Band 2 |
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Konrad verlegt den Hauptsitz des Ordens von Akkon nach Venedig
Die Mitteilung von Tumler, 93 daß Konrad 1289 mit dem Hochmeister Burchard von Schwanden ins Heilige Land nach Akkon gezogen sei, wird durch die nachfolgenden Urkunden widerlegt. Der Hochmeister ist erst 1290 ins Heilige Land gezogen, als sich die Kämpfe bedrohlich verstärkt hatten. Im Jahre 1289 finden wir ihn sowie Konrad in den folgenden Urkunden nachgewiesen. Eine Urkunde vom 7. Februar 1289, in der der Hochmeister den Landmeistern von Preußen und Livland die von ihnen vorgenommene Teilung der Gebiete Schalauen, Harsowen und Twerkitten im Grenzbereich Preußen-Livland genehmigt, deutet auf eine Anwesenheit des Hochmeisters in Rom hin. Der Ausdrucksweise entsprechend dürfte diese Urkunde in der päpstlichen Kanzlei in Rom ausgefertigt worden sein. Dies läßt natürlich die Vermutung aufkommen, daß der Hochmeister von dort aus ins Haupthaus nach Akkon gezogen sein könnte. Dies war aber nicht der Fall. 94 Beim Generalkapitel 1289 in Mainz, auf dem Burchard von Schwanden einige Gesetze verabschieden läßt, ist Konrad als Zeuge anwesend. 95 Vermutlich auf diesem Generalkapitel bezeugt der Deutschmeister Konrad am 16. Oktober 1289 einen Pachtvertrag zwischen dem Deutschordenshaus zu Marburg und dem Albanskloster in Mainz. 96
Zweifel im Datum läßt eine Urkunde vom 22. Februar 1290 aufkommen. 97 In dieser Schenkungsurkunde werden Konrad von Feuchtwangen als Hochmeister und Gottfried von Hohenlohe als Deutschmeister bezeichnet. Die hier genannte Ämterzuweisung stimmt nicht mit dem Datum dieser Urkunde überein. 98 Hochmeister und Deutschmeister urkunden wieder gemeinsam am 2. März 1290 beim Hoftag König Rudolfs in Erfurt. Dem Propst des Marienstiftes zu Erfurt wird die Lorenzkirche in Fahnern (Kommende Marburg) überlassen. Dafür erhält der Orden das Patronatsrecht über die Nicolaikirche an der Lehmannsbrücke zu Erfurt. 99 Nach Arnold hat offensichtlich der Deutschmeister bei diesem Gütertausch zwischen der Ballei Thüringen und Marburg in Hessen seine Zustimmung geben müssen. 100
Burchard von Schwanden urkundet am 5. März, also unmittelbar nach seiner Beurkundung am Hoftag in Erfurt, in München. Daraus ist zu schließen, daß er vermutlich nun die Reise nach Akkon angetreten hat. 101 Dagegen ist der Deutschmeister Konrad, entgegen anderslautender Nachrichten, nicht mit dem Hochmeister nach Palästina gezogen. Konrad ist offensichtlich weiterhin in Erfurt geblieben; denn er wird in einer Urkunde König Rudolfs vom 19. Juni 1290 zu Erfurt genannt. Er berät mit anderen Edlen den König in einem Streit um die Vogtei über Güter des Klosters Admont bei Judenburg (Steiermark) zwischen dem Erzbischof Rudolf von Salzburg und dessen Kapitel einerseits und dem Herzog Albrecht von Osterreich andererseits. Diese Urkunde läßt keinen Zweifel daran, daß Konrad auch tatsächlich beim Hoftag in Erfurt zugegen war. Nach der Aufzählung der Ratgeber des Königs, unter denen sich Konrad befand, heißt es u.a.: " ... unde legeten in für die vorgenannten Kuntschaft unde briefe unde hantfesten, die sie uns beidersiten geben heten, unde baten sie (die Ratgeber), das sie uns dar zu rieten, was sie reht duchte uf irn eit unde was w(ir daruber sprec)hen sollten zu rehte. Do sprachen sie uf irn eit, das die vogeteie von Agemvnde ob der Menlik und anderswo, swo sie gelegen ist... ". 102
