Friedrich Jacobi - Geschichte der Stadt ... |
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Zweite Periode.
Feuchtwangen
unter Burggräflich Nürnbergischer und Markgräflich Ansabachischer
Landeshoheit.
1376
- 1791.
VIII. Abschnitt.
Geschichte
der Stadt von der Aufhebung des Stifts bis zum Ausbruche des dreyßigjährigen
Krieges.
1563
- 1618.
So friedlich die Regierung des Markgrafen Georg Friedrich begonnen hatte, so friedlich dauerte sie fort; und da sie fast ein halbes Jahrhundert umschloß, so vernarbten die Wunden, welche der Schmalkaldische Krieg Feuchtwangen geschlagen hatte, und die Vorsehung schien gleichsam der Stadt Zeit zu gestatten, sich Kräfte zu sammeln, um die Leiden tragen zu können, welche die Zukunft für sie in ihrem dunklen Schooße verborgen trug.
Wie mit der Auflösung des Stiftes der Friede im Innern der Stadt gesichert war, so wurde es auch gleichzeitig im Äußern ruhiger, und der neugewählte Kaiser Maximilian II. Knüpfte sogar trauliche Verbindung mit dem Landesfürsten an, und übernachtete im Jahre 1570 auf seiner Reise zum Reichstage in Speier mit der ganzen kaiserlichen Familie in Feuchtwangen; wobei die Fürstorge des Markgrafen so weit gieng, daß er der Stadt in einem eigenen Hofrescripte vom 5ten Januar auftrug, schöne Karpfen, Hechte, Barschen und Krebse in Bereitschaft zu halten, und versprach, etliche gemästete Ochsen selbst hinübertreiben zu lassen, damit man den Kaiser und seine Gemahlin zechfrei halten, und das Gesinde billig davon kommen lassen möge! Nur Grumbachs verwegene Schritte zur Ausführung seines Planes, in Teutschland eine Adelsrepublik zu gründen, nöthigten im Jahre 1564 den fränkischen Kreis, sich zu rüsten, wobei die Fürstenthümer im Ganzen dreihundert und zwölf Mann zu Fuß, und acht und sechzig zu Roß stellten. Auch zwangen die vordringenden Türken den Reichstag zu Augsburg, dem Kaiser eine Hilfe an Geld zu bewilligen, in deren Folge Feuchtwangen die runde Summe von hundert Gulden nach Ansbach senden, und die Türkenglocke anordnen mußte. Doch kam die Stadt nie in die Noth, sich derselben bedienen zu müssen, und sah keine Türken, als jene sechzig Mann, welche mit Ibrahim Pascha, wahrscheinlich auf seiner Gesandtschaftsreise nach Frankreich, am 14ten December 1560 friedlich in seinen Mauern übernachteten. Im Jahre 1567 wurde die Stadt auch von den Grumbachischen Streifzügen befreit, da er mit seinem Mitverschwornen, Wilhelm von Stein, das Bluterüste besteige mußte; und bei dem Kampfe der Hugenotten oder Protestanten in Frankreich wurde es nur dann und wann mit Durchmärschen von Kriegsvölkern heimgesucht, die in Teutschland für beide Parteien geworben, und auf ihren Zügen nach Frankreich sich gegenseitig an Schandthaten überboten.
Ob auch den Feuchtwangern Theologen, welche seit der Auflösung des Stiftes aus ihrem Decan und zwei Diaconen bestanden, im Jahre 1565 ein Bedenken über das Maulbronner Colloquium, wie den Theologen des Ober-Landes, abgefordert wurde, ist ungewiß, aber so viel findet sich über das kirchliche Leben jener Zeit, daß man 1565 anfing, auch in der Johannis- oder Stadtkirche die Vesper zu singen, und zwar noch lateinisch; daß man das Volk vor ärgerlichem Leben warnte; daß man 1566 die Kapitel-Ordnung bekannt machte, nach welcher Visitatoren eingesetzt wurden, welche die Geistlichen auf dem Lande unversehends besuchen mußten; und daß auch eine Ehegerichtsordnung eingeführt wurde, welche das neuerrichtete Consistorium in Ansbach entworfen hatte.
