Wilh. Schaudig - Geschicht der Stadt ... |
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8. Die Reformation in Feuchtwangen bis zur Einziehung des Stifts.
Auf welche Weise und woher evangelische Gedanken und Bestrebungen in Feuchtwangen eindrangen, ist nicht bekannt. Frieß in seinem "Ehrengedächtnis" vermutet, daß es von Crailsheim her durch den von Luther hochgeschätzten Pfarrer Adam Weiß geschehen sei, was in Anbetracht des regen Verkehrs, der damals die beiden brandenburgischen Landstädte verband, nicht unwahrscheinlich ist. Aber wir dürfen wohl annehmen, daß in Feuchtwangen selbst Luthers Wort und Beispiel, vor allem auch sein mannhaftes Auftreten in Worms, in manchen Herzen gezündet hat, und daß Luthers Schriften nicht unbekannt geblieben sind, vor allem dem, der als der eigentliche Reformator Feuchtwangens später hervortrat, dem Vikarier Vogtherr. Der Boden war außerdem für das Evangelium vorbereitet. Einesteils war etliche Jahre vor dem Hervortreten evangelischer Bestrebungen der Unfug des Ablaßhandels auch dahier getrieben worden. Anfangs 1517 war der Ansbacher Stiftsdekan Dr. Jodokus Lorcher 33 mit zwei anderen als Unterkommisär zur Betreibung des Ablaßhandels in den fränkischen Bistümern ernannt worden. Er entfaltete seine Tätigkeit im genannten und dem folgenden Jahre und er oder einer der beiden andern hat, wie aus einer vatikanischen Quittung von 1519 ersichtlich ist, seinen Auftrag auch in Feuchtwangen ausgeführt, wo sicher Luthers Streitsätze gegen den Ablaß bald bekannt worden sind. Andernteils trug das ärgerliche Leben der Stiftsherrn dazu bei, daß man sich auch hier nach einer Verbesserung des Kirchenwesens sehnte. Das erhellt aus dem undatierten, aber jedenfalls aus dem Jahre 1524 stammenden Schreiben, in dem Vogt, Rat und beide Gemeinden in Stadt und Land sich verantworten wegen des evangelischen Predigers Johann von Wald. Es heißt da unter anderem: "Wenn mans beym liecht besieht, so haben sie kaischeit mit ihren Konkubinen, daß sie kinder erzeugen, man besetzet ein zimblich Dorf damit und fuhren dermaßen ein unkeusch leben, das da raicht zur unehr gots und Verführung unserer und der armen frauen, jungfren und knechten zur leichtsengkeit der gewissen." Schon im Jahre 1522 predigt obiger Johann von Wald dahier im Sinne Luthers. Daß er von der Gemeinde, aber nicht vom Stift berufen war, ist ersichtlich aus dem Schreiben des Markgrafen Kasimir vom Pfingstmontag 1524, zu welcher Zeit Johann von Wald, ein ausgetretener Mönch, offenbar noch dahier war. Es heißt in diesem Schreiben: "Des Predigers halben Herr Johann von Wald wollen wir derhalben, weil auch unser Gemüt und Meinung nit ist, daß die von Feuchtwangen, noch andere unserer Untertanen ohne unser Willen und Wissen Prediger ufnehmen, solchen obgedachcten Prediger nit gedulden." Daneben wird dem Stift befohlen, ohne Verzug einen frommen, gelehrten evangelischen Prediger, der das Wort Gottes "lauter, rein, klar und nit auf den Geiz preidge," zu berufen. Vogt, Bürgermeister und Rat sollen fleißig acht haben, ob es geschieht, und wenn nicht, es dem Markgrafen anzeigen.
Joh. von Wald mußte aus Feuchtwangen weichen. Er scheine sich nach Württemberg gewendet zu haben, denn der Joannes Waldensis, der das Syngramme suevikum mit unterzeichnete, ist sicher kein anderer. Zuleztt versah er die Pfarrei Lehrberg für den nicht residierenden Pfarrer Georg von Wolmershausen und ist dort am 28. Juni 1536 gestorben.
Sein Nachfolger, der in seinem Sinne predigte, Johann Langer, wurde von den Stiftskanonikern nur kurze Zeit geduldet. Er war später Pfarrer und Superintendent in Koburg.
An Bartholomäi 1524 wurde zu Windsheim ein Tag fränkischer Stände gehalten, dem 23 Artikel über die entstandenen Irrungen vorgelegt wurden. Kasimir forderte hierauf von den Katholisch, wie von den evangelisch Gesinnten Gutachten darüber ein. Der evangelische "Ratschlag" wurde am 30. September 1524 auf dem Landtag zu Ansbach übergeben. Er hatte die Billigung Luthers, Melanchthons, Justus Jonas und Buchenhagens. Am 1. Oktober erfolgte das fürstliche Mandat, das zwar die lautere und reine Predigt des Evangeliums gebot, aber sonst im Sinne der römischen Partei gehalten war wie man von Kasimir nicht anders erwarten konnte. Im übrigen solle man Geduld haben und nichts Neues vornehmen. Damit war auch in Feuchtwangen dem Fortgang der Reformation ein Ziel gesetzt. Aber es traten nun Ereignisse ein, die der Sache dahier bald eine andere Wendung gaben. Der Bauernkrieg brach aus. Auch in Feuchtwangen gährte es. Was die Unzufriedenheit der Bürgerschaft hervorrief, erfahren wir aus den drei Punkten, welche am 31. März 1525 der markgräfliche Vogt und einer vom Rat in Ansbach dem Fürsten vortrugen. Es heißt da unter anderem, durch des Stifts Prediger sei dem Mandat, daß man das Evangelium lauter und rein predigen soll, nicht Folg geschehen, sondern der Prediger habe für und für seinen alten Menschenstand gepredigt. Sie bäten nun, daß sie mit einem andern und christilichen Prediger versehen würden, oder sie wollten selbst einen aufnehmen. Kasimir hatte wohl auf das Vorbringen der Feuchtwanger geantwortet, würde es sich befinden, daß der Prediger das Wort nicht lauter predige, so wolle er ihnen einen anderen setzen. Er könne ihnen aber nicht gestatten, daß sie einen Prediger verjagten und einen anderen aufnähmen. Aber die Geschehnisse kamen jedem weiteren Entschluß des Markgrafen zuvor.
Anfangs Mai hatte sich der Ellwanger helle Haufe der aufständischen Bauern auf der Brühlwiese bei Dinkelsbühl gelagert und Leute aus Dentlein, Wieseth, Mosbach, Kienhart, Oberampfrach strömten ihm zu.
Am 8. Mai hatten die Aufständischen das dem Grafen Martin von Öttingen-Wallerstein gehörige Schloß in Dürrwangen niedergebrannt und vermaßen sich, allen Schlössern und Klöstern auf 30 Stund in der Runde das gleiche Schicksal zu bereiten. Da flohen die erschreckten Chorherrn über Herrieden nach Augsburg, zuvor aber übertrug der Pfarrer Johann Dietrich die Versehung der Pfarrei und der Pfarrkirche St. Johannis dem Vikarier Georg Vogtherr, der in Feuchtwangen zurückblieb.
