Friedrich Jacobi - Geschichte der Stadt ... 
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Zweite Periode.

Feuchtwangen unter Burggräflich Nürnbergischer und Markgräflich Ansabachischer Landeshoheit.
1376 - 1791.

IX. Abschnitt.

Schicksale der Stadt Feuchtwangen während des dreißigjährigen Krieges.
1619 - 1648.

Die erste Periode des dreißigjährigen Krieges, von dem das empörende Hinabstürzen der kaiserlichen Statthalter aus dem Schlosse in Prag nur die äußere zufällige Veranlassung, nicht die innere, tiefer liegende Ursache war, ließ Feuchtwangen noch unberührt; denn es kehrten seine Helden sammt der ganzen Armee der protestantischen Union nach dem Vergleich, den der Markgraf Joachim Ernst, bei dem Anblick des gerüsteten Bayernheeres zu Ulm geschlossen hatte, ohne Schwertstreich in ihre Heimath zurück, und die überwältigung der blosgestellten protestantischen Stände in Ober- und Niederöstreich brachte für den Augenblick den Städten an der fernen Rezat und Sulzach so wenig Nachtheil, als die darauf folgende verlorne Schlacht am weißen Berg, welche dem kopf- herz- und faustlosen böhmischen König Friedrich V. die Krone raubte, die er zu tragen, von Natur zu ohnmächtig war.

Eben so wenig empfand Feuchtwangen die Leiden des Krieges, als 1622 der von Mausfeld getrennte Markgraf Friedrich von Baden bei Wimpfen, und 1623 Herzog Christian von Braunschweig bei Höchst, wo er zur Vereinigung mit Mansfeld über den Main setzen wollte, ebenfalls von dem tapfern Bayerischen General Tilly geschlagen wurde. Allein schon die zweite Periode des unheilvollen Religionskrieges brachte Feuchtwangen mehr, als die Trauer des Mitgefühls und die Schaam über die Mißgriffe der Führer seiner Glaubensgenossen. Schon das steigen der Getraidepreise war eine Folge des begonnenen Krieges, und der Preis des Malters Korn zu zwei und vierzig Gulden und des Kern oder Waizen zu drei und sechzig Gulden, drückte nicht wenig den verzehrenden Theil der Bewohner. Auch starb am Anfange des Jahres 1625 der Landesfürst, und wenn auch der Schmerz der Unterthanen über diesen Verlust durch das spätere muthlose und staatsunkluge Benehmen des Markgrafen gemildert worden seyn mag: so mochte man doch auch von einer vormundschaftlichen Regierung, zumal in solcher Zeit, wenig Ersprießliches erwarten.

Als Wallenstein den bei Dessau geschlagenen kühnen Grafen Mansfeld durch Schlesien bis Umgarn verfolgte, und Tilly den mit den niedersächsischen Ständen verbundenen König Christian IV. Von Dänemark bei Lutter am Barenberg schlug, zogen im Juli 1626 die ersten Truppen durch Feuchtwangen. Es war der Herzog von Sachsen-Lauenburg mit acht bis neun Tausend Mann, der aus Niedersachsen kam, und gegen die aufgestandenen Bauern in dem Lande ob der Ens zog, und dessen Heerhaufen die Stadt und Umgegend von Feuchtwangen nicht nur durch Lieferungen und Gewaltthaten hart mittnahm, sondern ihr auch ein trauriges Andenken zurückließ - eine ansteckende Krankheit, welche in der kurzen Zeit vom October bis zum neuen Jahr fünf und sechzig Menschen in der Stadt wegraffte. Zwei Jahre darauf zogen abermals Kriegsvölker durch Feuchtwangen, und zwar am 6ten März 1628 der französische General de Guise, auf seinem Marsch nach Lindau, und am 2ten April Herzog Maximilian von Sachsen mit zwölf Hundert Mann Reiterein, welche den Unterthanen, ausser den geraubten Lebensmitteln, auch noch viele Pferde mitnahmen.

