Friedrich Jacobi - Geschichte der Stadt ... |
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Erste
Periode.
Feuchtwangen
als unmittelbare Reichsstadt.
792
- 1326.
I. Abschnitt.
Lage, Gründung, Benennung und Geschichte des Klosters Feuchtwangen bis zu seiner Umwandlung in ein Stift.
792 - 1197.
An dem Ufer der Sulzach, die ihr Wasser durch die Wörnitz in die ferne Donau sendet, liegt in einem schönen Thale, an dem Fuße eines Berges, die kleine, aber freundliche und in mancher Beziehung merkwürdige Stadt Feuchtwangen.
Sie führt ihre Gründung auf Teutschlands ersten Kaiser, Karl den Großen, zurück, und der Vater erzählt dem Sohne, nicht ohne Stolz und Freude, die Veranlassung also.
Sein großes Frankenreich durchreisend und durchjagend kam Kaiser Karl auch in den alten Rießgau und in die Schatten seiner Wälder. Hier überfiel ihn einst auf einer Jagd das Fieber. Ermattet setzte er sich auf einen Fichtenstock, und rief lechzend nach Wasser. Allein die ausgesandten Boten kehrten wieder, ohne dem erkrankten Kaiser den ersehnten Labetrunk zu bringen. Da flog plötzlich eine wilde Taube aus dichtem Gesträuch in die Höhe. Man folgte ihrer Spur, und siehe! Die reinste Quelle floß aus dem verborgenen Gestein. Frohlockend füllte man die Becher. Der Kaiser trank, fühlte sich erquickt, das Fieber verließ ihn, und bald konnte er neugestärkt sein Roß besteigen. Doch diesen Ort verlassen, ohne der wunderbaren Rettung ein bleibendes Denkmal gesetzt zu haben, war dem frommen Kaiser unmöglich. Er hob seine Hände dankend zur heiligen Jungfrau empor, und gelobte, hier an dem rettungsvollen Taubenquell ein Kloster zu stiften, und es ihrer Verehrung zu weihen.
So erzählt der Mund des Volkes die Gründungsgeschichte des Klosters Feuchtwangen, und man greift jedem Bewohner der Stadt an das Herz, wenn man die Ächtheit derselben bezweifelt. Auch berichtet des Kaisers Lebensbeschreiber Eginhard selbst, daß Karl in den vier letzten Jahren seines Lebens öfters vom Fieber befallen wurde (1); bei Veränderung der Kirche im Jahr 1572 fand man wirklich unter dem alten Hochaltar einen großen Fichtenstock eingemauert und versteinert; und noch immer lebt das Taubenbrünnlein, und zeichnet sich, wenn auch nicht durch Gestalt und Umgebung, doch durch klares Wasser aus.
Weniger zweifelhaft aber dürfte die Gründung an sich durch Karl den Großen seyn, und wenn auch der Stiftungsbrief selbst nicht mehr vorhanden ist, weil durch die Brände und Plünderungen der Stadt der größte Theil der Urkunden zu Grunde ging, so scheint sie doch durch andere Beweise geschichtlich annehmbar.
Schon in den Verzeichnissen der Klöster, welche auf dem Concil zu Aachen, 817 nach Christus, oder kurz vorher gestiftet wurden, wird ein Kloster Fruhelinwanc genannt (2), das nach der Kaiserlichen Reichssatzung über die Köster zur zweiten Klasse gehörte, in Allemannien lag, und von Mabillon zwischen Elehenwanc und Nazaruda gesetz wird, während er gesteht, daß ihm die beiden andern Klöster unbekannt seyen (3). Wie richtig Mabillon geurtheilt, geht daraus hervor, daß Elehenwanc oder Elehenwanc das benachbarte Ellwangen in Würtemberg, Hasaruda oder Harraruda (4) das noch nhere Herrieden, sonst auch Hasenried genannt, bei Ansbach ist; und da zwischen beiden Orten nie ein Kloster lag, als Feuchtwangen, so ist erwiesen, daß Fruhelinwanc, dessen das Concilium zu Aachen gedenkt, Feuchtwangen an der Sulzach ist, von Karl dem Großen gegründet.
Ein zweiter Grund für diese Annahme ist, daß alle noch vorhandenen kaiserlichen Privilegien, die doch aus einer Zeit sind, in welcher die Stifter der einzelnen Klöster noch bekannt sein mußten, Karl den Großen als den Gründer von Feuchtwangen angeben. So Kaiser Otto IV. In der Bestätitgungsurkunde vom Jahr 1208 (5), Kaiser Rudolph I. in einem Freiheitsbrief von 1284 (6); und die von Markgraf Albrecht Achilles von Brandenburg Ansbach im Jahr 1484 abgesandte Hof-Commission zur Beilegung der Streitigkeiten zwischen dem Stift und der Stadt in der bestätigten alten karolinischen Ehehaft von demselben Jahr 1484 (7).