Vogtherr war ein Feuchtwanger Stadtkind, Sohn eines Bürgers, des Wundarztes Konrad Vogtherr in Schwäbisch-Hall, dem dort am 11. März 1487 unser Georg als zweitältester Sohn geboren worden war. Von Hall kam der Vaterzuerst nach Bühlertann und von dort nach Feuchtwangen, wo der Sohn Georg 1515 als Vikarier ins Stift eintrat. Er und sein ihm befreundeter Mitvikarier Wolfgang Galli waren evangelisch gesinnt, vielleicht angeregt durch Johann von Wald und bekannt mit Luthers Schriften. Georg Vogtherr trat nun, nachdem ihm die einstweilige Versehung der Pfarrei übertragen worden war, zur Freude der Bürgerschaft offen mit seiner evangelischen Überzeugung hervor, und als anfangs Juni die Stiftsherrn aus der Flucht wiederkehrten, zeigte sichs, daß das ganze Kirchenwesen von Vogtherr in evangelischem Sinne geleitet worden war. Wie aus der am 10. Juni 1525 von Pfarrer Dietrich an das Stift gerichteten Anklageschrift hervorgeht, wurde deutsch Meß gehalten, deutsch getauft und das Sakrament in beiderlei Gestalt gereicht. Auch "unterfing sich Vogtherr wider alt Herkommen in der Wochen dreimal unter der Meß zu predigen". Das Stift wendete sich nun sowohl an den Bischof zu Augsburg, als auch an den Fürsten. Anfangs scheint die Sache für Vogtherr gut gestanden zu sein, denn in einem im Namen Georgs und Kasimirs ausgegangenen Befehl vom 14. Oktober 1525 heißt es: "Da der Pfarrer dem Dekret, das Wort Gottes Neuen und Alten Testaments rein zu predigen (wie wir nicht nur von den Unsern, sondern auch von den andern gehört) nit folge getan, sodaß die Unsern zu Feuchtwangen Herrn Jörgen Vogtherrn zu einem Prediger berufen, der ein reiner züchtiger Prediger sein soll, so befehlen wir, gedachten Prediger anstatt eines Pfarrherrn anzunehmen und ihm seine Kompetenz folgen zu lassen, wenigstens so lang und viel, bis wir einen andern dergleichen erbaren geschickten Prediger des heiligen und allein seligmachenden Worts Gottes daher verordnen, damit das christliche Volk zu Feuchtwangen ohne Verkündigung und Hörung des lautern göttlichen Worts kein Mangel leide. An das Kapitel zu Feuchtwangen." - Wir sehen daraus, daß die Feuchtwanger Vogtherr förmlich zum Prediger angenommen hatten. In ihrer Befugnis lag das nicht, da alle kirchliche Anordnung vom Stift aus erfolgte. Um so leichter fanden dessen Klagen bei Kasimir Gehör. Auf die Fürsprache der Gemeinde befahlt zwar der Fürst vorläufig, man solle Vogtherr noch bis Ostern 1526 predigen lassen, von der Übertragung der Pfarrei war aber keine Rede mehr. Mittlerweile war der Reichstag zu Speyer zusammengetreten und Kasimir hatte sich dorthin begeben. Da nun Vogtherr nach Ostern von seiner Vikarier- und Kaplaneipfründe nicht abtrat, auch nicht aufhörte in der Pfarrkirche St. Johannis evangelisch zu predigen, bestürmten Kapitel und Bischof den Fürsten, ihn zu entfernen. Vogtherr aber scheint sich seinem Fürsten gegenüber damit gerechtfertigt zu haben, daß er ihm seine am Himmelfahrtstage 1526 gehaltene Predigt zusandte. Sie ist noch in den Akten des Nürnberger Staatsarchivs vorhanden. Mit klarer Schrift auf besseres Papier geschrieben trägt sie die Aufschrift: "An unsern Herrn Auffahrt Anno XXVImo Sermon durch Georgen Vogtherr zu Feuchtwangen in der Pfarr gepredigt. Das Evangelion Marti am letzten: Do die ailff zu tisch saßen." Aus der Predigt ist zu ersehen, wie tief gegründet Vogtherr in der evangelischen Wahrheit gewesen ist. Aber auch anders Bemerkenswertes erfahren wir aus ihr. Es wurde in dieser Woche (Bittwoche) gewallt von St. Michael (auf dem Berg über der Stadt) nach St. Leonhard (bei Kaltenbronn).34 Am Tag nach Himmelfahrt, dem "Kreuzfreitag", kamen von auswärts "viel Kreuz" hereingewallt nach Feuchtwangen, wo den Wallfahrern jedenfalls die Reliquien des Stifts, besonders der heilige Nagel, vorgezeigt wurden zur Verehrung. "Wahrlich der Geist und die Andacht treibt sie nit alle, sondern ihr Meinung ist vielmehr, daß sie üff den Jahrmarkt kommen und ihr zeitlich Kaufmannschaft un Hantierung treiben. Alsdann, so sind sie geistlich gewest, haben gewallt. Aber man sehe drauf zu Abend, so sie getrunken, wie ihr Andacht ein Grund gehabt hat."
Es ist beachtenswert, um dies hier einzufügen, wie das Feuchtwanger Landvolk diesen "Kreuzfreitag", jetzt fälschlich "Schauerfreitag" genannt, mit Zähigkeit festhält und heute noch in evangelischer Weise feiert. Alle Feldarbeit unterbleibt und vor ein paar Jahrzehnten wurde es durchgesetzt, daß an diesem Freitag statt der Betstunde eine Predigt gehalten wird. Auch der Markt besteht noch, ist jedoch seinerzeit von der preußischen Regierung auf den Sonntag nach Exaudi verlegt worden, wie bereits bemerkt ist.
Evangelisches Bewußtsein war indes mehr und mehr in die Gemeinde eingedrungen. Hatte Vogtherr schon 1525 an Fronleichnam die Prozession mit dem Corpus Christi unterlassen, so waren es, als sie am 31. Mai 1526 wieder gehalten wurde, nach des Pfarrers Dietrich Klage "wenig, die dem hochwürdigen Sakrament Ehre erzeigt". In der Kreuzwoche sei durch Vogtherr Schuld "die Wallfahrt verkleinert, daß weder Bürger noch Bauern gewallt, und die gewallt haben, müssen viel und großen Spott leiden. So man das Sakrament trägt, sprechen etliche, es sei ein Tand, Gott sei nit da. Wollen auch etliche auf dem Land, soll sie zu ihren letzten Zeiten mit zweien Gestalten versehen."
