Gesetze
des Hochmeisters Konrad von Feuchtwangen
Die beim Generalkapitel
zu Frankfurt/M. am 3. 10. 1292 unter dem Hochmeister Konrad von Feuchtwangen
erlassenen Gesetze sind in mehreren Abschriften noch vorhanden, doch weichen
sie selbst oft voneinander ab. Versehentlich oder gar mit Absicht wurden
bei den Abschriften Texte ausgelassen, oder es erfolgten vom Schreiber
als für notwendig erachtete Zusätze. Eine möglichst ausführliche
Zusammenstellung der holländischen Fassung aus Perlbach, Statuten
des Deutschen Ritterordens, sei hier in deutscher Übersetzung wiedergegeben:
Deutsche
Übersetzung 1
Im Namen der heiligen Dreieinigkeit
im Jahre 1292 nach Christi Geburt, am Abend von St. Franziskus (3. Oktober)
in Frankfurt, sind diese Gesetze aufgesetzt und festgelegt in dem Kapitel
durch unseren Hochmeister, Bruder Konrad von Feuchtwangen, wobei anwesend
waren der Bischof von Kulmsee, Bischof Heinrich und viele andere weise
Brüder, sowohl Priester wie auch Laien. Die Gesetze sind wie folgt:
1. Wir wollen, daß
man kein Bett gebraucht, entweder nachts oder tagsüber, außer
den Betten, die speziell für öffentlichen Gebrauch sind. Auf
die darf man sich wohl hinlegen. (Zusatz in einer anderen Handschrift:
Auch bestimmen wir, daß wenn die Brüder beim Fürst eingeladen
sind, sie stehend trinken dürfen. Derjenige, der dieselbe Würdigkeit
hat wie der Kirchenfürst, darf auch beim Essen sein.)
2. Wenn die Brüder
Waffen tragen, dürfen sie stehend trinken.
3. Auch wollen wir,
daß wenn der Meister stirbt, jeder Bruder des Ordens 100 Vaterunser
betet.
4. Wir bestimmen
auch, daß kein Bruder des Ordens verkaufen darf, was Menschen freiwillig
dem Orden geschenkt haben.
5. Wenn eine Kirche
oder Kapelle leer ist, dadurch, daß zwei oder drei Priester das Gebäude
nicht mehr betreten dürfen, so darf der Landkomtur einen weltlichen
Priester an der Kirche oder Kapelle leihen, wie er es für nützlich
erachtet und laut Gutachten der Brüder.
6. Auch bestimmen
wir, daß dort, wo alte Krankenhäuser gewesen sind und wo zu
wenig Brüder anwesend sind, man dieses Krankenhaus nicht behalten
darf.
7. Wir bestimmen
auch, daß ein jeder Landkomtur ein oder zwei Gefän nisse in
seiner Ballei je nach Bedarf errichtet, und was die Brüder, die lange
vom Orden weggewesen waren und sich unehrlich in der Welt gehalten haben,
betrifft, soll jeder Landkomtur seinen unter ihm stehenden Komturen befehlen,
daß man sie fange und wieder in die Ballei zurückschickt, von
der sie gekommen sind, und was das kostet, soll die Ballei zahlen, aus
der der Bruder zuerst gekommen war.
8. Wir bestimmen
auch, daß der Bruder, der Güter des Ordens entwendet, nicht
mehr zum Orden zugelassen wird, bis er die gestohlenen Güter wieder
zurückgegeben hat. Die Brüder, die oft draußen gewesen
sind und die sich respektlos benommen haben, möge ein Komtur, wenn
sie um Gnade bitten, prüfen, doch mit Erlaubnis des Meisters oder
dessen, der an seiner Statt bevollmächtigt ist, sie in einem kurzen
Kleid gehen und schwer arbeiten lassen, ihnen Speise und Trank geben wie
einem Knecht zu etlicher Zeit, wie es ihnen in Bescheidenheit ziemt, und
wenn sie jemand besucht, so sollen sie den Besucher mit Erlaubnis des Gebietigers
empfangen.
9. Wir bestimmen
auch, wenn die Gebietiger aus Preußen und aus Livland Brüder
nach Deutschland schicken, in die Ballei, in der sie ihr Geschäft
oder Handwerk verrichten, daß sie dies mit des Landkomturs Wissen
und Rat verrichten, und der soll sie getreulich beraten.
