Konrad,
ein Politiker von Format
Konrad von Feuchtwangen
wird von den Historikern als ein politisch kluger, tüchtiger und zielstrebiger
Mann geschildert. Wiederholt wird betont, daß er viele Freunde hatte
und bei den Fürsten als ein geschätzter Ratgeber und Vermittler
galt. Wir finden ihn als Berater, Gesandten und Richter an den Höfen
der Regierenden wie Ottokarll. von Böhmen, Rudolf I. von Habsburg
und Adolf I. von Nassau. Er unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu
den fränkischen Grafenhäusern Hohenlohe und Oettingen, was auch
eine Zuordnung zu den Ministerialen von Feuchtwangen befürwortet.
Er wußte geschickt zwischen zwei Gegnern zu operieren, so daß
ihm beide wohlgesonnen blieben. Er unterstützte Ottokar II. von Böhmen,
den großen Gegner Rudolfs I. von Habsburg, bei der Schlacht auf dem
Marchfeld bei Dürnkrut 1278. 167
Und
dennoch half König Rudolf dem fränkischen Landkomtur von Österreich
beim Aufbau seiner Ballei. Wenn L. Blumenau über Konrad schreibt,
daß er "süchtig"
sowie vornehm und reich an Freunden war, so meint Blumenau mit "süchtig"
gewiß ehrgeizig und zielstrebig. 168
Konrads Tätigkeit für
Preußen beweist seine kluge Taktik, mit der Geistlichkeit im Ordensstaat
ein gutes Verhältnis zu haben und dennoch die Kurie unter seinen Einfluß
zu bringen, indem er die Bistümer förderte und unter seinen Schutz
stellte, aber andererseits bewußt und zielstrebig diese Geistlichkeit
mit Ordenspriestern durchsetzte. Eine ihm wohlgesonnene Geistlichkeit konnte
ihm beim Aufbau eines Ordensstaates an der Ostsee nur nützlich sein.
Er konnte allerdings nicht ahnen, daß nur wenige Jahre nach seinem
Tod der Erzbischof von Riga sich energisch gegen jeden weiteren Einfluß
des Deutschen Ordens in seinem Territorium mit allen Mitteln wehrte.
Konrad
wußte geschickt jede Chance zu nutzen, die ihm persönlich einen
größeren Machtbereich bot. Als Deutschmeister verzögerte
er die Neubesetzung der Balleien Franken und Thüringen-Sachsen mit
einem Landkomtur. Als Hochmeister ließ er für längere Zeit
das Amt des Deutschmeisters unbesetzt. Offensichtlich mußte er einem
sicherlich wachsenden Druck des Kapitels nachgeben und in diesen Machtbereichen
seinen direkten Einfluß aufgeben. Seine Aktivitäten nach Ankunft
des Hochmeisters Burchard von Schwanden in Deutschland deuten auf einen
Machtkampf zwischen ihm und dem Hochmeister.
Zweifellos war Konrad nach
dem Fall von Akkon darauf ausgerichtet, alle Karten auf die Balleien an
der Ostsee zu setzen. Arnold vermutet mit Recht, daß Konrad sich
einige Jahre im Heiligen Land aufhielt, vermutlich in der Funktion eines
Treßlers. Dort wird er eine andere Welt, als ihm lieb war, vorgefunden
haben: den Kampf gegen die Andersgläubigen und die Rivalitäten
der Kreuzfahrer untereinander. Konrad hat sich nie als großer Kämpfer
hervorgetan. Er zeigte sich mehr als Politiker, der seinen Erfolg nicht
in der Schlacht suchte, sondern in einer zielbewußten Verhandlungstaktik.
Sehr wahrscheinlich lag ihm deshalb auch nicht die Aufgabe eines Landmeisters
von Preußen und Livland, die damals mehr oder weniger vom kämpferischen
Einsatz geprägt war.
167)
Köhler, Schlacht S. 251 ff
168)
v SS.rer.Pruss. IV S. 51 (L. Blumenau, Historia de Ordine Theutonicorum
Cruciferorum)
Erstellt:
16.3.1998 durch Werner Uhlich