Band 2 |
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Nach erfolgter Übersiedlung erhielt der Landmeister von Preußen das wichtigste Amt nach dem Hochmeister, er wurde Großkomtur. Mit Heinrich von Plötzke wählte der Hochmeister für dieses Amt einen mit preußischen Verhältnissen bestens vertrauten Mann.
Der Hochmeister soll um diese Zeit schon kränklich gewesen sein. Diese Tatsache rechtfertigt die Annahme, daß der von Feuchtwangen sich in Preußen möglichst wenig in die innere Landesverwaltung einmischte. So läßt sich auch eine Urkundentätigkeit in innerpreußischeu Dingen nicht nachweisen. Hier vertrat ihn völlig der Großkomtur. Wie später die nachfolgenden Hochmeister, so urkundete der Großkomtur ohne Rücksicht auf die Komtureigrenzen. 95
Die nun auf die Marienburg verlegte Zentralverwaltung stand einer schweren umfassenden Verwaltungsänderung gegenüber. Einen einheitlichen Ordensstaat gab es noch nicht. Siegfried mußte eine Menge Territorien koordinieren: Preußen, Livland, 9 Bistümer und die freien Städte mit ihrem Städtetag, dazu die im Westen neugewonnenen Gebiete Pommern, Pommerellen mit Danzig. Da war die Marienburg für eine zentrale Verwaltung ideal gelegen. Weitere neue Aufgabenzuweisungen wurden notwendig. So wurde Leopold von Wemding zum Landkomtur von Bozen (Ballei An der Etsch und im Gebirge) berufen (1309 - 1316), einer bisher unbedeutenden Ballei. Mit der Einladung dieses Komturs zum engeren Kapitel wurde diese Ballei praktisch aufgewertet. Sie galt nun als eine wichtige Durchgangsstelle nach Rom für das Haupthaus auf der Marienburg. 96 im Verwaltungsapparat wurde gleichzeitig über alle Spittler ein Ober-Spittler gesetzt. 97 Ferner wurde die Stellung des Treßlers (Schatzmeisters) aufgewertet. Bisher wurde er nur als Treßler des Ordenshauses bezeichnet, nun war er Obertreßler. 98 Mit Aufnahme der Verwaltungsarbeit auf der Marienburg soll der Hochmeister auch eine Handwerksordnung erlassen haben, über die Caspar Schütz in seiner Chronik der Lande Preußen berichtet: 99
"Der Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen, welcher seinen Sitz nach Marienburg in Preußen verlegte, fand stracks für nötig durch gute Gesetze aller Unordnung zu steuern, und verordnete im Jahre 1309, daß alle Handwerker bey 3 guter Mark Strafe, ihre Arbeit und Werke mit sonderlichen Abzeichen bei ihrem Eide machen sollten, danach man sich zu richten und den Urheber wissen könne, wann böse oderfalsche Arbeit bei jemand befunden würde (...)."
Auch soll der Hochmeister sofort mit dem Bau der Weichseldämme, mitunter mit Tag- und Nachtarbeit, begonnen haben. Diese Eindeichung war notwendig, um die vorgesehenen Großsiedlungsgebiete erschließen zu können und die jährlichen Überschwemmungen im Weichseldelta einzudämmen. 100 Für den Handel habe der Hochmeister das "Culmische Vierchen" als neue Münze eingeführt. 101 Die Chroniken berichten auch über Gebetsanweisungen Siegfrieds. Nach Dusburg sollen die Priesterbrüder nach jeder Tageszeit knieend das Gebet "Salve Kunigunde, Mutter der Barmherzigkeit" verrichten und die Laienbrüder ein "Ave Maria". 102 Ferner soll das Gebet "Salve Regina" eingeführt worden sein. 103
Nicht problemlos gestaltete sich das Verhältnis zum Deutschmeister. 1214 wurde der Hochmeister des Deutschen Ordens von Friedrich II. zum Mitglied des kaiserlichen Hofes gemacht. Dieses Recht wurde auf den Deutschmeister bezogen, seitdem 1309 das Haupthaus des Ordens auf der Marienburg war. Der Deutschmeister sonderte sich innerhalb des Ordens mit den ihm verbliebenen Balleien ab und versuchte auf verschiedenen Wegen einen "Staat des Deutschmeisters" zu schaffen. Die reichsrechtliche Stellung des Hochmeisters in Preußen - eine persönliche Eingliederung des Hochmeisters in die Reichsverfassung - diese Frage blieb ungelöst. 104 Durch die Übersiedlung auf die Marienburg verlagerte sich der deutsche Ordensmittelpunkt von der Ballei Hessen zur Ballei Franken. Der Deutschmeister und der Landkomtur von Franken traten deutlich in den Vordergrund des Geschehens. Die "Provinz" Preußen gewann ein großes politisches Gewicht. Die Marienburg wurde in Preußen Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. 105 Sie wurde eine fürstliche Residenz. Elbing, die vorherige Anlaufstelle nach Kulm in Preußen und Sitz des Landmeisters, blieb dennoch in einer Sonderstellung in Preußen. Der Komtur dieser Kommende führte als einziger unter allen im Siegel den Hochmeisterschild. 106
Verschiedentlich wird auf ein besonderes Kapitel hingewiesen, das Siegfried von Feuchtwangen während seiner ersten Amtsjahre als Hochmeister verordnet habe und das nur alle sechs Jahre jeweils am 1. Mai im Haupthaus stattfinden sollte. Zu diesem sind nur der Deutschmeister, die Meister von Preußen und Livland mit je zwei geeigneten Brüdern sowie die Landkomture von Österreich, Bozen und dem Welschland geladen. Die anderen Komture sind nicht dazu aufgefordert, auch haben die anderen Brüder auf diesem Kapitel weder Sitz noch Stimme. 107 Diese Verordnung ist im Artikel 3 der sogenannten Gesetze Siegfrieds von Feuchtwangen enthalten, die wie schon erwähnt - bereits auf dem Wahlkapitel in Elbing 1303 verabschiedet wurden.
1310 hatte der Hochmeister jedoch eine erste Landesordnung, eine Verfassung für den Ordensstaat herausgegeben. Damit wurde teilweise das Kulmische Recht abgelöst. Diese Landesordnung war aber nicht für die Ordensbrüder gedacht, die nach den weiterhin bestehenden Ordensstatuten leben sollten. Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnungen ist nicht festzustellen. Allgemein wird das Jahr 1310 angenommen. Schließlich mußte eine erhebliche Vorarbeit geleistet werden, um eine solche Gesetzesvorlage den in Preußen gegebenen Umständen entsprechend anzupassen. 108
Da der Hochmeister nun in
Preußen war, erfolgte am 12. Juni 1310 in Stolp ein nochmaliger Vertragsabschluß
mit den Markgrafen von Brandenburg über die abgetretenen und letztlich
vom Orden eroberten Gebiete in Pommern, Pommerellen und Danzig, wobei auch
eine vorläufige Abgrenzung dieser Gebiete festgelegt wurde. 109
(Die endgültige Grenzabsteckung wurde erst urkundlich am 9. Oktober
1313 vorgenommen.109a) Am nächsten
Tag, dem 13. Juni 1310, quittierten die Brandenburger Ritter Bernhard von
Plötzke und Friedrich von Alvensleben den Erhalt von zunächst
5000 Mark Silber, die Hälfte der vereinbarten Kaufsumme. Den Rest
wollte der Orden erst nach Vorlage der Bestätigung von Heinrich VII.
bezahlen. 110