Endlich betrachtete sich das Stift Feuchtwangen selbst stets als eine Schöfung des großen Kaisers. Davon zeugen nicht nur eine Bittschrift des Dekanes und sämmtlicher Kanoniker des Stiftes an Kaiser Karl IV. (8), ein Auszug aus einem sehr alten Meßbuch der Stadtkirche (9), und das Gedenkbuch des Stadtschreibers Jodocus Scholl vom Jahr 1529, (10) sondern auch mehre Einrichtungen und Alterthümer om Stift und in der Kirche. Es war eine eigene Vicarei zu Ehren Karl des Großen errichtet, deren schon zu Ende des 13ten Jahrhunderts gedacht wird (11), in der Kirche war ein besonderer Altar seinem Seelenheil und Andenken geweiht, auf welchem wöchentlich viermal Messe gelesen wurde; sein Sterbtag, der 28. Januar, wurde regelmäßig mit großen kirchlichen Gepränge gefeiert; sein Bildniß stand an der Thüre der Stiftskirche, da, wo man vom Markt aus in den Kreuzgang geht, und zeigte ihn, zwischen zwei Bischöfen zu Fpßen stehend und auf der Hand eine Kirche tragend (12); und noch jetzt befindet sich seitwärts von der Kanzel in der Stiftskirche eine kleine hölzerne Bildsäule, welche Karl den Großen knieend mit der Kirche auf der Hand vorstellt, (13) so wie über der Orgel das Wappen, das, wenn auch nicht von Karl selbst geführt, doch frühzeitig ihm beigelegt wurde (14).
Die Gründung Feuchtwangens durch Karl den Großen ist demnach als gewiß anzunehmen, und es fehlt auch nicht an Geschichtschreibern, welche dieselbe bestätigen (15).
Schwieriger ist es jedoch, die Zeit zu bestimmen, in welcher der Grundstein zu Feuchtwangen gelegt wurde, weil die meisten Feuchtwanger Chronisten, in Übereinstimmung mit den vorhandenen geschichtlichen Nachrichten bei Pastorius, v. Falkenstein, Groß und v. Schütz, das Jahr 810, Andere aber das Jahr 792. Angeben, zu welcher Zeit sich Karl in diesen Gegenden aufhielt, und bei der Grundsteinlegung des Klosters persönlich zugegen sein konnte. Jedenfalls fällt die Zeit der Gründung zwischen 792 und 810; aber es kann auch mit Frieß und Stieber angenommen werden, daß der Bau 792 begonnen, und 810 vollendet wurde (16).
Den Namen Feuchtwangen verdankte das Kloster höchst wahrscheinlich der natürlichen Beschaffenheit seines Bodens. Es lag in einem wohl bewässerten, mit Waldhöhen eingeschlossenen Wiesenthale, und solche waldumgränzte Wiesengründe wurden in der alten Sprache Wangen genannt (17). So entstanden die Ortsnamen Ellwangen, Binswangen, Illschwang, Erlangen, u.s.w. und das Wangen an der Sulzach nannte man Feuchtwangen im Gegensatz zu den benachbarten Orten Dürrwangen und Dürrenhofen, wo der Boden sandig und dürre ist (18). Will man den Namen Feuchtwangen von Fichte ableiten, weil ehemals ein Fichtenwald an der Stelle der Stadt gestanden, und diese selbst eine Fichte im Wappen führt: so ist diese Ableitung wenigstens die gesuchtere, obwohl sonst die allgemeinere. Übrigens verdanken wir diesen beiden Ableitungsarten die griechisch-lateinischen Namen Pinopolis oder Fichtenstadt und Hygropolis oder Feuchtstadt (19).
Über
die innere Beschaffenheit des alten Klosters ist nur wenig bekannt. Es
stand wahrscheinlich auf derselben Stelle, wo noch jetzt die beiden Kirchen
und die ehemaligen Stiftsgebäude stehen, und Überreste der Mauer
zeigen den Umfang des alten Klosterhofes. (20)
Der Orden des Klosters war nach den Angaben der Ansbachischen Geschichtschreiber
und Topographen der des heiligen Benediktus, der überhaupt in jener
Zeit in Teutschland am verbreitetsten war, und zu dessen bekannter Regel
Kaiser Ludwig I. auf dem Concil zu Aachen alle Mannes- und Frauenklöster
verpflichtete (21). Die Einkünfte
des Klosters Feuchtwangen scheinen indessen nicht unbedeutend gewesen zu
seyn, da die Kaiserliche Reichssatzung vom Jahr 817, welche sämmtliche
Klöster des Reiches in 3 Klassen theilt, dasselbe in die 2te Klasse
setzt, zu welcher die nachmals berühmten Klöster von Ellwangen,
Kempten, St. Gallen und Schwarzach gehörten, die von Kriegsleistungen
befreit, aber zu Steuern und sonstigen Abgaben verpflichtet waren (22);
und da auch das Privilegium des Kaisers Rudolph I. von 1284 Feuchtwangen
eine reichbegabte Kirche nennt. Von den Äbten des Klosters findet
sich nur ein Gozbertus in dem Reichenauer Todtenregister erwähnt (23),
von dem Frieß in seinem Manuscript der Beschreibung des Stiftes Feuchtwangen
vermuthet, er möchte als erster Abt auf der erwähnten Synode
zu Aachen gewesen, auf der Heimreise aber in Reichenau erkrankt, und daselbst
gestorben seyn. Die Namen der übrigen Äbte sind unbekannt, sowie
auch die Zahl der Mönche, die sich auf 24 - 30 belaufen haben mag,
wenn man von der Zahl der vorhandenen Stühle im Stiftschor einen Schluß
wagen darf. Im 11ten Jahrhundert aber schweiften die sonst würdigen
Benedictiner auch in Feuchtwangen aus, das Kloster sank, die Unzufriedenheit
des Volkes mit den geistlichen Herren sprach sich immer lauter aus, und
so sah sich zuletzt der Papst veranlaßt, das Kloster in Feuchtwangen,
wie die benachbarten in Herrieden, Ansbach und Heidenheim in ein Collegiatstift
zu verwandeln.