("... und legten ihnen die vorgenannten Informationen, Briefe und Urkunden vor, die von beiden Seiten zur Verfügung gestellt waren, und baten sie (die Ratgeber), daß sie uns rieten, was sie auf ihren Eid zu Recht empfinden und wie wir darüber Recht sprechen sollten. Da sprachen sie auf ihren Eide hin, daß die Vogtei von Admont ob der Menlik und anderswo, wo sie gelegen ist... ")
Erneut finden wir Konrad noch als Deutschmeister am 19. Oktober 1290 in Mainz. In dieser Urkunde des Erzbischof Gerhard II. von Eppstein zu Mainz kommt zum Ausdruck, daß die Deutschordenspriester teilweise nicht gewillt seien, den Anordnungen des Deutschmeisters, insbesondere hinsichtlich eines Amtswechsels, Folge zu leisten. 103 Diese Urkunde wird häufig als letzter Nachweis der Amtsführung Konrads als Deutschmeister angeführt. 104 Im Deutschordenszentralarchiv in Wien liegt aber eine Urkunde aus dem Jahr 1291 vor, deren Datum mit 19. März angenommen wird. In dieser zu Heilsbronn ausgestellten Urkunde entscheiden der Dekan von Herrieden (bei Feuchtwangen) Albert, und der Kustos Wolfram der Kirche zu Feuchtwangen einen Streit zwischen den Zisterzienserinnen des Klosters Felix porta (Seligenporten/ Oberpfalz), Diözese Eichstätt, und dem Deutschordenshaus zu Nürnberg über den Nachlaß des Erzbischofs Ulrich von Salzburg. Nach dem Abt von Heilsbronn und der Äbtissin mit Konvent von Felix porta siegelt der Deutschmeister Konrad von Feuchtwangen. 105
Das Verhältnis des Hochmeisters Burchard von Schwanden zu seinem Deutschmeister Konrad von Feuchtwangen ist vermutlich nicht das beste gewesen. Einerseits deutet das häufige Miteinander auf eine enge Zusammenarbeit, andererseits kann es aber auch auf gegenseitigem Mißtrauen beruhen. Letzteres scheint das Wahrscheinlichste zu sein, vor allem, wenn die Reaktion des Hochmeisters in Akkon in Betracht gezogen wird, auf sein Amt zu verzichten und den Orden zu wechseln. Burchard war sicher über die Schwierigkeiten in seiner Amtsführung enttäuscht und sah sich vermutlich einer Opposition gegenüber, der er nicht gewachsen zu sein glaubte.
Sehr
wahrscheinlich ist der Hochmeister über Süddeutschland (am 5.
März 1290 war er in München) und Oberitalien über Venedig
nach Akkon gereist. Möglicherweise bewog er in Italien den Landkomtur
von Sizilien, Heinrich von Bolanden, mit nach Akkon zu gehen; denn von
Bolanden fungierte kurz darauf als Statthalter und damit Stellvertreter
des Hochmeisters in Akkon.
106 Mit
Sicherheit kann angenommen werden, daß der Hochmeister noch vor seiner
Schiffsreise ab Venedig in Rom beim Papst gewesen ist und dort um Genehmigung
gebeten hat, sein Amt niederlegen und in den Johanniterorden eintreten
zu dürfen.
Aus
Reinhold Röhricht: Marino Sanudo sen. als Karthograph Palästinas.
In: Zeitschrift des Deutschen Palaestina-Vereins. Bd. XXI Leipzig 1898.
Karten und Pläne zur Palästinakunde aus dem VII. bis XVI. Jahrhundert.
