Arbeitsgemeinschaft für Heimatgeschichte Feuchtwangen
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KARLSTAG am 30. Januar 2005


Die von Fritz Wünschenmeyer 1990 angeregte Wiedereinführung des Gedenktages der Chorherren des Stiftes Feuchtwangen an Kaiser Karl den Großen - anlässlich des Todestages des sagenhaften Gründers des ehemaligen Benediktinerklosters Feuchtwangen - hat für die Stadt einen nunmehr weiteren traditionellen Festtag im Jahr, den Karlstag, geschaffen.



 

FEUCHTWANGEN (aa) "Bis heute fehlt jenes Glied, welches uns den Nachweis erbringen würde, dass das 1326 in einer Urkunde erwähnte Vogelweidegut im Besitz der Vorfahren von Walther von der Vogelweide gewesen ist," stellte Dietrich Weiß deutlich heraus. Der Betreuer des Stadtarchivs sprach anlässlich des alljährlich von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatgeschichte begangenen "Karlstags" über Leben und Herkunft des berühmten Minnesängers.
 

Über Walther von der Vogelweide und seine Verbindung mit Feuchtwangen referierte Dietrich Weiß. 70 bis 100 Jahre nach dem Tod von Walther von der Vogelweide entstand dieses Bild, das den Minnesänger zeigt und einer Sammlung mittelhochdeutscher Gedichte, der "Manessischen Liederhandschrift" des 14. Jahrhunderts, entstammt.
 
Nachdem bis heute die Schweiz, Österreich, Südtirol und Deutschland den Ort für dessen Herkunft für sich in Anspruch nähmen, neige er selbst dazu, sich der These des Erlanger Germanistikprofessors Siegfried Beyschlag anzuschließen: "Die einzige ernsthafte Alternative zu Österreich ist Feuchtwangen."
 
Kein Diagerät und keinen Tageslichtprojektor benötigte der Referent, um seinen Forschungsbericht den dicht aneinander sitzenden Karlstagsgästen vorzutragen. "Ich kann Ihnen nämlich nichts Zeitgenössisches zeigen", lautete seine Erklärung. Noch nicht einmal das Bild aus einer zwischen 1300 und 1340 entstandenen Sammlung mittelhochdeutscher Gedichte, welches das Rednerpult schmückte, könne Auskunft über das tatsächliche Aussehen Walthers von der Vogelweide geben. Es sei erst 70 bis 100 Jahre nach dessen Tod entstanden.
 
Wie spärlich die Quellenlage im Hinblick auf den Dichter des "Politischen Spruchs" sei, den dieser durch seine Formkunst zur anerkannten Gattung der ritterlichen Literatur gemacht habe, verdeutlichte Weiß anhand einer kurzen Biographie. Geboren sei dieser um das Jahr 1170 und gestorben möglicherweise 1230, vielleicht in Würzburg. Zwar seien Heimat und Herkunft des bedeutendsten mittelhochdeutschen Lyrikers nicht gesichert. Doch wisse man doch zumindest, dass dieser seine Bildung unter anderem am Hofe der Herzöge von Österreich, der Babenberger, erhalten und ein Wanderleben mit wechselnden Dienstverhältnissen geführt habe.
 
Um 1220 soll er vom Stauferkönig Friedrich II. das "ersehnte Lehen", einen Ehrensold oder ein Landgut erhalten haben. Dieses könnte in der Nähe Würzburgs gelegen haben, wo der "Meister des hohen Minnesangs" im Kreuzgang der Neumünsterkirche begraben sein soll. Lediglich ein einziges zeitgenössisches Schriftstück bezeuge seine Existenz: Es seien dies die Abrechnungen einer Wienreise des Passauer Bischofs, so der Referent. Aus ihnen gehe hervor, das "dem Walther von der Vogelweide für einen Pelzmantel fünf Goldmünzen" gegeben worden seien.
 
Dessen Geburtsort betreffend, nannte Weiß Österreich, das Grödnertal in Südtirol, den Schweizer Aargau sowie das österreichische Waldviertel. Auch Frankfurt am Main, Würzburg und Feuchtwangen stünden zur Diskussion. Allerdings seien jene Argumente, die für Würzburg, die Schweiz und das Waldviertel sprächen, "wenig zwingend".
 
Wenngleich ein sicherer Beweis, der "schwerlich jemals erbracht werden kann", fehle, spreche doch einiges deutlich für die Kreuzgangstadt und ihre Umgebung als Wiege des großen Dichters, so Weiß. Er resümierte dann den Forschungsstand hierzu: Sowohl eine 1872 erstellte Abhandlung Anton Steicheles, des späteren Erzbischofs von München und Freising, als auch die Chronik des Dekans Wilhelm Schaudig aus dem Jahre 1927 erwähnten das "Gut Vogelweide". Beide Autoren hätten sich dabei auf eine Urkunde von 1326 bezogen. Den Zusammenhang mit diesem Gut und mit Walther von der Vogelweide habe allerdings erst in den 50-er Jahren der damalige Oberinspektor am Feuchtwanger Amtsgericht, Rudolf Bayerlein, hergestellt, wobei es sich dennoch nur um "Mutmaßungen handle, räumte Weiß ein.
 
Bayerlein habe die in der Urkunde erwähnten Besitzer des Vogelweidhofs in Verbindung mit um Feuchtwangen ansässigen "Geschlechtern von Reichsministerialen" gebracht. Des weiteren habe Bayerlein in dem 1183 verstorbenen Truchsess "Walther von Rothenburg" den Vater des Minnesängers vermutet. In diese Richtung seien schließlich auch die Forschungen des Münchner Historikers Professor Karl Bosl gegangen, dem es als erstem gelungen sei, "historisch einwandfrei und differenziert" die herrschaftsgeschichtliche und lehensrechtliche Verbindung zwischen den Staufern und Walther von der Vogelweide herzustellen.
 
Unter anderem habe Bosl nachgewiesen, "dass die Feuchtwanger Vogelweide in ritterlichem Besitz war". Zudem sei bei den vermuteten Rothenburger Verwandten der Name Walther erblich gewesen. Bosls Ansichten seien wohl fundiert und wissenschaftlich seriös erarbeitet, urteilte Weiß. Die Lage des Vogelweideguts betreffend, habe Rudolf Bayerlein dies in einem Waldstück nordöstlich von Mögersbronn lokalisiert.
 
Dem gegenüber hätten später die Heimatgeschichtsforscher Fritz Wünschenmeyer sowie Willi Hörber den Hof eindeutig im Gebiet zwischen Metzlesberg und Lichtenau in der Nähe des Dentleiner Forsts, der auch "Heide" hieße, festgelegt. Dabei verwies der Referent darauf, dass "Heide" im Mittelhochdeutschen nicht Wald, sondern auch Wiese, Anger oder auch Aue bedeuten könne. Diese "Heide" werde nicht nur in den Werken Walthers von der Vogelweide oftmals besungen. Unter dem Namen "Vogelweide" seien im deutschsprachigen Raum nur wenige Höfe erwähnt. Die unzähligen anderen Vogelweiden seien unbesiedelte Vogelfangplätze.
 
Aus diesen Gründen lautete daher sein abschließendes Urteil: "Die Argumente, Walther von der Vogelweide mit Feuchtwangen in Verbindung zu bringen, sind sicher denen für andere Herkunftsorte ebenbürtig, wenn nicht gar überlegen."

Bericht der FLZ vom 1. Februar 2005