Kasimir hielt sich vor dem Reichstag zu Speyer in Ansbach auf. Er war dem Evangelium wohl durch den Einfluß seiner Gemahlin Sabina, einer bayerischen Prinzessin, immer mehr abhold geworden und um so mehr geneigt, dem Drängen der Stiftsherrn nachzugeben. Denn Pfarrer Dietrich ruhte nicht. Es suchte nicht nur Vogtherr andern Sinnes zu machen, indem er ihn mahnte, die Zeremonien der römischen Kirche wieder zu beobachten und ihm die über Luther ausgesprochene Acht und den päpstlichen Bann vorhielt, sondern er verschloß auch die Pfarrkirche, sodaß Vogtherr zu predigen verhindert war. Außerdem wurden den evangelisch gesinnten Pfarrkindern die Kirchenstrafen angedroht. "Darumb, so wollen wir und unsre Herrn auch alle laische Person ernstlich strafen, die das Sakrament unter beider Gestalt begehren oder zu nehmen sich unterfahen." Da aber Vogtherr nicht von seiner Kaplanei wich, trug Dietrich am 25. Mai 1526 dem Fürsten in Ansbach persönlich sein Anliegen vor. Der Fürst gab mündlichen Bescheid. "Wenn Vogtherr nit tun wöll, wie ein Kaplan, muß man ihm Urlaub geben und einen anderen bestellen." Eine Verhandlung im Hause des Amtmanns und in Beisein des Untervogts zwischen Vogtherr und Dietrich hatte keinen Erfolg. Nun setzte Dietrich den verhaßten Kaplan ab und verlangte Abgabe der Schlüssel zum Sakrament, jedenfalls zum Sakramentshäuschen. Vogtherr aber weigerte sich dessen. Auch einen andern Kaplan bestellte Dietrich in der Person des Jodokus Mader, der wie er sagt, gelehrt, eines guten Lebens und geschickt zu predigen sei. Ja er erbietet sich, mit Empfehlungsschreiben des Stifts in eigener Person oder durch einen Boten gen Speyer, wohin unterdes Kasimir abgereist war, seine Notdurft mündlich oder schriftlich anzuzeigen. Auch der Stiftsdekan Jakob Jäger und das Kapitel traten nun auf den Plan. Am 11. Juni 1526 wandten sie sih an Bischof Christoph von Stadion und baten um Hilfe und Empfehlungsschreiben an den Fürsten, damit Vogtherrs unchristlich Wesen in der Pfarrkirche abgestellt werde. Daß aber die Stiftsherrn nicht lediglich von geistlichen Beweggründen geleitet wurden, beweist die Begründung ihrer Bitte: "Denn dem Stift Feuchtwangen an der Pfarr nit wenig gelegen, sondern das größt und meist Einkommens aller Gefäll desselbigen von der Pfarr herrührend ist." Der Bischof richtete schon am 13. Juni ein Schreiben an Kasimir mit der Bitte, er wolle Vogtherr ernstlich verschaffen, sich des Helferstandes (der Kaplanei) zu müßigen und den Pfarrer in Regierung seiner Pfarr unbelästigt und unbetrübt bleiben lassen, oder zugeben, daß sie wider Vogtherrn "als einen Verachter und Verbrecher bebstlicher Heiligkeit Bullen und kaiserlicher Majestät Edikt handeln mögen". - Auf das bischöfliche Schreiben hin erhielt Lizentiat Wolf Offner in Ansbach Befehl, dem Fürsten nach Speyer zu berichten, wie es um die Sache stehe. Als dieser am 27. Juli schrieb, er wisse in der Sache zwischen Vogtherr und dem Kapitel nicht zu entscheiden, erfolgte am Samstag nach Vinc. Petri, 2. August, eine ziemlich ungnädige Antwort, in der es heißt, nach seiner Heimkunft wolle der Fürst nach Gelegenheit der Sach und Beschluß dieses Reichstags weiter Bescheid geben. "Und damit der Pfarrer und sein neu aufgenommener Kaplan mittlerzeit nichts anderes, denn das lautere reine Wort Gottes ohne alle Glossen und Zusätz predigen, so wollst Du (Offner) verfügen, daß sie dem christlichen Volk, die Episteln und Evangelien, so jederzeit im Amt der Meß gelest werden, schlechts nach dem Text aus dem A. und N. Testament, wie die an ihnen selbst stehen, statt der Predigt verlesen, und daß Jorg Vogtherr aus Ursach, daß er diesmal kein Kaplan mehr ist, mit seinem Predigen bis auf solchen unsern weiteren Bescheid in Ruhe stehe". - Nun hatte Dietrich sein Ziel erreicht. Dem ausdrücklichen Verbot des Fürsten trotzen durfte Vogtherr nicht. Pfarrer Dietrich predigte nun wohl auch, aber seine Predigt war dem gemeinen Volk (der Gemeinde) unangenehm, weil sie der Predigt Vogtherrs widersprach, wie die Bürgerschaft in dem Schreiben an den Amtmann Hans von Seckendorf-Aberdar sagt, in dem sie bat, es möge Vogtherr gestattet werden, wie bisher zu predigen "bis auf Zukunft unsers gnädigen Herrn". Diese Bitte hatte ebensowenig Erfolg, als eine vom Kanzler Vogler selbst aufgesetzte Eingabe vom 29. Sept. 1526. Kasimir war indes nach Ansbach zurückgekehrt und hatte im Oktober einen Landtag dahin einberufen zur Ordnung der Religionssachen. Am 10. Oktober ging dieser wieder auseinander. Der fürstliche Abschied vom 31. Oktober, der aber erst am 1. Februar 1527 veröffentlicht wurde, war ganz papistisch. Zwar ist darin, wie in dem Mandat vom 1. Oktober 1525 von reiner und lauterer Predigt des Evangeliums die Rede, aber es ist auch darin "lutherisch" und "ketzerisch" nebeneinandergestellt. Es wird befohlen, das Hochamt, die lateinische Messe beizubehalten, das h. Abendmahl nur unter einer Gestalt zu empfangen, demselben bei Leibes- und Lebensstrafe in der Kirche und auf der Straße alle Ehrerbietung zu erzeigen, das Fronleichnamsfest zu feiern und die Ehelosigkeit der Priester, die Wandlung, die Ohrenbeichte, die Fastengebote als heilige Gesetze der Kirche zu halten. Der Abschied des Speyerer Reichstages hatte es ja jedem Reichsstand anheim gegeben, wie er es in Sachen der Religion halten wolle, und Kasimir war offenbar wieder völlig in römische Fahrwasser geraten.
Vogtherr mußte sich nun zwei Jahre lang von seiner Hände Arbeit nähren. Er hatte wie die anderen vom Stift eine Konkubine bei sich, eine Witwe namens Agnes, mit der er bis 1526 sechs Kinder erzeugte. Nun ehelichte er sie und wurde Familiennachrichten zufolge im Dezember 1526 im Beisein von fünf Zeugen durch Wolfgang Gall, Pfarrherr zu Oberampfrach, getraut. Schon im Jahre drauf am 17. Juni starb Agnes, worauf Vogtherr sich wieder verehelichte mit Sibylla Hofackerin aus Schwäbisch Hall.
Kasimir war gegen Ende des Jahres 1526 nach Österreich gezogen unter Zurücklassung einer Statthalterei gemäß dem zu Prag 1522 geschlossenen Vertrag zwischen den Brüdern Kasimir, Georg, Johann und Albrecht, dem Hochmeister. Nun wurden, da auch Georg von 1525 bis 1527 außer Landes war, zu Statthaltern gesetzt Hans von Seckendorf-Aberdar, Amtmann zu Feuchtwangen, und Karl von Heßberg, Amtmann zu Kolmberg, denen noch einige Räte beigegeben wurden. Diese Statthalterei hatte das Land zu regieren und über den Vollzug des Landtagsabschieds zu wachen.
Der Pfarrer Joh. Dietrich scheint um dieselbe Zeit, als Vogtherr abgesetzt wurde, von der Pfarrei zurückgetreten zu sein. Er wurde 1532 Stiftsdekan. Nach seinem Rücktritt berief das Stift gut katholische Pfarrer. Zuerst kam Hans Bayer, der aber bald nach seiner Einsetzung wieder von dannen zog. Ihm folgte Erhard Scheurer, Vikarier zu Herrieden und Pfarrer zu Heideck, allein, nachdem er einmal gepredigt hatte, wanderte er wieder weiter. Magister Hans Neuhäuser von Ingolstadt war ein gelehrter und frommer Mann, wurde aber seines Glaubens wegen von den Bürgern so angefeindet, daß er gerne nach München verzog. Nun scheint die Pfarrei einige Zeit unbesetzt gewesen zu sein, denn Markgraf Kasimir erließ im Frühjahr 1527, kurz vor seinem zweiten Zug nach Ungarn einen Befehl, in dem es heißt: "Wir werden auch berichtet, daß jetzo kein Pfarrer noch Kaplan zu Feuchtwangen sei, befehlen wir euch, ihr wollet von Stund an einen andern gelehrten Pfarrer oder Kaplan gen Feuchtwangen verordnen, die die Pfarr, wie unserm Abschied nach gebührt, mit Fleiß versehen. Wo ihr solches nit tut, werden wir verursacht selbst einen Pfarrherrn zu ordnen." Wie Vogt, Bürgermeister und Rat am Donnerstag nach Laurenzii, 15. August, 1527 berichten, haben die Chorherrn den Magister Veit Seßler, Pfarrer zu Dinkelsbühl und Sinnbronn, auch Dechant, als Pfarrer eingesetzt.35 Er wollte den Schwierigkeiten, denen seine Vorgänger erlagen, durch kluge Nachgiebigkeit nach beiden Seiten entgehen. Nun war es so, daß man das h. Abendmahl im Stift unter einer, in St. Johannis unter zwei Gestalten empfing. Ja zu Ostern richtete Seßler in der Pfarrkirche einen zweiten Altar auf, einen Marienaltar, an dem das Sakrament in römischer Weise gespendet wurde, während am Choraltar es in evangelischer Weise geschah. Seßlers Kaplan Hieronymus Betz sprach bei Darreichung des Brodes: "Der Leib und das Blut Christi bewahre dich in das ewige Leben," beim Kelch aber nicht. Er sagte, das Volk empfange unter einer Gestalt ebensogut das Blut Christi, wie unter zweien. Die Gemeinde wurde unter solchen Umständen ganz irre. Es kam vor, daß eine Weibsperson das Abendmahl erst unter einer, dann sofort unter zwei Gestalten nahm. "Das mehrere Teil ging des Ärgernisses wegen ohne Sakrament."