Das Jahr 1573 war wieder ein hartes Jahr für Feuchtwangen. Schon 1572 waren die Preise der Lebensmittel bedeutend gestiegen, und hatten die gewöhnliche Maaßregel, Sperrung der Grenzen, herbeigeführt; jetzt kam noch ein sehr nasser Sommer hinzu, und so stieg die allgemeine Landes-Theuerung so hoch, und die Noth wurde durch die zugleich eingerissene Viehseuche so groß, daß Feuchtwangen seine ganze Schaafheerde verlor, und daß die armen Leute sich noch um den Besitz des gefallenen Viehes schlugen.
Bei diesem Kampfe mit dem Hungertode übersah man die Wohltat, welche die Reichs-Polizeiordnung dem gesammten teutschen Vaterlande bringen wollte, und man nahm kaum noch im Herzen Antheil an der grausamen Unterdrückung der Protestanten in Frankreich durch die Pariser Bluthochzeit (1572) und an ihrem Kampfe in den Niederlanden, wo ihnen das Jahr 1573 das vorübergehende Glück der Zurückberufung Herzogs Alba brachte.
Als der von allen Religionsbekennern gesegnete Maximilian II. Die Bühne des Lebens und der That verließ, zog der Feuchtwanger Landesfürst nach Regensburg zur Kaiser-Wahl Rodolph II., im Jahre 1576. Das Herz des neuen Kaisers war gut, aber sein Wille schwach. Von Außen drängten die Osmannen, und nöthigten auch den Markgrafen von Ansbach, im nächsten Jahr den Landtags-Ausschuß in seine Hauptstadt zu berufen, um dessen Beistimmung zur Erhebung einer Steuer auf fünf Jahre zu erwirken, welche man die Türken-Steuer nannte.
Ein größerer Feind aber drohte im Innern des teutschen Reiches - die Glaubenszwietracht; denn es nahmen nicht nur die beiden christlichen Hauptkirchen aufs Neue eine feindliche Stellung gegen einander, sondern es spaltete sich auch die protestantische Kirche in sich selbst durch den Haß zwischen den lutherischen Protestanten und den reformirten Protestanten. Ja, als sollte die Einheit dieser Kirche gleich beim Entstehen vernichtet, und ihre Kraft in der Stunde der Geburt gebrochen werden, so trennte sich wieder in der lutherisch-protestantischen Kirche die strengere Partei, welche sich an jedes Wort Luthers und selbst an seine bloßen Privatmeinungen hielt, von der mildern, welche sich an dessen Geist und an Melanchthons Ansichten anschloß, und somit den Reformirten näherstand (81). Zu dieser milderen Partei, die sich aber ihrer Entfernung von den strengen Ansichten Luthers kaum bewußt war, gehörten die Theologen von Feuchtwangen und die der Brandenburgischen Fürstenthümer überhaupt, weil sie alle in Wittenberg studiert hatten, so noch sechzehn Jahre lang nach dem Tode Luthers Melanchthon lehrte, und ein ganzes Geschlcht von Gottesgelehrten für seine Ansichten gewann. Als daher auf Anregung Andreas, der sich durch Reisen, Unterschriftsammlungen, Vorstellungen, Vermittlungen und andere Kunstgriffe einen bedeutenden Einfluß am Ansbacher Hof zu verschaffen wußte, im Jahre 1573 die Ansbacher und Nürnberger Theologen eine Glaubensschrift unterschreiben mußte, nach welcher auch die Schmalkaldischen Artikel, welche dem milderen Lehrbegriffe geradezu entgegen waren, symbolisches Ansehen erhielten: so widersetzten sich zwei Feuchtwanger, Georg Stang und Erasmus Scheuermann. Doch ein so schwacher Widerstand blieb uneachtet, und verschwand gänzlich, als der Churfürst von Sachsen sich von der Abweichung der Wittenberger Theologen von dem strengen lutherischen Lehrbegriff überzeugte; als man anfieng, alle aus Wittenberg hervorgegangenen Prediger als heimliche Calvinisten zu verschreien und zu verfolgen; und als Andreä seiner vielfach angebotenen verworfenen, halbangenommenen und veränderten Concordienformel in Kloster Bergen 1577 Aufnahme erwirkte, und auch den Ansbachischen