Band 2
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Die Verwaltungsstruktur des Deutschen Ordens um 1300

Mit der Gründung des Deutschen (Ritter-)Ordens wurden die Regeln der Augustiner übernommen. Sie bestimmten Rechte und Pflichten der Angehörigen. Darüber hinaus wurde auch der Aufbau eines Verwaltungsapparates notwendig, der die Zuständigkeiten in den Besitzungen regelte. Vorbild waren die bereits seit längerer Zeit bestehenden Ritterorden sowie die Verwaltung der weltlichen Herrscher. Grundsätzlich unterschied sich der Orden jedoch hierbei von den letzteren insofern, als daß der Hochmeister als Haupt des Ordens in einem Generalkapitel zu wählen war und seine Machtbefugnisse gesetzmäßig eingeschränkt waren. Er konnte nicht schalten und walten wie ein Herzog in seinem Land. Hier zeigten sich gewisse demokratische Ansätze in der Führungsposition.

Dem Hochmeister waren als ständiger Beraterstab fünf oberste Gebietiger und ein Prokurator zur Seite gegeben:

Diese Beamtenstellen finden wir auch in den kleinsten Verwaltungsbezirken, wie der Kommende (Komturei), dem Deutschen Haus am jeweiligen Verwaltungsort.

Unter dem Begriff Gebietiger verstehen wir auch noch den Deutschmeister, die Landmeister von Preußen und Livland sowie die Landkomture. Dem Deutschmeister unterstanden die Verwaltungsbezirke (Balleien bzw. Landkomtureien) in Deutschland. Hierzu zählten die Balleien von Altenbiesen (Belgien), Franken, Hessen, Lothringen, Sachsen, Thüringen, Utrecht (Holland) und Westfalen. Nach der Übersiedlung des Ordenshaupthauses von Venedig auf die Marienburg kamen auch die italienischen Balleien wie Apulien, Lamparten (Lombardei), Sizilien und Tuszien (Toskana) hinzu, da die Entfernung zum Haupthaus zu groß geworden war. Der Deutschmeister erhielt daraufhin die Bezeichnung Meister der Deutschen und Welschen Lande. Keinen Einfluß hatte er auf die Kammerballeien An der Etsch und im Gebirge (Bozen), Elsaß-Burgund, Koblenz und Österreich, die allein dem Hochmeister direkt unterstanden. Finanzielle Einnahmen aus diesen Balleien flossen dem Hochmeisteramt zu; die Kammerballeien waren auch Pfandobjekte für den Hochmeister. Ihm direkt unterstanden auch Preußen, Livland und die Ballei Böhmen-Mähren. Letztere war verfassungsmäßig von Preußen abhängig.

Die fünf obersten Gebietiger und der Prokurator bildeten mit dem Hochmeister eine Hausgemeinschaft, die nach der Verlegung der Ordenszentrale nach Preußen nicht mehr als solche angesprochen werden konnte, weil einige der Gebietiger zusätzlich noch in Preußen eine Komturei erhielten, wo sie sich dann aufhielten. Jede Landkomturei hatte mehrere Kommenden, die für größere Einzugsgebiete innerhalb der Ballei zuständig waren.

Das Deutsche Haus war die Verwaltungszentrale der Kommende. Dort befand sich der Komtur (Kommandant) mit dem Konvent, einem Rat von 12 Brüdern. Auch hier gab es die Aufteilung in die einzelnen Geschäftsbereiche. Die Kommende hatte ihren Spittler, Treßler, Trapier, Keller- u. Küchenmeister, Forstmeister und andere Bereichsleiter. Die Kommende (Komturei) beherbergte noch weitere Beschäftigte des Ordens. Da gab es den Priesterbruder bzw. Pfaffen, die Halbbrüder, auch Graumäntler genannt, weil sie einen grauen Mantel trugen mit einem halben Kreuz (T-Form). Sie waren nicht stimmberechtigt. Je nach Größe der Kommende wurden Diener, Knechte und Turkupolen beschäftigt. Letztere waren aus Mischehen aus den arabischen Ländern durch die Kreuzzüge als Knechte zum Orden gestoßen. 8


