Band 2
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Der Wechsel im Landmeisteramt von Preußen

Der Erzbischof Friedrich von Riga bat am 2. Juli 1306 von Avignon aus den Bischof Engelbert von Dorpat, für die Erfüllung der dem Orden durch Schiedsspruch des Papstes auferlegten Bedingungen zu sorgen. 57 Doch der Prokurator des Ordens widerlegte mit einem maßvollen Schreiben - im Gegensatz zu den scharfen Angriffen des Erzbischofs - beim Papst alle Anschuldigungen gegen den Orden und lehnte das dem Orden vom Papst auferlegte Urteil ab. 58

Im ersten Halbjahr 1306 übernahm der Landmeister von Preußen, Konrad von Sack, die Kommende Gollup (etwa 30 km nordöstlich von Thorn) und widmete sich bis zu seinem Tod 1309 dem Ausbau des Grenzschutzes an der Drewenz gegen die Litauer. 59 Noch am 21. März 1306 verlieh er Land vor der Burg Roggenhausen bei Heilsberg. 60 Bereits am 28. Juli 1306 ist Sieghard von Schwarzburg als Landmeister tätig und urkundet als solcher zuletzt am 18. November 1306. 61 Ihn löste Heinrich von Plötzke ab, der 1307 auf Veranlassung des Hochmeisters in Preußen einheitliche Maße und Gewichte einführte, da die bisherigen sehr unterschiedlichen den Handel wesentlich behinderten. 62 Simon Grunau berichtet: 63

"Zu der Zeit ward ein Generalkapitel zu Engelsburg (heute Pokrzwno 8 km südöstlich Graudenz) gehalten, in welchem 51 Komture waren. Die setzten mit Wissen und Willen des Hochmeisters und des Landmeisters zu einem Nutzen des Landes Preußen die Maße und Gewichte aller Kaufmanns-Güter, die im Lande gebräuchlich seien, und die man im Lande macht, daß Arme und Reiche sich danach richten sollen."

Der Erzbischof von Riga nahm erneut das Bündnis mit den Litauern auf, die aber wieder vor den Toren Rigas vom Orden geschlagen wurden. Riga mußte Besitzungen in Kurland und auf der Insel Ösel dem Orden übergeben. Vermutlich ermuntert durch den Beginn der Prozesse am 13. Oktober 1307 gegen den Templerorden durch König Philipp IV. von Frankreich, ging Erzbischof Friedrich erneut zum Papst, um eine Verurteilung des Deutschen Ordens dort durchzusetzen. 64 Die Gefangennahme des Großmeisters der Templer, J. B. de Molay, und weiterer 140 Ritter dieses Ordens löste allerdings Bestürzung bei der Kurie und der erstaunten Mitwelt aus. 65

Die nur wenig bekannten Aktivitäten des Hochmeisters Siegfried von Feuchtwangen während seiner ersten Hochmeisterjahre bis 1307 verdeutlichen die Schwierigkeiten, die ihm die Anmaßung, der Hochmeisterwürde eines Gottfried von Hohenlohe bereitet haben müssen. Wahrscheinlich ist es aber um 1307 zu einer gewissen Aussöhnung mit dem von Hohenlohe gekommen. Ob der Wechsel im Landmeisteramt von Preußen hierbei auch eine Rolle gespielt haben könnte, ist nicht bekannt. Am 7. Dezember 1307 bestätigt Siegfried von Feuchtwangen den Ordenshäusern Ellingen und Nürnberg die von seinem Vorgänger dem Deutschen Haus Messingen (Obermässing in dem Fränkischen Jura bei Greding) gewährte Gunst, für den Ausbau von dessen Gebäuden Holz in den Wäldern der Kommenden Ellingen und Nürnberg schlagen zu dürfen. 66

Mit dem Jahr 1308 beginnen Ereignisse, die einen härteren Kurs in der Rivalität zwischen Kurie und Orden bestimmen. Erzbischof Friedrich überreichte dem Papst Clemens V. noch weitere Klagepunkte gegen den Orden. 67 Papst Clemens V. lädt den Deutschen Orden (Hochmeister) zu einem Konzil im Jahre 1310 nach Rom ein. Vier Monate später, am 12. August 1308, geht die päpstliche Bulle der Einladung zum gleichen Konzil, nunmehr aber in Vienne in Frankreich, an den Erzbischof Friedrich und die Prälaten seiner Diözese. 68 Auf diesem Konzil soll die Lage der Christenheit, der Schutz des Heiligen Landes und insbesondere die Angelegenheit des Templerordens behandelt werden. Auf Betreiben König Philipps IV. wurde dieses Konzil auf französischen Boden (Vienne) verlegt und endgültig für den 1. Oktober 1311 anberaumt. 69

