Wilh. Schaudig - Geschicht der Stadt ... 
Inhaltsverzeichnis
 <<  blättern  >>

1. Name und Ursprung Feuchtwangens

 
Fiuchtinwang! Bald tausendzweihundert Jahre lang wird der Name genannt, den unser Heimatsort trägt. Er hat in dieser langen Zeit auch die Wandlungen durchmachen müssen, denen unsere Muttersprache unterworfen war. Es bildete sich die kürzere Namensform Fiuchtwanga, auch Fiuchtwang. 1 Aus dieser wieder prägte der Volksmund Füchtwang und Föchtwang, bis man endlich bei der heutigen Form Feuchtwang und mehrheitlichen Bezeichnung Feuchtwangen angekommen war. Die Bedeutung des Namens ist: Die Ansiedlung bei der "feuchten Aue", vom althochdeutschen fiucht, feucht, und wanc, die Aue, das Feld. 2 Während man vom benachbarten Kloster Harrarioda, Herrieden, weiß, daß es von einem gewissen Cadolt gestiftet ist, meldet keine Urkunde, kein Stiftungsbrief etwas von der Gründung des hiesigen Klosters.  Allerdings heißt es on dem freilich wegen seiner Echtheit angezweifelten Schirmbrief Otto IV. vom 4. März 1209: "Die Kirche in Fuchtwang, welche Kaiser Karl gegründet hat", und König Rudolf nennt in einem Gnadenbrief vom 5. August 1285 die Kirche in Feuchtwangen eine Gründung des großen Kaisers Karl, seines erlauchtesten Vorgängers. Dazu weiß die Volkssage Näheres über die Ursache der Gründung zu berichten. Hienach soll Kaiser Karl auf der Jagd im Sulzachtal vom Fieber überfallen worden sein. Ermüdet setzte er sich auf einen Fichtenstock, nach einem Trunk Wasser schmachtend. Da sah er in der Nähe eine Wildtaube auffliegen. Er eilte dem Orte, von wo sie sich erhob, zu und fand eine frische klare Quelle, deren Wasser ihn so erquickte, daß ihn das Fieber verließ. Zum Dank dafür baute er eine Kirche und ein Kloster. Das sei der Ursprung Feuchtwangens und das jetzt noch fließende "Taubenbrünnlein" sei die Quelle, an der der Kaiser sich labte. - Ähnliche Sagen treffen wir auch an manchen anderen Orten. So bildeten sich um die Tatsache eines Besitztums, eines Waldes und dergl. zu erklären, wofür man keinen urkundlichen Nachweis mehr hatte, und so ist auch die Sage vom Taubenbrünnlein entstanden, als die Stiftungsurkunden des Klosters verloren gegangen waren. Immerhin mag die genannte Quelle zur Wahl dieser Stätte bei der Klostergründung Veranlassung gegeben haben, denn für jene Zeit war ein solcher Brunnen etwas hoch Geschätztes.

Die inneren Gründe für dessen Entstehung waren wohl dieselben, die den englischen Königssohn Willibald veranlaßten, das Kloster Heidenheim am Hahnenkamm zu gründen. 3 Die Bewohner der Gegend waren dem Namen nach Christen, tatsächlich aber kamen sie an Quellen, unter Bäumen, auf Hügeln noch zusammen, um ihren Göttern zu dienen. So mag es auch im Sulzachgrunde und seiner Umgegend gewesen sein. Eine Stätte, wo solches geschah, dürfte nachweisbar sein. Es ist das eine halbe Stunde von Feuchtwangen entlegene Heilbronn. Dort besitzt auch in den wärmsten Sommern eine herrliche reiche Quelle, die wohl einst eine Stätte heidnischer Götterverehrung war und deshalb den Namen Heiligenbronn trug, woraus später das Wort Heilbronn entstanden ist. Freilich erweist sich die Sage vom Taubenbrünnlein damit als eine Erdichtung viel späterer Zeit.