Mittlerweile war Kasimir am 21. September 1527 in der von ihm als kaiserlichem Feldherrn eroberten Stadt Ofen an der Ruhr gestorben. Sein Bruder Georg kehrte nun nach Franken zurück und übernahm die Alleinherrschaft. Er war wohl schon 1523 fürs Evangelium gewonnen worden. (v. Lang.) Auf den 2. März 1528 berief er die Stände nach Ansbach. Hier beschwerte sich die katholische Partei, daß die Entschließung Kasimirs vom 1. Oktober 1524 und sein Abschied vom Oktober 1526 nicht volle Beachtung fänden. Georg erließ aber mit dem Abschied vom 3. März 1528 eine "Deklaration" des Abschiedes von 1526, worin ausgesprochen wurde, die Hauptsache im Abschied Kasimirs sei die reine Predigt des Wortes Gottes. Dies bedürfe keiner Erklärung. Was die Zeremonien anlange, so sollen darunter nur die verstanden sein, die aus Gottes Wort geboten und darauf gegründet seien. Damit war der Reformation freie Bahn geschaffen.
Die Feuchtwanger baten sofort, der Fürst möge ihnen Vogtherr als einen Prediger gestatten. Er sei abgesetzt worden, weil er sich in ehelichen Stand begeben, und das Volk sei eine halbe Meile weit gegangen, da man ihm das Wort Gottes gepredigt. Pfarrer Adam Weiß in Crailsheim unterstützte die Bitte aufs kräftigste. In der Tat wurde Vogtherr am Mittwoch nach Reminiscere, den 13. März 1528, zum Stiftsprediger, vorläufig auf Probe, ernannt. Unterm 28. Mai verfügt die fürstliche Regierung: "Dechant Jakob Jäger und Kapitel sollen dem Jörg Vogtherr die ihm vorenthaltenen Vikarierpfründe folgen lassen und geben, "unangesehen, ob er die mit Singen und Lesen im Chor nit, dieweil er doch dieselbigen mit Predigen verdient habe." Der alte, d. h. der vorige Pfarrer Johann Dietrich solle dem Vogtherr für die Zeit, so er nichts von ihm empfangen habe, für den Tisch (nämlich als Kaplan) alle Wochen 4 Pfund und dazu den Kaplanslohn reichen. Endlich sollen ihm zu seiner Vikarierspfründ, die jährlich 36 Gulden trägt, 40 Gulden gegeben werden, es geschehe vom Pfarrherrn (Seßler) oder Dechant und Kapitel, dieweil diese die Pfarr zu versehen schuldig sind, solange bis ein Kanonikat erledigt und ihm übertragen werde, so möge das andere alles fallen. So war nun Vogtherr wieder in Würden und ungehinderter Tätigkeit.
Als behufs der von der fürstlichen Regierung mit Nürnberg vereinbarten Visitation ein Vorbericht der Amtmänner eingefordert wurde, wie sich die Pfarrer der Deklaration vom 3. März 1528 stellten, berichten Vogt, Bürgermeister und Rat bezüglich Seßlers: "Gibt dem Mandat keine Folge, hofft auf kaiserliche und bündische (Schwäb. Bund) Reformation." Ähnlich wird von Betz berichtet. Dagegen heißt es von Vogtherr, den der Fürst gnädig als Prediger verstattet habe, er predige Sonntags und Feiertags das ganze Jahr, auch Montag, Mittwoch und Freitag. Der Rat gibt ihm das Zeugnis eines "beruften" Predigers, der sich ganz nach der Deklaration hält seiner Lehre, Lebens und züchtigen, ehrbaren Wandels, daß ihm das Wort Gottes zu predigen von der Probe wegen wohl mag vertraut werden. Den Bestimmungen der Visitation gemäß sollte nun der Pfarrer Seßler sich nach Ansbach zum Examen stellen. Er zog es aber vor, die Pfarrei aufzugeben.
Am 15. Oktober 1528 verfügte Fürst Georg: "So haben wir den würdigen, wohlgelehrten Meister Hans Gayling zu einem Pfarrer nach Feuchtwangen verordnet und ist unser ernstlich Begehren und Meinung, daß ihr den vorig untüchtigen Pfaffen samt seinem Kaplan ab- und hinweggeschafft und diesem Hans Gayling die Pfarr verleihet, ihme auch samt einem redlichen, gelehrten und christlichen Kaplan sein notdürftig Unterhalt und Kompetenz machet." So wurde Magister Hans Gayling der erste evangelische Pfarrer von Feuchtwangen. Geboren war Gayling zu Ilsfeld in Württemberg, wahrscheinlich im letzten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts.36 1513 bezog er die Universität Heidelberg, 1515 Wittenberg. Im Briefe Luthers, in dessen Haus er verkehrte, an Konrad Sam in Brackenheim (Luthers Werke, Ausg. Walch XXI. S. 717) ist er erwähnt. In Berlin wurde er 1520 zum Priester geweiht. Im nämlichen Jahre schrieb er sich bei der Universität Tübingen ein. Die erste Stätte seiner evangelischen Wirksamkeit war sein Geburtsort. Als aber der Statthalter Truchseß von Waldburg, der das Land des vertriebenen Herzogs Ulrich verwaltete, am 26. November 1526 ein Mandat erließ, das die Verkündigung der Lehre Luthers mit Strafe bedrohte, mußte Gayling weichen und ging zu Herzog Ulrich nach Solothurn und von da nach Mömpelgart (Monbelliard, damals württembergisch), wo er der erste evangelische Hofprediger wurde. Dort wirkte er mit Farel zusammen, mußte aber auf Betreiben der Eidgenossen samt diesem Mömpelgart verlassen. Er begab sich auf den Ulrich gehörenden Hohentwiel und folgte dem Herzog, als dieser 1525 den Versuch machte, sein Land wieder zu gewinnen. Der Versuch mißlang. Gayling wurde Hofprediger bei Ludwig von der Pfalz in Heidelberg. Einen Ruf der Stadt Frankfurt lehnte er ab. Im selben Jahr unterschrieb er mit dreizehn andern das Syngramme suevicum.37 Da er in Heidelberg zu Hof und bei der Universität viel Widerstand fand, entließ ihn der Kurfürst mit Ehren. Er sagt selbst in einem Brief 38, den er am Neujahrstag 1550 an den Markgrafen Georg Friedrich von Ansbach schrieb: "Ich bin durch E. F. G. Herrn Vater hochlöblicher seliger Gedächtnis von vielen Jahren von andern durch Gottes Willen gen Ansbach zu einem Hofprediger berufen und erwählt worden, hab mich aber desselbigen Berufs hart beschwert aus folgenden Ursachen, dann ich besorget, ich möchte aus Leibesschwachheit dem Amt nit vorstehn. Daher mir auch der hochgelehrt Meister Hans Brentz, mein Schwager, dem ich aus Anspach schrieb, das widerriet." Es heißt in dem Brief in Bezug auf seinen Ansbacher Aufenthalt: "So dorfen E. F. G. nit besorgen, daß ich mich jemals in einen halsstarrigen Irrtum begeben, dann ich Zwinglis Sekten von Herzen zuwider, wie mir des Kundschaft geben müssen, die mit mir die erste Brandenburger Kirchenordnung haben stellen helfen." Es kann sich hier nur um jene Kirchenordnung handeln, die auf der gemeinschaftligen Tagung der Ansbacher und Nürnberger Abgesandten zu Schwabach im Sommer 1528 neben den 23 Nürnberger Visitationsartikeln und den 30 Ansbacher Fragenartikeln angenommen wurde. Es hat also Gayling damals in Ansbach geweilt und war zu der Kommission hinzugezogen, die mit der Beratung des Ansbacher Entwurfs betraut war. Auf seine Bitte um Entlassung hat ihn Fürst Georg, obwohl sich Gayling, wie er selbst sagt "unbillig widerte", zu einem Pfarrer in Feuchtwangen bestellt, trotzdem das Stift am 6. März 1528 unter Lobeserhebungen auf Seßler gebeten hatte, diesen als Pfarrer zu belassen. Die Visitationsakten von 1528 enthalten aber in Bezug auf ihn die Bemerkung: "Wollt nit respondieren." so kam es zu seiner Absetzung.
