Band 2 |
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Siegfried von Feuchtwangen war es nicht vergönnt, seinen auf der Marienburg begonnenen Aufbau eines festen geordneten Ordensstaates weltlicher Prägung fortzufahren. Er konnte gerade die Grundlage hierzu, die Landesordnung, noch verabschieden.
Am 5. März 1311 starb der Hochmeister auf der Marienburg an der "Roten Ruhr", wie die Chronisten berichten. 119 Beigesetzt worden sei er in der Kathedrale von Kulmsee, einer Gründung von 1251 des Bistums Kulm, und zwar in der Kapelle der Heiligen Jutta. 120 Die Stufe zur Kapelle neben dem Chor soll aus Randsteinen der Grablege Siegfrieds bestehen. Leider sind sie heute derartig ausgetreten, daß die Inschrift bis auf einzelne Buchstaben nicht mehr zu entziffern ist. Lediglich das eingemeißelte Ordenskreuz beweist, daß es Steine vom Grab eines Ordensritters sein müssen. Nun ist aber auch der Landmeister von Preußen, Ludwig von Schippen, 121 in der Kathedrale zu Kulmsee begraben worden, so daß noch offensteht, ob diese Stufensteine auch wirklich von der Grablege des Hochmeisters herrühren.
Siegfried von Feuchtwangen hatte die schwere Aufgabe, in einer krisenhaften Zeit des Ordens geduldig mit seinen Plänen auszuharren, um zur rechten Zeit das einzig Richtige zu tun, damit der Orden fortbestehen konnte. Seine ersten Amtsjahre als Hochmeister waren von einer ausgesprochenen Zurückhaltung durch die Amtsanmaßung seines Vorgängers Gottfried von Hohenlohe geprägt. Damit vermied er eine ernsthafte Spaltung innerhalb des Ordens. Auch er war mehr ein Verwaltungsgenie als ein Kämpfer an der Front. Siegfried konspirierte gewiß schon nach kurzer Zeit mit der fortschrittlichen Partei in Preußen, mußte aber auf Zeit arbeiten, bis der konservative Flügel in den deutschen Balleien zu schwach geworden war, sich ernsthaft gegen die Verlegung der Ordenszentrale nach Preußen zur Wehr zu setzen.
Mit der Landesordnung hat er ein Recht geschaffen, das Unsicherheiten in den bisherigen unterschiedlichen Rechtsauffassungen beseitigen sollte. Wir könnten weitaus mehr Erfolg in seiner Politik verzeichnen, wenn er nicht nach Gesetz in Venedig hätte ausharren müssen. Leider gibt es keine Zeugnisse über sein Verhalten, seinen Einfluß auf das Geschehen in Pommern, Pommerellen und Danzig, zu dem er erst 1309 offen Stellung beziehen konnte.
Herrschsucht, Gewissenlosigkeit, Grausamkeit, aber auch Schlauheit warfen ihm polnische Geschichtsschreiber vergangener Zeiten vor, wie Cromerus im Cronicon de origine et rebus gestis Polonorum (Köln 1589), - das sind wohl eher unsachliche polemische Urteile. 122 Friedrich schreibt mit den Worten von Heinrich von Treitschke in seiner Arbeit über den Deutschen Ritterorden 1300 - 1330:
"Der staatsmännische Gedanke Siegfrieds rettete den Orden aus einer Krise. Er beschloß, was seit langem die Eifersucht der Ritter verhinderte, den Schwerpunkt seiner Macht nach Preußen zu verlegen. Nur in Preußen besaß der Orden unbeschränkte Staatsgewalt. Mit dem Einzug (Marienburg) war entschieden, daß der Orden der verlebten Romantik orientalischer Kreuzfahrten den Rücken wandt. (...) Es war ein Glückfür den Orden, daß in diesen kritischen Jahren ein Mann an der Spitze stand, der mit klarem Blick die Forderungen der Gegenwart erkannte." 123
Zweifellos ist die Landesordnung ein Teil seiner Zielsetzung eines weltlichen Ordensstaates in Preußen gewesen. Mit Recht kann sie als der Anfang der Verfassung eines Staates gesehen werden. Das Preußische, die Mentalität der einheimischen Bevölkerung ins Deutsche umzusetzen, die besiegten und befriedeten Volksstämme anzuhalten, der Lehre Christi nachzueifern, war sein Bestreben.
Die Charakterisierung durch
polnische Geschichtsschreiber zeigt jedenfalls, daß eine gewisse
Härte diesen seinen Bestrebungen angehaftet haben muß, wenngleich
auch hier das oft selbständige Handeln Untergeordneter allzuleicht
auf die Führungsspitze übertragen wird.