Friedrich Jacobi - Geschichte der Stadt ... |
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Zweite Periode.
Feuchtwangen
unter Burggräflich Nürnbergischer und Markgräflich Ansabachischer
Landeshoheit.
1376
- 1791.
VI. Abschnitt.
Kirchliches
Leben der Stadt von ihrer Reformation bis zur Aufhebung des Stiftes.
1528
- 1563.
Vogther arbeitete nach seiner Wiedereinsetzung mit allen Kräften an der Befestigung der evangelischen Lehre und an der Gründung eines Lebens, das derselben würdig wäre. Auch erhielt er einen rüstigen Kampf- und Glaubensgenossen an dem neuernannten Stadtpfarrer an der Johanniskirche, M. Johann Geiling, der von dem Markgrafen selbst berufen, und mit folgenden ehrenvollen Ausdrücken angestellt worden war:
"So haben wir den würdigen, wohlgelehrten Meister Hans Geiling zu einem Pfarrer gen Feuchtwang verordnet, und ist unser ernstliches Begehren und Meinung, daß ihr den vorig unrichtigen Pfaffen (Veit Seßler) sammt seinem Kaplan von Stund ab und hinweg schafft, und diesen Meister Hans Geiling die Pfarr verleiht, ihm auch sammt einem redlichen, gelehrte und christlichen Kaplan sein nothdürftig Unterhaltung und Competenz machen, und auch in dem und andern gegen uns als euer von Gott geordnet rechte Obrigkeit gehorsamlich haltet. Wie wir uns ernstlich und genzlich auf euch verlassen und des lieber euer der gehorsamen gnädiglicher Herrn sein und bleiben wollen."
Geiling war auch wirklich ein geist- und kraftvoller Mann, der in Wittenberg zu Luthers und Melanchthons Füssen gesessen hatte, ein ausgezeichnetes Rednertaltent besaß, in Wömpelgard und Heidelberg den Ruhm eines Gelehrten zurückließ, und als Hofprediger nach Ansbach gerufen worden war, aber leider wegen Unpäßlichkeit diese Stelle nicht hatte antreten können. Er that viel für die Ausbreitung der evangelischen Lehre, besonders, da ihm auch die Aufsicht über die Geistlichen im Stift, in der Stadt und in dem Amte übertragen worden war, und suchte es nicht nur durchzusetzten, daß die Chorherren, nach dem Befehl der Visitationsordnung, seinen und Vogthers Predigten beiwohnten, sondern ließ auch nicht nach, bis der plötzlich zurückgekehrte Decan Jäger, welcher hoffte, bei der Abwesenheit des Markgrafen die alte Ordnung der Dinge wieder herstellen zu können, die Visitationsordnung als Lehrnorm anerkannte. Geiling setzte auch das Verbot der Jahrtäge in Vollzug, und äußerte laut seine Freude über den zwischen dem Markgrafen und Luther entstandenen Briefwechsel, und insbesondere über des Letzteren Antwortschreiben vom Himmelfahrtstag 1528, welches also lautete (71):
"Gnad und Friede ynn Christo Jesu. Durchlauchtigster, hochgeborner fürst, gnädiger Herr. Es kompt hier der frume Mann, Fr. Johann Rurer. Wie fro bin ich, das Euer Fürstlich Gnaden solchen man widder zu sich berufen haben. Bitte auch Gott von Herzen, woll Euer Fürstliche Gnaden ynn seiner Gnaden Erkenntniß und Andacht barmherziglich sterken und erhalten, zu thun und zu fordern seinen willen und heiliges Wort, wie er denn angefangen hat, E. F. G. zu bewegen, und wir alle bitten und hoffen sollen, daß seine Barmherzigkeit solch angefangen werk seiner gnaden werde seliglich ynn E. F. G. vollenden. Amen. Und wie wir E. F. G durch Herrn Hans von Schwarzenberg hat lassen schreiben vmb einen Prediger gen Plassenburg, also hab ichdiesen Fr. Georgen Heydecker bewegt vnd aufbracht, solch ampt anzunehmen, wie E. F. G. wol werden vernehmen, Befel ich denselbigen also wol als den obgenennten Fr. Johann Rurer und Fr. Adam Weiß zu Creylsheim E. F. G. denn es ja feine Leute sind, wirdig, die man von Ehren vnd trewen halte. Der Vater aller barmherzigkeit gebe E. F. G. seinen Geist reichlich zu thun seinen gettlichen willen Amen. An Christus Hymelfarttag 1528. Euer Fürstlicher Gnaden williger Martinus Luther.