Aber wie steht es überhaupt mit der Gründung des Klosters durch Karl den Großen? Wenn diese auch schon im 13. Jahrhundert behauptet wird, so vermag sie doch vor der neueren Geschichtsforschung nicht zu bestehen. Professor D. Albert Hauck stellt in seinem großartigen, grundlegenden Werk "Die Kirchengeschichte Deutschlands" fest, daß Karl der Große, der im allgemeinen kein Freund der Klöster war, wohl solche beschenkt, aber nie eines gegründet habe. Somit ist also auch das Feuchtwanger keine Stiftung desselben, wohl aber kann es durch den Kaiser zu Besitz und Vermögen gekommen sein, denn die Angabe, daß Karl in das Sulzachtal gekommen sei, wobei vielleicht die Beschenkung zustande kam, ist nicht schlechterdings von der Hand zu weisen. Lag doch in nicht sehr großer Entfernung von Feuchtwangen eine villa regia, eine Besitzung der Frankenkönige, Kuonigeshouba, jetzt Königshofen an der Heide. Professor D. Hauck sagt in seiner erwähnten Kirchengeschichte: "Bischof Hariolf von Langres gründete in der letzten Zeit Pippins (741 - 768) an der schwäbisch-fränkischen Gränze das Kloster Ellwangen. Etwas jünger ist das benachbarte Feuchtwangen". Der Ursprung desselben unter Karl dem Großen sei ziemlich sicher. Und in der zweiten Aussage seines Werkes schreibt Hauck bei Aufzählung von Klöstern: "Feuchtwangen 768 St. Martin". Daß das Kloster um das Jahr 1000 als dem Göttlichen Erlöser geweiht bezeichnet wird, tut dieser Feststellung keinen Eintrag. Es kam öfter vor, daß kirchliche Stiftungen eine andere Widmung erfuhren. So heißt gerade die ehemalige Klosterkirche in Feuchtwangen, im späteren Mittelalter nicht die des göttlichen Erlösers mehr, sondern St. Maria. Wir haben also die Stiftung des Klosters und damit den Ursprung Feuchtwangens, wofür man bisher den Anfang des 9. Jahrhunderts annahm, weiter hinauf zu verlegen. Das hernach zu Erwähnende mag dafür eine Stütze bilden. Immerhin mögen Beziehungen Karls des Großen zum Kloster Feuchtingwang bestanden haben und dieser Umstand wird Veranlassung zur Entstehung der Sage von der Gründung des Klosters durch Kaiser Karl gewesen sein.


1) Die abenteuerliche Namensbezeichnungen: Fruhelinwang und Futwang, die wir in Jakobis Geschichte Feuchtwangens finden, beruht nachweisbar auf falscher Lesung der gotischen Minuskelschrift und auf Unkenntnis des Umstandes, daß das mittelalterliche h als ch gesprochen werden muß.
2) Man will zwar den Namen auch von "Fichte" (althochdeutsch fiuhta, mittelhochdeutsch viehte) ableiten. Förstemann sagt, Feuchtwangen gehörte zu "Fichte", das Wort feucht humidus sei in Ortsnamen sehr zweifelhaft. Dr. Wasserzieher führt in seinem Buch "Woher?" den Namen ebenfalls auf Fichte zurück. Aber es sind gewichtige Gründe, die uns an "feucht" festhalten lassen. Wenn wanc soviel als "Aue", und unter diesem "Wiesenland" zu verstehen ist (Wasserzieher), so ist doch das Bestimmungswort "Fichte" hiebei nicht denkbar. Vor allem aber legt der Name des alten, in der Nähe auf Sand gelegenen Ortes Dürrwangen (ahd. durri) und der des ebenfalls nahen "zum dürren Hof", jetzt Thürnhofen, für das auf wasserhaltendem Tonboden gegründete Feuchtwangen das "feucht" unbedingt nahe.
3) Lebensbeschreibung des hl. Willibalds durch den unbekannten Mönch von Herrieden (Mitte des 9. Jahrhunderts).

Erstellt am 27.3.1999 durch Hans Ebert
<<  blättern  >>