Verwaltungsstruktur des Deutschen Ordens um 1300
Generalkapitel 
Hochmeister 
Großgebietiger  Deutschmeister  Landmeister  Prokurator 
Rechtswesen 
Livland/Preußen 
Böhmen-Mähren 
Großkomtur 
HM-Stellvertreter Ordensschatz 
Treßler 
Finanzen/Besitz 
Spittler 
Hospitalwesen/Soziales 
Kammerballeien 
An der Etsch u. im Gebirge Elsaß-Burgund Koblenz Österreich 
Welschland Apulien (Süditalien) Lamparten (Lombardei) Sizilien Tuszien (Toscana) 
Marschall 
Kriegswesen 
Ballein (Landkomtureien) deutscher Bereich 
Alten- biesen (Belgien  Franken 
Hessen  Lothringen 
Sachsen  Thüringen 
Utrecht (Holland  Westfalen 

Verwaltungsbezirke einer Ballei

Jede Ballei (Landkomturei) hat unterschiedlich viele und größenmäßig ungleiche Verwaltungsbezirke (Kommenden/Komtureien), wie zum Beispiel die Ballei Franken:
 
Ballei 
Franken 
Kommenden 
Ellingen  Frankfurt/M.  Mergentheim  Nürnberg  Regensburg  Rothenburg o. T. 
und weitere Kommenden 


Verwaltungsstruktur einer Kommende
 
Deutschordenshaus 
Verwaltung mit Konvent der Kommende 
Hauskomtur 
Treßler  Spittler  Trappierer  Kornmeister  Küchenmeister 
zuständig für 
Finanzen Immobilien  Hospital 
Soziales 
Bekleidung Ausstattung  Korneinkauf Kornvorrat  Nahrungsmittel Vorräte 
und weitere Verwaltungsbeamte, Priesterbrüder sowie dienende Brüder.

Der Konvent bestand nicht in allen Ordensniederlassungen aus den in den Statuten festgelegten zwölf Brüdern und dem Komtur. Dies richtete sich nach der Größe und dem Einfluß der einzelnen Kommenden, die selbst wieder Niederlassungen, sogenannte Filialkommenden errichteten bzw. kleinere Kommenden übernahmen oder in ihre Abhängigkeit brachten.

In die Konfraternität des Ordens wurden männliche Personen aufgenommen, die nicht Vollmitglieder waren. Auch gab es die Familiaren, dem Orden freundlich und freundschaftlich verbundene Menschen, die der Institution auf irgendeine Weise auch helfend beistanden. Dieses Familiareninstitut, seit 1220 bestehend, nahm ledige und verheiratete Personen als Familiaren auf, die weiterhin außerhalb des Ordens lebten, aber sich und ihr Vermögen unter Vorbehalt der Nutzung auf Lebenszeit dem Orden unterstellten und es ihm bei ihrem Tode vermachten. Da die Besitzungen, die eine Kommende zu verwalten hatte, mitunter weit voneinander getrennt lagen, waren Gebietsüberschneidungen nicht selten. 9

Das Kapitel war eine Konferenz der Gebietiger und gesondert dazu berufener Ordensbrüder. So sollten die Landmeister von Preußen und Livland je zwei geeignete Brüder mitbringen. Das Generalkapitel sollte zweimal im Jahr einberufen werden. Dazu wurden auch Würdenträger der Kirche geladen. Auf diesem Kapitel wurde die bisherige Tätigkeit des Hochmeisters geprüft und ihm die Entlastung erteilt, wenn es keine Beanstandungen gab. So gab es auch Provinzialkapitel innerhalb der Balleien.



8) Anders lautet die Erklärung bei Haberkern/Wallach, Hilfswörterbuch für Historiker II S. 625. Hier wird dieses Wort mit "Befehlshaber der leichten Reiterei" erklärt.
9 )  Die Feuchtwangen am nächsten gelegene Kommende war Dinkelsbühl als Filiale der Kommende Mergentheim. Der Ort Weidelbach, weitaus näher bei Dinkelsbühl als bei Mergentheim gelegen, stand aber unter dem Patronat (alle Rechte und Pflichten einer Kirchenverwaltung, auch Kirchensatz bezeichnet) der Kommende Mergentheim.
Durch einen Tauschvertrag vom 9. Mai 1456 kam das Patronat an die Kommende Nürnberg. Auch in Zwernberg, praktisch vor den Toren von Dinkelsbühl, hatte die Kommende Mergentheim 1311 Besitz. Die Kommende Dinkelsbühl geht zurück bis in die Zeit vor 1350. Das Ende des 14. Jahrhunderts dort eingerichtete Vogtamt gehörte ebenso zur Kommende Mergentheim und ab 1456 zur Kommende Nürnberg. (Gebessler, Dinkelsbühl S. 45).
Erstellt: 16.3.1998 durch Werner Uhlich
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