Selbst die Ankunft und die Siege des Königs Gustav Adolph von Schweden in der dritten Periode des dreißigjährigen Krieges brachte über Feuchtwangen, wenigstens für den Augenblick, nur Elend. Denn, nachdem Tilly bei Leipzig von Gustav Adolph am 7ten September 1631 aufs Haupt geschlagen worden war, zog er sich nach Bamberg zurück, bereinigte sich mit dem Herzog von Lothringen, und rückte vierzig Tausend Mann stark in das Markgrafthum Ansbach ein, dessen Hauptstadt sich am 7ten November ergab. Wie in Kloster Heilsbronn die fürstlichen Gräber, und in Ansbach das Schloß und die Stadt geplündert worden waren, so wurde auch Feuchtwangen bis zum 10ten November so ausgeraubt, daß der Werth des Goldes und Silbers, der Hausgeräthe und Waaren sechs und zwanzig Tausend acht Hundert und fünf und zwanzig Gulden betrug. Ausserdem verlor das Hospital siebenzehnhundert Gulden, und ein und sechzig Malter Korn, acht und fünfzig Malter Dinkel und vier und neunzig Malter Haber wurden theils verzehrt, theils mitgenommen, so wie neun Paar Ochsen, zwei und zwanzig Stück Rindvieh, fünf und zwanzig Pferde und zweihundert und eilf Schück Schaafe. Am größten aber waren die Gefahren, welchen das Leben der Einwohner selbst ausgesetzt war. Viele Bürger wurden gebunden, geschlagen, niedergeschossen und aufgehängt, Frauen und Jungfrauen wurden geschändet, Geistliche barfuß durch die Strassen geschleift und Kinder in den Armen der Mütter gemordet. Dinkelsbühl war damals eine treue Nachbarin, und nahm viele geflüchtete Feuchtwanger auf.

Als Tilly darauf bei Rain im Frühjahr 1632, wo er, nach der Vereinigung mit seinem Churfürsten Maximilian, den Schweden sich entgegenwerfend, das Leben verloren hatte, und Gustav Adolph nach seinem Zuge von Augsburg, an Ingolstadt vorbei, nach Landshut und München, und von da über Augsburg zurück nach Nürnberg, vergebens Wallenstein in seinem festen Lager bei Zirndorf angegriffen hatte: stand Feuchtwangen ein anderer, doch schunungsvollerer Truppendurchzug bevor. Es hob nämlich Gustav Adolph sein Lager bei Nürnberg am 8ten September 1632 auf, marschirte über Neustadt nach Windsheim, und rückte, nachdem er zur Besichtigung des von Wallenstein gleichfalls verlassenen Lagers am 18ten September nach Fürth zurückgekehrt war, in zwei Colonnen über Ansbach und Rothenburg nach Feuchtwangen. Da die Bewohner der Stadt Glaubensbrüder der Schweden waren, und die vormundschaftliche Regierung sich besonders für Feuchtwangen verwendet hatte, so erhielt es von General Bauner eine Schutzwache, und erflehte dafür den, über Dinkelsbühl und Nördlingen an die Donau, und von da nach Sachsen zur Hilfe des Churfürsten ziehenden Schweden den Segen Gottes, dessen sie in der Schlacht bei Lützen so sehr bedurften, wo Helden gegen Helden fochte, und wo die beiden ersten Kämpfer, Gustav Adolph und der bayerische Reiter General Graf Pappenheim, das Feld mit ihrem Blute tränkten.

Im nächsten Jahre, 1633, kam eine Heeresabtheilung der Schweden, deren Hauptmacht Wallenstein, ja seinem Groll gegen Maximilian von Bayern ungehindert unter den Generalen Horn, Torstensohn und Herzog Bernhard von Weimar die Oberpfalz durchziehen, und Regensburg, Freising, Mosburg und Landshut erobern ließ, wieder nach Feuchtwangen; aber der Krieg und das Benehmen der protestantischen Fürsten in Teutschland hatte das Bruderherz der Schweden schon halb verhärtet, und sie plünderten dießmal Feuchtwangen und die Umgegend fast so schonungslos, als es zwei Jahre vorher Tilly getan hatte, und so lange, bis die vormundschaftliche Regierung des Landes bei dem schwedischen Kanzler Axel von Oxenstirna eine Schutzwache für die Stat auswirkte. Doch die größten Drangsale standen Feuchtwangen im nächsten Jahr bevor, als der Schauplatz des Krieges in seine Nähe verlegt wurde.

