Band 2 |
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Konrad als Landmeister von Preußen und Livland
Im November 1279 wird bereits Gottfried von Lesche als Landkomtur von Österreich genannt. Auf dem vorgenannten Kapitel mußten die ausgefallenen Landmeister in den Ostsee-Balleien neu besetzt werden. Hierbei wurde sicher Konrad zum Landmeister für beide Balleien berufen. 21 Es gehörte zu den Befugnissen des Hochmeisters, die Brüder zu bestimmen, welche dem Landmeister in seine Provinz folgen sollten. Der Hochmeister Hartmann von Heldrungen bat jedoch Konrad, unter den vielen Brüdern, die mit ihm gehen wollten, selbst zu wählen. So soll er eine Anzahl Ritter mit nach Preußen genommen haben. Auch der Landmeister von Böhmen war mitgezogen, was darauf schließen läßt, daß der Weg nach Preußen durch die Ballei Böhmen-Mähren führte. 22
Nach Konrads Ankunft in Preußen, etwa im Frühsommer, dürfte er sofort ein Kapitel in Elbing, dem Sitz des Landmeisters von Preußen, einberufen haben, um sich über die Lage in Preußen und Livland zu informieren. Auf diesem Kapitel - Arnold nimmt den Monat August an - waren auch der Ordensmarschall Konrad von Thierberg der Jüngere sowie der Komtur von Königsberg, Mangold von Sternberg, anwesend. Hierbei wird das weitere Vorgehen gegen die aufrührerisehen Stämme und die Befreiung der von den Semgallen unter Führung von Nameise eroberten Burg Terweten südlich Doblen (heute Dobele in Lettland - an der um 1279 nördlichen Grenze von Semgallen) geplant worden sein. 23 In Ordensmarschall Konrad von Thier berg sowie dem Komtur von Königsberg, Mangold von Sternberg, fand Konrad zwei äußerst zuverlässige Mitstreiter. Thierberg war ein erfahrener Feldherr in den Kämpfen gegen die heidnischen Stämme. Sternberg bewährte sich später als Nachfolger Konrads in Preußen und Livland.
In seiner Eigenschaft als Landmeister ist Konrad erstmals in einer Urkunde vom 10. August 1279 zu Papau im Kulmer Land nördlich von Thorn nachweisbar, als er im Namen des Hochmeisters die durch Arnold von Waldow an die Kirche zu Kulmsee gemachte Schenkung des Lehengutes Morczin von 28 Hufen bestätigt. 24 Erneut urkundet er am 29. November 1279 und zwar in Thorn, als er der Altstadt von Thorn genehmigt, neben dem Kaufhaus eine Waage zu errichten. 25 Die preußischen Verhältnisse hielten ihn dort für längere Zeit fest, so daß er zunächst nur eine Schar Ritter zur Unterstützung nach Livland senden konnte. 26 Da sein Ordensmarschall weit mehr Erfahrungen in der Kampfführung in den unwirtlichen Gebieten Preußens und im Umgang mit den aufständischen Stämmen hatte, wird er diesem weitaus freie Hand bei der Niederwerfung der Nadrauer, Schalauer und Sudauer gelassen haben. Mehrere Feldzüge wurden in den südlichen Gauen Galinden und Sudauen, in der geschickt vom Hauptmann Skumand der Sudauer verteidigten Landschaft, unternommen. 27 Größere Feldzüge konnten in den sumpfigen Gebieten zwischen Masowien und Natangen, im Mittelpunkt die Masurische Seenplatte, nur in den Wintermonaten durchgeführt werden, wenn der Frost den Boden erhärtet hatte. Die schwer gepanzerten Ritter wären sonst im morastigen Boden kampfunfähig gewesen.