Theologen von dem Landesherrn der Befehl ertheilt wurde, diese Friedensformel zu unterzeichnen. Da unterschrieb Alle, denn Keiner wollte, wie der Diaconus Cäsius, versetzt, oder, wie der Ansbachische Hofprediger Besserer, aus dem Staats- und Kirchendienste entlassen werden; und so sehr die Concordienformel anderwärts angefochten wurde, weil sie nicht aus Auftrag der Kirche verfertigt war, den theologischen Ansichten der Mehrzahl der Kirchenglieder nicht entsprach, durch die einzelnsten und spitzfindigsten Bestimmungen die Freiheit des Glaubens und Forschens hemmte, und eine ewige Scheidewand zwischen lutherischen und reformirten Protestanten aufrichtete: so geduldig ergriffen im Jahre 1581 folgende Geistliche und Lehrer des Feuchtwanger Decanats die Feder zur Unterschrift: Franz Raphael, Thomas Wirsing, Simon Priester, Samuel Vogther, Abraham Braun, Johann Schopff, Johann Butner, Johann Lazarus, Johann Episcopus, Paul Präge, Georg Venator, Caspar Vieweg, Georg Jung, Leonhard Fehler, Tobias Schettler, Johann Saltzer, Georg Herboltzheimer, Egidius Bauernfeindt, Johann Faber, Sebastian Obolus, Michael Hornberger, Johann Seiboldt, Georg Fischer, M. Theodor Rautzler, Johann Hartmann, Georg Bermuth und Peter Hübsch (82).
Ein Jahr vorher war sogar in Ansbach ein förmliches Gericht gehalten worden, vor welchem der abgesetzte und nach Königsberg geflohene Hofprediger Besserer wegen einer andern Schrift (de communicatione Idiomatum) zum Widerruf erscheinen mußte. Andreä führte dabei selbst den Vorsitz; unter den Richtern saß auch der Decan von Feuchtwangen M. Raphael; und nachdem die Richter den Angeklagten selbst zum Widerruf verurtheilt hatten, belehrten sie den gleichfalls vorgeladenen Pfarrer Huber fon Burgbernheim, welcher der Meinung war, "daß der Mensch vermöge der Freiheit seines Willens Gutes oder Böses thun könne, aber leider durch seine Sinnlichkeit mehr zum Bösen hingezogen werde" vom Gegentheil, und behaupteten: "daß an dem Menschen nach dem Sündenfalle nichts mehr gut geblieben sey,weder an Leib, noch an der Seel, weder innerlich, noch äusserlich, weder an Haut noch an Haaren, an Mark noch Beinen, an Fleisch noch Adern, an Verstand noch Willen, sondern daß Alles an ihm verderbt, verunreinigt, und der ganze Mensch ein Greuel geworden sey (83).
In dem nämlichen Jahr der Unterschrift verlor Feuchtwangen seinen Decan Raphael. Er wurde, seiner Gelehrsamkeit wegen, Rector des, aus dem Mönchskloster zu Heilsbronn geschaffenen Gymnasiums, die Fürstenschule genannt, woraus noch unter seinem Rectorate die später berühmten Männer Taubmann und Simon Mayer hervorgiengen. Durchzüge von Bayer, Wallonen, Westphälischen und Solmischen Reitern erinnerten um diese Zeit Feuchtwangen wieder an den Kampf der Niederländer, welche seit 1581 förmlich dem Könige von Spanien den Gehorsam aufgekündigt hatten; und diese Durchzüge vermehrten noch die Zigeuner, Bettler und Streuner, welche in Schaaren das Land durchzogen, und den Landmann betrogen, plünderten und quälten: Da noch andere Lasten die Unterthanen drückten, so ergriff der nach Ansbach berufene Ausschuß der Landstände im Jahr 1583 die dargebotene Gelegenheit, und übergab der Staatsregierung auf gesetzlichem Wege mehre Beschwerden oder Gravamina, worin namentlich über die Fortdauer des doppelten Umgelds, über den großen Wildstand, besonders der Schweine, über die Juden, welchen Krämer, Aufkäufer der Lebensmittel, Refträger, über das weiße Bier, das Holzgeld, und die Wucherei mit dem Kastengetraide geklagt, und am Schluß ausgerufen wurde: "Man spreche immer von einer Türkenhilf; doch stehe dahin, ob sie es unter den Türken nicht besser hätten!"