Der Plan Ferdinands, des neuen kaiserlichen Oberfeldherrn nach Wallensteins Ermordung: die freien Reichsstädte, welche es mit den Schweden hielten, einzeln zu erobern, um so den Schweden die Lebensadern selbst in Teutschland abzuschneiden, hatte, von Gallas trefflich ausgeführt, die Armee der Liga, nach Eroberung Regensburg und Donauwörths, vor Nördlingen gebracht,und Herzog Bernhard von Weimar verleitet, gegen den Rath des besonnenen schwedischen Feldherrn Gustav Horn, durch eine Schlacht den Entsatz der befreundeten Stadt gegen einen, an Zahl und Stellung überlegenen Feind zu versuchen. Die Verwirrung, in welche die, von den entgegengesetzten Richtungen die kaiserliche Verschanzung erstürmenden Schweden sich selbst brachten, und welche durch ein, in die Luft fliegendes Pulverfaß vermehrt wurde, hatte Ferdinand Zeit gegeben, die wichtige Anhöhe mit einigen Spanischen Regimentern zu besetztn, deren Heldenmuth den siebenmaligen Angriff Bernhards zurückschlug; und da zu gleicher Zeit das Geschütz der Anhöhe den, von Gustav Horn befehligten Flügel der Schweden zum Rückzug nöthigte: so mußte sich der, von der Anhöhe in die Ebene hinabgetriebene Herzog, statt Horns Rückzug zu decken, auf diesen selbst werfen. Dadurch wurde die Niederlage entschieden, und Gustav Horn gerieth selbst in Gefangenschaft. Wie nun ganz Schwaben und Franken nach diesem Siege der kaiserlichen bei Nördlingen, am 6ten September 1634, von ihnen überschwemmt wurde, so blieb auch Feuchtwangen, das bei jener Schlacht auch den Erbprinzen des Landes, Georg Friedrich, verlor, nicht verschont. Es wurden ein Hundert und dreißig Verwundete vom Jung-Preunerischen Regiment in seine Mauern gebracht, die sechzig Tage lang verpflegt werden mußten, und während dieser Zeit unter Anderm sieben und dreißig Simra Korn, zwei Hundert und fünfzig Eimer Bier und ein Tausend fünf Hundert Pfund Fleisch verzehrten.

Darauf zogen die Generale Strozzi und Johann von Werth durch, plünderten außer der Stadt Feuchtwangen, die Orte Creglingen, Aub, Röttingen, und Weikersheim, nahmen zu Creglingen den Markgrafen Johann Georg von Brandenburg gefangen, ließen die Abgeordneten Metzler und Johann Bezold, Bürgermeister von Rothenburg, niederschießen, und rückten dann nach Ansbach und von da über den Rhein nach Frankreich, wo Johann von Werth mit seinen Bayern tief in Champagne streifte, und selbst Paris in Schrecken setzte.

Kaum hatte Feuchtwangen sich von dieser Plünderung erholt, so erschien am 1ten November desselben Jahres der fürstlich Altsächsische Regimentsstab zu Fuß mit der ganzen Regiments-Artillerie, und quartierte sich in der Stadt, dem Amt und Kloster Sulz bis zum 9ten Juni des nächsten Jahres ein, so daß die Verpflegungskosten sich auf 13603 Gulden beliefen, jene 5745 Gulden nicht mitbegriffen, welche für drei Hundert und drei und achtzig Malter Korn und Haber von der Stadt bezahlt werden mußten. Da seufzte Stadt und Land nach Frieden; aber der zu Prag zwischen dem Kaiser und dem Churfürsten von Sachsen in diesen 1635ten Jahre geschlossene schien vielen protestantischen Fürsten und Städten, und besonders den Schweden der Opfer nicht werth zu seyn, die man gebracht hatte. Daher konnte das eigennützige Frankreich leicht auf Neue die Kriegsfackel nach Teutschland schleudern, und es sandte, während es zwei Flotten auf dem Meere kreuzen ließ, sechs Heere aus, von denen eines unter dem Cardinal la Valette, und eines unter dem Herzog Bernhard von Weimar, der in französiche Dienste getreten war, die Feindseligkeiten am Rheine eröffnete. Sie zu schlagen, brach das Kaiserliche Hauptheer unter Gallas von Schwaben und Franken auf nach dem Rhein, und auf diesem Marsche war leider Feuchtwangen wieder, an der Heeresstrasse gelegen, neuen Kriegsleiden ausgesetzt.

Am 13ten Juli 1635, mit welchem Jahre die letzte Periode des verheerenden Kriegen, die schwedisch-französische, begann, rückte das Schlezische Regiment, das ohne Troß über fünfzehn Hundert Mann zählte, mit Gewalt in Feuchtwangen ein, nahm daselbst Quartier, so daß der ärmste Bürger zwanzig bis dreißig Mann erhielt, und raubte bei seinem Abzuge noch, was es vorfand. Am 4ten August erschien darauf der Ungarische Graf Polaski mit sechs Compagnieen zu Pferd vor den Thoren von Feuchtwangen, und obgleich ihn die gemachten Vorstellungen über die Armuth der Einwohner bewogen, in Eichenzell und Herrnschallbach Halt zu machen, so mußte die Stadt doch drei Hundert und sechs und neunzig Reichsthalter Contribution zahlen. Sechs Wochen darauf, am 21ten September, kamen zehn Compagnieen von Schlicks Reitern, und lagen drei Tage in dem Amte Feuchtwangen, und besonders in Ampfrach. Endlich zog noch die Polnische Armee durch das Markgrafthum, und das so sehr erschöpfte Feuchtwangen mußte am 31. October des nämlichen Jahres noch ein Hundert und achtzig Reichsthaler zu den allgemeinen Verpflegungskosten beisteuern.

