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KARLSTAG am 29. Januar 2006
Die von Fritz Wünschenmeyer 1990 angeregte Wiedereinführung des Gedenktages der Chorherren des Stiftes Feuchtwangen an Kaiser Karl den Großen - anlässlich des Todestages des sagenhaften Gründers des ehemaligen Benediktinerklosters Feuchtwangen - hat für die Stadt einen nunmehr weiteren traditionellen Festtag im Jahr, den Karlstag, geschaffen.
"Karlstag"
stieß auf großes Interesse
FEUCHTWANGEN (ehe) - Auf eine spannende Zeitreise begaben sich die Besucher des traditionellen Karlstags in der Kreuzgangstadt. Anhand alter Schriften und Fotos informierten Stadtarchivar Dietrich Weiß und seine Tochter Angelika zum Thema „130 Jahre Eisenbahngeschichte in Feuchtwangen“.
Die Forschungsarbeit der Beiden soll in die neuste Auflage der Feuchtwanger Heimatgeschichte, die im Sommer erscheint, mit aufgenommen werden. Angelika Weiß ließ in der Zusammenkunft mit Auszügen aus ihrer Facharbeit am Feuchtwanger Gymnasium im Konsens mit ihrem Vater - er hatte historische Briefe und Karten aus dem Stadtarchiv mitgebracht - die Eisenbahngeschichte nochmals lebhaft Revue passieren.
Bis zur Mitte des, 19. Jahrhunderts bildete in Feuchtwangen die Landwirtschaft die Grundlage des Lebensunterhaltes für den Großteil der Bevölkerung. Allein 500 Pferde, 15 000 Rinder, 13 883 Schafe, 300 Ziegen und 5 000 Schweine seien im Jahre 1860 im Landgerichts-Bezirk Feuchtwangen gezählt worden, berichtete Angelika Weiß. Durch diese für damalige Zeiten beachtliche Viehhaltung sowie, als deren Folge, der intensive Ackerbau in der Umgebung habe die Stadt rasch ein ziemliches Maß an Autarkie erlangt. Mehr noch die Rinderzucht sei so umfangreich betrieben worden, dass viele Tiere vor allem nach Württemberg exportiert worden seien. Im Gegenzug habe die Stadt Baumaterial, Tonnen von Tuch, Leder, Wolle und andere Gebrauchsgüter erhalten. Diese Waren seien mit riesigen Fuhrwerken transportiert und abgeliefert worden.
Im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 hätten sich die Truppentransporte aus Nordbayern an den Rhein als äußerst schwierig gestaltet: „Dies hatte zur Folge, dass der Bau einer Bahnlinie zwischen Nürnberg und Stuttgart gesetzlich festgelegt wurde. Diese Strecke sollte, nach einem Staatsvertrag zwischen den Königreichen Bayern und Württemberg im Jahre 1874 fertig gestellt sein.
Bereits 1857 hätten sich die Städte Feuchtwangen und Herrieden, in einer schriftlichen Bitte an den Bayerischen Landtag, um Anschluss ans Eisenbahnnetz bemüht. Der Streckenbau sollte von Ansbach über Herrieden und von Feuchtwangen nach Crailsheim führen. Doch aufgrund der geologischen Gegebenheiten habe sich diese Route – „viele Höhenzüge sowie Flusstäler mussten beim Bau bewältigt werden“ - als zu kostspielig erwiesen. Der Staat habe dagegen, aufgrund bestehender Geländevorteile, die Verbindung von Ansbach nach Crailsheim mit dem Bau einer Linie über Leutershausen und Dombühl befürwortet.
Bei der Festlegung der Route hätten zudem die Belange des Fürsten Chlodwig von Hohenlohe-Schillingsfürst „er war von 1866 bis 1870 Bayerischer Ministerpräsident und von 1894 bis 1900 Deutscher Reichskanzler“ - eine wichtige Rolle gespielt. Denn dieser habe einen Verlauf der Bahn in der Nähe seiner Schillingsfürster Residenz gewünscht, erklärte Dietrich Weiß.