Dem Hochmeister blieb diese Entwicklung gewiß nicht verborgen. Er dürfte spätestens um diese Zeit seine Vorbereitungen für die Verlegung des Haupthauses von Venedig auf die Marienburg getroffen haben. Mitte des 13. Jahrhunderts hatte der Orden die Venezianer im Kampf gegen Genua unterstützt. Aus Dank dafür hatte der Doge Rainer Zeno (1255 - 1258) die Kirche der Heiligen Trinität für den Orden in Venedig erbauen lassen. Seit 1293, als der damalige Hochmeister Konrad von Feuchtwangen für den König Adolf von Nassau in Venedig tätig war, waren die bisher guten Beziehungen zu Venedig verlorengegangen. Was hielt da noch den Orden in dieser Republik? Dafür kam die Geschichte des Ordens in Preußen in Bewegung.


57) Raddatz, Übersiedlung S. 46. UB Livl. II Sp. 35 Nr. DCXIX
58) Friedrich, DRO S. 30, ist der Ansicht, daß diese Verteidigungsschrift zumindest nach dem November 1308 anzusetzen ist. Raddatz, Übersiedlung S. 47; Tumler, DO S. 311
59) Maschke-Kasiske, DRO S. 131; Reinold, Siedlungstätigkeit S. 19
60) UB Pr. I/2 S. 545 Nr. 862
61) UB Pr. I/2 S. 548 Nr. 872 u. S. 551 Nr. 875
62) Hennenberger, Erclerung S. 1; Pr. Sammlung I S. 468; Voßberg, Münzen S. 26; Heinrich von Plötzke war Komtur in Altenbürg 1286, in Halle 1287, bevor er nach Preußen kam. Dort war er 1394 Komtur von Balga am Frischen Haff - UB Thür. S. 363
63) Der Dominikaner Simon Grunau lebte im polnischen Teil Preußens und schrieb seit 1517 an seiner Chronik, die bis 1529 von anderen Geschichtsschreibern weitergeführt wurde. Seine Chronik ist nicht frei von fantastischen und tendenziösen Nacherzählungen. - SS.rer.Pruss. VI S. 17
64) Krollmann, Gesch. S. 36. Immerhin bedurfte es noch drei weitere Jahre, bis er den Papst zum Eingreifen gegen den Orden bewegen konnte.
65) Müller, Konzil S. 8
66) BHSTA Mchn.Bestand Ritterorden 3491; Lang, Reg. V S. 125; Voigt, DRO II S. 179. UB Hoh.1 S. 545 Nr. 728,49. Diese gefällten Bäume ließ übrigens Hochmeister Karl von Trier am 18. August 1314 durch Setzlinge ersetzen. - Lang, Reg. V S. 286
67) Tumler, DO S. 311
68) Raddatz, Übersiedlung S. 55; UB Pr. I/2 S. 562 Nr. 891
69) Müller, Konzil S. 11 ff. Die Templerfrage bildete auf diesem 15. allgemeinen Konzil von 1311 - 1312 in Vienne (Frankreich) nach Meinung von Papst Clemens V. unstreitig die Hauptfrage. Nach den Vorbereitungen der im Frühjahr 1310 begonnenen Prozesse, vor allem auf den Provinzialkonzilien, wurde im allgemeinen eine Schuld des Ordens nicht nachgewiesen. Dem Orden wurde vorgeworfen, durch Müßiggang und Bereicherung sich der harten Kriegsarbeit im Kampf gegen die Heiden zu entziehen. Man liebte und haßte die Templer wie die anderen Orden jener Zeit und wälzte Verfehlungen einzelner gern auf den Gesamtorden. Planmäßig war schließlich die Beeinflussung der Aussagen der nur 100 Zeugen, die man aus den 500 gemeldeten Rittern auswählte, und/oder die zur Verfügung standen. Die anderen wurden teils durch Folter anderer abgeschreckt oder gaben auf. Der mächtige französische Staatsrat König Philipps, Nogaret, war hier treibende Kraft und plante unter anderem, daß nach Verurteilung des Ordens alles Templergut, ferner die gesamten Güter und Einkünfte des Johanniter- und des Deutschen Ordens der Kreuzzugskasse zugeführt werden sollten. Damit wäre auch der Wunsch des Königs erfüllt worden, ein einheitliches Kreuzzugsheer unter nur einem Orden und seiner Führung oder der Führung einer seiner Söhne zu schaffen.

Erstellt: 16.3.1998 durch Werner Uhlich
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