Da hörte man, wie die alten Gedenkbücher sagen, an allen Ecken der Stadt nichts, dann Seufzen und Weheklagen, und Feuchtwangen wäre zur Wüste geworden, wenn nicht der Krieg in andere Länder gespielt worden wäre, Schon lagen die Fluren und Felder unangebaut; die Wiesen an der Sulzach warem vom Hufschlag zertreten, von Troß-Wägen durchfurcht, und von keiner Heerde beweidet; die Gärten standen ungepflegt, die Strassen öde und menschenleer, Häuser und Hütten verlassen, und selbst der Mensch war entartet und verwildert. Da sah man statt der Tugend die frechsten Laster, statt Glauben und Gottesfurcht Unglaube und Lästerung. Während man noch in den ersten Jahren des Krieges (1620) das Kirchlein auf dem Gottesacker außerhalb der Stadt erbaut, im Jahr 1624 die Chorschüler, Pauperes genannt, zum Singen frommer Lieder wieder eingeführt, und noch 1627 die Stiftskirche aufs Neue wieder hergestellt, und mit einigen Gemälden geschmückt hatte: mußte man jetzt Galgen und Rad handhaben, eine Kindesmörderin aus Rödenweiler enthaupten, und einem fünfzehnjährigen Bauernjungen aus Unter-Ampfrach, Georg Neyser, den Kopf abschlagen, und den Rumpf verbrenne, weil er im Stollenhof Brand gelegt hatte. So verdorben und versunken war die Zeit und der Mensch.

Die Jahre 1636 und 1637, in denen Banner die zum Kaiser übergetretenen Sachsen bei Wittstock schlug, nach seiner vergeblichen Belagerung von Leipzig aber über Torgau nach Pommern zurückgedrängt wurde, brachten Feuchtwangen nur eine kurze Ruhe, obgleich der friedlichgesinnte Ferdinand III. Den teutschen Kaiserthron bestiegen hatte. Gleich der fünfte Tag des Jahres 1638 führte das Sperreuterische Cürassier-Regiment nach Feuchtwangen, um deren Verpflegung willen Bürgermeister Kuppelich und Stadtschreiber Sebastian Spelt vergebens nach Ansbach reisten; und kaum war dieses Regiment abgezogen, seinem Schicksal bei Rheinfelden entgegen, wo die ganze kaiserliche Armee am 21ten Februar von Herzog Bernhard von Weimar nach einem zuvor erfochtenen Siege, auf's Haupt geschlagen, und General Sperreuter selbst mit den Generalen Gavelli, Johann von Weth und Enkeford gefangen wurde: so kamen am 12ten April schon wieder neue kaiserliche und bayerische Truppen nach Feuchtwangen, denen man für 849 Gulden Lebensmittel liefern mußte.

Wohlthätig wirkte um diese Zeit auf die Stadt und das ganze Land der erfolgte Regierungsantritt des volljährig gewordenen Prinzen Albrecht den die Vorsehung auserkoren zu haben schien, der zweite Gründer seines Staates zu werden. Er rief die entflohenen Unterthanen zurück, ließ die Waldungen ausreuten, das überhandgenommene Wild vermindern, und die liegenden Güter auf eigene Kosten anbauen; sorgte für Nahrungsmittel, beförderte den Getraidbau, die Viehzucht, die Gewerbe und den Handel, und stellte die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch Polizeigesetzt wieder her, namentlich durch die Kanzleiordnung von 1640, so wie die Religiosität und Sitte durch die Ehegerichtsordnung und andere Gesetzt, besonders aber durch sein eigenes Beispiel. Jedoch lag im Ganzen der Druck der Zeit noch immer schwer auf dem Ansbacher Land und namentlich auf Feuchtwangen.