Dieser Brief mag nicht wenig dazu beigetragen haben, Feuchtwangens geliebten Landesfürsten zur muthigen Unterschrift der Protestation zu vermögen, welche die evangelischen Stände gegen den Reichsbeschluß in Speier am 15ten April 1529 einreichten, und ihn zu bestimmen, an allen Verhandlungen und Beschlüssen der von jetzt an auch protestantisch genannten Stände Antheil zu nehmen. Seine Gesandten waren bei den Zusammenkünften in Rotach und Salfeld, wo man sich über die nähern Bedingungen eines protestantischen Bündnisses besprach; bei dem Colloquium zu Marburg zwischen Luther und Zwingli; in Schwabach, wo man die sogenannten Schwabacher Artikel verfaßte; und sie fehlten nicht in Piazenza, wo sie der Kaiser wegen der abschriftlich überreichten Protestation gegen den Speierischen Reichsabschied verhaften ließ. Auch fragte der Markgraf Luthern in einem zweiten Briefe wegen Abstellung der noch immer dauernden Mißbräuche und Anrichtung eines wahren Gottesdienstes um Rath, wie auch wegen Verwendung der Stifts- und Klostergüter; und Luthers Antwort: "daß man die Klöster aussterben lassen, und die Stiftungen zur Errichtung von niedern und höhern Schulen verwenden solle" war Niemandem willkommner, als den Bewohnern von Feuchtwangen. Denn kaum hatten diese von Errichtung einer Universität in dem Fürstenthume gehört, so baten Vogt und Rath in einer beweglichen Schrift diese Ehre feü Feuchtwangen aus (72), und bewirkten für den Augenblick wenigstens so viel, daß ein Befehl erschien, alle in Erledigung kommenden Präbenden des Stifts an gelehrte Männer aus den vier Fakultäten zu vergeben. Dadurch hob sich das Schulwesen in Feuchtwangen, mit dem sich bisher bloß ein Chorherr, Scholasticus genannt, und höchstens noch ein Rector oder Ludimoderator befaßte, so empor, daß man sagen konnte, es sey dem späteren Landtagsbeschluß von 1539 schon vorgearbeitet, und einstweilen der Grund zu einer Universität gelegt worden. Breitengraser las Humaniora, Rector Georg Hayla erklärte den Texentius und Virgilius, und hatte in seinen Vorlesungen über Melanchthons Dialectik und den lateinischen Psalter Geiling, Vogther, einige Chorherren und Vikarien und den Präceptor Georg Hampas zu Zuhörern; die Doctoren der Rechte, Bartholomäus, Amantius und Valentinus Kiefer, lasen über juridische Gegenstände; und Dr. Johann Curia, der auf Luthers Empfehlung die Einkünfte einer Präbende zu einer Studienreise nach Italien erhalten hatte, war eben zurückgekehrt, und begann medicinische Vorlesungen. Doch den Musen gefiel es nicht, ihren Wohnsitz an der Sulzach aufzuschlagen, und ein späterer Decan mußte in seinem Schmerz ausrufen: "Der Feuchtwanger Boden ist zu ungeschickt für gelehrte Leute!"
Das Jahr 1529 führe auch für Feuchtwangen den Verlust seiner Kirchenkleinodien herbei, welche der Markgraf zuerst verzeichnen, und dann unter dem Vorwand, sie gegen die, von den Niederlanden gegen die Türken nach Ungarn ziehenden Spanier zu schützen, am unschuldigen Kindleinstag nach Ansbach bringen ließ, von wo sie nicht wieder zurückkamen, weil der Markgraf Geld nöthig hatte, und die Stände selbst auf dem Landtag zu Ansbach im Jahre 1539 zur Deckung de Schulden in die schon vollzogene Angreifung der Kirchenkleinodien willigten.
