Band 3
Inhaltsverzeichnis
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Die Ausweisungen in der frühen Neuzeit

Mit Markgraf Albrecht Achilles (1440 - 1486), Kurfürst von Brandenburg, begann die Zeit der befristeten Aufenthaltserlaubnisse, die immer wieder durch Vertreibungen beendet wurden. 1484 gewährte er die Ansässigmachung auf fünf Jahre im Fürstentum Ansbach. 29 Markgraf Friedrich der Ältere (1486 - 1515) schloß jedoch schon 1488 mit dem Bamberger und dem Würzburger Bischof einen Ausweisungsvertrag, 30 der aber wohl nicht vollzogen wurde, da im Reichssteuerregister von 1497 in Dentlein am Forst ein Jude Jacob, sein Knecht Tawndler und beider Ehefrauen als Hintersassen des Stifts Feuchtwangen erwähnt werden. 31
 
Markgraf Casimir (1515 - 1527) und sein Bruder Georg der Fromme (1515/1527 - 1543), der Durchführer der lutherischen Reformation, mußten sich immer wieder mit den Forderungen des Landtages, der Ständevertretung des Markgraftums, beschäftigen, die Juden zu vertreiben. Für die Bürger in den Städten waren sie zu einer geschäftlichen Konkurrenz geworden. Dieses Motiv tritt klar in den Landtagsabschieden von 1515 und 1539 hervor. Die Zusage, die Juden zu vertreiben, erfüllte Markgraf Georg jedoch nicht. 32 Ein für 1528 erlassener Ausweisungsbefehl an Bürgermeister und Rat von Feuchtwangen scheint ebenfalls nicht durchgeführt worden zu sein. 33
 
Sein Nachfolger, Markgraf Georg Friedrich (1543/1556 - 1603), erfüllte die Wünsche des Landtags eher: Im Oktober 1560 hatte er die Vertreibung der Juden befohlen; Pfingsten 1561 sollte das Land geräumt sein. Da es einen Befehl gab, dabei Ausschreitungen zu vermeiden, waren wohl schon vorher Gewalttätigkeiten vorgekommen. 34
 
An dieser Stelle soll eine Tradition in der Familie des deutschen jüdischen Dichters Lion Feuchtwanger (1884 - 1958) erwähnt werden, dem im Jahre 1984 in der Herrenstraße, der früheren Judengasse, eine Gedenktafel gewidmet wurde: Eine Judenverfolgung habe die jüdischen Bewohner von Feuchtwangen im Jahre 1555 vertrieben, die sich seitdem im süddeutschen Raum niedergelassen und nach der Stadt benannt hätten. 35
 
1565 klagte ein Jude Schmul aus Breitenau am kaiserlichen Hofgericht Rottweil gegen einen christlichen Einwohner des damals ritterschaftlichen Feuchtwanger Gemeindeteils. 36
 
Georg Friedrich wiederholte die Ausweisungsbefehle 1564 und 1566. Sie wurden aber nicht vollständig befolgt, da sich der Landtag 1583 beschwerte, daß wieder viele Juden da seien. Daraufhin wurde die Austreibung im Jahr 1584 neu angeordnet. 37
 
Erst ab 1591 gab es wieder offizielle Aufnahmen von Juden. Am 6. März 1599 nahm Georg Friedrich, Markgraf von Brandenburg, Esaias Juden mit Weib und Kind und Hausgesinde in seinen besonderen Schutz und erlaubte ihm, in der Stadt Feuchtwangen zu wohnen. Er sollte nur 5% Zins nehmen und durfte Handel treiben. Er mußte 20 Taler Aufnahmegebühr und jährlich 20 Taler Schutzgeld zahlen, dazu Steuer, Zoll und Maut entrichten. Falls aber der Markgraf die Juden nicht mehr in seinem Land haben wollte, sollte ihn dieser Schutzbrief nicht binden. 38 Esaias war eines der ersten offiziell zugelassenen Mitglieder der jüdischen Gemeinde von Feuchtwangen, die bis 1938 für ca. 340 Jahre durchgehend bestand. 39
 
Unter dem Markgrafen Joachim Ernst (1603 - 1625) erfolgte noch einmal 1608 ein Vertreibungsbefehl, der aber nicht ausgeführt wurde. 40 
 
Von nun an gab es keine Ausweisungen mehr im Markgraftum Brandenburg-Ansbach. Die Zeit der völligen Rechtlosigkeit war vorbei.


29) Abdruck der Urkunde bei Haenle, S. 209f.
30) Haenle S. 18f. Abdruck der Urkunde ebenda S. 210 - 214.
31) Reichssteuerregister von 1497.  Bd. 1. S. 477. Nr. 1 1678.
32) Haenle S. 19 - 21,
33) Stadtarchiv Feuchtwangen. Bd. 58.  S. 489, Nr. 1 (Extract aus Gemeiner Stadt Raths Protocoll ... ).
34) Haenle S. 21f.
35) Jaretzky: Lion Feuchtwanger. S. 9. Die Gedenktafel befindet sich am Haus Jahnstraße 1 (Ecke Herrenstraße). Ob die Vorfahren Lion Feuchtwangers in der Herrenstraße, die früher auch Judengasse genannt wurde, lebten, ist jedoch nicht nachweisbar. Die Bezeichnung "Herrngasse" ist schon 1833 verbürgt (siehe Beilage 3).
36) Schnurrer: Zur Geschichte der Juden in der Reichsstadt Dinkelsbühl. S. 178.
37) Haenle S. 22.
38) Staatsarchiv Nürnberg, Ansbacher Gemeinbücher Rep. 134, Tom. 12, fol. 208a/b. Regest bei Haenle, S. 234, Nr. 51.
39) Ein Jude Moyse von Feuchtwangen wird schon für das Jahr 1598 bei Schnurrer: Zur Geschichte der Juden in der Reichsstadt Dinkelsbühl, S. 180, genannt.
40) Stadtarchiv Feuchtwangen, Band 58, S. 489, Nr. 2 (sonst wie Arm. 33). Außerdem bei Haenle S. 61f.

Erstellt: 1991 durch Dietrich Weiß - letzte Änderung am 6.2.2000 durch Hans Ebert
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