Da die Landmeister von Preußen und Livland auch stets zu den Generalkapiteln in Deutschland (Frühjahr und Herbst) mit anderen Gebietigern geladen waren, ist nicht auszuschließen, daß Konrad zumindest nach den Kämpfen seines Ordensmarschalls im Winterhalbjahr 1279/80 sich im Frühjahr 1280 in Deutschland aufgehalten hat. 28 Auf diesem Kapitel dürfte er den Hochmeister um Entlastung vom Landmeisteramt für Preußen gebeten und vermutlich den Korntur von Königsberg, Mangold von Sternberg, für dieses Amt vorgeschlagen haben. Es war üblich, solche Anliegen dem Hochmeister vorwiegend mündlich vorzutragen. Sehr wahrscheinlich ist auf einem Provinzialkapitel in Elbing darüber mit den Komturen gesprochen worden. 29 Nicolaus von Jeroschin (14. Jh.) berichtet, daß sich Konrad wie folgt darüber geäußert habe:
"Ich
bin den landen alzu kranc,
ich
enmac ir beider nicht bewarn,
lâzet
einen vor mich varn!
Doch
wolde man in wider senden,
sie
enkunden in nicht wider wenden;
er
enwolde des amtes werden lôs.
Mit
râte man einen brüder kôs
hin
zu Pruzen alzuhant.
Er
wart kein Nieflant gesant
mit
brûderen in einer stolzen schar
vier
und drîzec, daz ist war." 30
Am 13. Juli 1280 soll Konrad zu Schiff als Landmeister von Livland in Riga eingetroffen und im dortigen Ordenshaus St. Georg eingezogen sein 31 Die Urkunde Konrads von Feuchtwangen zu Christburg vom 26. Juli 1280 über die Verschreibung von Feldern bei Lupin und Iggeln (Egil, ein Dorf im ehem. Kreis Stuhm) für den Preußen Sambango ist falsch datiert, weil bereits am 1. August 1280 zu Elbing Mangold von Sternberg als neuer Landmeister von Preußen urkundet. 32 Fest steht, daß Konrad nach seiner Rückkehr aus Deutschland seine Stelle als Landkomtur von Preußen nicht mehr angetreten haben wird, sondern sich sofort nach Livland begeben hat. 33 Möglicherweise hat er noch zuvor in Elbing Station gemacht, um Mangold von Sternberg seine Amtsgeschäfte für Preußen zu übergeben. Die bereits erwähnte Schiffsreise wird vermutlich von Elbing aus nach Riga erfolgt sein.
Als Landmeister von Livland verschreibt er am 30. November 1280 dem Andreas Knorring für besondere Verdienste einen Hof in der Komturei Goldingen im Süden Kurlands während eines Feldzuges im Samaiter Land. 34 Konrad, seiner Sorgen um Preußen ledig, sah sein nunmehriges Interessengebiet in der Sicherung der Verbindung zwischen Preußen und Livland, und dazu gehörte die Rückgewinnung der Veste Terweten. Er verbündete sich vor allem auch mit den Bischöfen in Livland und Kurland. Hierbei war ihm der Bischof von Dorpat besonders zugetan. 35 Konrad konnte noch nicht ahnen, daß Riga und dessen Erzbischof in den späteren Jahren einmal erbitterte Feinde des Ordens sein werden. Noch strebte er danach, neben den bisherigen einflußreichen Bistümern Livlands eine territoriale Herrschaft des Deutschen Ordens in Livland zu errichten.
Mit Übernahme des Schwertbrüderordens in Livland 1237 war der Deutsche Orden dort in dessen Rechtsstellung eingetreten. Nur im Besitz eines Drittels des Landes war er zunächst ebenso wie der frühere Schwertbrüderorden von den Prälaten abhängig. Die Rechte und Pflichten der vereinigten Orden hatte die Kurie damals dahin bestimmt, daß in Zukunft die Mitglieder der vereinigten Ordensgemeinschaft der Rechtssprechung der livländischen Geistlichkeit unterstehen sollten. Der Umgang mit Ordensbrüdern, die von der Kirche ausgeschlossen oder entmündigt worden sind, ist bis zur Aufhebung der Kirchenstrafen durch eben jene Geistlichkeit zu meiden. Das Land ist Eigentum des Heiligen Petrus und kann nie einer anderen Gewalt unterworfen werden. Die Ritter haben sich den Anordnungen für die Freiheit der Kirche, für die Neugetauften und den Zustand des Landes zu fügen. Allerdings bleiben alle Rechte, die vor der Vereinigung dem Deutschen Orden verliehen wurden, bestehen. 36 Unter diesen Aspekten war der Orden in Livland in seinen Machtbefugnissen gebunden.