Am 15. Mai 1875 sei die Strecke zwischen Nürnberg und Ansbach, bereits einen Monat später die Verbindung von Ansbach nach Dombühl fertig gestellt worden. Während an dem vollständig vom Staat finanzierten Gleisbau zwischen Nürnberg und Stuttgart gearbeitet worden sei, „entstand gleichzeitig die ungefähr elf Kilometer lange Nebenbahn, die Feuchtwangen über Dorfgütingen mit Dombühl verband“.
Dietrich Weiß stellte dazu aus dem Stadtarchiv den Entwurf einer Bittschrift für die Errichtung dieser Strecke an König Ludwig II.@ vor. Diese Trasse, „für deren Kosten die Stadt Feuchtwangen zum Teil selbst aufkommen musste“, habe beinahe zwei Jahre bis zu ihrer Fertigstellung am 15. April 1876 gedauert. Im Hinblick auf eine spätere Fortführung der Linie in Richtung Dinkelsbühl sei der Bahnhof in Feuchtwangen westlich der Sulzach errichtet worden, „womit allerdings eine beträchtliche Entfernung der Station vom Stadtmittelpunkt in Kauf genommen wurde“. Die Kosten der Trasse hätten 770 000 Gulden - nach heutigem Wert zirka 660 000 Euro - betragen, wobei die Bahn 323 000 Gulden übernommen habe. „Die Stadt Feuchtwangen musste also 124 000 Gulden aufbringen“.
Am 2. Juli 1876 sei die, Trasse zwischen Nördlingen und Dinkelsbühl freigegeben worden. Der Bau des noch fehlenden Zwischenstückes von Dinkelsbühl nach Feuchtwangen sei 1879 von der Staatskammer in München genehmigt und das betreffende Gesetz von König Ludwig II. auf Schloss Neuschwanstein unterzeichnet worden. Die Linie, deren Kosten 1,7 Millionen Mark betrugen, sei dann am 1. Juni 1881 zum Betrieb freigegeben worden. Im Jahre 1881 habe es sogar einen Nachtzug gegeben, „der um 22 Uhr in Richtung München losfuhr“. Dieser Zug sei jedoch erst um 8.45 Uhr gekommen und habe über zehn Stunden für eine Strecke gebraucht, die heute in etwa drei Stunden zu bewältigen sei. Die neue Trasse habe letztendlich das Ende der bisher weitgehenden „Autarkie Feuchtwangens“ bedeutet. Es sei nun rentabler gewesen, Waren aus den Fabriken größerer Städte zu beziehen und sie über die Bahn heranzuschaffen als sie am Ort selbst herzustellen.
Dies habe das Ende für etliche Berufszweige in Feuchtwangen bedeutet. Nach dem Zweiten Weltkrieg sei die Bahn noch für den Berufsverkehr und für die Beförderung von Schülern bedeutend gewesen.
Die Zunahme des Personen- und Lastwagenverkehrs habe - zusammen mit dem Ausbau des Straßennetzes - dafür gesorgt, „dass die Eisenbahn in der Region rasch an Bedeutung verlor“. Am 1. Juni 1985, dem Tag der 150-Jahrfeier der „deutschen Eisenbahn“, sei auch ein mit Blumen geschmückter Zug in den Feuchtwanger Bahnhof eingefahren. Doch es sei kein freudiger Anlass gewesen: Von den Sträußen flatterte Trauerflor, und auf dem Heckteil des Triebwagens stand der fränkische Abschiedsgruß „ade“. So habe der letzte offizielle Personenzug nach fast 110 Jahren Fahrgastbeförderung auf der Feuchtwanger Linie um 12.19 Uhr den Bahnhof verlassen.
Der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft, Dr. Friedrich Scharf, dankte Dietrich und Angelika Weiß.