21. Plan von Accon des Marino Sanudo aus dem Londoner Codex No. 27376
Für eine solche Entscheidung war zweifellos das Einverständnis des Papstes erforderlich. Beispielhaft ist eine Urkunde des Papstes Innozenz IV. in Lyon vom 17. Januar 1245. Darin schreibt er den Deutschordensbrüdern, daß es auch ferner dabei bleibe, daß niemand aus ihrem Orden zu den Templern übergehen könne, und daß gegenwärtig nur diejenigen hiervon ausgenommen seien, die sich dem vormaligen Meister Gerhard von Malberg, zur Zeit wo er seine Würde niedergelegt, angeschlossen hätten und die päpstliche Erlaubnis, zu den Templern überzugehen, schriftlich vorzeigen könnten. 107 Es ist nicht bekannt, wann und wo der Hochmeister Burchard von Schwanden seinen Austritt und Übertritt den Ordensbrüdern mitgeteilt hat. Auf alle Fälle wird er sofort nach Ankunft, nach dem 2. September 1290 (Hennes), die dortigen Brüder über seine Absicht informiert und Heinrich von Bolanden als seinem Statthalter das weitere Schicksal der Brüder in Akkon übertragen haben. Einige Ouellen sprechen vom dritten Tag nach seiner Ankunft. 108 Heinrich von Bolanden fiel am 18. Mai 1291 im Kampf gegen die Sarazenen, am Tag der Eroberung von Akkon durch die Truppen Al-Ashrafs. 109
Ob überhaupt und wann Konrad nach Akkon nachgekommen ist, um die restlichen kämpfenden Ordensbrüder aus Akkon nach Venedig herauszuholen, läßt sich dokumentarisch nicht nachweisen. Forstreuter bezieht sich auf die Chronik des Osterreichers Ottokar, die besagt, daß Konrad den Rest der Ordensbrüder aus Akkon herausgeführt habe und mit ihnen über das Meer gefahren sei und geschworen habe, diese Niederlage des Ordens an den Heiden in Preußen und Livland zu vergelten. 110 Röhricht berichtet, daß der Vizemeister (Heinrich von Bolanden) und alle Brüder bei der Eroberung von Akkon umgekommen seien. 111
Raddatz stellt fest, daß Heinrich II. von Lusignan, König zu Zypern und Jerusalem (1285 - 1291), dem Orden angeboten habe, sich auf Zypern niederzulassen. Doch Konrad habe abgelehnt und sei, vermutlich von Venetianern geleitet, nach Venedig weitergesegelt. Dort war die Zwischenstation des Ordens auf den Fahrten nach Palästina und zurück. Der Orden stand in guten Beziehungen zum Dogen von Venedig. 1208 wurde dem Orden erlaubt, auf der Zollinsel ein Deutsches Haus zu errichten. Das Deutschordenshaus zu Venedig befand sich auf jenem Platz, an dem heute die prächtige Kirche Santa Maria della Salute steht. 112 Diese Beziehungen zu Venedig schienen in diesem Fall Konrad weitaus sicherer als eine neue Niederlassung auf Zypern.
Nachdem Konrad noch am 21. März 1291 zu Heilsbronn gesiegelt hat, könnte er frühestens nach zwei Wochen Akkon erreicht haben. Wenn der Hochmeister Anfang September sein Amt zur Verfügung gestellt hat, so wird Konrad diese Nachricht spätestens Ende September erhalten haben. Der Deutschmeister sah darin sicher noch keinen Grund, sofort nach Akkon aufzubrechen. Das Schicksal der dortigen Brüder lag ja in Händen des Statthalters, als Stellvertreter des resignierten Hochmeisters. Die Aufgabe des Deutschmeisters lag nicht in Akkon, der Zentralverwaltung des Ordens.
Eigentlich hätte noch im Herbst des gleichen Jahres ein Generalkapitel stattfinden müssen, auf dem der Rücktritt des Hochmeisters und die Wahl seines Nachfolgers auf der Tagesordnung hätten stehen müssen. Ein solches Vorhaben ist nicht bekannt. Möglicherweise hat man stillschweigend die Führungsrolle Konrads bis zur endgültigen Klärung der Lage anerkannt.
Wie schon erwähnt, ist es sehr fraglich, ob Konrad überhaupt nach Akkon gekommen ist. Statt dessen verblieb er wohl in Venedig. Konrad wird dann auf einem Generalkapitel 1291 zu Venedig nach dem Fall von Akkon zum Hochmeister gewählt worden sein. 113 Wenn Konrad tatsächlich noch nach Akkon gekommen wäre, so hätte er eilends nach der Beurkundung in Heilsbronn aufbrechen müssen; denn Akkon wurde bereits am 5. April 1291 von den Truppen des Sultans eingeschlossen. 114 Nach dieser Zeit dürfte er wohl kaum noch in die Festung hineingelangt sein. Dies sieht auch nicht seinem Wesen ähnlich; denn Konrad war kein Kämpfer, er war Diplomat.
Die Niederlassung in Venedig
bot dem Orden eine günstige Gelegenheit, sich zunächst mit der
Zentrale dort anzusiedeln. Vermutlich hatte man Verwaltungsmaterial und
Akten schon frühzeitig von Akkon nach Venedig verlagert. 115
Mit dem Fall Akkons sah Konrad den Einsatz des Ordens im Heiligen Land
als gescheitert an. Alle Besitzungen dort waren verlorengegangen, während
in Deutschland und vor allem in den Ostseeballeien die Besitznahme beachtliche
Fortschritte erzielte.