Als Bernhard von Weimar sein Leben mit der Eroberung Breisachs beschlossen hatte, und Banner durch neue Truppen aus Schweden und Liefland verstärkt, über Pirna nach Böhmen gedrungen war, suchten die Kaiserlichen Winterquartiere in Franken; und während die bayerische Armee in Donauwörth, Wemdingen und Dinkelsbühl lag, hatte Feuchtwangen 5 Monate lang, vom 15ten December 1639 bis 15ten Mai 1640, die bayrische Artillerie in Verpflegung, so daß die Kosten der Stadt schon bei der am 10ten April mit dem Quartierzahlmeister Günther gepflogenen Abrechnung 5062 fl. Betrugen. In demselben Jahre schlugen die Siege, welche die Kaiserlichen unter Leopolds Anführung in Böhmen und Sachsen über Banner erfochten, der Stadt Feuchtwangen eine neue Wunde. Es war nämlich Banner den unter Mercy nah Franken gezogenen Bayern nachgerückt, um sie allein zu schlagen; hatte aber dadurch die kaiserliche Armee veranlaßt, den Bayern zu Hilfe zu ziehen, und auf diesem Zuge kam am 10ten August 1640 der kaiserliche General-Wachtmeister Fürst Camillo Gonzago mit 6 Regimentern zu Fuß und zu Roß nach Feuchtwangen, übernachtete daselbst, und nahm am andern Morgen noch 428 Gulden aus der Stadtkasse mit. Nicht besser gieng es der Stadt im nächsten Jahr, als plötzlich im strengsten Winter Banner vor Regensburg erschien, den Reichstag zersprengte, und sich mit dem französischen General von Guebriant bis nach Mähren vorwagte. Es kamen am 16ten, 17ten und 18ten Januar 3 Generalstäbe nach Feuchtwangen, von dem General-Feldmarschall Geleen, dem Feldzeugmeister Graf de Suys und dem General Piccolomini, welche sämmtlich in der Stadt blieben, während eilf Regimenter zu Roß und zu Fuß auf den umliegenden Dörfern sich einquartierten, und soche Gräuel verübten, daß aufs Neue das Landvolk seine Hütten verließ, und sich dem Heere anschloß oder auf Raub und Bettel herzumzog.

Der Tod Banners im Jahr 1641 machte dem Kriege so wenig ein Ende, als der Tod des französischen Ministers Richelieu 1642, und die Wünsche nach Frieden, welche die Stadt Feuchtwangen durch die Abgeordneten von Crailsheim bei dem kleinen Landtags-Ausschuß am 1. Juni dieses Jahres in Ansbach aussprechen ließ, verhallten, wie die allgemeinen und wie die früheren, welche seine eigenen Abgeordneten auf dem Landtag zu Crailsheim 1633 und denen zu Ansbach 131, 1634, 1636 und 1639 aussprache, auf denen man nur immer Geld herbeischaffen, und neue Steuer bewilligen mußte. Ja es schien, als sollte der Krieg im vier und zwanzigsten Jahre seiner Dauer erst recht beginnen, denn der neue schwedische Oberfeldherr Rostensohn schlug auf dem Schlachtfeld seines Lehrmeisters und Königs, Gustav Adolph, bei Leipzig Piccolomini und Leopold am 2. November 1642 auf das Haupt; und der neue französische Minister Mazarin richtete seine größte Thätigkeit auf den Kaiser, und sandte dem Führer der französischen Armee in Teutschland, Marschall von Guebriant, Verstärkung auf Verstärkung. Da kam am Neujahrstag 1643 wieder Johann von Werth, der inzwischen gegen den gefangenen Schwedischen Feldherrn Gustav Horn ausgewechselt worden war, mit zwei Tausend Mann Reiterei nach Feuchtwangen, übernachtete in Dorfgütingen, und ließ der Stat eine Schutzwache zurück, welche mit einem halben Eimer Wein, eilf Hundert und fünfzig Pfund Brod, sechs und dreißig Semmeln, drei Pfund Lichter, zwei Buch Papier und zwanzig Maas alten Wein so erquickt wurde, daß ihr Offizier schriftlich seinen Dank abstattete, und die Feuchtwanger sich über die gelernten Manieren im Umgang mit Kriegern freuten. Am andern Tag hatten sie leider schon wieder Gelegenheit, sich darin zu üben. Es kam der bayerische General-Feldzeugmeister Mercy mit zwölf Regimentern, lagerte sich im Sulzachgrund, nahm sein Hauptquartier in Dürrwangen, wo auch die Artillerie blieb, und verlegte die Truppen in die umliegenden Örter, bis er an den Neckar hinabzog.