Desto mehr entzückte der Ausgang des Ausburgischen Reichstages, für dessen Folgen man überall Kirchgengebete veranstaltet, und auf welchem sich der Markgraf so standhaft bewiesen hatte, die Gemüther der Unterthanen; und auch in Feuchtwangen gingen die Worte des geliebten Landesfürsten von Mund zu Mund: "Ehe ich wollte meinen Gott und sein Evangelium verleugnen, ehe wollte ich hie vor Ew. Kaiserliche Majestät niederknien, und mir den Kopf lassen abhauen (73).
Überhaupt muß es den Markgrafen in dieser Zeit recht Ernst gewesen seyn mit der Verbesserung nicht nur der kirchlichen Gebräuche, sondern auch des Glaubens und Lebens seiner Unterthanen; denn es erschien, bald nach seiner Rückkunft von Augsburg, am Dienstag nach Invocavit 1531, eine allgemeine Verordnung: "Die Kirchen fleißig zu besuchen, und Gott in der Litanei täglich anzurufen, damit er seinen Zorn und grausame Strafen, besonders die vordem unerhörten Krankheiten von uns wende; insonderheit aber sich des Gotteslästerns und Zutrinkens zu enthalten, unter der Predigt keinen Branntwein feil zu halten, oder während derselben auf dem Kirchhof zu stehen, Abends bei der Sperrglocke nach Hause zu gehen, auch endlich die Geistlichen nicht auf die Wache, noch zur Frohn zu bieten." Nach Feuchtwangen kamen überdieß noch besondere Formulare für die öffentlichen Aufforderungen zu Buße und zur sittlichen Bekehrung, und das begleitende Rescript lautete also:
"Vonn Gottes Gnaden Georg Markgraf zu Brandenburg, a. Vnsernn günstlichen Grues zuvor lieben Getreuen. Nachdem sich der Zorn Gottes über alles gotlos Wesen manigfaltiglich eraignet; derhalben allen Cristen Menschen gebürt, Ir Sünde zu bekenne, Bues zu würcken, das ist vonn Sündenn abzulassenn, vnd Got den Allmechtigenn, durch Cristum seinen lieben Sone, Vnnsern ainigen Mitler umb Gnad vnnd Barmhertzigkeit, on vnnderlaß hertzlich vnnd vertreulich anzurueffen darob wir dann vnnsers Ambts halbem, von Got beuolhenn, getreulich wachenn vnd sein sollen, Schicken wir euch hiemit etlich Abtruck, wie das gemain Cristlich Vollckh, durch alle Pfarhern vnnd Prediger zu solchem teglich vnnd sonderlich alle Feyertag vermant werden soll, u. s. w. (74).
Jedoch scheint der Markgraf, dem die Geschichtsschreiber den Beinamen des Frommen gegeben haben, in seinem Entschluß, das Land vollkommen zu reformieren, wankend gemacht worden zu seyn. Wenigstens wird man genöthigt, dieß anzunehmen, wenn man die Zaghaftigkeit sieht, mit welcher Georg den Beitritt zu dem zu Schmalkalden geschlossenen Vertheidigungsbündniß der protestantischen Stände auswich, und wenn man seinen Brief an Luther von 25. August 1531 liest, worin er, nach der Abfindung mit König Ferdinand wegen seiner Schlesischen Besitzungen, Ratibor und Opeln, äußert: "wall jetzt nicht mehr alle Tage Meß gelesen werde, würden die Leute sehr roh; er wäre also geneigt, die tägliche Messe ohne Communion wieder einzuführen." Indessen brachte Luthers derbe Antwort: "daß er lieber gar Alles Andere wieder aufrichten, und das Evangelium fahren lassen sollte," den Markgrafen von diesem Schritt zurück, und vielleicht noch mehr Luthers zweites, feineres Schreiben vom 16ten November, worin er den Markgrafen ermahnt, noch einmal stark und fest zu seyn: "hätt ja das Evangelium in Augsburg so getrost bekannt, und sich so freudig gewagt."