In eben diesem Jahre wurde auch der langwierige Fraisch-Prozeß entschieden, welchen Ansbach über sechzig Jahre mit Nürnberg führte; und das Urtheil des Reichskammergerichts war so günstig für den Markgrafen, daß dieser sogleich zur Execution schritt, und allenthalbenhin Streifcommando's legte. Allein Nürnberg legte Gegenstreife, die oft mit jenen ernst zusammenstießen, und fieng den Kreislauf des Porzesses, obwohl das Urtheil 1587 bei der Revision bestätigt wurde, von vornen an, indem es von seinem Gelde Gebrauch machte, von dem der Abgeordnete Führer gesagt hatte: "wenn die Sache sich mit Geld abmachen läßt, so wollen wir ja gern bis über die Ellenbogen in die Säcke greifen." Überdieß rüstete sich Nürnberg förmlich zum Kriege, ließ sogar Lichtenau befestigen; und daher machten sich auch die Markgräflichen Doppelsöldner, unter denen mancher Feuchtwanger war, mit ihren langen Spießen, Harnischen, Sturmhüten und blechernen Handschuhen marschfertig, und eben so die Musketierschützen mit ihren Doppelhacken und Gabeln, und die Hackenschützen mit ihren halben Hacken oder langen Rohren, ihren Seitenwehren und Sturmhüten. Allein es blieb bei den Rüstungen, und der Prozeß begann von Neuem seinen Schneckenlauf.
Inzwischen sah Feuchtwangen seinen geliebten Landesvater altern, ohne Familienvater geworden zu seyn, und so konnte 1598 die Nachricht nicht überraschen, daß der Markgraf mit dem ihm anverwandten Churfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg einen Vertrag in Gera geschlossen hätte, nach welchem für den Fall, daß Jener ohne Erben stürbe, die beiden gefürsteten Markgrafthümer Zweien von den sieben Brüdern des Churfürsten, Christian und Joachim Ernst, zur Theilung nach dem Loose zufallen sollten. Wirklich traf auch dieser Fall bald ein. Der Markgraf fühlte selbst sein Ende herannahen, deutete die sieben Adler, welche nache bei Feuchtwangen, in Kloster Sulz, erschienen waren, auf die sieben Brüder des Churfürsten, die ihn beerben wollten, und verbot, sie zu schießen; griff nur noch mit schwacher Hand in die Straßburger Fehde ein; und stieg dann am 18ten April 1603 hinab zu den Vätern.
Fragt man, wie Feuchtwangen während der Regierung Georg Friedrichs in seinem Innern gelebt hat, so läßt sich Folgendes antworten. Das Erste, was man in Feuchtwangen nach Aufhebung des Stifts that, war, daß man dem einen der eingefallenen Stiftsthürme das niedere Dach gab, welches er noch jetzt besitzt, weil die Mittel fehlten, ihn, wie der Plan war, und die Zierde der Kirche verlangte, eben so aufzuführen, als den andern, welchen zwei Jahre vor Aufhebung des Stiftes der letzte Decan Jung aus den Mitteln desselben aufgebaut, und mit einer Thürmerswohnung versehen hatten. Darauf verwandelte der Stiftsverwalter Hufnagel die Peters- oder Todtenkirche, in welcher die Gebeine der Chorherren lagen, in einen Getraidekasten, und verkaufte die leergewordenen Chorherren- und Vicarienhäuser, nämlich von jenen acht an der Zahl, da nur vier Chorherrenhäuser der Amtmann, Decan, Vogt und erste Diacon zu Wohnungen erhalten hatten; und sechs Vicarienhäuser, da eben so viel dem zweiten Diacon, dem Rector, Cantor, Infimus, Stifts-Meßner und Stat-Meßner übergeben worden waren. Der Erlös aus diesen Begäuden, wie die Erträgnisse der Stiftsgüter überhaupt floßen in die Staatskasse. Dagegen wurden von dem Staate die Geistlichen und Lehrer besoldet, und ihre Wohnungen sammt den Kirchen unterhalten. So wurde z. B. 1572 die Stiftskirche renovirt, wobei man unter dem alten Altar auf der linken Seite des Chors einen großen versteinerte Fichtenstock ausgrub, von dem man glaubte, daß es jener Stock seyn möchte, auf welchem Carl der Große gesessen, als er am Quell des Taubenbrünnleins sich labte, und die Stiftung des Klosters gelobte (84). Ferner trug der Staat die Hälfte der Kosten, welche die im Jahre 1580 erbaute steinerne Brücke über die Sulzach verursachte, und ließ ebenso acht Jahre darauf das ehemalige Reliquienhaus auf dem Stiftsplatz in ein Schulhaus umwandeln, und darin eine Wohnung für den Infimus oder untersten lateinischen Lehrer einrichten, der bisher selbst für seine Wohnung hatte sorgen müssen (85).
