teutschen Lehrer zu besetzen, der nur nebenbei die künftigen Schüler der Rectoratsschule in den Anfngsgründen der lateinischen Sprache unterrichten sollte. Diese Verkleinerung der lateinischen Schule bewog Funk, im nächsten Jahre als Pfarrer nach Stetten im Decanate Gunzenhausen zu ziehen, und wäre nicht ein tüchtiger Mann sein Nachfolger geworden, so wäre wahrscheinlich auch die einzige noch übrige Klasse der lateinischen Schule aufgelöst worden. Dieser Retter der Schule war M. Johann Georg Friedrich Stettner, der durch Kenntnisse, Lehrgabe, Fleiß und kluge Benützung der Zeitumstände die Schule emporhob, und in einem Zeitraum von zwölf Jahren viele der ehrenwerthen Bürger bildete, die jetzt in Feuchtwangen leben, und denen zum Theil die Verwaltung ihrer städtischen Angelegenheiten anvertraut ist.

Geistlicher Aufseher und noch sogenannter Stiftsprediger war während des ganzen Zeitraums der preußischen Regierung Samuel Nicolaus Höppel, der sich in dem ehemaligen Oberamtshause, das er zum Decanatssitze erhalten hatte, glücklich fühlte; der die Abschaffung der Aposteltage und der weißen Chorröcke oder Chorhemden, wie die Zurücknahme der Befreiung der geistlichen und weltlichen Beamten vom Umgeld verkündigte; der den Wiederaufbau des im Jahr 1785 abgetragenen Thurmes der Johannis- oder Stadtkirche bewirkte, und unter andern guten Anordnungen auch die Einrichtung trag, daß die Hochzeiten vom Lande mit dem Schlag zwölf Uhr, und die Leichen mit dem Schlag zwei Uhr in Feuchtwangen erscheinen mußten, obgleich es ihm sehr viele Unannehmlichkeiten verursachte, die Landgemeinden von der frühern Unordnung zurück zu bringen.

Zu den sonstigen Erscheinungen im innern Leben Feuchtwangens und seines Amtsbezirks gehörte in dieser Zeit die seit Jahrhunderten vom Volke ersehnte Verringerung des furchtbaren Wildstandes, der den Acker- Garten- Obst- und Waldbau darniederhielt, und den Unterthanen die Pflege der Pflanzen und Gewächse, wie ihr Einkommen vielfach schmälerte und verkümmerte; ferner die Einführung einer Wildpretsteuer; die Viehseuchen in den Jahren 1796 und 1798; die Wassers- und Feuersnoth im Jahre 1799; die Hitze im Sommer 1800; die reiche Ärnte im Jahre 1801; die Mäuse, gegen welche man 1802 förmlich zu Felde ziehen mußte; die Erscheinung feuriger Kugeln in der Luft am 16ten December 1803; die glückliche Ärnte 1804; und endlich der Brand im nahen Orte Heilbronn, der im Jahre 1805 drei und zwanzig Gebäude in Asche legte, und neun und fünfzig Stück Vieh tödtete.

Als die dritte Coalition gegen Frankreich zu Stande kam, das seit 1804 Napoleon als Kaiser regierte, zogen am 5ten und 6ten Oktober 1805, als man eben die Mooswiese schloß, 36000 Mann von der gallo-batavischen Armee unter Marmont durch Feuchtwangen, um den bei Ulm stehenden Östreichern in den Rücken zu fallen; und da Bayern damals von den Östreichern überschwemmt, und sein Churfürst Maximilian Joseph zur Flucht genöthigt war, so hatte Feuchtwangen die Ehre, diesen edlen Fürsten aufzunehmen, und unter Bedeckung des Kammeramtmannes Mauritii und einer Abtheilung preußischer Husaren nach Ansbach begleiten zu können.

Die Siege der Franzosen und der mit ihnen vereinigten Bayern und Würtemberger unter den Feldherren Mürat, Lannes, Ney, Soult, Davbust, Bandamme und Bernadotte und ihre gewonnene Feldschlacht bei Austerlitz, am 2ten December 1805, bewogen um diese Zeit Preußen, das sich zur Aufgabe gesetzt zu haben scheint, seinem Lande die Leiden des Krieges zu ersparen, in dem Traktat von Wien, am 15ten December 1805, das dem König so treu ergebene Fürstenthum Ansbach und mit ihm auch Feuchtwangen gegen Hannover an Napoleon abzutreten. Die Nachricht hiervon erfüllte Feuchtwangen mit tiefer Trauer, und zog einen trüben Flor um das Bildniß des geliebten Königs Friedrich Wilhelm III. Doch als der Friede zu Presburg, am 26ten December desselben Jahres, das Fürstenthum Ansbach an den, zum König erhobenen Churfürsten Maximilian Joseph von Bayern brachte, da durften sich die Feuchtwanger nur an diesen, schon unter den Agilolfingern geachteten Volksstamm erinnern, an seine tapfern Kämpfe mit den Avaren unter den Carolingern, an seine Siege über die Madscharen unter den sächsischen Fürsten, an die Rolle, die Bayern bei den Kämpfen der Welfen und Guibellinen gespielt, an die Heiden aus dem Stamme der Scheiern und späteren Wittelsbacher, an den großen Ludwig, für den die Franken von der Retzat, Pegnitz und Aisch bei Mühldorf gefochten, an Herzog Albert den Weisen von München, dem Markgraf Friedrich IV. Von Brandenburg die Landshuter Erbschaft miterkämpft, an die bayerische Prinzessin Susanna, die Gemahlin des Markgrafen Casimir, und an manches andere Band, das Fürsten und Völker bindet, besonders aber an die Persönlichkeit des neuen Königs selbst, den die Bewohner von Feuchtwangen auf seiner Flucht so ehrfurchtsvoll aufgenommen und begleitet hatten: um aufs Neue die Fahne der Hoffnung aufzupflanzen, und sich getrost zu schmücken mit weiß und blauer Farbe, den Farben der Unschuld und Treue.


Erstellt am 27.3.1999 durch Hans Ebert
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