Die
neu in Feuchtwangen eingetroffenen Mönche empfehlen sich dem Schutz
der Kaiserin Adelheid (931-999), der Witwe Kaiser
Ottos des Großen, Mutter des verstorbenen Kaisers Otto II. -
Adelheid2,
der erhabensten und edelsten Mutter von Herrschern und Reichen, ehrwürdig
und jederzeit unbesiegt, entbieten die Brüder der Feuchtwanger Kirche,
hier zum Dienst neuerlich versammelt, ihren Gruß im Namen Christi,
des Erlösers.
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Daß Ihr niemals versäumt
habt, in Eurer Milde der Gemeinschaften der Gläubigen zu gedenken,
ist uns bekannt. Darum wünschen wir uns sehr, daß Ihr auch den
unbedeutenden Namen der Kirche unseres großen Gottes und Erlösers
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kennt und dazu unser mönchisches Vorhaben, am gleichen Ort erneut
zu beginnen. Wir legen Euch beides gleichermaßen ans Herz, damit
Eure Oberherrschaft uns künftig beschütze und wir in Sicherheit
die Erschütterungen weltlichen Getümmels ertragen können.
4 Wir glauben, daß (unsere) Kirche
vielfältig gesegnet ist, wenn wir für würdig erachtet werden,
eine Mutter zu haben, die sich wie die jetzige durch so große Mildtätigkeit
auszeichnet. Glücklich sind die Scharen der Mönche zu achten,
die sich unter einer solchen Beschützerin, die sich durch Verstand
und Weisheit das ganze Reich untertan macht, dem Klosterleben widmen. Aus
dieser großen Hoffnung heraus erwächst uns jene Gelassenheit,
mit der wir ohne Unterlaß ständig um dauernden Bestand und um
Stärkung Euerer Herrschaft bitten. Von Christus erbitten wir noch
dazu, daß den Seelen unserer Kaiser die Freude des Himmelreiches
teilhaftig werde. Lebt wohl.
Faksimile
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BriefX1
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Brief
2
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Lateinischer
Originaltext: -
1. - Domine
precelse regum regnorumque altrici nobilissime Adalheide auguste semper
invictissime fratres Phyuhtvuangensis ecclesie servicio noviter congre-gati
titulum summe salutacionis in Christo salvatore.
Cum
omnes fidelium congregaciones vestre pietatis memoriae non ignoramus iugiter
esse presentes, humile nomen ecclesie magni Dei salvatoris vos etiam nosse
cupientes nostrumque nonachile propositum in eodem loco nuperrime degere
incipientium vobis equum duximus intimandun, ut umbra dominationis vestre
deinceps protecti tumultus secularium inpulsionum sufferre valeamus securi.
Ecclessiam igitur credimus nimium fore beatam, si eius matrem nostro tempore
habere meremur tam benignam, felices esse arbitrantes monachorum plebes
sub tali defensatrice monomachie studiodeservientes, cuius solum ingenium
tam larga est sapientia aucum, ut sibi totum subiugaret imperium. Huius
magne spei securitate animati pro diuturnitate seu stabilimine vestri regni
die noctuque non cessamus Deo supplicare. Beatis insuper spiritibus imperatorum
nostrorum amoenitatem celestis Elisii iugi precamine a Christo deposcimus
concedi. Valete.
2)
Als verantwortliche Leiterin der deutschen Politik von 991 - 994 regierte
Adelheid das Reich für ihren minderjährigen Enkel Otto III. Der
Brief datiert wohl in diese Zeit ihres größten Einflusses, spätestens
jedoch 993. Zu dieser Datierung siehe Brief 7! Eventuell war die Kaiserin
in der Nähe Feuchtwangens. Bemerkenswert ist, daß sich die Feuchtwanger
Mönche direkt an die Kaiserin wenden und alle direkten Herren, wie
den Bischof von Augsburg, übergehen. Außerdem fällt auf,
daß im Gegensatz zu späteren Urkunden jeder Hinweis auf Karl
den Großen als Gründer des Klosters fehlt, als dessen Nachfolger
sich doch vor allem Otto III. fühlte. Statt dessen steht nur ein allgemeines
Gedenken an die Kaiser im letzten Satz.
Adelheid förderte verschiedene
Klöster. 994 zog sie sich auf ihren Witwensitz Selz im Elsaß
zurück, wo sie 987 ein Benediktiner-Doppelkloster gegründet hatte,
in dem sie auch begraben wurde. In verschiedenen deutschen Diözesen,
so auch in der Augsburger, in der Feuchtwangen lag, wurde sie als Heilige
verehrt.
3)
Patrozinium der Klosterkirche war St. Salvator (Erlöser).
4)
Benediktus-Regel. S. 73. Kapitel 4: Instrumente der guten Werke sind zum
Beispiel "Sich fernhalten vom Treiben der Welt." und "Niemand Unrecht tun,
aber auch erlittenes Unrecht geduldig tragen."
Erstellt:
12.3.1998 - letzte Änderung am 2.2.2000 durch Hans Ebert