Über das Wirken der Geistlichen in Feuchtwangen unter der sieben und vierzigjährigen Regierung des Markgrafen Georg Friedrich fügen die Quellen dem, was über die Concordienformel mitgetheilt wurde, nur noch das hinzu, daß man in Jahre 1590 zum ersten Mal das Almosen in der Kirche sammelte. Der Wirkungskreis eines Feuchtwanger Decans muß indessen damals sehr bedeutend gewesen seyn, denn es waren ihm, ausser seinen beiden Diaconen, noch folgende vier und zwanzig Pfarreien untergeordnet: Wieseth, Dentlein, Ammelbruch, Dorf Kemmathen, Ober- und Untermichelbach, Frankenhofen, Wittelshofen, Illenschwang, Simbronn, Willdenstein, Weidelbach, Lehengütingen, Schopfloch, Larrieden, Mosbach, Unter-Ampfbach, Ober-Ampfbach, Reubach, Brettheim, Diebach, Oestheim, Sulz, Breitenau und Dorfgütingen.
Ettwas mehr erfahren wir über das Schulwesen. Obgleich die Erziehung und der Unterricht des Volkes noch nicht Gegenstand des Forschens der Geistlichen geworden war, weil diese noch immer über den Lehrbegriff zu streiten hatten, so besaß doch Feuchtwangen damals schon eine vollständig eingerichtete lateinische Schule, wahrscheinlich ein Ersatz für die versuchte Gründung einer Universität. Dieser lateinischen Schule stand ein Rector oder Ludimoderator vor, von denen Einige gelehrte Männer gewesen seyn mögen, wie man aus den noch vorhandenen, wohlgelungenen lateinischen Gedichten und Grabschriften eines M. Magnus Galli und M. Johann Hartmann schließen darf, und deren Einkünfte nicht übel gewesen seyn mögen, da es zuweilen in den Annalen heißt: "In diesem Jahr hat sich der Rector Pferde gehalten. Die zweite Klasse hatte der Cantor oder Präceptor, oft auch Coadjutor genannt, der ebenfalls Theologie studirt hatte, ein Vicarienhaus bewohnte, Unterricht in der lateinischen und teutschen Sprache ertheilte, und entweder zum Rector aufrückte, oder eine benachbarte Pfarrei erhielt. Der Lehrer der untersten Klasse endlich, Infimus genannt oder Collaborator, erhielt ebenfalls vom Staate durch die Stiftsverwaltung seine Besoldung, bewohnte aber kein ehemaliges Vicarienhaus, sondern erhielt erst 1588 eine Dienstwohnung in dem lateinischen Schulhause, wo er gegen eine jährliche Besoldung von zwei und fünfzig Gulden im teutschen und lateinischen Lesen, Schreiben, Decliniren und Conjugieren unterrichtete; und wurde gewöhnlich schon nach ein Paar Jahren auf eine Pfarrei befördert, wie Peter Hubsch, der 1581 als Infimus in die Concordienformel unterzeichnete, und 1582 als Pfarrer nach Wieseth kam; oder er rückte auf die Cantorstelle vor, wie Georg Bermuth, der ebenfalls die Concordienformel unterschrieb. Der älteste teutsche Schullehrer, den Feuchtwangen hatte, hieß Hans Heller, und wurde im Jahr 1556 von der Stadt mit sieben Gulden an Geld und zwei Fuder Holz angestellt. Sein Nachfolger, Hieronymus Herpf, stieg in der Besoldung auf acht Gulden, und bezog von jedem Schüler vierteljährig drei Batzen Schulgeld, wozu ihm die Stadt noch die Hälfte seines Miethzinses bezahlte. Dein Schullehrer Hans Erhart aus Wildenholz, der 1573 angestellt wurde, gab der Staat aus der Stiftsverwaltung eine jährliche Zulage von zwölf Gulden und ein Simra Korn; aber als er im Jahr 1605 seiner Schule nicht mehr recht vorstehen konnte, wurde ein zweiter Lehrer, Hans Oechslein, angestellt, ohngeachtet der Gegenrede Erharts, der sich auch darüber bitter beklagte, daß man ihn von den, auf seinem Hause ruhenden Lasten nicht befreie, und ihn sorgar unter dem Thore Schildwach stehen lasse.