(In einer anderen
Handschrift lautet der Schluß dieses Paragraphen: daß sie sie
dem Gebietiger des Deutschen Landes schicken sollen und ihm mitteilen,
was sie machen sollen, demselben sollen sie auch die Zeit nennen, wann
sie zurückkommen. Versäumen sie diese Zeit absichtlich, so sollen
die Landkomture deren Komtur dies melden, damit er sie aufhalte und in
die Ballei zurückschicke, aus der sie gekommen sind. Für die
Kosten soll die Ballei aufkommen, aus der sie gekommen sind.
10. Wir bestimmen
auch, daß die Laien beim Agnus Dei aufstehen mit dem Priester und
sollen die Priester in den Häusern, wo ein Priester und ein Chorknabe
sind, die Stundengebete mit Noten singen.
Auch erlauben wir das Lied
von unseres Herrn Leichnam zu singen, die es singen wollen und können.
11. Wir bestimmen
auch, daß wenn ein Bruder aus dem Haus geschickt wird, der Trapier
seine Reisetasche besehe und ihm Kleider für ein halbes Jahr gebe,
wie es die Regel vorschreibt. Haben sie noch etwas mehr, so soll er das
auch nehmen.
12. Wir bestimmen
auch, daß die Zellen der Pfaffen einen Spalt offen bleiben, damit
man bescheiden hineingehen kann.
Wie man die Turkopolen und Knechte
und die in der Caritas Beschäftigten halten und lassen Soll: 2
1 . Das sind die
Gewohnheiten des Deutschen Hauses für die Turkopolen und Knechte,
gleich ob sie in Sold stehen oder der Caritas (Kranken- u. Sozialpflege)
dienen, so sollen sie nicht ohne Erlaubnis des Meisters das Haus oder das
Grundstück verlassen. Die, die die Erlaubnis haben, dürfen nicht
in die Schenken gehen, noch dürfen sie nicht spielen oder würfeln.
2. Derjenige, der
der Caritas dient und sich etwas zu Schulden kommen läßt, soll
bestraft werden. Der aber, der gegen Entgelt dient, soll von seinem Verdienst
zahlen, wenn sein Verdienst entsprechend hoch ist. Doch kann er nicht zahlen,
so soll er solange unbezahlt arbeiten, bis das, was die Schuld ausmacht,
abgearbeitet ist. Er soll Bürgen nennen, die bis zu der ihm gesetzten
Frist dafür haften. Dasselbe gilt auch, wenn er durch Säumigkeit
dem Haus schadet.
3. Auch wer in der
Caritas dient und wegen Unmut eine Nacht wegbleibt, der hat seinen Arbeitsplatz
verloren. Wenn er wiederkommen will, so hat er seine Zeit verloren und
muß wieder als Diener beginnen. Und ist er ein Bezahlter, so hat
er seinen Verdienst verloren. Will er wiederkommen, so soll er wieder zu
dienen anfangen. Jeder von diesen, die wiederkommen, sollen Gerechtigkeit
erhalten.
4. Man soll verstehen,
daß die Knechte, in welcher Weise sie auch dienen, wenn sie beim
Diebstahl erwischt werden, an drei Sonntagen an den Strafpfahl gebunden
werden. Daran sollen sie mit Geiseln geschlagen werden, bis es dem Meister,
der über ihnen steht, genügt. Wenn sie geschlagen worden sind,
soll man sie bis zu Mittag mit Honig einreiben. Danach soll man sie bis
zum 3. Sonntag ins Gefängnis werfen. Nach Verbüßung der
Strafe soll man sie vom Hof jagen.
5. Auch die Diener,
gleich in welcher Weise sie dienen, wenn sie an einem Bruder Hand anlegen
und ihm freventlich Übles zufügen, so soll derjenige mit den
Sklaven für ein Jahr in Eisen Buße tun, bis ihm die Buße
gemindert wird. Und wenn von denen einer einen Knecht verwundet, so daß
man ihn pflegen muß, so soll er ebenfalls ein Jahr in Eisen mit den
Sklaven dienen.
6. Auch wenn die
Knechte sich untereinander mit Fäusten schlagen oder an den Haaren
ziehen oder einander lästerlich beschimpfen, sollen sie bestraft werden.
Sind die sich schlagenden Knechte Angehörige des Hauses, so sollen
diese im Haus (Palas) bestraft werden oder in der Küche oder im ausgeübten
Amt, wohin sie gehören. Und wer die Speise ungehörig behandelt
oder darüber lästert oder geringschätzig und unbillig wegwirft,
der soll im Haus bestraft werden.
7. Wer des Hauses
Kleider oder Schuhe an irgend jemand verleiht, der soll verurteilt werden.
