Friedrich Jacobi - Geschichte der Stadt ... 
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Vierte Periode.

Feuchtwangen unter Königlich Bayerischer Landeshoheit.

III. Abschnitt.

Gegenwärtiger Zustand.

Die Stadt Feuchtwangen zählt gegenwärtig 280 Häuser und hat 542 Familien in ihren Mauern, die eine Einwohnerzahl von 2242 Seelen bilden, von denen, der Religion nach, 2049 Protestanten, 23 Katholiken und 170 Juden sind. Die Hauptgeschäftigung der Einwohner ist der Ackerbau und die Viehzucht. Sie bauen zum Theil nach der alten, sogenannten Dreifelderwirthschaft, wobei immer der dritte Theil der Felder im Brachbau ein Jahr unangebaut bleibt, Korn, Waizen, Haber, Gerste, Kartoffeln, Klee, Kraut, Rüben, Erbsen, Hanf und Flachs, in den Gärten und Huttheilen auch Küchengewächse und Obst; und da der Boden im Ganzen fruchtbar und die Witterung meist günstig ist, so bildet der Ertrag der Feldfrüchte den Hauptnahrungszweig der Feuchtwanger Bürger. Nächst dem Ackerbau wird Viehzucht getrieben, und die fetten Wiesen der Sulzach, wie der noch fortgepflanzte Rindviehschlag, welcher unter der letzten Markgräflichen Regierung durch Vieh aus der Schweiz und aus Ostfriesland veredelt wurde, machen, daß jährlich eine schöne Zahl Mastochsen über Dinkelsbühl nach Augsburg und München getrieben werden kann. Schaafe hat Feuchtwangen eine nicht unbedeutende Menge; aber da sie meist spanisch sind, so ist der Ertrag derselben geringer, seit man die teutsche Wolle zu verarbeiten versieht und vorzieht. Die Schweinezucht ist fast noch bedeutender, und auch die Pferdezucht hebt sich wieder, seitdem die Beschäler aus den königliche Marställen hieher geschickt werden, und seitdem man durch Preisevertheilungen und Aufkauf der Fohlen die Landwirthe aufs Neue dafür empfänglich zu machen, und für die Nachtheile und Unbequemlichkeiten zu entschädigen sucht, welche die Hutvertheilungen den Pferdezüchtern bereiten.

Unter den Handwerkern, von denen auch nicht eines in Feuchtwangen fehlt, zeichnen sich besonders die Schreiner, Schlosser, Zimmerleute, Maurer, Sattler und Weber aus, so daß manche größere Stadt keine geschickteren Meister hat, als Feuchtwangen gegenwärtig an Gögelein, Holzknecht, den beiden Hezel, Fickel, Dauchert, Lindner, Busch, Schnell, Supf und Anderen. Die Gewerbe stehen ebenfalls in Feuchtwangen auf keiner tiefen Stufe, und das Bier, das man auf den neun Sommerkellern der Königshöhe und in den zahlreichen Wirthshäusern der Stadt trinkt, lobt jeder Durchreisende; sowie die Gerbereien Meier's, Mais und Müllers in der ganzen Umgegend bekannt sind, und mit den Feuchtwanger Schuhmachern fast alle benachbarten Märkte beleben. Der Handel ist meistens in den Händen der Juden, die unter irgend einem Aushängeschild sich ansässig machen, aber dessen ohngeachtet wohl gelitten sind, weil sie Geld in die Stadt bringen, und sich durch manche schätzenswerthe Eigenschaft empfehlen. Unter den christlichen Kaufleuten zeichnen sich Ferdinand Schröppel, Stöcker und Schwarzländer aus, an welche sich das Commissionshaus Brückner anschließt, der erst vor Kurzem aus Nordamerika zurückgekommen ist, und sich in Feuchtwangen niedergelassen hat. Auch eine Apotheke besitzt Feuchtwangen, zwei Chirurgen und Bader, einen Landarzt Johann Balthasar Horlacher, einen Landgerichtsphysicus Dr. Friedrich Christian Graf, und einen alten verdienten practischen Arzt, Dr. Johann Georg Jacob Bernhold. Indessen gibt es wenig Kranke in der Stadt, weil die Luft gesund ist; und wie einst im Jahre 1724 die zwölf Glieder des Rathes zusammen neun Hundert Jahre zählten, so leben auch jetzt in Feuchtwangen mehre Männer und Frauen von achtzig und neunzig Jahren.