Unterm 31. Mai 1529 verordnete die fürstliche Regierung: "Dechant und Kapitel sollen alle Nutzung der Pfarr auf des Stifts Kosten einbringen und dem Pfarrer jährlich sein Kompetenz zur Erhaltung seiner Person, weyb, kind, magd und hausgesind, auch eines Pferdes " 120 Gulden geben. Ein Vikarier oder anderer Priester solle als Kaplan dienen und vom Stift erhalten werden. So hatte nun Feuchtwangen einen bedeutenden Mann als ersten evangelischen Pfarrer. Von Gayling heißt es in den Dekanatsakten, er habe einen gelehrt erbaulichen und gar angenehm lauten Vortrag gehabt. Er sei von ansehnlicher Statur, sonderlicher Gravität und nachdrücklicher Sprache gewesen "also daß, wenn er nur geredet, alles in heilige Furcht geraten".
Auf Gayling wartete in Feuchtwangen beschwerliche Arbeit und beständiger Kampf mit dem zäh am römischen Wesen hängenden Stift, zumal er zum Superattendenten bestellt war, gemäß jender ersten brandenburg-nürnbergischen Kirchenordnung von 1528. Die vom Stift wollten ihn nicht anerkennen, auch keinen Kaplan stellten sie ihm. Er klagt um Pfingsten 1529, er habe 1600 Kommunikanten, zumteil ein Meil Wegs entfernt. Er bittet, man möge ihm des vorigen Pfarrers Pfründe verleihen und ihn in Meister Augustin Gumpels Haus ziehen lasse, damit sein angenommener Zugesell in sein Haus ziehen könne, da sonst keine Wohnung in der Stadt vorhanden sei. Aber Gumpel, der von Feuchtwangen hatte weichen müssen, habe es ihm abgeschlagen. - Auch um die Schule nimmt sich Gayling an. Es seien 40 Knaben vorhanden, die keinen Lehrer haben. Brentz in Hall hat ihm einen Schulmeitster angezeigt, einen Gelehrten der Sprach und der Rechten, der "nicht nur die Jugend, sondern auch uns und das Kapitel lehren kann". Bis zu dessen Ankunft will er und Vogtherr sich der Jugend annehmen. Fürst Georg gab nun wiederholt die oben erwähnte Anweisung über die Besoldung des Pfarrers, befahl auch, den baufälligen Pfarrhof (wo das jetzige 2. Pfarrhaus steht) zu bessern, der so schlecht war, daß der Pfarrer Wasser halben in der Stuben ob dem Tisch nit bleiben, noch seine Bücher vor Schnee und Regen behalten könne.
Im Jahre 1388 wurde beim Brand der Stadt auch das Pfarrhaus zerstört. Im Jahre 1391 fingen die Chorherrn wieder an zu bauen. Der Kanoniker Heinrich von Westerstetten hat in demselben Jahre auch das Pfarrhaus neu errichtet, das wieder den Parochus, damals war es Friedrich Kreß, zur Wohnung diente. Am Montag nach Corpus Christi, 31. Mai, 1529 befahl Fürst Georg auf Pfarrer Gaylings Klage hin, den Pfarrhof zu bessern. Es geschah aber nichts. 1533 wird verfügt, ein Zimmermann solle das baufällige Pfarrhaus und den Stadel besichtigen, aber Dienstag nach Jakobi, 29. Juli, 1533 schreiben die Statthalter und Räte, die Stiftspfaffen hätten die nötige Unterhaltung des Gebäus im Pfarrhof nicht bewirkt. Es solle berichtet werden, worauf gebührender Bescheid ergehen wird. Nun scheinen die Verbesserungen vorgenommen worden zu sein. Aber der Bau war so schlecht, daß Pfarrer Simon Priester am 14. Juli 1564 berichtet, der größte Balken über der Stuben sei geborsten, daß ganze Zimmer habe sich gesenkt, er stehe mit den Seinen in Lebensgefahr. Nun wurde der Neubau genehmigt. Das neue, auch ziemlich dürftig hergestellte Haus, das 1900 einem Neubau wich, hatte auf einem Stein an der Südostecke die Inschrift Simon Priester Pfarrer 1570.
Sehr zum Verdruß der Stiftsherrn erfolgte im Jahre 1529 der Befehl, die Stiftskleinodien, deren Verzeichnis schon früher hatte eingesendet werden müssen, nach Ansbach zu bringen, um sie gegen die berüchtigten von den Niederlanden gegen die Türken nach Ungarn ziehenden Spanier zu schützen. Es war eine ansehnliche Zahl von silbernen Monstranzen, Kelchen, Reliquienbehältnissen u. dergl. Ihr Aufbewahrungsort war der mit Kreuzgewölben überspannte Raum über dem vom Marktplatz in den Kreuzgang führenden Portal. Testodo superior, oberes Gewölbe, heißt er in den alten Nachrichten. Ein schmales, rundbogiges Pförtchen (jetzt vermauert) führte aus den Klosterräumen zu ihm und ihm gegenüber tat sich eine Türe in den Chor der Stiftskirche auf, von deren Höhe wohl dem in der Kirche versammelten Volk die Reliquien gezeigt wurden. Vor derselben wurde in späterer Zeit der Beamtenstand angebracht. Die Kirchenkleinode sind entweder auf jenen Befehl nicht sämtlich nach Ansbach gekommen, oder teilweise zurückgegeben worden, denn 1546 haben ja die Spanier den größten Schatz des Stifts, den goldgefaßten angeblichen Nagel vom Kreuz Christi geraubt. Der meiste Teil der Stiftskleinode blieb freilich in Ansbach und mußte später dazu dienen, die Landesschulden zu bezahlen, wozu nachträglich der Landtag von 1539 seine Genehmigung gab.
Der Reichstag zu Augsburg nahte und der Fürst ließ von den Superattendenten Gutachten über die kirchlichen Fragen einfordern. Gemäß dem am 27. Januar ausgegangenen Befehl sollte das Gutachten noch vor dem 12. März 1530 bei der Kanzlei einlaufen. Das ausführliche mit Schriftstellen wohl begründete Gutachten Gaylings ist noch in den Akten des Nürnberger Staatsarchivs vorhanden.
