|
|
|
KARLSTAG am 28. Januar 2007
Die von Fritz Wünschenmeyer 1990 angeregte Wiedereinführung des Gedenktages der Chorherren des Stiftes Feuchtwangen an Kaiser Karl den Großen - anlässlich des Todestages des sagenhaften Gründers des ehemaligen Benediktinerklosters Feuchtwangen - hat für die Stadt einen nunmehr weiteren traditionellen Festtag im Jahr, den Karlstag, geschaffen.
"Wohngebiete der keltischen
Oberschicht"
Hans-Dieter Deinhardt sprach beim
Karlstag über "Vorchristliche Kultstätten"
FEUCHTWANGEN
- Im Mittelpunkt des 17. Feuchtwanger Karlstags stand der Vortrag
"Vorchristliche Kultstätten in unserer Heimat" von Hans-Dieter
Deinhardt. Dabei nahm der Kreisheimatpfleger aus der Kreuzgangstadt die
Besucher auf eine spannende Zeitreise mit.
Dr. Friedrich Scharf begrüßte im Name der
Arbeitsgemeinschaft (AG) für Heimatgeschichte (die zahlreich
erschienenen Zuhörer mit der Erläuterung dieses Gedenktages:
Fritz Wünschenmeyer als Initiator habe mit der AG 1990 diesen
Gedenktag des legendären Gr+nders Feuchtwangens ins Leben gerufen.
Am 28. Januar, dem Todestag Karls des Großen, oder am darauf
folgenden wurde jeweils zu einem Vortrag und anschließend zum
"Karlsessen" eingeladen.
Mystik und Mythos
Nach der Verlesung der alten
Karlssage vom Taubenbrünnlein begrüßte Dr. Scharf den
Redner Hans-Dieter Deinhardt, langjähriges Mitglied der AG und
Jahrzehnte langer ehrenamtlicher Kreisheimatpfleger für
Frühgeschichte. Dieser begann seinen Vortrag mit der
Unterscheidung der Begriffe Mystik (Form religiösen Erlebens) und
Mythos (Überlieferung oder Legende). Letzteres liege in
Feuchtwangen auch in Verbindung mit Karl dem Großen vor: Im
Kreuzgang sei ein versteinerter Baumstumpf zu bewundern, der bei der
Kirchenrenovierung 1572 unter einem Altar der Stiftskirche gefunden
wurde. Vermutlich habe dieser Stein bei heidnischen religiösen
Riten in vorchristlicher Zeit eine Rolle gespielt und sei dann bei der
Christianisierung bewusst mit einbezogen worden.
Mythos aber sei die Geschichte, Karl der Große habe bei der
Grundsteinlegung "seines" hiesigen Klosters auf diesem Stumpf gesessen.
Nun ing Hans-Dieter Deinhardt geografisch und zeitlich etwas weiter
weg: Die Ofnethöhlen bei Nördlingen seien nicht nur durch
frühe Besiedelung sondern vor allem durch ihre beiden
Schädelnester (aus dem Spätmesolithikum, um 4000 vor
Christus) sehr bemerkenswert. Einmal 27, einmal sechs Schädel
(überwiegend von Frauen und Kindern) habe man dort in zwei Gruben,
Blickrichtung Westen, und teilweise reich geschmückt gefunde.
Anhand weiterer Folien führte
Hans-Dieter Deinhardt zum inzwischen verschwundenen Teufelsstein von
Rödersdorf (südöstlich von Rothenburg ob der Tauber) und
dann zu Kreisgrabenanlagen in Bayern, insbesondere zu denjenigen von
Ippesheim (oberes Aischtal). Diese astronomischen Anlagen seien viel
älter als das berühmte Stonehenge.
Erst 2002 habe man im Zentrum der Ippesheimer Anlage (zirka 4900 bis
4600 vor Christus) einen schmalen Schacht entdeckt, in dem eine etwa 30
bis 35 Jahre alte Frau "kopfüber senkrecht vergraben war".
Ebenfalls erst vor fünf Jahren habe man die inzwischen
weltberühmte "Himmelsscheibe von Nebra" gefunden.
Einen Schwerpunkt der Darlegungen
bildeten dann die Kelten und ihre Viereckschanzen (Erstes Jahrtausend
vor und nach Christus). Mit vielen weiteren Folien (Karten,
Rekonstruktionen, Luft-, Magnet- und anderen Aufnahmen) ging der Redner
auf Aufbau, Lage und Erhaltungszustand solcher Anlagen in vergangenen
Jahrhunderten als militärische Objekte ("Schanze"), so sei man
sich im 20. Jahrhundert lange Zeit sicher gewesen, dass es sich um
Heiligtümer und Kultstätten handle. Neueste Forschungen
legten nun nahem, dass es sich bei diesen (überwiegend in Bayern
und Baden-Württemberg zu findenden) Anlagen um Wohngebiete
herausgehobener Bevölkerungsschichten innerhalb
größerer Siedlungen handle. Mit einem Zitat von Julius
Cäsar leitete Hans-Dieter Deinhardt zu den kunkleren Seiten der
mystifizierten (also fast religiös glorifizierten) Kelten
über.
Bei ihren Kulthandlungen habe der "Kopfkult" (das Köpfen besiegter
Feinde und Ausstellen der Schädel) eine besondere Rolle - wie
Menschenopfer überhaupt - gespielt. Auf einer sehr großen
keltischen Anlage in Ribemont-sur-Ancre in Südfrankreich sei man
auf ein Knochenfeld von 60 Quadratmeter gestoßen, auf dem 10 000
Knochen und dazu viele Waffen lagen. Rekonstruktionsversuche
ergäben die Vermutung,m dass es sich hierbei um einen "Speicher
geköfter menschlicher Körperhälften als düstere
unheimliche Wache am Heilgtum handelte".
Lieber
Gebratenes als Gekochtes
Nach diesem schaurigen Abschluss
und wenigen Rückfragen dankte Dr. Friedrich Scharf dem Referenten
sowie Hans Ebert, dem Organisator des Tages, mit jeweils einem
Blumenstrauß für deren Ehefrauen. Nach einem Heimatgedicht
gab es dann das Karlsessen, Schälrippchen und Braten mit Salat.
Dieses Mahl erinnere daran, dass Karl der Große - entgegen
ärztlichen Rates - lieber Gebratenes als Gekochtes gegessen haben.
Zum nächsten Treffen der AG für Heimatgeschichte am Montag,
5. Februar, ab 19.30 Uhr im Gasthaus Schöllmann wurde eingeladen.
Thema dabei: Ereignisse aus der Geschichte von Feuchtwangen und
Umgebung, die Willi Schürrlein in mehreren Bändchen "Aus
vergangenen Tagen" gesammelt hat.
Bericht der Fränkischen
Landeszeitung vom 30. Januar 2007 in der Feuchtwanger Ausgabe
Fotos der
Veranstaltung