Sollte Feuchtwangen angegriffen werden, so könnte es mit den übrigen Orten des Landgerichts ein nicht ungeübtes Bataillon Landwehr ins Feld stellen, von dem sich die Schützencompagnie und eine Reiterabtheilung unter ihrem stattlichen Wachtmeister Ettenhöfer durch Kleidung, Bewaffnung und Haltung vortheilhaft auszeichnen.

Für die Ruhe und Ordnung in der Stadt wacht zunächst die Gemeindeverwaltung, welche die niedere Polizei handhabt, und in Streitsachen das Vermittleramt übt. Da sie auch das städtische Vermögen verwaltet, und überhaupt die Angelegenheiten der Stadt zunächst leitet, so besteht sie, ausser dem Gemeindevorstand, noch aus acht Gemeindebevollmächtigten, von denen vier die städtischen Kassen und Stiftungen zu verwalten haben; jedoch treten sie sämmtlich nach drei Jahren in die Reihe der einfachen Gemeindeglieder zurück, wenn sie nicht von Neuem gewählt werden. Die gegenwärtige Verwaltung ist so zusammengesetzt: Posthalter Schäfer Gemeindevorstand, Friedrich Hausselt Gemeindepfleger, Friedrich Maler I. und Johann Hezel Stiftungspfleger, Wilhelm Schnell Schulkasserendant, Balthasar Ziehr, Christian Schülein, Friedrich Maier II. und Wilhelm Fickel Bevollmächtigte.

Über dieser Gemeindeverwaltung steht das Landgericht,das bis zur Trennung der Justiz von der Administration, welche Ludwig der Beharrliche ausgesprochen hat, für die höhere Polizei im Bezirk durch einige Gensdarmen unter einem Brigadier sorgt, und bis zum Erscheinen des verheissenen Polizeicodexes die Straffälle nach einzelnen Verordnungen behandelt, an denen Sachverständige Umfassung und Bestimmtheit vermissen wollen. Die bürgerlichen Rechtshändel entscheidet das Landgericht bis zur Einführung des bayrischen Civilgesetzbuches, an welchem gegenwärtig gearbeitet wird, nach dem preußischen Landrecht, oder nach den Ansbachischen Provinzial-Gesetzen, und wenn sich eine Partei bei dem Anspruche nicht beruhigen will, so steht ihr der Weg zum Appellationsgericht in Ansbach offen, dessen Präsident der berühmte Feuerbach ist, und von da zum Oberappellationsgericht in München. Verbrechen werden von dem Landgericht als Criminal-Untersuchungsgericht nach bayerischen Verordnungen, besonders nach dem Strafgesetzbuch von Feuerbach, und aushilfsweise nach der allgemeinen Gerichtsordnung für die preußischen Staaten vom Jahr 1793 instruirt; aber das Urtheil fällt das Appellationsgericht in erster Instanz. Für das Hypothekenwesen hat das Landgericht das neue bayerische Hypothekengesetz, für die Soldatenaushebung das neue Recrutirungsgesetz, und ausserdem ist diese Behörde auch noch mit dem Marsch-Einquartierungs-, Wander- und Schubwesen belastet. Das Personale des Landgerichts besteht gegenwärtig aus dem Landrichter Christian Samuel Leidner, dem ersten Assessor Peter Brand, dem zweiten Assessor Georg August Schöner, und sechs Scribenten; und der die Parteien mit seltener Uneigennützigkeit vertretende Advokat ist Johann Wilhelm Rennebaum.

Die landesherrlichen Steuer, die grundherrlichen Gefälle, die Kreisumlagen und sonstigen Reichnisse werden von dem Rentamt erhoben, das aus einem Rentbeamten, Georg Andreas Fischer, und ebenfalls aus sechs Scribenten besteht, die, wie bei dem Landgericht, von dem Amtsvorstand angenommen und besoldet werden. Die Aufschläge auf Mehl, Bier, Fleisch und andere Lebensmittel nimmt der Unteraufschläger Nicodemus Niedermeyer ein, und verrechnet sie dem Oberaufschlagamt in Ansbach.