Das mannhafte Bekenntnis des Fürsten Georg, der auf die Aufforderung, an dem Fronleichnamsumzug teilzunehmen, vor dem Kaiser erklärte, er wolle sich lieber seinen Kopf abschlagen lassen, als Gott und sein Evangelium verleugnen, worauf Karl der Fünfte antwortete: Löve Först, nit Kopp ab! - hat gewiß bei den Evangelischen in Feuchtwangen hohe Freude hervorgerufen, ebenso wie seine Unterzeichnung des Augsburgischen Glaubensbekenntnisses. Bald nach seiner Rückkehr von Augsburg, am Dienstag nach Invokavit, 28. Februar, 1531, erließ er eine Verordnung, durch die befohlen wird, die Kirchen fleißig zu besuchen und Gott in der Litanei täglich anzurufen, damit er seinen Zorn und grausame Strafen, besonders die vor den unerhörten Krankheiten (es herrschte im Fürstentum die Pest) von uns wende, insonderheit sich das Gotteslästerns und Zutrinkens zu enthalten, unter der Predigt keinen Branntwein zu verkaufen, oder während derselben auf dem Kirchhof nicht herumzustehen und abends bei der Sperrglocke nach Hause zu gehen. - In dem Begleitschreiben, mit dem dieser Befehl nach Feuchtwangen geschickt wurde, heißt es: Nachdem sich der Zorn Gottes über alles gottlos Wesen manigfaltiglich ereignet, derhalben allen Christenmenschen gebührt, ihr Sünd zu bekenne, Buß zu wirken, das ist, von Sünden ablassen und Gott, den Allmächtigen, durch Christum seinen lieben Sohn, unsern einigen Mittler, um Gnad und Barmherzigkeit ohn Unterlaß treulich anzurufen, darob wir denn unsers Amtes halben, von Gott befohlen, getreulich wachen und sein sollen, schicken wir euch hiemit etlich Abdruck, wie das Christlich Volk durch alle Pfarrherrn und Prediger täglich und sonderlich alle Feiertage vermahnt werden soll." (Frieß, Zeugnis der Wahrheit 1730.)
Freilich mag die bei Georg nach seiner Abfindung mit König Ferdinand über seine schlesische Besitzung Ratibor und Oppeln eingetretene schwankende Haltung, die ihn veranlaßte, am 25. August 1531 an Luther zu schreiben, er wäre geneigt, die tägliche Meß ohne Kommunion wieder einzuführen, in Feuchtwangen große Sorge erweckt haben. Allein Luther wies den Fürsten mit Entschiedenheit zurecht. Er solle lieber alles andere wieder aufrichten und das Evangelium fahren lassen. Diese Mahnung und ein zweites Schreiben Luthers, in dem er dem Fürsten vorhielt, er hätte ja das Evangelium in Augsburg so getrost bekannt und sich so freudig gewagt, brachte die Sache wieder in Ordnung. Außerdem sorgte der eifrige evangelische Kanzler Vogler in Ansbach, daß die Bemühungen der Feuchtwanger Stiftsherrn, insonderheit des Dekans Dietrich, niedergehalten wurden, die darauf hinaus gingen, die alten Verhältnisse wieder herzustellen und die weggezogenen Kanoniker zur Rückkehr ins Stift zu bewegen.
Im Jahr 1530 kam endlich nach vielen Verhandlungen die brandenburg-nürnbergische Kirchenordnung zustand, die an Stelle der vorläufigen von 1528 trat. Am Montag, den 20. Januar 1533, erließ Georg von Jägerndorf aus den Befehl zu ihrer Einführung. Am Sonntag nach Invokavit, 8. März, 1533 wurde sie von Statthaltern und Räten dem Dechant und Kapitel zugesandt mit dem Befehl, die Mißbräuch abzustellen und sich allerwege nach der Ordnung zu halten. Aber weder der zum Dekan gewählte früherer Pfarrer Dietrich, noch die Chorherrn dachten daran, Gehorsam zu leisten. Sie stellten zu Ostern wieder die Hauptreliquie des Stifts, den Nagel vom Kreuz Christi, aus, brannten viele Lichter davor an, sangen das Regina coeli und sperrten das Sakrament ins Sakramentshäuschen, wie Gayling in seinem Berichte sagt. Diesem Bericht entnehmen wir auch eine Bemerkung, die uns einen Einblick gibt in die religiösen Verhältnisse der eingepfarrten Orte. Er bittet um Aufstellung eines weiteren Kaplans, der hinaus auf die eingepfarrten Orte gehen könne, die Leute mit Wort Gottes und Sakrament zu bedienen. Es waren ja draußen an verschiedenen Orten Kapellen. Gayling sagt, er habe diese entfernten Flecken visitiert und befunden, daß die Leute des großen und langen Weges halber gar nicht zur Predigt kommen, auch nicht kommunizieren, ja es sei Gefahr, daß sie zu den nächsten gottlosen, d. h. römischen Pfarrern laufen, wie sie schon tun. So verging das Jahr 1533. Im nächsten aber trat in Gaylings Heimat eine Veränderung ein. Herzog Ulrich eroberte mit Hilfe Philipps von Hessen wieder sein Land, nachdem der Schwäbische Bund am 13. Mai 1534 in der Schlacht von Laufen besiegt worden war. Einer der ersten, die dem Herzog ihre Dienste anboten, war Gayling. "Dieweil mich seine fürstlich Gnaden (der Herzog) wider beruffte, bin ich uff das gnedig Erlauben E. F. G. Herrn Vatter wider heimzogen", sagt er in dem erwähnten Brief an Georg Friedrich von Ansbach. Die Umtriebe und Widerspänstigkeit des Stifts verleideten ihm Feuchtwangen, wie er anfangs November 1534 schreibt. Von Herzog Ulrich erhielt er die Pfarrei Weinsberg, wo er 17 Jahre waltete. Als er dort des Interims wegen weichen mußte, kam ihm der Gedanke, wieder im Ansbachischen Anstellung zu suchen. Aber die Sache zerschlug sich. Herzog Ulrich starb am 26. November 1550. Sein Sohn Christoph berief Gayling nach Aufhebung des Interims auf die Pfarrei Beilstein, dann nach Bottwar, wo er am 27. Februar 1557 mit Hinterlassung zweier Kinder starb. Sein Sohn Johannes war später Pfarrer in Ilsfeld, seine Tochter Sarah verheiratet mit dem hohenlohischen Superintendenten Assumt. Gayling hat mit und neben Vogtherr zur Erweckung und Vertiefung evangelischen Glaubens und Lebens in der Pfarrei Feuchtwangen Ersprießliches geleistet, weswegen wir ihm ein dankbares Andenken schuldig sind.