Was die bürgerliche Verwaltung betrifft, so wurde unter der Regierung Georg Friedrichs und kurz zuvor nur dadurch eine Veränderung oder Erweiterung getroffen, daß man einzelnen Bürgern noch einige nothwendig gewordene Ämtchen zu verwalten gab. So schuf man z. B. zur Beitreibung und Verrechnung des Umgeldes das Umgeldamt, das der Stadtschreiber mit einigen Bürgern unter Aufsicht des Amtmanns oder Vogts verwaltete; ferner das Haupt- und Weg-Zollamt, welches gewöhnlich der Amtsschreiber nebenbei versah, und worüber er monatlich dem Kastner und jährlich der fürstlichen Kammer Rechnung legen mußte; eben so das Siebneramt, das von sieben Bürgern, theils aus dem Rath, theils aus der Gemeinde versehen wurde, welche die Gebäude, die Feldflur und die öffentliche Ordnung beaufsichtigten; und das Geleitsamt nach Mergenthal, Ellwangen, Crailsheim, Rothenburg, Leutershausen, Ansbach, Windsbach und Gunzenhausen. Endlich waren auch zu den alten Pflegämtern, der Michaelspfleg, Seel- und Siechhauspfleg, neue hinzugekommen, nämlich die Quartalsalmosenpfleg, die Sonntagsalmosenpfleg, die Stiftsalmosenpfleg und besonders die Ulrich-Wolffische Testamentspfle, zu denen die Pfleger von dem Amtmann, Decan, Vogt, den beiden Bürgermeistern und dem Rath aus der Bürgerschaft gewählt, und jährlich zur Rechnungslegung vorgefordert wurden.
Die Hauptbeschäftigung der Einwohner blieb in dieser Zeit fortwährend der Ackerbau und die Viehzucht, und unter den zur Belebung des Handels angeordneten Märkten hob sich besonders der Lampertus-Markt durch ziemlich bedeutenden Viehhandel.
So sah Feuchtwangen im Innern aus, als Joachim Ernst, in Folge des Geraer Vertrages, 1603 den Thron bestieg, und fortwährend im Aufblühen begriffen, huldigte die Stadt mit Freuden dem neuen Fürsten aus dem Brandenburgischen Hause, am 28ten Juli, und sah ihn mit theilnehmenden Blicken im nächsten Jahre in die Niederlande ziehen, und 1607 in die geliebte Heimath zurückkehren, wo das Schicksal der protestantischen Stadt Donauwörth, welche eines Pöbelmuthwillens wegen in die Acht erklärt, und von Herzog Maximilian von Bayern durch Waffengewalt zum Rücktritt aus der protestantischen Kirche gezwungen worden war, die fränkischen Städte in Schrecken setzte, und den Markgrafen veranlaßte, in mächsten Jahr in Kloster Anhausen gegen die sichtbar drohende Gefahr die protestantische Union zu Stande zu bringen, die ihn zu ihrem General und den Churfürsten Friedrich IV. Von der Pfalz zu ihrem Oberhaupt wählte. Als darauf Herzog Maximilian von Bayern die bewaffnete Verbindung der Katholiken, die Liga, stiftete, waren die Blicke Joachim Ernsts wohl mehr nach Aussen gerichtet; allein er vergaß über der allgemeinen Sorge die besondere für sein Land nicht, und Feuchtwangen erhielt unter ihm die Amtsordnung, welche als Amsbachisches Landrecht gelten konnte; durfte bei der Beantwortung der vorgelegten sechzehn Fragen über die Beschaffenheit des Landes sich freimüthig über die Verwaltung aussprechen; und sah seinen Amtsbezirk durch den Anlauf des benachbarten Ortes Schopfloch vergrößert, den Brigitta Meyerin besessen hatte, so wie kurz vorher durch die angekauften Orte Haundorf, Ober- und Unter-Ampfrach von Georg Ludwig von Seinsheim, unter der Regierung Georg Friedrichs.