Die städtischen Waldungen stehen unter dem Stadtförster Presle, die Staatswaldungen unter dem Revierförster und ehemaligen Wildmeister Christoph Wilhelm Friedrich Ott, und gehören zur Forstverwaltung Dinkelsbühl.

Für die Erziehung und den Unterricht der Feuchwanger Jugend arbeiten gegenwärtig sechs Volksschullehrer, nämlich: Johann Leonhard Käppel, Cantor und Oberknabenlehrer; Andreas Weigel, Organist und Ober-Mädchenlehrer; Martin Michael Summa, Ober- Mittel- und Zeichenlehrer; Moritz Schmidtshiller, Verweser der Unter- Mittel-Schule; Andreas Hübsch, Ober-Elementarlehrer und Joh. Ostertag, Unter-Elementarlehrer. Sie sind sämmtlich in reinen Schulsachen der Local-Schul-Inspection untergeordnet, die ein dazu ernannter Geistlicher bildet, in gemischten Gegenständen aber der Local-Schul-Commission, von der zwar auch der Local-Schul-Inspector Vorstand ist, die aber noch den Gemeinde-Vorsteher und drei bis vier Gemeinde-Bevollmächtigte zu Mitgiedern hat, und wieder unter dem Landgerichte steht, während die Local-Schulen-Inspection nur der Districts-Schulen-Inspection untergeordnet ist, die unmittelbar von der Kreisregierung abhängt, wo bis zur Vollendung dieses Werkes der durch Sachkenntniß, wie sie bei einem Juristen selten ist, durch Umsicht, Gerechtigkeit und Wohlwollen ausgezeichnete Regierungs- und Consistorialraht Ritter von Wünsch das Schul-Referat führte, dessen plötzliches Hinscheiden Viele im Retzatkreis betrauern, und vor Allen die Bewohner von Feuchtwangen, unter denen er einst als preußischer Justizbeamte wirkte, und der Verfasser dieser Geschichte selbst, der mit dankbarer Rührung in ihm Einen der Gründer seines Lebensglückes verehrt. Unabhängig von den städtischen Schulbehörden ist das Subrectorat mit dem Subrector Dr. Christian Wolfgang Schmetzer, dem die Leitung des lateinischen Schulwesens anvertraut ist.

Das Kirchenwesen in Feuchtwangen wird von drei Geistlichen verwaltet, von denen der Decan und erste Pfarrer, ausser den Decanatsgeschäften, die Pfarrbücher führt, an den Sonn- und Festtagen Vormittags in der Stiftskirche predigt, auf Verlangen den Leichenzügen beiwohnt, und bei denjenigen Kirchengliedern, welche ihn zum Beichtvater wählen, das Seelsorgeramt übt. Der zweite Pfarrer predigt abwechselnd mit dem dritten an denjenigen Sonntagen Nachmittags in der Johanis-Kirche, an welchen keine Leiche Statt findet, und in diese Leichen, wie in die Taufen und Hochzeiten theilen sie sich so, daß der Eine immer eine Woche die geistlichen Verrichtungen übernimmt, während der Andere davon befreit ist; die Seelsorge jedoch übt Jeder bei seinen Beichkindern besonders. Zum Decan und erstem Pfarrer in Feuchtwangen wurde vor Kurzem Heinrich Friedrich Esper ernannt, bisher Pfarrer in Colmberg und Mitexaminator der Pfarramtskandidaten in Ansbach, und als zweiter und dritter Pfarrer wirken Joachim Ernst Pöschel und Ludwig Glandorff im segensreichen Amte.

Und so steht Feuchtwangen als schönes Bild vor unserer See.e, und je mehr und je länger unser Blick auf ihm verweilt, desto wärmer, desto glühender wird unser Wunsch, daß es Gott noch lange segnen und beschirmen möge, auf daß es einst den Fluß, der es bespült, wieder in seine Mitte nehmen, und die Nachwelt nach Jahrhunderten ausrufen möge: Noch immer blüht Fiutwanka!


Erstellt am 27.3.1999 durch Hans Ebert
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