Die Pfarrei wurde nun durch Dekret von Freitag nach Okuli, 5. März, 1535 dem Prediger Georg Vogtherr übertragen, für den damit eine Zeit beständigen Kampfes mit dem Stift begann. Da er, wie 1537 von Ansbach geschrieben wurde, zu einem Superattendenten auf dem Stift verordnet war, hatte er dafür zu sorgen, daß die Kirchenordnung von 1533 daselbst eingehalten werde. Dazu aber fehlte den Stiftspersonen jeglicher guter Wille. Obwohl ihnen verschiedenemale geboten worden war, die "unchristlichen Gesänge ab- und das Sakrament aus dem Häuslein zu tun," gehorchten sie doch in keinem Stück. Schon Dienstag nach Vincula Petri, 5. August, 1533 hatten die Räte dem Pfarrer geboten, wenn die Stiftsherrn das Sakrament nicht herausnähmen, solle er das Häuslein durch einen Schmied öffnen lassen und es selbst herausnehmen. Aber Gayling weigerte sich mit Recht, so gewalttätig vorzugehen. Es waren am 3. August Bürgermeister und Rat mit dem Pfarrer zu Chor gegangen und hatten dem Dechant nebst Kaspar Langer und Christoph Goldochs und anderen, zumteil von Wilzberg Gekommenen den fürstlichen Befehl bekannt gegeben. Diese aber beriefen sich darauf, daß in anderen Stiften und Klöstern, als Halsbrunn, Königshofen, Bemberg, Wilzberg und mehr auch noch Messe gehalten werde. Der Dekan erklärte, er tue das Sakrament nicht heraus. Auch sonst leisteten die vom Stift auf alle Weise Widerstand. Als die Konkubine des Linhard Kraus starb, wurde sie nicht auf dem seit etlichen Jahren angelegten Friedhof, sondern im Kreuzgang begraben. Es erging Befehl, sie wieder aus und ins Feld oder sonst wohin zu graben, wenn ihnen bei andern Christen zu liegen nicht passe. Dem Dechant wird sein halsstarrig Wesen und Verhetzung der Bauern verwiesen. Die Leiche des Priesters Erhard Trump brachten sie nach Herrieden "ins Papsttum". Die Seele des Widerstandes scheint Christoph Goldochs gewesen zu sein. Um weitere Messe halten zu können, hatte er sich am 4. März 1535 nach Augsburg begeben, um sich zum Priester weihen zu lassen.
Das dem Pfarrer Vogtherr versprochene Kanonikat, das zu den für Gayling als Pfarrbesoldung angesetzten 120 Gulden noch 12 Gulden Weingeld, 13 Gulden Präsenz, 3 Malter Korn, 4 Malter Dinkel, 9 Malter Haber Feuchtwanger Maß im Gesamtanschlag von 80 Gulden fügen sollte, wurde Vogtherr lange nicht zuteil. Das Kanonikat des Seßler, den der Fürst nicht mehr in Feuchtwangen duldete, erhielt nicht er, sondern Rektor Hala, ebenso bekam er nicht das Kanonikat des verstorbenen Dekans Jäger, auch nicht das des Funk. - Zugleich berichtet Vogtherr, die Chorherrn "rumpeln unter der Predigt in der Stiftskirche mit den Büchern auf den Stuelen, daß der Prediger etzwan irre gemacht werde. Unter der Letanei bete etzlicher seine bepstlichen horas canonicas und beten die Letanei nicht mit uns." Es kam zwar 1537 eine Kommission von Ansbach, bestehend aus dem Rat Dr. Valentin Kiefer, dem Stiftsprediger Joh. Rurer und dem Stadtvogt Truppach, um unter Beiziehung des Pfarrers und des Stiftspredigers die Abschaffung der alten und Einführung der neuen Kirchenordnung feierlich vorzunehmen, aber die noch im Stift befindlichen, Dekan Dietrich, Kanonikus Goldochs, Vikar Stark, ferner Joh. Armbruster und Wolfgang Eckhardt verhielten sich völlig abweisend. Es war vor dem Amtmann (Adam von Wolfstein?) ein Übereinkommen zwischen den evangelischen Geistlichen und dem Stift zustand gekommen, worin die vom Stift sich verpflichteten, die Ordnung einzuhalten mit Singen und Lesen ausgenommen die Kommunion unter zwei Gestalten, die der Fürst den Stiftsherrn erlassen hat, auch nicht dazu will zwingen, was jedenfalls auf die Fürsprache hin geschah, die Bischof Chr. von Stadion am 15. Juli 1537 von Dillingen aus für die Stiftsherrn bei Georg einlegte. Aber diese setzten ihr ärgerlich Wesen dennoch fort. Verschiedene Klagen werden über sie vorgebracht. Sie haben noch keine lateinische Chorbibel gekauft. "Wir können unsere teutsche Bibel, die ein ehrsamer Rat als fleißiger Hörer in unsere Pfarrkirchen gekauft und wir itzo lang in euren Chor geliehen, nit länger entbehren." Ihre Bücherei lassen sie in Regen, Staub und Kot zugrund gehen. Die Psalmen werden im Chor "geschlappert". Ehe ein Chor aufhört, hat der andere längst angefangen. Die Antiphon und andere Gesäng werden so hastig gesungen, daß Verwirrung und bei den Zuhörern Gespött entsteht. Beim Aus- und Eingehen bücken sich etlich Personen vor dem hohen Altar und vor dem Sakramentshäuschen, als ob noch das Saktrament des Leibes Christi eingesperrt sei, auch brenne Tag und Nacht die Ampel vor demselben. "Sie bleiben auch nicht da, so man das recht Amt und Handlung des Leibes und Blutes Christi hält, sondern laufen hinaus." Es wurde also auch im Stift das h. Mahl in evangelischer Weise gehalten, worauf sich die Äußerung Vogtherrs bezieht, nicht er habe die Kommonion ins Stift gebracht, sondern der Fürst habe es befohlen. - So standen die Sachen im Stift. Auf Vogtherr, der als Superattendent pflichtgemäß von dem Leben und Treiben im Stift nach Ansbach berichten mußte, hatten die Stiftsherrn einen großen Zorn. Besonders Vikar Stark schmähte ihn und warf ihm vor, er habe ja selbst im Konkubinat gelebt. Darauf verantwortet sich Vogtherr am 7. Juni 1538 dem Fürsten gegenüber. Er habe sich gebessert und vor 13 Jahren seine Konkubine geehelicht. - Im November 1538 waren noch drei im Stift, der Dechant Dietrich, der Kanoniker Goldochs und der Vikarier Stark.
Es läßt sich denken, daß die immerwährenden Kämpfe für den ohnehin leibesschwachen Pfarrer Vogtherr ermüdend und aufreibend werkten. Schon am 24. April 1533 hatte Pfarrer Gayling in dem Schreiben, in dem er um einen zweiten Kaplan bat, weil sonst die in 65 Höfen, Mühlen, Dörfern und Weilern zerstreute Gemeinde Not leiden müßte, den Vogtherr gesagt: "Überdies ist Jörg Vogtherr müde und schwach. Er ist vor seiner Krankheit auch aufs Land geritten, auch in seiner Krankheit, welches alles ihm jetzte zu schwer und sauer." Es war damals zwar ein Diakon da, Hans Löhlein, der von Lehengütingen hergekommen war, aber da Gayling selbst über Krankheit klagte, reichten die vorhandenen Kräfte nicht aus. Es war dann 1535 ein zweiter Diakon ausgestellt worden. Vogtherr konnte sich nunmehr der Arbeit in der Stadt widmen. Aber seine Kräfte nahmen mehr und mehr ab und am 18. Januar 1538 durfte er zu seiner Ruhe eingehen, seines Alters 50 Jahr, 10 Monat, 7 Tag. - Er ist der eigentliche Reformator von Feuchtwangen. Als solcher wird er im Gedächtnis der evangelischen Gemeinde Feuchtwangen fortleben.
Vogtherrs Witwe erhielt ein Jahr Nachsitz, sein neunjähriger Sohn Samuel eine Vikarierpfründe zur Ermöglichung des Studiums. Am 11. Februar 1555 machte dieser Samuel Vogtherr als Vikarius Hochzeit mit Rahel, Tochter des Klemens Rotmayer, gewesenen Pfarrers zu Oberampfrach. Er wurde später Pfarrer in Mosbach und ließ seinem Vater das prächtige Holzepitaph setzen, das sich in der nördlichen Seitenkapelle der Stiftskirche befindet. Das Vogtherrsche Geschlecht steht heute noch in Blüte.