Wer ohne Erlaubnis mit den Kleidern des Hauses das Haus verläßt
und sich anderswo verdingt, der soll dort das zurückgeben, was er
von dem Haus erhalten hat. Hat er sich anderswo verpflichtet, soll man
ihn dort festhalten,bis er die unrechtmäßig getragenen Kleider
zurückgibt.
8. Und wer auf irgendeine
Weise der Caritas dient, sei es für eine bestimmte Zeit oder für
immer, den soll man wie einen Bruder behandeln, und wenn seine Zeit herum
ist, so soll er das behalten, was er in seiner Zeit erhalten hat und zusätzlich
Schuhe. Und wer im Haus Brot stiehlt, der soll Buße erleiden, so
wie es bei anderen Diebstählen vorgeschrieben ist, jedoch noch mehr,
bis er am 3. Sonntag seine Strafe erhalten hat, indem man ein Brot durchlöchert
und ihm um den Hals hängt und ihn so allem Gesinde präsentiert,
und anschließend soll er vom Hof gejagt werden.
9. Auch wenn jemand
einen Mann erschlägt, so soll er ewig mit den Sklaven dienen.
10. Ohne Zustimmung
soll niemand unbekleidet gelassen werden.
11. Derjenige Knecht,
der sich dem Haus Gottes und zur Ehre St. Marien verschreibt, gleich ob
in Caritas oder gegen Bezahlung, der soll seine Treue Gott und Unseren
Frauen geben, damit er tue, was man ihm aufträgt und was er zu tun
vermag. Er soll geloben, daß er das melde, was er zum Schaden des
Hauses erkenne und Gewähr leisten, daß er kein Schläger
sei und niemanden versehrt noch jemand übel behandle. Und wann und
wo er einen Schaden des Hauses sieht, soll er das seiner Meisterschaft
sagen. Er soll in Treue versichern, daß er des Hauses Gewohnheiten
einhält, damit man ihn belehrt und sich ihm freundschaftlich verbindet.
12. Er soll auch
geloben, daß er nicht ohne Erlaubnis seines Meisters das Haus verläßt.
Er soll geloben, daß er nicht in die Schenken geht. Er soll geloben,
daß er ohne Erlaubnis keine Unbekleideten einläßt. Ist
er in der Caritas tätig, so soll er geschoren sein wie ein Bruder.
13. Dem Knecht, welcher
das geloben will und dem Haus in der Caritas dient, soll man, nachdem er
gekommen ist, für das erste Jahr zwei Bisande (Goldmünze) geben,
danach soll man ihm alle Jahre vier Bisande für seine Tätigkeit
geben.
14. Dem Knecht, der
gegen Sold dient, dem soll man das geben, was man ihm verspricht, danach
soll man dem Soldempfänger und dem der Caritas halbe Verpflegung (Brot
und Wasser) des Hauses und daneben auch Schuhe und genügend Arbeit
geben. Und erhalten sie darüber hinaus noch mehr, so sollen sie dankbar
sein. Erhalten sie aber weniger, so sollen sie darüber nicht ungehalten
sein.
15.
Man ist nicht verpflichtet, dem, der sich der Caritas verschrieben hat,
stets eine Erlaubnis zu geben, dient dieser aber gegen Bezahlung, so mag
man ihm ohne Widerrede die Erlaubnis erteilen.
Von
den Pfaffen
1. Wir bestimmen
auch, daß die Pfaffen, die nicht gesetzmäßig sind und
zum Orden gehen, vom Orden die Erlaubnis erhalten, daß sie Priester
werden mögen. Will man irgendeinen Pfaffen aufnehmen, der Pfarrer
werden will und außereheliches Kind ist, so soll der sich an den
Papst wenden, damit dieser dafür Sorge trägt. Nach der Schrift
oder von Rechts wegen entscheidet dann der Hochmeister.
2. Wir bestimmen
auch, wenn ein Hochmeister des Ordens stirbt, daß ihm ein jeglicher
Priesterbruder singt oder eine Seelmesse spricht und einen Gottesdienst
mit neun Lektionen hält, und ein jeglicher Laienbruder des Ordens
soll ihm einhundert Vaterunser und Ave Maria beten.
1)
Die Übersetzung besorgte dankenswerterweise Frau Jolanthe Lansink,
Ede/Holland.
2)
Die Verordnungen über die Turkopolen und Knechte sind nur in vier
deutschen Handschriften überliefert.
Erstellt:
16.3.1998 durch Werner Uhlich