Für Feuchtwangen war es damals ein Glück, daß bei dem Ausbruche der Pest in Ansbach, im Jahre 1532, der Regierungssitz in seine Mauern verlegt wurde; denn der neugewählte Stiftsdecan Johann Dietrich hatte kaum das Schwankende in den Gesinnungen des Markgrafen bemerkt, als er die entflohenen Chorherren aufforderte, zurückzukehren, und noch nicht alle Hoffnung aufgegeben. Allein der an der Spitze der Regierung stehende Kanzler Vogler, der mit ganzer Seele der Reformation zugethan war, wußte die Versuche der Chorherren in Feuchtwangen niederzuhalten, und bewirkte, daß bald nach der Unterschrift des Nürnberger Religionsfrieden von Seiten des Markgrafen, im Jahr 1532, eine vollständige Kirchenordnung eingeführt wurde, welche der Markgraf und der Magistrat von Nürnberg aus Osianders und seiner Amtsgenossen Entwürfen hatten verfassen, von Brenz beurtheilen, und von Luther und Melanchthon genehmigen lassen. Diese Brandenburgisch-Nürnbergische Kirchenordnung, von Jägerndorf aus den 20ten Januar 1533 bekannt gemacht, gab dem katholicismus in den meisten Städten der Fürstenthümer den letzten Stoß, da nach ihr auch in den Klosterkirchen die bisher noch üblichen Gebräuche gänzlich abgeschafft werden mußten; aber nicht so in Feuchtwangen. Hier widersetzte sich der neue Decan Dietrich mit seien vier Chorherren und fünf Vicarien hartnäckig der Kirchenordnung, berief sich auf die alten Privilegien des Stifts, forderte Aufschub bis zur Rückkehr der abwesenden Chorherren, und wiegelte die Spitalpründner in der Stadt, wie die Hintersassen des Stifts auf dem Lande auf, sich ebenfalls gegen die neue Kirchenordnung zu erklären. Ja, er vermehrte sogar die Zahl der zu lesenden Messen, ließ von den beiden Vicarien, Wolf Eckart und Leonhard Krauß, das Abendmahl wieder unter Einer Gestalt austheilen, und feierte den Palmsonntag und das Osterfest des Jahres 1533 mit allen Gebräuchen der katholischen Kirche. Erst als auf den Bericht der geistlichen und weltlichen Behörden von Ansbach wiederholt der Befehl eintraf, den katholischen Gottesdienst abzuschaffen; und als eine Sammlung von evangelischen Liedern, gefertigt von dem Stadtpfarrer Dr. Andreas Althammer und dem bekannten Stiftsprediger Johann Rurer in Ansbach, zum Gebrauch für die Kirchen beigelegt, auch zugleich der Befehlt von 1528, wegen Abschaffung der Concubinen, mit dem Zusatze erneuert wurde, "daß man die Widerspenstigen absetzen, und ihre Concubinen öffentlich auspeitschen lassen würde:" fügten sich die Chorherren in die neue Ordnung; jedoch zum Anhören protestantischer Predigten ließen sie sich nicht eher bewegen, bis 1537 eine Commission von Ansbach abgesandt wurde, bestehend aus dem fürstlichen Rath Dr. Valentin Kiefer, dem Stiftsprediger Johann Rurer und dem Stadtvogt Wolf Truppach, mit dem Auftrag: unter Beiziehung des Stadtpfarrers Vogther und des neuen Stiftspredigers und frühern Rectors Georg Hayla, die Abschaffung der alten Kirchenordnung und die Einführung der neuen Brandenburgisch-Nürnbergischen feierlich vorzunehmen.