So giengen die Durchmärsche fort, Einer halben Compagnie Lothringischer Reiter, wahrscheinlich versprengt, wie ihr Herzog selbst, gefiel es in Feuchtwangen so gut, daß sie vom 9ten April bis zum 3ten Mai daselbst blieb. Nach dem glücklichen Überfall der Franzosen bei Duttlingen im Spätjahre 1643, wobei sich Johann von Werth als Meister in dieser Art Krieg zu führen zeigte, und nach der kühnen Unternehmung Torstensohns gegen Dänemark, wo ihn Gallas vergebens in Jütland einzuschließen suchte, sondern von den Schweden förmlich nach Hause getrieben wurde, kamen vier Compagnieen Arquebusier oder Reiterschützen vom Sporkischen Regiment, unter Anführung des Rittmeisters Vollroth, nach Feuchtwangen, und blieben daselbst drei Monate lang. Noch mehr, als diese Einquartierung aber schadete der Stat ein furchtbarer Wetterschlag, der die Erndte des Jahres, die Frucht des Fleißes, vernichtete und die allgemeine Noth noch vermehrte.

Das nächste Jahr 1645 brachte wieder Durchmärsche und sogar den Kriegsschauplatz in die Nähe. Um nach Torstensohns Sieg bei Jankowitz am 24ten Februar, in welcher Schlacht General Götz blieb, und Hatzfeld gefangen wurde, und nach dem Vordrang desselben bis Wien und Mähren, den von Condé getrennten, und bei Mergentheim um Standquartier liegenden Turenne anzugreifen: kam am 15ten April 1645 die bayerische Armee unter Mercy und Johann von Werth nach Feuchtwangen, und schlug auf dem sogenannten Bretzenberg (der jetzigen Königshöh) ein verschanztes Lager auf, dessen Spuren man noch vor Kurzem gesehen hat. Unbeschreiblich sind die Verheerungen, welche die Bayern damals innerhalb neun Tagen in der Stadt und dem Amte Feuchtwangen anrichteten. Daß sie 5181 Gulden Kriegsbeitrag erpreßten, war das Geringste. Sie rissen Zäune, Schranken, ja sogar Häuser nieder, zerstörten die Stadtmühle, hieben die Obstbäume um, sägten das Holz aus den Gebäuden und verbrannten es, und begnügten sich nicht mit den gelieferten ein Hundert und drei und fünfzig Malter Korn, ein Malter Gerste, zwei Hundert und zwölf Malter Dinkel und vier und neunzig Malter Haber, sondern ließen die noch grünen Saaten von den Pferden abfressen, oder schnitten sie ab, und zertraten den Rest mit Füssen. Am 24ten April endlich zogen sie weiter nach Rothenburg an der Tauber, und von da nach Mergentheim, wo sie Turenne auf das Haupt schlugen, General Roß und drei französische Obristen gefangen nahmen, und siegreich nach Hessen vordrangen. Indessen wurden sie bald von Herzog von Enghien, der aus dem Elsaß Turenne zu Hilfe eilte, von Königsmark, der aus Mähren herbeizog, und von den Hessen, die vom Rhein herkamen, zurückgedrängt, und langten im Juli desselben Jahres über Crailsheim wieder in Feuchtwangen an, wo sie in der Eile des Durchzugs die Wohnungen, Thore und Mauern beschädigten, bis sie nicht weit von Nördlingen bei dem Dorfe Alerheim Stand hielten, und in jener heldenmüthigen Schlacht die bayerische Grenze zu schützen suchten, in welcher Enghiens Ungestüm, Turennes Besonnenheit und der Hessen Todesverachtung den Sieg erfochten. Turennes Proviantmeister, der am 21ten August nach Feuchtwangen kam, um Lieferungen beizutreiben, fand so viel, als nichts mehr. Im nächsten Jahre aber mußten die Feuchtwanger wieder neun Hundert Thaler der schwedischen Besatzung in Dinkelsbühl liebern, und wenn sie auch diese hätten verschmerzen könne, so war doch der Hagelschlag, der sie zu gleicher Zeit traf, ein unersetzlicher Verlust.