Konrad von Feuchtwangen und auch die späteren Gebietiger in Livland unternahmen jedoch alles, um diese Privilegien der Kurie dem Orden gegenüber abzubauen. Die im Laufe der Zeit vom Orden in Livland eingesetzten Bischöfe und Ordenspriester wurden 1312 auf Anweisung des Papstes Clemens V. exkommuniziert und vom Erzbischof in Riga als solche nicht anerkannt. Anders lag es in Preußen, wo die Territorien der preußischen Domkapitel selbständige Landesherrschaften waren, der Orden aber nicht abhängig von diesen war. Obgleich die Bischöfe in Preußen im Deutschen Orden den Schutzherrn ihrer Territorien sahen, verzichteten sie doch nicht auf eine eigene Militärmacht. Aufgrund von Lehensbriefen waren die Stiftsvasallen ihrem jeweiligen Bischof beziehungsweise Domkapitel, der Kirche, aber nicht dem Hochmeister und dem Deutschen Orden, zu Kriegsdienst verpflichtet. 37
Im Sommer 1281 war es dann
soweit, mit einer großen vereinten Streitmacht Nameise und seinen
Semgallern eine Niederlage zu bereiten und die Bastion Terweten zurückzuerobern.
38
Im Friedensvertrag zu Riga vom 18. Juli 1281, der für zwei Jahre abgeschlossen
wurde, kamen die Semgaller ohne eigenen Besitzverlust davon. 39
Es bleibt offen, ob Konrad tatsächlich zu einem solchen humanen Friedensvertrag
genötigt worden war oder ob hier eventuell die Absicht seinerseits
vorlag, mit einem unerwarteten Entgegenkommen die Semgaller für sich,
das heißt, auch für das Christentum zu gewinnen. Nameise trat
ja auch später zum Christentum über.
Nachdem Mangold von Sternberg
das Amt des Landmeisters von Preußen übernommen hatte und in
Livland durch den Sieg über die Semgaller scheinbar Ruhe, zumindest
für die nächsten zwei Jahre, eingetreten war, soll Konrad beim
Hochmeister um die Ablösung von seinem Außenposten in Livland
gebeten haben. Auch soll er gleichzeitig den Vorschlag unterbreitet haben,
Preußen und Livland doch wieder in eine Hand zu geben. Als dafür
geeigneten Mann schlug er Mangold von Sternberg vor. 40
Konrad soll zunächst bis zu seiner Berufung zum Landkomtur von Franken
zusammen mit Mangold von Sternberg Preußen und Livland in Personalunion
verwaltet haben. 41 Ende 1281 muß
er seine Stellung als Vizelandmeister von Livland aufgegeben haben. 42
Vermutlich wurde bis zu einer endgültigen Entscheidung über Livland
Bruder Willekin stellvertretend in Livland eingesetzt; denn am 12. Mai
1282 urkundet für Livland ein Bruder W. 43
Es handelt sich hier um Willekin von Endorp, der später als Landmeister
von Livland am 26. März 1287 im Kampf gegen die Semgaller gefallen
war. 44
Auf
dem Generalkapitel im Frühjahr 1282 dürfte dann die Neubesetzung
der Stelle des Landmeisters von Livland geklärt worden sein; denn
schon wenige Tage danach, am 18. Mai 1282, wird Mangold von Sternberg als
Meister von Preußen und Livland bezeichnet. Dies geschah, als unter
Vorsitz eines Legaten aus Rom ein Friedensvertrag zwischen Herzog Mestwin
von Pommerellen und dem Deutschen Orden in Preußen abgeschlossen
wurde. 45 Da Willekin vorübergehend
die Geschicke in Livland leitete, ist anzunehmen, daß Konrad noch
Ende 1281 nach Deutschland zurückgekehrt ist. 46