Als Vogtherr Pfarrer wurde, bekam die Stiftspredigerstelle der Pfarrer Wolfgang Galli von Oberampfrach. Er war von Oettingen gebürtig, war 1515 Stiftsvikarier und später Schulmeister auf dem Stift geworden, wie eine Eingabe der Stadt an den Fürsten vom 24. April 1536 ausweist. 1524 kam er nach Oberampfrach, wo der Pfarrer Ostermayer hatte weichen müssen, weil er etliche Personen der Hexerei beschuldigt hatte. Der Fürst hatte in dem Schreiben vom 5. März 1535, in dem er Vogtherr zum Pfarrer ernannte, die Predigerstelle dem Diakon Löhlein verliehen, aber die Gemeinde erbat sich am 24. April 1536 Wolfgang Galli zum Prediger. "Herr Jörg Vogtherr hat uns heute anstatt des weggezogenen Jörg Häula Herrn Wolfgang Galli zum Prediger ernannt." Es wird gebeten, ihm Häulas Kanonikat samt Augustin Gumpeleins Hof überantworten zu wollen. Der Fürst gab der Bitte statt. Nach Vogtherrs Tod wurde er 1539 Pfarrer und hat das Amt geführt, bis er 1566 mit 75 Jahren starb. Er hatte früher um des Evangeliums willen viel gelitten, war vom Bischof von Augsburg vorgeladen und gefangen gesetzt worden. Als Stiftsvikarier war er mit Vogtherr durch gleiche Überzeugung verbunden, die er auch betätigte, als er Pfarrer zu Oberampfrach wurde, weshalb ihm das Stift sein Einkommen entzog. - Die Predigerstelle erhielt Wolfgang Feldner, und nachdem dieser 1555 gestorben war, Balthasar Hillenmeyer, Pfarrverweser in Michelbach an der Heide. In seiner Bitte um die Stelle sagt er, er sei vor 28 Jahren (1527) ins geistliche Amt berufen, wiewohl päpstischerweis. In Lehengütingen sei er 3 Jahre, zu Feuchtwangen in das dritte Jahr im Diakonenstand gewesen und letzlich habe er sich als Verweser zu Michelbach in die 23 Jahre enthalten. Sei Vater Peter Hillenmeyer 39) war zu Feuchtwangen wohnhaft. Würde seine Bitte erhört, so käme er zu seines Vaters verlassen Haus, Hof zu Güter und könnte auch seine dreizehn klein unerzogene Kinder desto baß zu Schule und anderen Zuchten auferziehn.
Viel Unruhe verursachte im
Jahre 1548 das Interim. Der damalige evangelische Stiftsdekan Dr. Valentin
Hartung, der dies nach dem 1547 erfolgten Tod des Dekans Joh. Dietrich
geworden, war seit 1523 Kanoniker in Feuchtwangen, hatte sich aber am 4.
Februar 1535 in Nürnberg bei St. Sebald mit Anna Krüger trauen
lassen. Er, sowie der Pfarrer Wolfgang Galli und der Prediger Wolfgang
Feldner mußten am 30. Oktober 1548 in Ansbach erscheinen zur Beratung
des Interims. An sie schrieb der Kaplan Erasmus Scheuermann, der 1540 Nachfolger
Löhleins geworden war, einen noch bei den Akten befindlichen Brief,
in welchem er sie in bewegten und beweglichen Worten bittet, doch ja der
reinen Lehre nichts zu vergeben. Allein trotz allen Widersprichs wurde
am 3. November von der für den minderjährigen Fürsten
Georg Friedrich eingesetzten Regentschaft mit einem Schreiben an Vogt Frant
Oerttle, Bürgermeister und Rat in Feuchtwangen, Dorfmeister und Bauerschaften
das Interim übersandt und befohlen, es allerorten verkündigen
zu lassen. Es kamen, da sich Widerstand erhob, noch verschiedene Schreiben
der Regenten und Räte. Die Begründung der Neuerungen ist außerordentlich
schwach. Kaiserlicher Majestät zulieb sollen etliche Festtage mehr
gehalten werden. Die wieder gebotenen Fasten an Freitage, Samstagen und
in der Fastenzeit dienten zur Erhaltung des Viehstandes, der durch das
Fleischessen ganz "erösigt" werde. Nun wuchs den Römischen wieder
der Mut. Der Augsburger Bischof schrieb eine Synode nach Dillingen aus,
zu der auch die vom Stift erscheinen sollten. Aber die Regierung verbot
es. Arnold von Seckendorf, Amtmann zu Schwabach schickte ans Stift ein
Meßgewand, damit Goldochs darin die Messe singe. Indes fiel das Interim
dahin mit dem Abfall des Kurfürsten Moritz von Sachsen vom Kaiser
und dem Passauer Vertrag von 1552. - Der Stiftsdekan Dr. Valentin Hartung
starb 1560 und Magister Wolfgang Jung trat an seine Stelle.
Während Feuchtwangen
im Mittelalter zum Landkapitel Dinkelsbühl gehört hatte, trat
nun durch Anordnung der Regierung eine andere Organisation ein. Es wurden
Superintendenturen gebildet, denen die Pfarreien des Fürstentums zugeteilt
wurden. Die Feuchtwanger umfaßte außer der Stadt noch die Pfarreien
Wieseth, Dentlein, Ammelbruch, Dorfkemmathen, Ober- und Untermichelbach,
Frankenhofen, Wittelshofen, Illenschwang, Sinnbronn, Weidelbach, Wildenstein,
Lehengütingen, Schopfloch, Larrieden, Mosbach, Unterampfrach, Oberampfrach,
Reubach, Brettheim, Diebach, Oestheim, Sulz, Breitenau und Dorfgütingen.
In Feuchtwangen wurde die Superintendentur, später Dekanat genannt,
mit der Stiftspredigerstelle verbunden, die nach dem Tode Wolfgang Feldners
(1538 Kapla, 1540 bis 1555 Stiftsprediger) an Balthasar Hillenmeyer 40)
gekommen war. Neben der Stiftspredigerstelle mit der Supterintendentur
bestanden zu dieser Zeit noch die Pfarrei, das Archidiakonat, auch Oberkaplanei
genannt, und das Diakonat (Kaplanei). Den Kirchendienern wurden ihre Wohnungen
in den verlassenen Stiftshäusern angewiesen. Der letzte katholische
Kanoniker Christoph Goldochs hatte sich 1547 nach Weidelbach zurückgezogen
und war 1549 daselbst gestorben. Der Stiftsprediger und Dekan hatte seine
Wohnung da, wo jetzt Hs. nr. 242 und 243 steht, der Pfarrer im alten Pfarrhof
an der Stelle der ehemaligen Ökonomiegebäude des Klosters, der
eine Kaplan im jetzigen 3. Pfarrhause. Wo der andere wohnte ist nicht bekannt.
- Hillenmeyer hielt am 10. November 1556 die erste Synode. Der durch M.
Georg Karg 1559 gehaltenen Generalvisitation im Fürstentum hat er
beigewohnt und 1565 die erste Spezialvisitation im Kapitel vorgenommen.
Am 17. Oktober (Dezember?) 1569 ist er gestorben mit Hinterlassung von
dreizehn Kindern, die nach dem Zeugnis des Dekans Frieß (1724 bis
1734) meist bei seinen Lebzeiten wohl versorgt waren. Sein Epitaph aus
Holz, das von Rektor Sommer gedichtete Verse enthielt, ist leider verschwunden.
Schon
zu Lebzeiten Hillenmeyers hat Markgraf Georg Friedrich das Stift einziehen
lassen, wie Seite 20 berichtet ist. Damit und mit der Neuregelung des Kirchendienstes
in der Pfarrei war die Reformation in Feuchtwangen auch in ihren Auswirkungen
zuende geführt worden.