Endlich hoffte man, daß das Flehen von Millionen Herzen und Zungen nach Frieden erhört werden würde. Gustav Wrangel hatte, nachdem er, bei dem Zurückziehen Torstensohns in die Stille des Besonderlebens, den Oberbefehl übernommen, und sich bei Gießen mit Turenne vereinigt hatte, den Krieg nach Bayern gespielt, die schützende Armee bei Donauwörth geschlagen, den Lech überschritten, und durch Überschwemmung des Landes den, vom Kaiser mit Undank belohnten bayerischen Churfürsten Maximilian am 14ten August 1647 zur Abschließung des Waffenstillstandes von Ulm gezwungen. Doch die allgemeine Friedenshoffnung zerrann, wie ein Gebilde in der Luft, und das arme, so oft bedrängte Feuchtwangen fühlte aufs Neue die Last des Krieges. Maximilian hatte in dem Waffenstillstand den Schweden Schwaben und Franken überlassen, um ihre Quartiere daselbst auszubreiten; und da nun Wrangel nach der Einnahme von Bregenz durch Schwaben nach Feuchtwangen zog, mußte diese arme Stadt wieder die Wrangelischen und Jordanischen Völker durch ihre Thore ziehen sehen, und noch überdieß bei der Belagerung von Dinkelsbühl die Artillerie so lange verpflegen, bis diese Stadt genommen war. Darauf zog Wrangel siegreich über Schweinfurt nach Eger, wo der geschwächte Kaiser so lange einer Schlacht auswich, bis Maximilian von Bayern, den Waffenstillstand brechend, ihm nach Böhmen zu Hilfe eilte, und die Armeen Beider, unter Melanders Anführung, den von den Franzosen aus Eifersucht verlassenen Wrangel über Thüringen nach Lüneburg trieben, wo sie ihn vernichtet haben würden, wenn nicht Maximilian, aus ähnlichen Staatsrücksichten, wie früher die Franzosen, seine Bayern zurückgerufen hätte. Glaubte Feuchtwangen, bei diesem Zug der Kriegsheere in das nördlliche Teutschland, wo Wrangel in Lüneburg und Melander in Hessen die Winterquartiere bezogen hatte, wenigstens den Rest des Jahres 1647 unbelästigt schließen zu könne, so wurde es aus dieser Hoffnung noch im December desselben Jahres durch den Einmarsch der Blauischen Compagnie von Schachischen Regiment gerissen, welche den Winter über in seinen Mauern blie, der Stadt einen neuen Aufwand von 1486 Reichsthalern verursachte, und erst am 16ten Februar 1648 aufbrach, als sie die Nachricht erhielt, daß Wrangel, nachdem er die Weimarische Reiterei an sich gezogen, und sich mit Turenne vereinigt hätte, die Kaiserlichen unter Melander der Donau zu vor sich hertriebe. Wirklich traf schon am 9ten März desselben Jahres Wrangel selbst in Feuchtwangen ein, und mit ihm der Landgraf von Hessen, der ganze schwedische Generalstab und ein Theil der Armee. Als Wrangel, der den sogenannten neuen Bau, (da jetzige Decanatshaus) bewohnte, nach mancher Bedrückung am 14ten März abgezogen war, traf am 22ten März Marschall Turenne ein, und nahm sein Hauptquartier in Dürrwangen. Sogleich eilten Abgeordnete der Feuchtwanger Bürgerschaft zu ihm, und baten, von Beamten unterstützt, um Schonung. Es half nichts. Sie knieeten vor ihm nieder und flehten mit Thränen, sich der Stadt nur dießmal zu erbarmen, und die Armee die Sulzach abwärts zu legen. Es war vergebens. Die Armee lagerte sich flußaufwärts, und Feuchtwangen erhielt drei Regimenter zur Einquartierung, die zwei Stunden nach ihrem Einmarsch die verborgenen Gemächer der Einwohner öffneten, die Böden erstiegen, in die Keller drangen, die versteckten Schränke und Kisten aufschlugen, und Alles raubten, was in ihre Hände fiel. Endlich wurde zum Abmarsch geblasen und der Zug gieng über Dinkelsbühl und Nördlingen an die Donau, wo sie die vereinigten Bayern und Kaiserlichen jenseits des Stromes bei Zusmarshausen schlugen, Melander dabei tödtlich verwundeten, den bayrischen General Gronsfeld, welcher bei Rain den Übergang über den Lech hindern wollte, an den gleich vergeblichen Versuch, Tilly's bei dieser Stelle erinnerten, und dann das arme Bayernland überschwemmten, und durch Grausamkeiten, Plünderungen und Verheerungen aller Art an den unschuldigen Unterthanen den Ulmer Waffenstillstand rächten, für dessen Brechung jetzt der geflüchtete Churfürst Maximilian in Salzburg zitterte, und den Himmel um Schutz gegen seine Feinde anflehte, die nur das reißende Wasser des angeschwollenen Inn von der Eroberung Salzburgs und der Östreichischen Erbstaaten abhielt, da diese ohne Armee und ohne Feldherr jedem Einfall bloß standen. Bei dieser Entfernung der kampflustigen Heere und bei der Hoffnung, endlich den Kaiser zum Frieden geneigt zu sehen, athmete Feuchtwangen wieder auf, und seine thätigen Bürger und Bauern giengen wieder hinaus auf die Felder, zu ackern, zu säen, zu pflanzen und zu pflegen. Auch war die Ärndte reich und der nahe Friedensschluß gewiß, an dem man fast so lange gearbetet hatte, als der Krieg dauerte; und es freute sich Alt und Jung, Arm und Reich, nach so vielen Jahren der Noth und des Elends, die Früchte des Landes in Ruhe und Eintracht genießen zu dürfen. Da erschien plötzlich am 11ten October 1648, der Schwedische Obrist Wiedehopf mit vier und dreißig Regimentsquartiermeistern und zwei Hundert Mann Reiterei zur Bedeckung, durchsuchte in der Stadt und den umliegenden Dörfern alle Häuser, Böden, Scheuen und Ställe, und schrieb Alles auf, was er an Getraid, Früchten und Vieh vorfand, um über den Stand in das Schwedische Lager nach Ulm zu berichten, wo man an Lebensmittel Mangel litt, weil man die Vorräthe in Bayern muthwillig vernichtet hatte. Mit Furcht und Schrecken sahen die Feuchtwanger dieses Vornehmen, und nichts beschreibt ihre Betrübniß, als wenige Tage darauf Obrist Gorsch ankam, das Getraid auf Wägen laden, und fünfzehn Hundert Stück Ochsen, Kühe, Schafe und Schweine forttreiben ließ, ja sogar befahl, die Stadt sollte neues Getraide herbei schaffen, und sechzig Tausend Pfund Brod, fünfzig Faß Bier und Hundert Säcke Futterkorn für seine Rückkehr in Bereitschaft halten. Da sank den Feuchtwangern vollends der Muth, und sie gönnten es den Schweden, daß ihnen der Raub noch Blut kostete, und fast entrissen worden wäre, indem bei Dinkelsbühl zwei Hundert Kaiserliche Reiter auf sie stießen, und ichhnen sechs Mann tödteten, jedoch der Übermacht weichen mußten. Zur Verzweiflung aber geriethen die armen Städter, als am 22ten October der französische Generalmajor Bobo mit sieben Regimenter einrückte, von denen drei Regimenter drei Tage, zwei Regimenter fünf Tage und zwei Regimenter zehn Tage in dem ausgesaugten Sulzachgrund liegen blieben, und den Rest von dem noch raubten, was die Schweden übrig gelassen hatten. Am 28ten October trafen auch noch Wrangel und Turenne mit acht und zwanzig schwedischen Obristen ein, so daß man die Lebensmittel aus den entferntesten Ortschaften mit Gewalt herbei zu treiben genötzigt war.