Überdieß rief Markgraf Joachim Ernst die unter der vorigen Regierung allmählich in kleine, bedeutungslose Zusammenkünfte der Abgeordneten der vier Städte Ansbach, Kitzingen, Schwabach und Crailsheim zusammengeschmolzenen Landtäge wieder in das Leben, theilte sie in den großen, mittleren und kleinen Ausschuß, und bestimmte die Zahl der Abgeordneten aus den drei Ständen: der Geistlichkeit, der Bürgerschaft und der Bauern, wobei Feuchtwangen zu dem größern Ausschuß oder zu dem vollen Landtag, wie 1608, seinen Decan, zwei Bürger aus dem Rath, zwei aus der Gemeinde und zwei aus den Bauern des Amtsbezirks stellen durfte, zu dem mittlern aber, wie 1611, nur seinen Decan und einen Bürger zu senden, und bei dem kleinen sich an die nahe Stadt Crailsheim anzuschließen hatte.
So hätte sich Feuchtwangen
wohl zufrieden und glücklich fühlen, und die Feier des Reformations-Jubelfestes
im Jahr 1617 mit heiterem Sinne begehen können; allein düstere
Ahnungen beunruhigten die Gemüther seiner Bewohner. Sie gedachten
des Blutes der Protestanten, das in England unter Maria in den Unglücksjahren
von 1555 - 1585 geflossen war, bis Elisabeth sie schirmte; erinnerten sich,
was ihre Glaubensbrüder in Frankreich hatten dulden müssen, bis
das Jahr 1598 durch das Edikt von Nantes ihren Leiden ein Ende machte;
hörten noch den Nachhall der Kanonen, mit welchen die Glieder ihrer
Kirche am Schlusse des Jahrhunderts in den Niederlanden niedergestreckt
worden ware; durchschauten den Zweck der über die protestantischen
Stände des teutschen Reiches verhängten Hofprozesse, die im Jahre
1600 den Markgrafen zur Abordnung eigener Gesandten nach Wien veranlaßt
hatte; mußten den Werth der im Augenblicke der Noth von des Kaisers
Bruder Matthias den Protestanten in Östreich bestätigten Religionsfreiheit,
wie des, von Kaiser Rudolph den Böhmen gegebenen Majestätsbriefes
zu veurtheilen; und sahen die Liga gerüstet, mit Maximilian von Bayern
an der Spitze, der München und Schärding befestiget, Ingolstadt
mit neuen Werken versehen, die Zeughäuser mit Waffen, die Kassen mit
Geld gefüllt hatte, der die Landwehr in Rotten theilen, und mit den
Kerntruppen schulgerecht üben ließ, und der das ganze tapfere
Bayernvolk zu einer Kraftanstrengung zu bewegen verstand, die geahnet schon
furchtbar war. Bei solchem Stand der Dinge sah Jeder, auch im teutschen
Vaterlande das Feuer glimmen, das nur eines Windstoßes bedurfte,
um zur mächtigen, furchtbar um sich greifenden Flamme angefacht zu
wreden, und auch das arme Feuchtwangen, zwischen die beiden Glaubensbekenner
im nördlichen und südlichen Teutschland in die Mitte gestellt,
las die Zeichen der Zeit, und forschte vergebens vor dem Ausbruch des dreißigjährigen
Krieges nach einem Beschwörer des Sturmes, der wie eine Wetterwolke
am teutschen Himmel heraufzog.