Wilhelm Funk - Feuchtwangen - Werden und Wachsen einer fränkischen Stadt
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Über Markt und Stadt im Mittelalter

Nach einer weit verbreiteten Ansicht sollen unsere mittelalterlichen Städte und Märkte so entstanden sein, daß aus einem Einzelhof zunächst ein Weiler wurde, aus diesem ein Dorf, schließlich ein Marktflecken und zuletzt eine Stadt. Gegen solche "gewachsene" Märkte und Städte sprechen aber gewichtige rechtliche, wirtschaftliche und bauliche Gründe.

Bevor sich Handel und Gewerbe entwickeln konnten, von denen die Bewohner von Markt und Stadt leben, mußte erst das fränkische Straßennetz der Merowinger und Karolinger geschaffen sein. Da diese Entwicklung ihre Zeit brauchte, können die Märkte erst im 10. Jahrhundert angelegt worden sein und danach erst die Städte. Die meisten Städtegründungen fallen in die Zeit der Stauferkaiser Friedrich Barbarossa und Friedrich II., also rund zwischen 1150 und 1250.

Um diese Zeit war das verfügbare Land bereits im festen Besitz des Reiches, des Königs, weltlicher oder geistlicher Herren. Diese sog. Grundherren mußten also erst das erforderliche Baugelände für Markt und Stadt hergeben, dazu noch Acker und Waldland.

So konnten diese Neusiedlungen nur nach dem Willen des Grundherren entstehen, der damit bestimmte politische oder wirtschaftliche Ziele verfolgte. Markt und Stadt können folglich nicht gewachsen, sondern nur gegründet sein, und zwar nur mit Einwilligung des Königs; dieser mußte ihnen das Marktrecht oder das Stadtrecht verleihen.

Diese Rechte verpflichteten den neuen Ort zu befestigen. Damit wurde dieser zu einer "Burg" und seine Bewohner zu "Bürgern".

Markt und Stadt waren deshalb nicht nur besondere Wirtschaftszentren, sondern auch befestigte Machtstützpunkte. Darum legte man sie wie die fränkischen Königshöfe an Straßenkreuzungen, Flußübergängen, Pässen und Talmündungen an, aber auch an Landesgrenzen.

Die Städte mußten mit Graben, Mauern und Türmen umfangen werden. Die Marktflecken wurden einfacher befestigt, etwa mit Graben und. Wall, Palisadenzaun oder dichter Hecke und Torhäusern. Solche Marktbefestigungen finden sich noch mehrfach in Mittelfranken.

Markt und Stadt unterscheiden sich also nur durch die Art ihrer Befestigungen. Sonst ist ihre bauliche Anlage die gleiche. Ein Markt konnte darum ohne weiteres zur Stadt erhoben werden. In diesem Fall mußte die Befestigung nur durch Mauern und Türme ersetzt werden. In den Urkunden wechseln deshalb häufig die Bezeichnungen Markt und Stadt für den gleichen Ort.

Begreiflicherweise legte man Neugründungen von solcher Bedeutung nach einem vorbedachten Plan an, nach dem man die Gassen und Straßen absteckte, die Marktstraße oder den Marktplatz, den Platz für die Ortskirche und für das herrschaftliche Amtsschloß, dazu die Grundstücke für die Häuser und Höfe der künftigen Bürger.

Am Marktplatz steht auch das Rathaus. Dieses enthielt in seinem Untergeschoß die Brot- und Fleischbänke; damals durften die Bäcker und Metzger noch keine eigenen Verkaufsläden haben. Auch die Stadtwaage fand im Untergeschoß des Rathauses ihren Platz. Der große Saal im Obergeschoß diente als Sitzungssaal für den Rat der Stadt und für das Gericht, aber auch an Markttagen als Verkaufsraum für feine Waren, z. B. für Tuche.

Die Stadtkirche wurde zumeist auf einem stillen Platz abseits der Hauptstraße errichtet, oft auch samt dem Friedhof am Rand der Stadtmauer. In der ersten Zeit ihres Bestehens war sie meist eine von der alten Pfarrkirche abhängige Filialkirche, die entweder später selbst Pfarrkirche wurde oder das Pfarrecht der alten Mutterkirche erhielt.

Viele Städte wurden auch bei einer bestehenden Burg erbaut oder gleichzeitig mit einer solchen. Diese Burgen liegen dann immer am Rand der Stadtmauer und zwar mit einem eigenen Zugang. Damit konnte der Stadtgründer seine Stadt wirksamer gegen äußere Feinde verteidigen. Außerdem hielt er damit auch seine Bürger im Zaum.

Man hatte bald besonders günstige Nomalgrundrisse herausgefunden. Gerade diese Typengrundrisse verraten die planmäßig Gründung. Da sich selbst im Laufe der Jahrhunderte die Grundstücksgrenzen nur langsam und stückweise veränderten, muß sich der alte Gründungsplan auch heute noch irgendwie im heutigen Ortsplan widerspiegeln. Auch die Phasen der weiteren geschichtlichen Entwicklung müssen sich darauf ablesen lassen.

Als Baugelände für die Neugründung diente in der Regel das Domänenland eines Gutshofes der Grundherrschaft. Dieser bildete demnach die Keimzelle für die neue Stadt und gab ihr zumeist auch seinen Namen. Natürlich riß man den Hof nicht ab, sondern legte die neue Stadt neben ihm auf unbebautem Gelände an. Deshalb muß sich diese Keimzelle in der Regel noch aus dem Stadtplan erschließen lassen und zwar neben dem neuen Ort oder an seinem Rand.

Die Marktstraße oder der Marktplatz bildeten in der neuen Stadt den wirtschaftlichen Mittelpunkt. Man legte sie daher in die Mitte des Ortes, und zwar so, daß der Straßenverkehr nicht den Marktbetrieb störte. Wenn sich heute also eine Hauptstraße quer über den Marktplatz zieht, so muß diese Linienführung aus späterer Zeit stammen.

Eine Besonderheit mancher alter Städte waren die Judenviertel um eine Synagoge. Diese Ghettos konnten früher häufig durch eigene Tore abgeschlossen werden.

Innerhalb des Mauergürtels einer neugegründeten Stadt ließ man in der Regel größere Flächen für den Zuwachs der Bevölkerung frei. Diese mußten aber meist schon sehr bald überbaut werden. Wenn weitere Leute zuziehen wollten, so siedelte man diese als "Pfahlbürger" oder "Beisassen" zunächst in besonderen Vorstädten vor den Toren an. Diese Neusiedlungen wurden nur mit einem einfachen Palisadenzaun befestigt.

Beim weiteren Anwachsen der Stadt mußte man sich entschließen, auch diese Vorstädte durch eine Mauer mit dem alten Stadtkern zu verbinden. Diese Erweiterungen heben sich auf dem Stadtplan meist durch Knicke im Mauergürtel heraus. Nur wenige Städte konnten es sich wirtschaftlich leisten, eine ganz neue Stadtmauer ohne Nahtstelle und Knicke um Altstadt und Erweiterungen zu errichten.
Nach diesen allgemeinen Betrachtungen stellen wir noch kurz zusammen, was Schaudig über die Geschichte Feuchtwangens berichtet und was zu wissen notwendig ist.


Erstellt am 25.3.1999 durch Hans Ebert
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