Und hier in Feuchtwangen war es, wo endlich den Generalen Wrangel und Turenne die Nachricht des, am 24ten October 1648 zu Osnabrück und Münster geschlossenen Friedens überbracht wurde. Die Wuth der kriegslustigen Schweden über den Friedensschluß war groß, und um so größer, als sie sich eben im Vortheil befanden, und Königsmark nach Odowalsky's Plan mit seinem fliegenden Heerhaufen die kleine Seite von Prag überrumpelt hatte, und vor der Altstadt der Pfalzgraf Carl Gustav mit frischen Völkern aus Schweden gelagert lag. Zwei sehr schätzenswerthe Quellen erzählen, daß Wrangel den ersten Eilboten, der ihm in Feuchtwangen die Nachricht von der Einnahme der Vorstadt Prag und dem geschlossenen Frieden überbrachte, mit Scheltworten von sich wies, bei der Ankunft des zweiten und dritten aber seinen Generalshut ergriff, ihn mit Ingrimm auf den Boden war, und mit Füssen trat; und zur Beglaubigung fügt die im Nürnberger Archiv befindliche Nachricht von dem Stifte und der Stadt Feuchtwangen vom Jahr 1729 noch hinzu, daß der alte, ehrwürdige Bürger Leonhard Meyer, der im Jahre 1711 als Mitglied des innern Raths und als Greis von neun und achtzig Jahren starb, betheuerte, diese Handlung Wrangel's mit eigenen Augen gesehen zuhaben.

So war endlich der Kampf ausgekämpft, der das Dasein der protestantischen Kirche sicher stellte; und auch der Feuchtwanger Bürger hob seine Hand zu Himmel empor, und sein nasses Auge dankte Gott für das Ende des verheerenden Krieges und für die mit Strömen von Blut errungene Freiheit des Glaubens und der Gewissen.


Erstellt am 27.3.1999 durch Hans Ebert
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