Vorher hatte der Markgraf noch besonders die Zustimmung des Bischofs in Augsburg zur Reformation des Stifts nachsuchen lassen, und am Tage Jacobi 1537 die Antwort erhalten: "Ist unser dienstliches Bitten, Euer Gnaden welle sy (die Chorherren) sovnverhindert, wls bißher bleiben, Vnd Iren alten Gebrauch halten lassen. So das aber ynn Euer Gnaden zu gedulden nit leidlich sein will, Haben wir sy dahin bekaidingt, das sy wollen von ihren alten gehapten Ordnungen, so vil davon Euch zuwider, abtretten vnd sich derselbigen enthalten. Doch daß sy dagegen die newen Ordnung vnd derselbigen Artikel Zu geleben nit benetigt, sondern also beederseits frei alda bey dem Iren gelassen werden. So nun an dem Ort ander Persohnen, Vnd Vorsteer des Volkhs gnugsam vorhanden, allso das Iren (im Stift) nit vonneten, So bitten wir, Eure Gnaden welle uns zu Gefallen folkich mitewilligen, auch so gnädig erzeigen, das sy dieser Vnser bet, genißen, spüren mögen." Auf diesen letzten Wunsch des Bischofs wurde jedoch keine Rücksicht genommen, sondern die Glieder des Stifts, welche aus dem Decan Dietrich, dem Custos Goldochs, den Chorherren Johann Armpauer, Valentin Hartung und Johann Frauentraut, und den Vicaren Wolfgang Jung, Wolf Eckart und Johann Reitheinz bestanden, wurden nach kurzem Widerstreben auf die Kirchenordnung verpflichtet.
Allein schon damals war der Protestantismus im Stift mehr Schein, als Wahrheit, wie es namentlich von dem Decan Dietrich in den Gedenkbüchern heißt: "er se ein Heuchler gewesen, der gut evangelische Briefe schreiben helfen, und doch bis ans Ende ein Papist geblieben." Und wirklich haben die Bekenner der evangelischen Lehre in Feuchtwangen Ursache, der oft verkannten Wahrheit eingedenk zu seyn, daß in Zeiten des Kampfes großer Gegensätze jeder Sieg nur ein augenblicklich errungener Vortheil, und jeder Friede nur ein kurzer Waffenstillstand ist. Schon die unbeständigen Äußerungen des Markgrafen in den späteren Briefen an Luther, die Verwendung der Stifts- und Klostergüter zu andern, als den ausgesprochenen Zwecken, die Wegnahme der Kirchenkleinodien, in welche die Landstände nur nachträglich zur Tilgung der Schulden gewilligt hatten, so wie die Unterlassung der Errichtung von Schulen und höhern Lehranstalten mußten Besorgnis erregen. Das sichtbare Hinneigen des Fürsten zur Partein des Kaisers, nachdem seine Schlesische Angelegenheit mit des Kaisers Bruder Ferdinand ausgeglichen war, steigerte diese Besorgnisse, und sein Beitritt zum Schwäbischen Bund, der auf dem Landtag zu Kloster Heilsbronn im Jahr 1535 so lebhaften Widerstand gefunden hatte, weil die Erneuerung des Bundes offenbar gegen die Protestanten gerichtet war, hob sie auf die höchste Höhe. Zu diesem Allen kam noch, daß zu gleicher Zeit ein päpstlicher Nincius, Paul Vergerius, bei dem Fränkischen Kreis erschien; daß dessen Nachfolger, Petrus Vorstius, im Jahr 1537 am Ansbacher Hof besonders beglaubiget, den Markgrafen fast zur Beschickung des Concils von Mantua vermochte; und daß dieser wiederholt den erbetenen Beitritt zu dem Schmalkaldischen Bunde abschlug: und so konnte die Annahme der daselbst verfaßten Artikel, und der Befehl, den durch Feuchtwangen nach Tübingen reisenden berühmten protestantischen Theologen Camerarius mit allen Ehren zu empfangen, nicht die Besorgnisse aus den Gemüthern der Unterthanen zu entfernen. Das Äußerste aber befürchtete man, als der Landesfürst dem Kaiserlichen neunjährigen Bunde beitrat; indessen zog auch diese drohende Wolke an dem Himmel der Feuchtwanger vorüber, und es war das letzte Mal, als Markgraf Georg mit seinem Neffen Albrecht 1539 auf dem Bundestag zu Ingolstadt erschien, weil das Bündniß an sich zu unnatürlich war, und sich die zu öffentliche Meinung mißbiligend und zu laut aussprach (75).
Dagegen traf um diese Zeit das kirchliche Leben in Feuchtwangen ein Schlag anderer Art, nicht weniger empfindlich. Es starb sein frommer, gelehrter und thätiger Vogther, der, nach der Berufung Geilings in die Würtembergische Stadt Weinsberg, Pfarrer an der Johannis- oder Stadtkirche geworden war, und zur Unterstützung zwei Kapläne, Balthasar Rückenleib und Balthasar Michael Taub, erhalten hatte. Anstrengungen, Kämpe und Leiden hatte seine Kraft gebrochen, und sein ohnehin schwächlicher Körper unterlag der Last des Lebens am 18ten Januar 1539. Seine Vaterstadt war wahrscheinlich Feuchtwangen selbst, wo er 1487 die Welt begrüßte. Im Jahre1517 wurde er Vicarius am Stift zu Feuchtwangen und 1525 Verweser an der Stadtkirche. In diesem Jahre verheurathete er sich mit seiner ersten Gattin Agnes, welche ihn jedoch der Tod schon während der drei Jahre entriß, in denen er, seines Amtes entsetzt, sich durch die Geschäfte eines Notars und zum Theil durch Handarbeit kümmerlich nähren mußte. Im Jahr 1528 wurde er wieder angestellt, und zwar als Stiftsprediger, und verheuratete sich mit seiner zweiten Gattin Sibylla, die ihn zu den vier Kindern der ersten Ehe noch einen Sohn und drei Töchter gebar. Das Amt eines Stadtpfarrers versah er darauf noch fünf Jahre, und entschlief im zwei und fünfzigsten Jahre seines Lebens. Ausser den gründlichen Kenntnissen, welche Vogther in der Theologie besaß, und von denen unter Anderem ein hinterlassener lateinischer Brief an Diaconus Betz vom 3ten März 1528 Zeugniß giebt, war er auch in der Mathematik, Astronomie und Medizin zu Hause, und hatte besonders Glück in Heilungen von Augenkrankheiten. Unter tausend Thränen wurde seine Hülle in der Stiftskirche beigesetzt, da, wo jetzt der Beamtenstand angebracht ist, und die schöne ehrenvolle lateinische Denkschrift, welche von dem gelehrten Rector M. Magnus Galli gedichtet wurde, und noch jetzt unterhalb dieses Standes an der Wand hängt, sichert das Andenken des um die Stat so hochverdienten Mannes (76).
Sein Nachfolger, Diaconus Wolfgang Gall, wirkte sieben und zwanzig Jahre lang mit den Stiftspredigern Wolfgang Feldner und Balthasar Hillenmeyer und den aufeinanderfolgenden Diaconen Erasmus Scheuermann, M. Georg Gruner, Wolfgang Leutenmeyer, Abraham Braun und Simon Priester, nicht ohne Erfolg für die Begründung und Beförderung des religiösen und sittlichen Lebens der Gemeinde. Allein die Chorherren blieben fortwährend in dem Verdachte des geheimen Katholicismus, und da der Plan der Regierung, aus dem Stifte eine Universität hervorgehen zu lassen, von Jahr zu Jahr weniger ausführbar schien, obwohl zu diesem Zwecke der Landtag des Jahres 1539 die Güter des Klosters Sulz bestimmt hatte, weil mehre Gelehrte, wie der berühmte Theologe Brentius in Halle und der gelehrte Wittenbergische Professor Paul Eber, den Ruf nach Feuchtwangen gar nicht annahmen, und Andere, welche demselben gefolgt waren, die Stadt wieder verließen, wie Dr. Amantius, der in Nürnberg vom Kaiser als Dichter gekrönt worden war, und nach Ansbach zog: so lag der Staatsregierung der Entschluß nahe, das Stift vollends aufzulösen. Als daher noch Schritte geschahen, das Stift zu dem frühern Glaubensbekenntniß zurückzuführen, z. B. daß der Bischof von Würzburg eine Religionsordnung in Feuchtwangen bekannt machen ließ, und der Kardinal und Bischof Otho von Augsburg von Bürgermeister Lienhart Metzler, als Lehensträger in einem gedruckten Erlaß von 7ten März 1552 aufforderte, sich bereit zu halten, ihm und dem Stift zu Hilf zu ziehen (77); und daß derselbe Bischof bald darauf die Chorherren dringend einlud, Abgeordnete zur Synode nach Dillingen zu schicken: so beschleunigte dieß die Ausführung des gefaßten Regierungs-Entschlusses. Und da ohnehin schon alle Stifter und Klöster im Markgrafenthum, mit Ausnahme von Ansbach und Feuchtwangen, aufgelöst waren, und überdieß der Markgraf von Naumburg aus durch Köderiz an die Statthalter den Befehl ergehen ließ, Consistorien einzusetzen und die beiden Stifter nebst dem Kloster Heilsbronn nützlicher zu gebrauchen: so erschien am 15ten Februar 1563 die letzte Hofkommission in Feuchtwangen, welche auf den Grund der §§. 19 und 20 des Reichsabschieds von Augsburg vom Jahre 1555 das Stift Feuchtwangen für aufgelöst erklärte, die Güter als Staats-Eigenthum einzog, den Chorherren einen lebenslänglichen Unterhalt aussetzte, die Vicarien als Pfarrer oder Lehrer anstellte, die überflüssigen Wohnungen weltlichen Beamten, Lehrern und Kirchendienern einräumte, und zur Verwaltung des gesammten Stifts-Vermögens einen eigenen weltlichen Stifts-Verwalter, Johann Hufnagel, einsetzte (78).
Bei dieser Auflösung bestand das Stift aus folgenden Gliedern: Propst war Sigmudn Hasenthaler, der sich jedoch als früherer Erzieher des Markgrafen und als Decan des Gumbertusstiftes in der Residenzstadt aufhielt; Decan war Wolfgang Jung; Custos Johann Frauentraut; Scholasticus, Superintendent und Stiftsprediger Balthasar Hillenmeyer; und die übrigen Chorherren hießen: Hans Wolf von Tannhausen, Theophilius Riem oder Reem, Georg Adelmann, Balthasar Siebenhaar, Kaspar Otto Etzel, Jakob Hartung, Michael von Wirsberg, und Christoph Hauk. Archi-Diakonus und Vicar bei St. Nicolai und Leonhardt war Wolfgang Leitenmeyer; Sub-Diakonus und Vikar bei St. Antonius Abraham Braun; Rector der lateinischen Schule und Frühmeß-Vicar M. Magnus Galli; Subcustos und Vicar bei St. Martin und Sebastian Johann Hentlein; Vicar bei St. Katharina und Hintersassenschreiber Johan Baptist Müller; Cantor und Apostel-Vicar Michael Hornberger; Vicar bei dem heiligen Kreuz und Aushelfer der Diaconen der frühere Pfarrer von Dentlein Hieronymus Herpp; und Vicar bei St. Elisabeth, Infimus und Organist war Bernhard Ammenreich. Die Stipendiaten des Stiftes, welche die Einkünfte der übrige Vicariate bezogen, und meist in Wittenberg studierten, hießen: Simon Priester, Andreas Frobenius, Wolfgang Feldner, Johann Grener und Christoph Junius aus Ansbach.
So war des großen Kaisers
Schöpfung untergegangen; aber aus den Trümmern derselben erhob
sich ein neuer Bau, den die Stürme der folgenden Jahrhunderte nicht
zu erschüttern vermochten, und der sein schirmendes Dach noch jetzt
schützend ausbreitet über ein frommes gutes und zufriedenes Volk.